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27 Mai 2013

König Rother - Nacherzählung des Epos durch Ludwig Uhland

Über dem Westmeere sitzt König Rother in der Stadt zu Bare (Bari in Apulien). Er sendet Boten, die um die Tochter des Königs Konstantin zu Konstantinopel für ihn werben sollen. Als sie hinschiffen wollen, heißt er seine Harfe bringen. Drei Leiche (Spielweisen) schlägt er an; wo sie diese in der Not vernehmen, sollen sie seiner Hilfe sicher sein. 

Jahr und Tag ist um, die Boten sind nicht zurück. Konstantin, jede Werbung verschmähend, hat sie in einen Kerker geworfen, wo sie nicht Sonne noch Mond sehen, Frost, Nässe und Hunger leiden sie; mit dem Wasser, das unter ihnen schwebt, laben sie sich. Auf einem Steine sitzt Rother drei Tage und drei Nächte, ohne mit jemand zu sprechen, traurigen Herzens seiner Boten gedenkend. 
Auf den Rat Berthers von Meran, Vaters von sieben der Boten, beschließt er Heerfahrt, sie zu retten oder zu rächen. Das Heer sammelt sich; da sieht man auch den König Asprian, den kein Roß trägt, mit zwölf riesenhaften Mannen daherschreiten; der grimmigste unter ihnen, Widolt mit der Stange, wird wie ein Löwe an der Kette geführt und nur zum Kampfe losgelassen. 
Bei den Griechen angekommen, läßt Rother sich Dietrich nennen. Er läßt sich vor Konstantin auf die Knie nieder; vom übermächtigen König Rother geächtet, such' er Schutz und biete dafür seinen Dienst an. Konstantin fürchtet sich, die Bitte zu versagen. Durch Pracht und Übermut erregen die Schützlinge Staunen und Furcht. Den zahmen Löwen, der von des Königs Tischen das Brot wegnimmt, wirft Asprian an des Saales Wand, daß er in Stücke fährt. Wie leid es dem König ist, er rührt sich nicht. Rother verschafft sich, nach Berthers Rat, durch reiche Spenden großen Anhang. Da klagt die Königin, daß ihre Tochter dem versagt worden, der solche Männer vertrieben. Die Tochter selbst möchte den Mann sehen, von dem soviel gesprochen wird. Am Pfingstfeste, wo sie mit ihren Jungfrauen zu Hofe kommt, gelingt ihr dieses nicht vor dem Gedräng der Gaffer um die glänzenden Fremdlinge. Als es still in der Kammer, geht ihre Dienerin Herlind, ihn zu ihr zu bescheiden. Er stellt sich scheu, läßt aber seine Goldschmiede eilend zween silberne Schuhe gießen und zween von Golde. Von jedem Paar einen, beide für denselben Fuß, schickt er der Königstochter. Bald kehrt Herlind zurück, den rechten Schuh zu holen und den Helden nochmals zu laden. Jetzt geht er hin mit zween Rittern, setzt sich der Jungfrau zu Füßen und zieht ihr die Goldschuhe an. Währenddessen fragt er sie, welcher von ihren vielen Freiern ihr am besten gefalle. Sie will immer Jungfrau bleiben, wenn ihr nicht Rother werde. Da spricht er: »Deine Füße stehen in Rothers Schoß.« Erschrocken zieht sie den Fuß zurück, den sie in eines Königs Schoß gesetzt. Gleichwohl zweifelt sie noch. Sie zu überzeugen, beruft er sich auf die gefangenen Boten. Darauf erbittet sie von ihrem Vater, als zum Heil ihrer Seele, die Gefangenen baden und kleiden zu dürfen. Des Lichtes ungewohnt, zerschunden und zerschwollen, entsteigen sie dem Kerker. Der graue Berther sieht, wie seine schönen Kinder zugerichtet sind; doch wagt er nicht zu weinen. Als sie darauf an sichrem Orte, wohl gekleidet, am Tische sitzen, ihres Leides ein Teil vergessend, schleicht Rother mit der Harfe hinter den Umhang. Ein Leich erklingt. Welcher trinken wollte, der gießt es auf den Tisch; welcher Brot schnitt, dem entfällt das Messer. Vor Freuden sinnlos sitzen sie und horchen, woher das Spiel komme. Laut erklingt der andre Leich; da springen ihrer zween über den Tisch, grüßen und küssen den mächtigen Harfner. Die Jungfrau sieht, daß es König Rother ist. 
Fortan werden die Gefangenen besser gepflegt; sie werden ledig gelassen, als der falsche Dietrich sie verlangt, um Ymelot von Babylon zu bekämpfen, der mit großem Heere gegen Konstantinopel heranzieht. Nach gewonnener Schlacht wird Dietrich mit den Seinigen zur Stadt vorangesandt, um den Frauen den Sieg zu verkündigen. Er meldet aber, Konstantin sei geschlagen, und Ymelot komme, die Stadt zu zerstören. Die Frauen bitten ihn, sie zu retten, und er führt sie zu seinen Schiffen. Als nun die Köngstochter eingestiegen, entdeckt er den Trug und führt die Braut von dannen. 
Durch List eines Spielmanns wird sie später nach Konstantinopel zurückentführt; durch List und Gewalt, unter großen Gefahren, gewinnt Rother sie wieder.

