10 September 2025

Tilmann Lahme: Thomas Mann

 Tilmann Lahme: Thomas Mann  (Perlentaucher)

Für die Forschung ist diese Studie gewiss wertvoll. Für den informierten Thomas-Mann-Leser enthält sie aber nur die Information, dass Manns Leistung nicht wirklich ein "strenges Glück" (Königliche Hoheit) war, sondern auch von ihm selbst teurer bezahlt war, als dass sie ein Glück hätte bedeuten können. Für Katja Pringsheim, die statt sich selbst verwirklichen zu können, zu "Frau Thomas Mann" wurde, ihre enormen Anstrengungen und ihren Verzicht mit Gesundheitsverlusten bezahlen musste; aber auch von den Kindern. (Selbsttötung ist kein Zeichen für ein glückliches Leben.)

Für Deutschland und seine Literatur war diese Familie freilich ein Gewinn. Für die unfreiwilligen Opfer sehr hart, für die Literatur , die Geschichtsschreibung (Golo) und die Ozeanographie (Elisabeth) ein Gewinn.

Klappentext
Er ist der literarische Magier des 20. Jahrhunderts: Nobelpreisträger und gefeiertes Genie und zugleich so unglücklich, wie man nur sein kann. Er liebt und darf nicht lieben, die Vorstellungen seiner Zeit stehen ihm im Weg. Was für ein Antrieb zu großer Literatur - und was für ein leidvolles Leben. Seit seinem frühen Welterfolg mit den 'Buddenbrooks' und zwei Jahrzehnte später mit dem 'Zauberberg' öffnen sich ihm alle Türen, bis hin zu der im Weißen Haus. Keine deutsche Stimme kämpft so hörbar gegen Hitler wie seine, kein anderer häuft Ehrungen auf sich wie er. Seine Frau Katia und seine sechs Kinder umringen ihn dabei wie eine Festung. Doch der Abgrund ist immer nur einen Schritt entfernt.

Leseprobe (bis S.59)

INHALT

Vorspiel, 1903, S. 7

Anfänge und frühe Schrecken (18751894) S.12

II Die Hunde im Souterrain (1894-1896) S.70

III Liebe, Geld und ein Blick in den Abgrund (1897-1901) S.128

IV Das Herz in der Hand (19011905) S.188

Die große Gereiztheit (19051924) S.244

VI Glanz und Finsternis (19251941) S.322

VII  Letzte Dinge (19421955)S. 406

Nachspiel oder Der geopferte Freund S.490

ANHANG

Susan Sontag: Bei Thomas MannS.510  Thomas Mann an Otto Grautoff S.522 Hinweise zur Literatur über Thomas Mann S.529



08 September 2025

Susan Abulhawa: Mornings in Jenin

Der Roman, der hier vorgestellt wird, ist von einer US-Bürgerin geschrieben worden,  Palästinenserin geschrieben worden, die als Flüchtlingskind von Palästinensern als Waise in unterschiedlichen Betreuungssituationen aufwuchs, bis ihr mit 13 Jahren eine Sozialisation als US-Bürgerin ermöglicht wurde, die ihr eine erfolgreiche Karriere als Journalistin und Schriftstellerin ermöglichte. Mit 30 Jahren hat sie Palästina ihre Ursprünge kennen zu lernen versucht und ist darüber zur Aktivistin für eine Gleichberechtigung der Palästinenser geworden. Man erwarte also keine ausgewogene Darstellung des Nahostkonflikts.

Doch anders als viele gegenwärtige Publikationen verbreitet sie keine Hassbotschaft, sondern versucht, beide Perspektiven: aus palästinensischer und aus israelischer Sicht zu zeigen. Da das gegenwärtig von beiden Seiten kaum noch versucht wird, stelle ich hier ihren Versuch vor. Nicht weil ich ihre Perspektive übernehmen wollte, sondern um auf die Ernsthaftigkeit des Versuchs aufmerksam zu machen. Der Nahostkonflikt, der sich anders als der Nord-Süd-Konflikt  nicht in eine multipolare Konstellation wandeln wird, wurde wiederholt, wenn sich eine Lösung anbahnte, künstlich wieder belebt, zuletzt durch den Überfall mit Geiselnahme durch die Hamas im Oktober 2023. Am Schicksalhaftesten wohl durch den Mord an Rabin, der das Oslo-Abkommen vorangetrieben hatte, durch einen israelischen Nationalisten.  

Angesichts der Vorgeschichte des Konflikts scheint er so gut wie unlösbar. Dass eine denkbare Lösung durch einen Israeli vereitelt wurde, hat Züge einer klassischen Tragödie. 

Zu dem ursprünglich geplanten Titel der Buches The Scar of David

die Erläuterung einer KI mit Kommentar von mir.

