27 Januar 2009

Friedrich II. von Preußen, Helmut Schmidt, Barack Obama

Alle drei sind durch ein hohes Verantwortungsgefühl gekennzeichnet.
Sie unterscheiden sich darin, wem und wofür sie sich verantwortlich fühlen.
Friedrich II. fühlte sich, wie sein Wort "Ich bin der erste Diener meines Staates" klar macht, für den preußischen Staat verantwortlich, nicht für das Volk. Die Instanz, vor der er sich verantwortlich fühlt, könnte aus seiner Sicht die Reihe seiner Vorgänger und Nachfolger auf dem preußischen Thron gewesen sein, vielleicht hätte er sie aber auch, wie wir heute es tun würden, die Geschichte genannt.
Helmut Schmidt hat immer wieder betont, er sorge sich nicht um seinen Platz in der Geschichte, sondern um die Menschen, für die er verantwortlich sei. Demnach wäre es nicht der Staat, sondern die Gesamtheit seiner Bewohner, denen gegenüber er sich verantwortlich fühlte. Das ist gut demokratisch gedacht. Dennoch fühlte er sich verpflichtet, auch rechtlich nicht vorgesehene Schritte zu ergreifen, wenn er es für das Retten von Menschenleben für erfolgreich hielt (Hamburger Flutkatastrophe und seine Kommentare dazu).
Barack Obama scheint sich nicht allein für sein Volk, sondern auch den Schwarzen allgemein, vielleicht der Menschheit insgesamt verantwortlich zu fühlen.
Meine Einschätzungen gewinne ich aus de Catt: Gespräche mit Friedrich dem Großen; den zahlreichen Veröffentlichungen aus Anlass von Schmidts 90. Geburtstag, nicht zuletzt einigen Fernsehinterviews aus früherer Zeit; und schließlich aus Obamas "Ein amerikanischer Traum".

24 Januar 2009

Schläft ein Lied ...

Eichendorffs Wünschelrute wird im Blog Romantische Schule besprochen. Die Schüler konzentrieren sich bei ihrer Diskussion nicht zu Unrecht auf das Wort triffst.

Ich denke, Eichendorff hält sich schlicht an den Sprachgebrauch. Wenn man das einzig richtige Wort meint, spricht man vom treffenden Wort, nicht vom gefundenen oder gesprochenen. Und wenn man mit einer Charakterisierung den Nagel auf den Kopf getroffen hat, fühlt sich der andere getroffen (manchmal auch betroffen) und nicht gefunden oder besprochen.
Aber natürlich hat eine Diskussionsteilnehmerin es meiner Meinung nach getroffen, wenn sie darauf verweist, dass man bei Treffen Zufall oder Glück assoziiert: Ein treffendes Wort kann man finden. Das Zauberwort zu treffen ist Glück oder Gnade.

Dass ein Wünschelrutengänger die Wasserader nicht spricht und nicht einmal über eine Suchstrategie findet, sondern auf sie trifft, braucht man dabei noch nicht einmal heranzuziehen.

10 Januar 2009

Ludwig Marcuse: Mein 20. Jahhundert

"Ich habe manchem Schriftsteller, den ich kennenlernte, seine Werke verziehen." (S.147)

"Die Ökonomie, Technik und Politik Rußlands in den dreißiger Jahren ist eine ferne Vergangen heit. Nicht vergangen ist die eherne Philosophie des Industrie-Staats: das Ersetzen alles dessen, was je "Bildung" war, durch das nützliche Wissen." (S.239)

Ende der 50er Jahre als Professor in den USA ist er enttäuscht von magelnder Leidenschaft der Jungen Generation. Kluges schreibt er zu einem amerikanischen Campus im Unterschied zur traditionellen deutschen Universität der zwanziger Jahre des 20. J.

(Das erste Mal las ich das Buch im Mai 1983.)

08 Januar 2009

Die Straßen werden zu Staub, bevor sie zu Sand werden

Peter Kurzeck erzählt vom Ackerbürgerstädtchen Stauffenberg, in dem er als Flüchtlingskind seine ersten Kindheitseindrücke gesammelt hat und das er deshalb das Dorf nennt, in einer so eindrucksvollen Lebendigkeit, dass er anders als bei geschriebenen oder erfundenen Texten als Erzähler vor einem steht. Ein Hörbuch, in dem man Erzählen als mündliche Ausdrucksform intensiv erlebt und sich an Erzähltes, das man in der Kindheit von Erwachsenen gehört hat, erinnert fühlt.