Uhland: Geschichte der deutschen Poesie im Mittelalter. Inhalt der Heldensage im Umriß

Mittelhochdeutscher Text:
König Rother, Mittelhochdeutscher Text und neuhochdeutsche Übersetzung von Peter K. Stein, Stuttgart 2000
Zu Überlieferung, Stoffgeschichte etc.:
König Rother

07 September 2007

Kain - Sohn Adams oder des satanischen Engels Semael?

"Semael, der Engel, der Schlange Reiter, ging zu Eva ein, und sie ward schwanger und gebar den Kain."

"Als der Herr die Welt erschaffen hatte, war die Erde breit und eben. Aber da stand Kain auf und tötete seinen Bruder Abel; und Abels Blut gärte im Innern der Erde. Da verfluchte der Herr die Erde, und sie ward uneben, und Berge und Höhen traten aus ihr hervor."

aus Micha Josef bin Gorion: Die Sagen der Juden

31 August 2007

Vogel Chol

Als Eva im Paradies von der verbotenen Frucht gegessen hatte, gab sie auch allen Tieren etwas davon zu essen.
Nur der Vogel Chol weigerte sich. So blieb er unsterblich.
Er lebt 1000 Jahre. Dann kommt ein Feuer, das ihn und sein Nest verbrennt. Doch aus der Asche lebt er wieder auf.

König David

König David gönnte sich kaum Schlaf.
Über seinem Bett hing eine Harfe, die jede Nacht um Mitternacht von selbst zu spielen anfing.
Dann stand David auf, widmete sich der Gotteslehre und schrieb seine Psalmen.

29 August 2007

Jüdische Sagen 2

"Semael, der Engel, der Schlange Reiter, ging zu Eva ein, und sie ward schwanger und gebar den Kain. Sie blickte in sein Angesicht, und siehe, er glich nicht den Irdischen, sondern den Himmlischen; ..."

"Als der Herr die Welt erschaffen hatte, war die Erde breit und eben. Aber da stand Kain auf und tötete seinen Bruder Abel; und Abels Blut gärte im Innern der Erde. Da verfluchte der Herr die Erde, und sie ward uneben, und Berge und Höhen traten aus ihr hervor."