Mehr zum Nahostkonflikt: in der Wikipediain diesem Blog, aus aktueller Perspektive und in Fontanefans Schnipsel


Susan Abulhawa

Prelude (2000)

AMAL WANTED A CLOSER look into the soldier’s eyes, but the muzzle

of his automatic rifle, pressed against her forehead, would not allow it. Still,

she was close enough to see that he wore contacts. She imagined the soldier

leaning into a mirror to insert the lenses in his eyes before getting dressed to

kill. Strange, she thought, the things you think about in the district between

life and death.

She wondered if officials might express regret for the “accidental”

killing of her, an American citizen. [...]

I. El Nakba (the catastrophe)

1 The Harvest (1941)

IN A DISTANT TIME, before history marched over the hills and shattered

present and future, before wind grabbed the land at one corner and shook it

of its name and character, before Amal was born, a small village east of

Haifa lived quietly on figs and olives, open frontiers and sunshine.

It was still dark, only the babies sleeping, when the villagers of Ein Hod

prepared to perform the morning salat, the first of five daily prayers. [...]


II. El Naksa (the disaster)

Kapitel 8: As Big as the Ocean and All Its Fishes 1960–1963

I SPENT MUCH TIME IN my youth trying to imagine Mama as Dalia, the

Bedouin who once stole a horse, who bred roses and whose steps jingled.

The mother I knew was a stout woman, imposing and severe, who soldiered

all day at cleaning, cooking, baking, and embroidering thobes. Several

times each week, she was called to deliver a baby. As with everything else

she did, she performed midwifery with cool efficiency and detached nerve.

I was eight years old when Mama first let me help her deliver a baby. [...]


Kapitel 9: June in the Kitchen Hole1967

 Die Erzählerin ist Amal, die Tochter Hanans, sie hat den Krieg in einem Loch in ihrer Küche im Lager überlebt.

Das Loch war mit einem Platte zugedeckt und hatte ursprünglich dazu gedient. Die Waffen, die ihr Vater dort versteckt hatte, unauffindbar zu machen. Jetzt hat sie zusammen mit Huda und einem Baby, was ihnen anvertraut worden war, dort gelegen und hat in der Dunkelheit nur die Geräusche gehört, die von dem Angriff der Israelis für sie zu hören waren. Gesehen hat sie mal die Beine von israelischen Soldaten. Als sie etwas aus dem Loch heraus kommen, werden sie von einer jordanischen Nonne entdeckt, und ihnen wird behelfsmäßig geholfen. Sie werden nach Bethlehem in die Geburtskirche Isas gebracht, wo sie in eine Badewanne steigen dürfen.


The church where Master Esa was born had been shelled and still

smelled of fire. Inside, hundreds of children, most of them orphaned by the

war, sat on the floor. No one spoke much, as if to speak was to affirm

reality. To remain silent was to accommodate the possibility that it all was

merely a nightmare. The silence reached up to the cathedral ceiling and

cluttered there, echoing sadness and unseen mayhem, as if too many souls

were rising at once. We were existing somewhere between life and death,

with neither accepting us fully.

Sister Marianne arrived, carrying an urn of water.

Follow me, dears. You’ll need to bathe together to save water,” she

instructed us as Huda and I walked behind her to the washroom. The good

nun poured the water and left us. We were so bewildered that we got into

the metal tub with our filthy garments. The warm water traveled over my

body like a loving embrace, whispering a promise of safety.

Huda and I disrobed in the tub and sat across from one another.

Browned water separated us, but our legs rested together. Face to face, we

stared at one another’s thoughts, seeing each other’s terror and knowing that

we had crossed some unmarked boundary beyond which there could be no

return. The world we knew was gone. Somehow we knew that. We cried

silently and moved into each other’s small arms.

We lay that way, in the quiet of a foreboding for which we knew no

words. I looked at my toes protruding from the water. Chipped red polish. It

had been only one week since we had passed around the nail polish, giddy

over something that had made us feel older. Now, in that bathtub inside the

church where Master Esa was born, Huda’s nails and mine still bore the

chipped red remnants of that day. I calculated one week as the distance

between girlish vanity and hell.

Slowly, I let my body slide, pulling my head beneath the water. There, in

that silent world, like the stillness I had heard after the blast that had torn

the kitchen and killed Aisha, I had an odd desire to be a fish.

I could live inside water’s soothing world, where screams and gunfire

were not heard and death was not smelled.“ [...]


05 September 2025

Buch- und Literaturblogs

https://kaffeehaussitzer.de/buch-und-literaturblogs/ 


"Im Blog Lesestunden gibt es die Topliste, ein nahezu vollständiges Verzeichnis der deutschsprachigen Literaturblogs. Zu den Hochzeiten waren dort ca. 1.200 Blogs aufgelistet, doch vor allem das Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung im Mai 2018 und die damit verbundenen technischen und inhaltlichen Auflagen sorgten für einen regelrechten Aderlass. Viele stellten ihre Blogs ein, die Zahl reduzierte sich drastisch. Heute sind dort 663 Buchblogs aufgeführt." (https://kaffeehaussitzer.de/die-welt-der-buchblogs/)

Adolf Hitler: Mein Kampf

 Auf die Frage auf gutefrage.net, ob ich Mein Kampf  gelesen hätte, habe ich dort geantwortet, Bei passender Gelegenheit will ich dies Zitat noch ergänzen und etwas mehr dazu schreiben:

Ich habe die zwei Bände von Hitlers "Mein Kampf" seit Jahrzehnten im Bücherschrank stehen, um nachschlagen zu können. Aber sie komplett durchzulesen, war mir zu langweilig. Da gibt es genügend Biographien Hitlers von Leuten, die "Mein Kampf" intensiver gelesen und besser verstanden haben als ich (z.B. Bullock und Fest).

