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10 Oktober 2023

Volker Weidemann: Mann vom Meer

 "[...] Weidermann schreibt sogar von einer "Meeresdroge", dem sozusagen auf Papier gebannten "Ruf des Strandhorns". Es fallen einem auf Anhieb viele maritime Bezüge im Werk Thomas Manns ein: Morten Schwarzkopf und Tony Buddenbrook am Strand von Travemünde, die auf einer Transatlantik-Schiffspassage entstandene "Meerfahrt mit Don Quijote" des Literaturnobelpreisträgers, sein Sommerhaus in Nidden an der Kurischen Nehrung, und dann natürlich die vielen Fotos von Thomas Mann im Strandkorb, in Bademantel oder Ganzkörperbadeanzug.

Es dürfte keinen anderen deutschen Schriftsteller geben, der – egal ob an Ost- oder Nordsee – sich so oft am und im Strandkorb (gern rauchend) hat ablichten lassen. Weidermann zeigt aber auch anhand des "Schnee"-Kapitels im "Zauberberg", wie sehr selbst die Davoser Bergwelt metaphorisch von Meeresströmungen durchzogen ist. Das "Schnee"-Kapitel ist eigentlich recht besehen auch ein See-Kapitel.

Das Meer als Sinnbild von Verlangen und Vergänglichkeit

Das Mittelmeer, an dessen französischem Teil in Sanary-sur-mer der Emigrant Mann mit seiner Frau Katia im Sommer 1933 einige Woche verbrachte, scheint ihn weniger angesprochen zu haben. Zumindest findet das träge italienische Meer im "Tod in Venedig" als "ödes Meer" Erwähnung. An anderer Stelle spricht Mann mal von der "Großwildnis" des Atlantiks oder von der Nordsee als einem "erschütternden Meere" nach einem Sylt-Aufenthalt. [...]

Als Thomas Buddenbrook anfängt, Ferien am Meer machen zu wollen, ahnen die kundigen Leser schon, dass es mit ihm zu Ende gehen könnte." Nach der Lektüre dieses Buches versteht man viel besser, warum Thomas Mann einst festhielt:

"Meine Liebe zum Meer, dessen ungeheure Einfachheit ich der anspruchsvollen Vielgestalt des Gebirges immer vorgezogen habe, ist so alt wie meine Liebe zum Schlaf.""

https://www.br.de/nachrichten/kultur/mann-vom-meer-volker-weidermann-und-sein-thomas-mann-roman,Tgxr5hs BR24 12.6.2023

07 September 2020

Moby Dick: Luv- und Leeseite des Lebens (erweiterte Fassung)

Windzugewandte und windabgewandte Seite, Luv und Lee, der sichere Hafen und die lockende unbegrenzte See mit ihren Versprechungen und ihren Gefahren.

Am Anfang der Walfangfahrt reflektiert Melville in "Moby Dick" über diese Gegensätze.
Wenn wir den Hauptstrang der Handlung des Romans kennen, hat die Lesereise durch diesen Roman damit ihren eigenen Reiz. Was erfahren wir bei dem Kampf zwischen dem Kapitän Ahab und dem weißen Wal, was bei dem Kampf des einen Starken, des Kapitäns, mt seiner Mannschaft?

Aufbruch und Heimkehr, Beginn des Lebens in der Kindheit mit all den Hoffnungen, Versprechungen und Gefahren. Das nahende Ende im Alter. Ein Sich-Zurückziehen von den Überforderungen, die aktives Leben mit sich bringt, in die Reflexion.
Beides verspricht der Roman.