"Da sprach Seth: Adam war mein Vater.
Wer aber war Adams Vater, fragte wiederum Enos.
Sprach Seth: Nicht hatte Adam einen Vater, noch hatte er eine Mutter, sondern Gott hat ihn aus dem Acker geknetet.
Da ging Enos fort und nahm einen Klumpen Erde und machte ein Bild daraus [...] da kam der Satan und schlüpfte in die Erdgestalt. Und Enos' Geschlecht folgte dem Satan, und des Herrn Name wurde entweiht."
(bin Gorion: Jüdische Sagen)

28 August 2007

Jüdische Sagen 1

"Der Herr sprach zu der Schrift: Wir wollen einen Menschen machen, daß er unserem Bilde gleiche. Und die Schrift erwiderte dem Herrn: Herr der Welten! Dein ist das All, aber der Mensch, den du schaffen willst, seiner Tage werden nicht viele sein auf Erden, und voll Gram wird sein Herz sein, und gewisslich wird er der Sünde verfallen; so du nun nicht mit ihm Langmut übest, ist es wohl besser, er käme gar nicht auf die Welt. Da sprach der Herr: Heiße ich denn umsonst ein Gott, der Langmut übt und barmherzig ist?
Und Gott fing an, die Erde zu sammeln für Adams Leib an einem reinen Orte geschah dies, der Nabel der Welt war es; und er formete ihn und richtete ihn zu, aber es war noch kein Odem und keine Seele in dem Menschen. Was tat der Herr? Er blies ihm einen lebendigen Odem ein und gab ihm eine Seele [...]
Der Mensch stand da und war herrlich anzuschauen als ein Bild Gottes; da sahen ihn die Geschöpfe und fürchteten sich vor ihm, denn sie dachten, dies wäre ihr Schöpfer. Und sie kamen alle zu ihm und bückten sich vor ihm. Da sprach der Mensch zu ihnen: Ihr seid zu mir gekommen und wollet euch vor mir bücken, wohlauf, lasset uns zusammen gehen, mich und euch, wir wollen gehen und uns in Stolz und Stärke kleiden und über uns zum König machen, der uns alle schuf, gleich wie ein Volk sich einen zum König macht. Denn wahrlich immer ruft das Volk sich einen König aus, nicht aber ruft der König selbst sich zum König aus.
Und Adam schritt voran und rief zuerst den Herrn als König aus, und nach ihm kamen alle Geschöpfe und schrien: Der Herr ist König und herrlich geschmückt!"

"Adam, der erste Mensch war auch Gottes erste Schöpfung. Gott schuf die ganze Welt durch sein Wort, aber den Menschen machte er mit seinen eigenen Händen.
Am Anfang reichte Adam von der Erde bis zum Himmel. Als ihn aber die Heerscharen erblickten, erschauerten sie in Furcht [...]"
"Als der Herr an das Erschaffen der Welt ging, war sein erstes, daß er den Menschen machte, aber er formte zuerst nur seinen Leib. Schon war er dabei, ihm seinen Odem einzublasen, als er zu sich selber sprach: Wenn ich den Menschen jetzt lebendig vor mich hinstelle, so wird man ihn als Mitschöpfer der Welt ansehen. Ich will ihn noch als Erdklumpen daliegen lassen, bis ich alles erschaffen habe. [...]"
"Von den Menschen ist nur einer erschaffen worden. Warum denn nur einer? Auf daß die Gerechten nicht sagen sollten: Wir sind Kinder eines Gerechten; und auf dass die Gottlosen nicht sagen sollten: Wir sind Kinder eines Gottlosen, [...]"
"Der Herr offenbarte ihnen [den Heerscharen] nur, daß Gerechte von dem Menschen herkommen würden, er sagte ihnen aber nicht, daß auch Böse von ihm herkommen würden. Hätte er's ihnen verraten, so wäre vom Reich der Strenge die Erschaffung des Menschen nicht zugelassen worden."
"Der Herr verlieh Adam - so lesen wir - eine Übermacht, die ewig währen sollte, und wies ihm einen Raum zu, der inwendiger war denn der, darin die Engel saßen. Als aber Adam den Willen des Herrn brach und dem Willen der Schlange folgte, veränderte der Herr sein Antlitz und ließ ihn fahren. Wie er ihn jedoch von sich fortschickte, fing der Herr an zu klagen über ihn und sprach: War doch der Mensch wie unser eins, wie ein einziger in der Welt!"