Hier zunächst ein zufälliges Zitat aus "Mein Kampf" über Hitlers Anfänge:

[...] was damals mir als Härte des Schicksals erschien, preise ich heute als Weisheit der Vorsehung. In dem ich die Göttin der Not in ihrer Arme nahm und mich oft zu zerbrechen drohte, wuchs der Wille zum Widerstand, und endlich blieb der Wille Sieger. Das danke ich der damaligen Zeit, dass ich hart geworden bin und hart sein kann. Und mehr noch als dieses preise ich sie daher dafür, dass sie mich losriss von der Hohlheit des gemächlichen Lebens, dass sie das Muttersöhnchen aus den weichen Daunen zog und nun Frau Sorge zur neuen Mutter gab, Dass sie den Widerstreben hineinwarf, in die Welt des Elends und der Armut und ihn so die kennen lernen ließ, für die er später kämpfen sollte. In dieser Zeit sollte mir auch das Auge geöffnet werden für zwei Gefahren, die ich beide vordem kaum dem Namen nach kannte, auf keinen Fall aber in ihrer entsetzlichen Bedeutung für die Existenz des deutschen Volkes begriff. 

Wien, die Stadt, die so vielen als Inbegriff harmloser Fröhlichkeit gilt, als festlicher Raum vergnügter Menschen, ist für mich leider nur die lebendige Erinnerung an die traurigste Zeit meines Lebens. 

Auch heute noch kann diese Stadt nur trübe Gedanken in mir erwecken.  Fünf Jahre, Elend und Jammer sind im Namen dieser Phäakenstadt [Wien] für mich enthalten. Fünf Jahre, in denen ich erst als Hilfsarbeiter, dann als kleiner Maler mir mein Brot verdienen musste; mein wahrhaft kärglich Brot, das doch nie langte, um auch nur den gewöhnlichen Hunger zu stillen. Er war damals mein getreuer, Wächter, der mich als einziger fast nie verließ, der in allem redlich mit mir teilte. Jedes Buch, dass ich mir erwarb, erregte seine Teilnahme; ein Besuch der Oper ließ ihn mir dann wieder Gesellschaft leisten, auf Tage hinaus; es war ein dauernder Kampf mit meinem mitleidlosen Freunde und doch habe ich in dieser Zeit gelernt, wie nie zuvor. Außer meiner Baukunst, dem seltenen, [S.19/S.20] vom Munde abgesparten Besuch der Oper, hatte ich als einzige Freude nur mehr Bücher.

Ich las damals unendlich viel und zwar gründlich. Was mir so an freie Zeit von meiner Arbeit übrig blieb, ging restlos für mein Studium auf. In wenigen Jahren schuf ich mir damit die Grundlage eines Wissens, von dem ich auch heute noch zehre. 

Aber mehr noch als dieses.

In dieser Zeit bildete sich mir ein Weltbild und eine Weltanschauung, die zum granitenen Fundament meines derzeitigen Handelns wurden. Ich habe zu dem, was ich einst mir so schuf, nur weniges hinzu zu lernen gemusst, zu ändern brauchte ich nichts.

Im Gegenteil.

Ich glaube heute fest daran, dass im allgemeinen sämtliche schöpferischen Gedanken schon in dieser Jugend grundsätzlich erscheinen, soferne solche überhaupt vorhanden sind.“ (Mein Kampf 1. Band 1925, S.19/20)

Was mir an diesem kurzen Text auffällt, ist nicht so sehr, dass Hitler Mitleid heischend sein damaliges Leben so stilisiert, dass die Darstellung weit von der Wirklichkeit abweicht. Das gibt es oft.

Mich stört, dass er von zwei Gefahren spricht, für die ihm das Auge geöffnet worden sei, und dass er nicht sagt, welche Gefahren das seien, und dass er sagt, dass er nichts an seinem Weltbild zu ändern brauchte, ohne gesagt zu haben, was sein Weltbild war. Offenbar bestand sein Weltbild in der "Erkenntnis" dieser ungenannten Gefahren.

Offenbar, aber man erfährt nichts Sicheres. Dies Unklarheit zieht sich durch das Buch hindurch.

Außerdem stört die Widersprüchlichkeit: Sorge als Mutter und der Hunger als Freund. Zu einer Argumentation kommt es nicht.