"The port would fain give succor; the port is pitiful; in the port is safety, comfort, hearthstone, supper, warm blankets, friends, all that's kind to our mortalities. But in that gale, the port, the land, is that ship's direst jeopardy; she must fly all hospitality; one touch of land, though it but graze the keel, would make her shudder through and through. With all her might she crowds all sail off shore; in so doing, fights 'gainst the very winds that fain would blow her homeward; seeks all the lashed sea's landlessness again; for refuge's sake forlornly rushing into peril; her only friend her bitterest foe! [...]
But as in landlessness alone resides the highest truth, shoreless, indefinite as God—so better is it to perish in that howling infinite, than be ingloriously dashed upon the lee, even if that were safety! For worm-like, then, oh! who would craven crawl to land! Terrors of the terrible! is all this agony so vain? Take heart, take heart, O Bulkington! Bear thee grimly, demigod! Up from the spray of thy ocean-perishing—straight up, leaps thy apotheosis!"
(Herman Melville: Moby Dick, Chapter 23)

"Der Hafen bietet Hilfe Beistand leisten; der Hafen ist mitleidig; im Hafen gibt es Sicherheit, Komfort, einen Herd, Abendessen, warme Decken, Freunde, alles, was für unsere Gebrechlichkeit gut ist. Aber in einem Sturm ist der Hafen, das Land die größte Gefährdung für das Schiff, es muss Annäherungen vermeiden, eine kleine Berührung mit dem Land, auch wenn es nur den Kiel streift, bedeutete größte Gefahr. Mit aller Macht muss das Schiff sich von der Küste fernhalten und gegen genau die Winde ankämpfen, die es gern nach Hause führen würden. Es muss das tobende Meer fern vom Land anstreben, weil Rettung nur darin liegt, die  Gefahr aufzusuchen, den einzigen Freund, den bittersten Feind! [...]

Aber wie in der Weite des Meers allein die höchste Wahrheit zu finden ist, fern von der Küste, im Meer unergründlich wie Gott - so ist es besser, in dieser dräuenden Unendlichkeit umzukommen, als unrühmlich auf das Land geworfen zu werden, selbst wenn das Sicherheit böte! Denn wer wollte, dem Wurme gleich an Land zu kriechen, sich wünschen? Die Schrecken des Schrecklichen! Sind all ihre Qualen so sinnlos? Fass Mut, fass Mut, oh Bulkington*! Beweis deine Standhaftigkeit, Halbgott! Direkt aus den tosenden,  todbringenden Fluten des Ozeans steigst du auf zur Göttlichkeit! "

*Nach Bulkington, einem Mannschaftsmitglied des Walfängers Pequod*, ist der Bulkington-Pass, ein Gebirgspass an Oskar-II.-Küste des Grahamlands auf der Antarktischen Halbinsel in Westantarktika benannt. 

* Unwesentlich verbesserte und mit Links versehene Maschinenübersetzung des Anfangs des englischen Wikipediaartikels:
Pequod ist ein fiktives Nantucket-Walfangschiff aus dem 19. Jahrhundert, das 1851 in dem Roman Moby-Dick des amerikanischen Autors Herman Melville erscheint. Pequod und ihre Crew, befehligt von Captain Ahab, spielen eine zentrale Rolle in dem Roman, der nach den ersten Kapiteln während einer dreijährigen Walfang-Expedition im Atlantik, im Indischen Ozean und im Südpazifik fast ausschließlich an Bord des Schiffes spielt. Die meisten Figuren des Romans gehören zu Pequods Crew, einschließlich des Erzählers Ishmael.

Ishmael trifft auf das Schiff, nachdem er in Nantucket angekommen ist, und erfährt von drei Schiffen, die kurz vor einer dreijährigen Kreuzfahrt stehen. Von seinem neuen Freund, dem polynesischen Harpunier Queequeg (oder genauer gesagt Queequegs Götzengott Yojo), beauftragt, die Auswahl für beide zu treffen, geht Ishmael, ein wie er sich selbst beschreibt "Greenhorn im Walfang", zum Kai und wählt die Pequod.

Es wird mitgeteilt, dass die Pequod nach dem Algonkin sprechenden Pequot-Stamm der amerikanischen Ureinwohner benannt wurde, der Anfang des 17. Jahrhunderts durch den Pequot-Krieg und die vorangegangene Epidemie dezimiert und zerstreut wurde. Der Mashantucket-Stamm der westlichen Pequot und der Stamm der östlichen Pequot bewohnen immer noch ihr Reservat in Connecticut.


