29 Dezember 2009

Der Teufel in der Buche

Ein Feuermann lässt sich auf einen Kampf mit dem Teufel ein, und es gelingt ihm, ihn in eine Buche zu stecken und dort festzubannen.
Als der Teufel nach langer Zeit wieder loskam und in die Hölle zurückkehrte
war alles leer darin, wie es in der Kirche in der Woche ist, und war keine Seele Seele mehr zu hören noch zu sehen. Seit der Teufel damals fortgegangen und nicht wiedergekommen war und auch kein Mensch nicht gewußt hatte, wo er hingekommen war, da war nicht eine einzige Seele wieder in die Hölle gekommen. Und da war seine Großmutter aus Herzeleid gestorben
(Hermann Kletke: Märchen aller Völker für Jung und Alt, 1845 Band 2‎, Seite 343)

Doch es gelingt dem Teufel, mit Hilfe der Bewohner von Nordhausen, seine Hölle wieder voll zu bekommen. Denn in der Buche ist ihm ein Rezept für die Schnapsherstellung eingefallen, und die Nordhäuser haben davon so viel gebrannt, dass die Menschen im Suff fluchten und sich dem Teufel verschworen
und es dauerte kein Jahr, da war die Hölle zu klein geworden, und konnte der Teufel die Seelen nicht mehr unterbringen und mußte ein ganz neues Stück lassen anbauen an die Hölle.

Das klingt mir wie die Finanzkrise, ist aber ein Märchen von Bechstein. Wer weitere von seinen von den Grimmschen Versionen oft deutlich abweichenden Versionen finden will, kann hier nachlesen.

13 Dezember 2009

Meine Freundin Tamara

Er ist Kriegsgefangener, doch beim Einholen des Heus darf er bei einer russischen Familie übernachten. Freundlich ist die Begrüßung, es gibt Kapustasuppe, Speck und das dunkle russische Brot.
Rasch freundet sich die Tochter des (Holz)hauses mit ihm an. Der Großvater mit Erinnerungen an seine Amerikafahrt 1910, wo er über Bremen kam, erinnert sich jetzt noch an die Kirchen und den Roland und hilft bei der Verständigung zwischen Enkelin und Gast aus. Der Vater, Tischler, "sah allerdings das freundschaftliche Verhältnis nicht gern".
Dann der schwere Abschied. "Als ich mich an der Biegung des Weges noch einmal im Sattel umdrehte und winkte, sah ich Tamara einsam am Gartenzaun stehen. Ihr rotes Kopftuch leuchtete in der Wintersonne."
Diese kurze Erzählung von Friedrich Rudolf Hohberg erinnert in manchem an Hartungs "Ich denke oft an Piroschka". Genauso wie dort bringt die Tochter dem Besucher große Herzlichkeit entgegen, ist recht die "Unschuld vom Lande". Freilich, Tamara ist vier Jahre alt.
Die Erzählung habe ich - zusammen mit anderen eindrucksvollen Texten aus russischer Kriegsgefangenschaft - in dem Band "Und bringen ihre Garben", Stuttgart 1956, herausgegeben von H. Gollwitzer, J. Krahe und K. Rauch gefunden.

06 Dezember 2009

Die sachliche Schule

Mr. Gradgrind schwebte von der Schule hochzufrieden nach Hause. Es war seine Schule, und er hatte sie zu einem Muster bestimmt. Er wollte aus jedem Kinde darin ein Muster machen - ganz wie die jungen Gradgrinds sämtlich Muster waren.

Es gab fünf junge Gradgrinds und jedes von ihnen war ein Muster. Sie waren von ihrem zartesten Alter an gehofmeistert worden: gehetzt wie junge Hasen. Beinahe seit sie allein laufen konnten, wurden sie angehalten, in die Schule zu laufen. Der erste Gegenstand, mit dem sie in Berührung kamen, oder von dem sie eine Erinnerung hegten, war eine große schwarze Tafel, woran ein garstiger Oger schreckliche weiße Figuren mit Kreide malte.

Nicht daß sie etwas von der Natur oder dem Namen Oger wußten. Bewahre die Tatsächlichkeit! Ich bediene mich nur des Ausdrucks, um ein Ungeheuer in einem pädagogischen Kastell zu bezeichnen, das mit einem, der Himmel weiß aus wie vielen Köpfen bestehenden Haupt die Jugend gefangennahm und sie bei den Haaren in die düsteren statistischen Höhlen schleppte.

Kein Junges von den Gradgrinds hat je ein Gesicht im Monde gesehen. Es war schon oben im Mond, ehe es noch deutlich sprechen konnte. Kein Junges von den Gradgrinds hat je das einfältige Reimgeklingel gelernt: O schimmre, schimmre kleiner Stern. Was du denn bist, wie wüßt' ich's gern! es hat nie Bewunderung für diesen Gegenstand gehegt, da es schon mit fünf Jahren den großen Bären wie ein Professor Owen zergliedern und den Charles Wain wie ein Lokomotivführer treiben konnte. Kein Junges von Gradgrinds hat je eine Kuh auf dem Felde mit jener berühmten Kuh mit dem krummen Horn in Verbindung gebracht, die den Hund emporschleuderte, der die Katze erwürgte, die die Ratte tötete, die das Malz fraß, oder mit der noch berühmteren Kuh, die Tom Thumb verschlang. Es hatte nie von jenen Berühmtheiten vernommen und wurde mit der Kuh nur bekannt, als mit einem grasfressenden, wiederkäuenden, vierfüßigen Tier, das diverse Magen hatte.

Nein, unsere heutige Schule ist anders, und heutige Kinder dürfen spielen mit Gameboy, Handy, Play-station, aber doch bitte nicht in Pfützen oder auf Baugrundstücken. Schließlich schafft das keine Arbeitsplätze.
Dickens kannte noch nicht das Problem mit den Arbeitsplätzen, weil die Gemeinden jedem, der unverschuldet in Not geraten war, im Arbeitshaus Arbeit übergenug verschafften und Waisenkindern zumal. "Hard Times"

MR. GRADGRIND walked homeward from the school, in a state of considerable satisfaction. It was his school, and he intended it to be a model. He intended every child in it to be a model - just as the young Gradgrinds were all models.

There were five young Gradgrinds, and they were models every one. They had been lectured at, from their tenderest years; coursed, like little hares. Almost as soon as they could run alone, they had been made to run to the lecture-room. The first object with which they had an association, or of which they had a remembrance, was a large black board with a dry Ogre chalking ghastly white figures on it.

Not that they knew, by name or nature, anything about an Ogre Fact forbid! I only use the word to express a monster in a lecturing castle, with Heaven knows how many heads manipulated into one, taking childhood captive, and dragging it into gloomy statistical dens by the hair.

No little Gradgrind had ever seen a face in the moon; it was up in the moon before it could speak distinctly. No little Gradgrind had ever learnt the silly jingle, Twinkle, twinkle, little star; how I wonder what you are! No little Gradgrind had ever known wonder on the subject, each little Gradgrind having at five years old dissected the Great Bear like a Professor Owen, and driven Charles’s Wain like a locomotive engine-driver. No little Gradgrind had ever associated a cow in a field with that famous cow with the crumpled horn who tossed the dog who worried the cat who killed the rat who ate the malt, or with that yet more famous cow who swallowed Tom Thumb: it had never heard of those celebrities, and had only been introduced to a cow as a graminivorous ruminating quadruped with several stomachs.