In der Wikipedia heißt es über diese Zeit in Hitlers Leben:

"Nach dem Tod seines Vaters bezog Hitler als Halbwaise ab 1903 eine anteilige Waisenrente; ab 1905 erhielt er Finanzhilfen von seiner Mutter und seiner Tante Johanna. Anfang 1907 wurde bei seiner Mutter Brustkrebs festgestellt. Der jüdische Hausarzt Eduard Bloch behandelte sie. Da sich ihr Zustand rapide verschlechterte, soll Hitler auf der Anwendung von schmerzhaften Iodoform-Kompressen bestanden haben, die letztlich ihren Tod beschleunigten.[27]

Seit 1906 wollte Hitler Kunstmaler werden und trug später diese Berufsbezeichnung.[28] Er sah sich zeitlebens als verkannter Künstler.[29] Im Oktober 1907 bewarb er sich erfolglos für ein Kunststudium an der Allgemeinen Malerschule der Wiener Kunstakademie. Er blieb zunächst in Wien, kehrte nach Linz zurück, als er am 24. Oktober erfuhr, dass seine Mutter nur noch wenige Wochen zu leben habe. Nach Aussage Blochs und Hitlers Schwester versorgte er den elterlichen Haushalt bis zum Tod der Mutter am 21. Dezember 1907 und sorgte für ihr Begräbnis zwei Tage darauf. Er bedankte sich dabei bei Bloch, schenkte ihm einige seiner Bilder und schützte ihn 1938 vor der Festnahme durch die Gestapo.[30]

Als vorgeblicher Kunststudent erhielt Hitler von Januar 1908 bis 1913 eine Waisenrente von 25 Kronen monatlich sowie das Erbe seiner Mutter von höchstens 1000 Kronen. Davon konnte er etwa ein Jahr in Wien leben.[31] Sein Vormund Josef Mayrhofer drängte ihn mehrmals vergeblich, zugunsten seiner minderjährigen Schwester Paula auf seinen Rentenanteil zu verzichten und eine Lehre zu beginnen. Hitler weigerte sich und brach den Kontakt ab. Er verachtete einen „Brotberuf“ und wollte in Wien Künstler werden. Im Februar 1908 ließ er eine Einladung des renommierten Bühnenbildners Alfred Roller ungenutzt, der ihm eine Ausbildung angeboten hatte. Als ihm das Geld ausging, besorgte er sich im August von seiner Tante Johanna einen Kredit über 924 Kronen. Bei der zweiten Aufnahmeprüfung an der Kunstakademie im September wurde er nicht mehr zum Probezeichnen zugelassen. Er verschwieg seinen Verwandten diesen Misserfolg und seinen Wohnsitz, um seine Waisenrente weiter zu erhalten.[32] Deshalb gab er sich bei Wohnungswechseln als „akademischer Maler“ oder „Schriftsteller“ aus. Ihm drohte die Einziehung zum Wehrdienst in der österreichischen Armee.[33]

Nach August Kubizek, der mit ihm 1908 ein Zimmer teilte, interessierte sich Hitler damals mehr für Wagner-Opern als für Politik. Nach seinem Auszug im November 1908[34] mietete er in kurzen Zeitabständen immer weiter von der Innenstadt entfernte Zimmer an, offenbar weil seine Geldnot wuchs. Im Herbst 1909 bezog er für drei Wochen ein Zimmer in der Sechshauser Straße 56[35] in Wien; danach war er drei Monate lang nicht behördlich angemeldet. Aus seiner Aussage in einer Strafanzeige ist ersichtlich, dass er ein Obdachlosenasyl in Meidling bewohnte.[36] Anfang 1910 zog Hitler in das Männerwohnheim Meldemannstraße, ebenfalls ein Obdachlosenasyl. 1938 ließ er alle Akten über seine Aufenthaltsorte in Wien beschlagnahmen und gab ein Haus in einem gehobenen Wohnviertel als seine Studentenwohnung aus.[37]



Ab 1910 verdiente Hitler Geld durch nachgezeichnete oder als Aquarelle kopierte Motive von Wiener Ansichtskarten. Diese verkaufte sein Mitbewohner Reinhold Hanisch bis Juli 1910 für ihn, danach der jüdische Mitbewohner Siegfried Löffner. Dieser zeigte Hanisch im August 1910 wegen der angeblichen Unterschlagung eines Hitlerbildes bei der Wiener Polizei an. Der Maler Karl Leidenroth zeigte Hitler, wahrscheinlich im Auftrag Hanischs, wegen des unberechtigten Führens des Titels eines „akademischen Malers“ anonym an und erreichte, dass die Polizei ihm das Führen dieses Titels untersagte.[38] Daraufhin ließ Hitler seine Bilder von dem Männerheimbewohner Josef Neumann sowie den Händlern Jakob Altenberg und Samuel Morgenstern verkaufen. Alle drei waren jüdischer Herkunft. Der Mitbewohner im Männerwohnheim, Karl Honisch, schrieb später, Hitler sei damals „schmächtig, schlecht genährt, hohlwangig mit dunklen Haaren, die ihm ins Gesicht schlugen“, und „schäbig gekleidet“ gewesen, habe jeden Tag in derselben Ecke des Schreibzimmers gesessen und Bilder gezeichnet oder gemalt.[39]