"Es war Adams Leib aus Babylons Erde genommen, sein Kopf war aus der des Landes Israel, seine Glieder waren aus der Erde aller übrigen Länder gemacht.
Der Herr faßte Adam bei der Hand und führte ihn duch die Welt und sprach zu ihm: Schau, hie ist ein Acker zu bauen, hie ist ein Feld zu säen.
Jedes Land, so Adam darüber bestimmte, daß es besetzt werde, ward auch besetzt; jedes Land aber, das Adam nicht zum Wohlstand bestimmte, blieb unbewohnt.
Man sagt, die Palmenwälder Babylons seien die Urwälder aus der Zeit Adams her."

"Der Herr vertrieb Adam aus dem Garten Eden und lagerte davor die Cherubim mit dem bloßen hauenden Schwert, zu bewahren den Weg zum Baum des Lebens."
"Die Weisen Mazedoniens waren die ersten, welche die Heilkunst ausübten, [...] und als Asklepios, einer der Weisen Mazedoniens, aufstand, zog er im Lande umher und mit ihm vierzig Mann von den Schriftkennern, welche alle in den niedergeschriebenen Büchern Bescheide wußten; sie wanderten durch das Inderland nach dem Lande, das jenseits Eden gen Morgen lag, und dort eine Spur vom Baume des Lebens aufzufinden, wodurch ihr Ruhm größer würde, denn der aller Weisen im Lande.
Und es geschah, als sie an diesen Ort kamen, da fanden sie auch die heilbringenden Gewächse und auch den Baum des Lebens; wie sie aber die Hand ausstreckten, um davon zu nehmen, da zückte der Herr die Flamme des zweischneidigen Schwertes über sie, und sie loheten alle auf in den Funken des Blitzes, und keiner von ihnen entkam.
So ging die Heilkunst den Ärzten verloren, und es war ein Stillstand in der Heilkunde sechshundertdreißig Jahre lang, bis dann der König Arthasasta kam. In seinen Tagen war ein sehr weiser und verständiger Mann, der in den Büchern der Heilkunde sich auskannte [...] namens Hippokrates der Mazedonier; auch kamen dazu mal anderer Völker Weise wie Asaph der Judäer, Dioskorides der Baalathäer, Galenos, der Kaphtorite und noch viele andere Weise; die brachten die Heilkunst wieder zu Ehren, daß sie noch heutigen Tages besteht."
(bin Gorion: Die Sagen der Juden)

Jüdische Sagen berichten, dass Moses in Äthiopien (Kusch) gelebt, eine Kuschitin geheiratet, Krieg geführt und ein Zerwürfnis mit dem Pharao gehabt habe:
"Mose [...] trat die Herrschaft über das Volk der Mohren an. Siebenundzwanzig Jahre war er damals alt, und er regierte über das Land vierzig Jahre. Der Herr ließ ihn Gnade und Wohlgefallen finden in den Augen aller seiner Untertanen, und es herrschte eitel Güte zwischen Mose und Gott, zwischen Mose und seinem Volk." (bin Gorion: Die Sagen der Juden)
Der redende Fisch
Der Jude Simeon fing eines Tages einen großen fetten Fisch und freute sich schon auf das Mahl. Doch am Küchentisch hob der Fisch den Kopf und rief: "Schema Israel!", jene Worte also, die man im Sterbemoment sagen soll. Aber es war schon zu spät, der Kopf war bereits abgeschlagen und der Fisch starb. Der um Rat gefragte Rabbi meinte, es sei wohl ein "Dibbuk", eine wandelnde Seele und der Fisch gehöre daher beerdigt. Das tat Simeon und setzte ihm einen Grabstein in der oben angeführten Gestalt.

Bin Gorion hat seine Sagen weitgehend der lange Zeit rein mündlichen Überlieferung, der Aggada, und anderer rabbinischer Literatur entnommen.
In dem Kontext ist auch Ehrmanns Sagensammlung aus Talmud und Midrasch interessant.