05 September 2020

Luv- und Leeseite des Lebens (Moby Dick)

Windzugewandte und windabgewandte Seite, Luv und Lee, der sichere Hafen und die lockende unbegrenzte See mit ihren Versprechungen und ihren Gefahren.

Am Anfang der Walfangfahrt reflektiert Melville in "Moby Dick" über diese Gegensätze.
Wenn wir den Hauptstrang der Handlung des Romans kennen, hat die Lesereise durch diesen Roman damit ihren eigenen Reiz. Was erfahren wir bei dem Kampf zwischen dem Kapitän Ahab und dem weißen Wal, was bei dem Kampf des einen Starken, des Kapitäns, mt seiner Mannschaft?

Aufbruch und Heimkehr, Beginn des Lebens in der Kindheit mit all den Hoffnungen, Versprechungen und Gefahren. Das nahende Ende im Alter. Ein Sich-Zurückziehen von den Überforderungen, die aktives Leben mit sich bringt, in die Reflexion.
Beides verspricht der Roman.

"The port would fain give succor; the port is pitiful; in the port is safety, comfort, hearthstone, supper, warm blankets, friends, all that's kind to our mortalities. But in that gale, the port, the land, is that ship's direst jeopardy; she must fly all hospitality; one touch of land, though it but graze the keel, would make her shudder through and through. With all her might she crowds all sail off shore; in so doing, fights 'gainst the very winds that fain would blow her homeward; seeks all the lashed sea's landlessness again; for refuge's sake forlornly rushing into peril; her only friend her bitterest foe! [...]
But as in landlessness alone resides the highest truth, shoreless, indefinite as God—so better is it to perish in that howling infinite, than be ingloriously dashed upon the lee, even if that were safety! For worm-like, then, oh! who would craven crawl to land! Terrors of the terrible! is all this agony so vain? Take heart, take heart, O Bulkington! Bear thee grimly, demigod! Up from the spray of thy ocean-perishing—straight up, leaps thy apotheosis!"

"Der Hafen bietet Hilfe Beistand leisten; der Hafen ist mitleidig; im Hafen gibt es Sicherheit, Komfort, einen Herd, Abendessen, warme Decken, Freunde, alles, was für unsere Gebrechlichkeit gut ist. Aber in einem Sturm ist der Hafen, das Land die größte Gefährdung für das Schiff, es muss Annäherungen vermeiden, eine kleine Berührung mit dem Land, auch wenn es nur den Kiel streift, bedeutete größte Gefahr. Mit aller Macht muss das Schiff sich von der Küste fernhalten und gegen genau die Winde ankämpfen, die es gern nach Hause führen würden. Es muss das tobende Meer fern vom Land anstreben, weil Rettung nur darin liegt, die  Gefahr aufzusuchen, den einzigen Freund, den bittersten Feind! [...]


Aber wie in der Weite des Meers allein die höchste Wahrheit zu finden ist, fern von der Küste, im Meer unergründlich wie Gott - so ist es besser, in dieser dräuenden Unendlichkeit umzukommen, als unrühmlich auf das Land geworfen zu werden, selbst wenn das Sicherheit böte! Denn wer wollte, dem Wurme gleich an Land zu kriechen, sich wünschen? Die Schrecken des Schrecklichen! Sind all ihre Qualen so sinnlos? Fass Mut, fass Mut, oh Bulkington*! Beweis deine Standhaftigkeit, Halbgott! Direkt aus den tosenden,  todbringenden Fluten des Ozeans steigst du auf zur Göttlichkeit! "

*Nach Bulkington, einem Mannschaftsmitglied des Walfängers Pequod, ist der Bulkington-Pass, ein Gebirgspass an Oskar-II.-Küste des Grahamlands auf der Antarktischen Halbinsel in Westantarktika benannt.