In Wien las Hitler Zeitungen und Schriften von AlldeutschenDeutschnationalen und Antisemiten, darunter eventuell die Schrift Der Unbesiegbare von Guido von List. Deren Wunschbild eines vom „Schicksal“ bestimmten, unfehlbaren germanischen Heldenfürsten, der die Germanen vor dem Untergang retten und zur Weltherrschaft führen werde, kann laut Brigitte Hamann Hitlers späteren Anspruch auf Auserwähltheit und Unfehlbarkeit mit erklären.[40] Für Hitler damals zugänglich war auch die Zeitschrift Ostara, die der List-Schüler Jörg Lanz von Liebenfels herausgab,[41] und die von Eduard Pichl verfasste Biografie Georg von Schönerers (1912). Dieser hatte seit 1882 die „Entjudung“ und „Rassentrennung“ per Gesetz gefordert, einen Arierparagraphen für seine Partei eingeführt, ein völkisch-rassistisches Deutschtum gegen den Multikulturalismus der Habsburger Monarchie und als Ersatzreligion für das katholische Christentum vertreten („Los von Rom!“). Hitler hörte Reden seines Anhängers, des Arbeiterführers Franz Stein, und seines Konkurrenten, des Reichsratsabgeordneten Karl Hermann Wolf. Beide bekämpften die „verjudete“ Sozialdemokratie, tschechische Nationalisten und Slawen. Stein strebte eine deutsche Volksgemeinschaft zur Überwindung des Klassenkampfes an; Wolf strebte ein Großösterreich an und gründete 1903 mit anderen die Deutsche Arbeiterpartei (Österreich-Ungarn). Hitler hörte und bewunderte auch den populären Wiener Bürgermeister Karl Lueger, der die Christlichsoziale Partei (Österreich) gegründet hatte, für Wiens „Germanisierung“ eintrat und als antisemitischer und antisozialdemokratischer „Volkstribun“ massenwirksame Reden hielt. Hitler diskutierte 1910 nach Aussagen seiner Mitbewohner im Männerwohnheim über politische Folgen von Luegers Tod, lehnte einen Parteieintritt ab und befürwortete eine neue, nationalistische Sammlungsbewegung.[42]

Wieweit diese Einflüsse ihn prägten, ist ungewiss. Laut Hans Mommsen herrschte damals Hitlers Hass auf die Sozialdemokraten, die Habsburgermonarchie und die Tschechen vor.[43] Während bis Sommer 1919 einige wohlwollende Aussagen Hitlers über Juden überliefert sind, griff er ab Herbst 1919 auf antisemitische Klischees zurück, die er in Wien kennengelernt hatte; seit 1923 stellte er Schönerer, Wolf und Lueger als seine Vorbilder dar.[44]" (Wikipedia)

Über Hitlers Buch Mein Kampf insgesamt informiert die Wikipedia.

01 September 2025

Klimawandel: Am Kipp-Punkt

 B. v. Brackel u. T. Staud: Am Kipp-Punkt (Perlentaucher)

Diesmal weise ich auch ein Buch hin, bevor ich es gelesen habe, weil es eilig und wichtig ist. Wenn mir deutlich mehr Informationen vorliegen, werde ich hier darauf hinweisen.:

Inzwischen entsteht in ZUM-Unterrichten nach und nach ein ausführlicher Artikel zum gesamten Buch, der viele Zitate und Wikipedialinks zu ausführlicheren Erläuterungen enthält.

Leseprobe (Inhaltsangabe und Text bis S.39)

daraus:

"Prolog

Neue Welt

Stellen Sie sich eine große, komplexe Maschine vor, in der unzählige Zahnräder und andere mechanische Teile fein austariert ineinandergreifen. Über Hebel wird die Maschine gesteuert. Nun ziehen Sie an einem davon, ganz langsam, gleichmäßig. Eines der Zahnräder wandert auf seiner Welle, ebenfalls langsam, gleichmäßig. Sonst passiert nichts. Irgendwann aber ist es so weit verschoben, dass ein anderes Zahnrad in Reichweite gerät. Sie greifen ineinander, das Getriebe knirscht, ruckelt – und ändert plötzlich die Drehrichtung.

Genauso abrupt könnte sich auch unser Erdsystem umstellen.

Es beginnt mit dem Eis: Von den Ozeanen rund um die Pole wird die weiße Decke gezogen; die Böden in den nördlichsten Breiten tauen auf, und in den Gebirgen kriechen die Gletscher in die Höhe zurück, wie ein scheues Tier. Überall knackt und knistert es, es tropft und rauscht. Die Erde taut.

Dann kommt der Knall.

Der Reihe nach zerplatzen die Schelfeise der Antarktischen Halbinsel, dann jene der Westantarktis. Aufs Meer hinausragende Eisplatten von der Größe ganzer Länder, die jahrtausendelang am Festlandeis gehaftet haben, brechen ab, zersplittern, und eine Armada an Eisbergen treibt in den Südozean hinaus. Warmes Wasser dringt nun unter den entblößten Eisschild und höhlt ihn unaufhörlich aus.

Derweil, am anderen Ende der Welt, schrumpft der Grönländische Eispanzer, und seine höchsten Lagen geraten in immer tiefere und wärmere Luftschichten, woraufhin er noch schneller schmilzt und ab einem gewissen Punkt unumkehrbar zerfließt. Bis der ganze Eisschild verschwunden ist, wird es Jahrhunderte oder Jahrtausende dauern, aber schon viel früher verändert sein [...]

Im Nordatlantik richtet sich daraufhin eine mächtige Meeresströmung neu aus, die über Jahrtausende Wärme nach Europa befördert hat. Wie ein am Boden liegender Gartenschlauch, der bei zu starkem Wasserdruck sich schlängelnd verschiebt und anderswo zum Liegen kommt.

Und das hat einen paradoxen Effekt: Während der Großteil der Welt unter Hitze leidet, erleben Teile Europas einen Kälterückfall. Die Luft kühlt ab, um mehrere Grad. Im Winter ziehen Stürme auf, wie sie die Menschen seit Beginn der Zivilisationen nicht erlebt haben.

Das arktische Meereis breitet sich wieder aus und berührt im Winter die Nordküste Schottlands und Norwegens; bisweilen gar die deutsche Nordseeküste. Es schneit wieder mehr. 

Gleichzeitig erlebt die Südhalbkugel einen zusätzlichen Hitzeschub, schließlich hat die Erderwärmung ja nicht aufgehört – nur verteilt sich die Energie auf dem Planeten um und staut sich nun in der südlichen Hemisphäre. [...] 

Zu welchen Sprüngen ist das Erdklima fähig?

Vor 11.650 Jahren endete die Jüngere Dryaszeit so plötzlich, wie sie gekommen war. In der Tongrube in Allerød konnten Hartz und Milthers diesen Schlusspunkt im Profil der Sedimentschichten an der Trennlinie zwischen der jüngeren Tonschicht und der vermoderten Torfschicht an der Oberfläche erkennen, die mit Überresten von Buchen- und Eichenstämmen durchsetzt war – ein Hinweis auf das Einsetzen der noch heute andauernden Warmzeit des Holozänsder Blütezeit der Menschheit.

Es wurde damals wieder feuchter und wärmer, Birken und Kiefern breiteten sich in Nordeuropa aus, und die Rentierherden zogen sich endgültig in den Norden zurück. Die Menschen mussten sich abermals an die kleinräumigere Lebensweise in Wäldern gewöhnen – oder weit nach Norden ausweichen, wo es nach wie vor eine offene Tundra gab.

Auch in der Region des Fruchtbaren Halbmonds kehrten die Wälder zurück, die Wüste schrumpfte. Mehr Siedlungen entstanden, sie wuchsen zu Städten, und die Menschen blieben dort, manchmal für Tausende von Jahren oder sogar bis heute, wie in Jericho.

Wie schnell die Menschheit tatsächlich in die heutige Warmzeit befördert wurde, wie schnell also die Jüngere Dryas nicht nur begonnen, sondern auch geendet hatte, sollte sich erst viele Jahrzehnte später klären: Anfang der 1990er-Jahre. An einem der kältesten Orte der Welt. [...]"


Klappentext 
Überschwemmungen, Hitzewellen, Dürren, Waldbrände - die Auswirkungen des immer extremeren Wetters sind auch hierzulande zunehmend spürbar. Aber all das ist erst der Anfang: Weil das 1,5-Grad-Limit nicht mehr zu halten ist und die Erderhitzung fortschreitet, drohen in naher Zukunft im Klimasystem mehrere sogenannte Kipppunkte überschritten zu werden. Die Folgen wären einschneidend, auch für Deutschland. Benjamin von Brackel und Toralf Staud liefern, was man über Kipppunkte wirklich wissen muss. Sie schildern die jahrzehntelange Erforschung der Kipppunkte, ihre möglichen Folgen und die Kontroversen der Fachwelt - eine der größten Detektivgeschichten unserer Zeit, deren Ausgang über nichts weniger entscheidet als über das Schicksal unserer Zivilisation. Die Autoren nehmen uns mit auf eine Weltreise zu den wichtigsten Kippelementen im Erdsystem: von den eisigen Landschaften der Pole über die Warmwasserheizung Europas bis zum Amazonas-Regenwald. Sie erklären, wie unsere Erde - und auch die Klimawissenschaft - funktioniert. Am Ende weiß man, welche Kipppunkte einem tatsächlich Sorge bereiten sollten und welche weniger. Nicht zuletzt zeigt das Buch positive Kipppunkte in Technologie und Gesellschaft auf. Diese könnten exponentielles Wachstum beim Klimaschutz ermöglichen und uns noch davor bewahren, in ein chaotisches Klima abzustürzen. Ein dramatisches Wettrennen gegen die Zeit.

26 August 2025

Thomas Mann: Königliche Hoheit

 Wenn man die Namenswahl, Titel und Berufsbezeichnungen der handelnden Personen in diesem Großherzogtum von 8000 km² und 1 Mill. Einwohnern betrachtet: Hauptmann Lichterloh,  Graf Schmettern, Doktorin Gnadebusch, die Hebamme, den Hofprediger Oberkirchenratspräsident D.W. so fühlt man sogleich die ironische Distanz des Erzählers. Man könnte an eine Satire denken. 

Das ist es nicht. Doch die "unrentable" Eisenbahn, die Zerstörung der Finanzkraft des Landes durch Umweltzerstörung, die Kritik an der Torheit von falschen Schulzuweisungen, all das ist ernst gemeint. Dennoch dieser ironische Abstand von der  Wilheminischen Ära, mit dem diesem an zweiter Stelle Thronberechtigten, der äußerlich sehr deutlich Wilhelm II.  nachgebildet ist, aber in seiner seelischen Situation ein wenig verfremdetes Bild des damaligen Verfassers Thomas Mann ist (zweiter Sohn und zunächst weit hinter seinem Bruder Heinrich zurückstehend). 

Die märchenhafte Begegnung dieses Erben, der unter Verpflichtungen der Tradition leidet wie Hanno Buddenbrook (und Thomas Mann), mit der Erbin eines Superreichtums entfernt sich dann vom satirischen Einschlag und ähnelt sehr dem, was Thomas Mann sehr bewusst angesteuert hat, um ganz seiner Bestimmung als Schriftsteller zu leben, ohne wie Oscar Wilde die Ächtung durch die Gesellschaft fürchten zu müssen (dennoch hat er nie ein Outing für möglich gehalten, wie sein ältester Sohn es ihm vorlebte).

Er wählte ein "strenges Glück" (die letzten Worte des Buches). 

Schon vor seiner Hochzeit (Königliche Hoheit erschien erst 1907, nach der Geburt seines 3. Kindes) wählt er in einem Brief an seinen Bruder Heinrich diese Verknüpfung, wenn auch nicht in dieser einem Oxymoron ähnlichen Verkürzung:

"Es geht ihm einmal darum, den Bruder zu versichern, dass er 'das nicht ganz simple Problem unseres Verhältnisses' nicht vergessen habe und dass er nicht nur an das eigene Glück denke; in der Hauptsache, aber wolle er erklären, dass das neue Leben nicht so ganz dem Schlaraffenland, das Heinrich so geschmäht hatte, entspreche. Was war schließlich Glück? 'Nie habe ich das Glück für etwas Leichtes und Heiteres gehalten, sondern stets für etwas so Ernstes, Schweres und Strenges wie das Leben selbst… Ich habe es mir nicht 'gewonnen', es ist mir nicht 'zugefallen'.Ich habe mich ihm unterzogen: aus einer Art Pflichtgefühl, einer Art von Moral, einem mir eingeborenen Imperativ… Das 'Glück' ist ein Dienst…  ich betone das nicht, weil ich irgendwas wie Neid bei dir voraussetze, sondern weil ich argwöhne, dass du im Gegenteil sogar mit Geringschätzung auf mein Neues Sein und Wesen blickst. Tu das nicht. Ich habe es mir nicht leichter gemacht. Das Glück, mein Glück ist zu in zu hohen Maße ist in zu hohem Grade Erlebnis, Bewegung, Erkenntnis, Qual, es ist zu wenig dem Frieden und zu nahe dem Leiden verwandt, als dass es meinem Künstlertum dauernd gefährlich werden könnte… Das Leben, das Leben! Es bleibt eine Drangsal, und so wird es mich denn wohl auch mit der Zeit zu ein paar guten Büchern veranlassen." (zitiert nach: Donald Prater: Thomas Mann, 1995, S.95)

Die Strenge des Hofzeremoniells, die Klaus Heinrich erlebt, erfährt Thomas erst, als er in die Sphäre der finanziellen und gesellschaftlichen Elite eintritt und sich dort behaupten muss, um zu rechtfertigen, dass er die hochbegabte Mathematikerin von einer Promotion fernhalten will, um sie zu seiner Gattin und folglich zur Hausfrau (später "selbsternannte" "Frau Thomas Mann") zu machen. Aus Pflichtgefühl seiner Begabung und seiner seelischen Empfindsamkeit, die ihm ein Künstlerleben und Werk zur moralischen Pflicht macht.

Wer schon vor dem 1. Weltkrieg an der Wilhelminischen Gesellschaft das kritisierte, was seit der Coronazeit Kritiker dem vereinigten Deutschland nachsagten, hat trotzdem während des Weltkriegs die Abfassung der Betrachtungen eines Unpolitischen für seine moralische Pflicht gehalten, die ihn für geraume Zeit von seinem Bruder, dem von ihm so bezeichneten "Zivilisationsliteraten", entfremden sollte. 

Geschichte der arabischen Welt

  Geschichte der arabischen Welt hrsg. Ulrich Haarmann, 1987

Inhaltsverzeichnis

Einleitung (Ulrich Haarmann) 9

I. Früher Islam (Albrecht Noth) 11 

1. Die Higra (Hedschra)

a) Stamm (Quraisch) und Clan 12 

b) Ein Prophet im Stamm 17 

c) Ächtung Muhammads und die Gründung eines islamischen „Stammes" 28 (https://de.wikipedia.org/wiki/Mohammed#Mohammeds_erste_Anh%C3%A4nger)

d) Islamische Neuerungen 41 

2. Die arabisch-islamische Expansion 58

3. Herrscher und „Untertanen" 73

a) Legitimationsfragen 73

b) Zur realen Macht frühislamischer Kalifen 80

"Verloren gegangen war, mit dem Tode des Propheten der muslimischen umma (und damit auch ihren Repräsentanten), jedoch ein ganz entscheidendes Stück Handlungsspielraum: die Möglichkeit, auf neue Situationen in konsensfähiger Form zu reagieren. Dieses Problem hatte zu Lebzeiten des Propheten deswegen nicht bestanden, weil seine Entscheidungen bei neu auftretenden Fragen aufgrund seiner prophetischen Autorität allgemein akzeptiert wurden, auch dann, wenn sie nicht in Form einer koranischen Offenbarung 'herabkamen', sondern 'nur' Anordnungen Mohammad waren. Solche nicht – koranischen Entscheidungen des Propheten aber dürften die alltägliche Lebens- und Handlungs-Praxis der medinensischen umma – erwähnt seien nur so wichtige Bereiche wie die detaillierte Gestaltung des Kultus, Kriegsführung, Bündnisse, Abgaben – in ganz erheblich höhere Maße bestimmt haben als die Offenbarung des Koran, der zwar mancherlei rechtliche Regelungen enthält, aber die Funktion eines umfassenden Gesetzbuches weder erfüllen sollten noch konnte. Die Notwendigkeit, Entscheidungen zu treffen, die sich nicht oder nur entfernt auf göttliche Offenbarung berufen konnten, schon zu Lebtzeiten des Propheten eine wesentliche Komponente in der Führung der umma, nahm nun nach seinem Tode zunehmend größere Ausmaße und dringlichere Formen an." (S.81) 

c) Charakteristika innermuslimischer Auseinandersetzungen 97

II. Das Kalifat der Abbasiden (Tilman Nagel) 101

1. Der abbasidische Umsturz 101

2. Erfolge und Mißerfolge bei der inneren Konsolidierung .. . 110

3. Das Militär 118

4. Das Reich in der Krise 120

5. Die Inquisition 127

6. Das Söldnertum 130

7. Die Zerrüttung der Wirtschaft und der Finanzen 133

8. Bagdad und die Kultur des Islams 136

9. Das Großemirat 141

10. Die Entstehung des Sultanats 146

11. Kalif und Sultan 153

12. Die Selbstbehauptung des Kalifats 157

13. Das Ende 164

III. Die Fatimiden (Heinz Halm) 166

1. Das fatimidische Gegenkalifat in Nordafrika 166

2. Die Fatimiden in Ägypten und Syrien 170

3. Der Kalif al-Hakim und die Anfänge des Drusentums 175

4. Das elfte Jahrhundert: Ägypten als Großmacht 183

5. Ägypten und der erste Kreuzzug 191

6. Ägypten als fränkisches Protektorat 195

IV. Die Ayyubiden (Heinz Halm) 200

1. Saladin und der Ǧihād 200

2. Das Ayyubidenreich - ein dynastischer Herrschaftsverband 205

3. Austausch mit Europa 211

V. Der arabische Osten im späten Mittelalter 1250-1517 (Ulrich Haarmann) 217

1. Das Herrschaftssystem der Mamluken 217

a) „Der Segen des Sklaventums" 217

b) Die historischen Wurzeln des Mamlukensultanats (bis 1260) 218

c) Die mamlukische Militäraristokratie 222

d) Die hohen Reichsämter 228

"Die Söhne verstorbener Sultane wurden nach 1412 nur noch interimistisch auf den Thron gesetzt und dort solange geduldet, bis sich die Großemire auf einen ihnen passenden Kandidaten aus den eigenen Reihen als effektiven Nachfolger hatten einigen können. Von einem Herrschaftsanspruch, auch einem partiellen, der Sultansnachkommen konnte am Ende des 15. Jahrhunderts überhaupt keine Rede mehr sein." (S. 229)

e) Das mamlukische Militärbenefizium 233

2. Ägypten, Syrien und Arabien im politischen Wandel (1260-1517) 236

3. Gelehrte und Despoten - Städtisches Leben im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert 252

4. Der Irak zwischen Mongolen und Safawiden 257

VI. Der Maghreb und die Pyrenäenhalbinsel bis zum Ausgang des Mittelalters (Hans-Rudolf Singer) 264

1. Die Eroberung des Maghreb und der Pyrenäenhalbinsel . . . 264

2. Der Beginn der Staatlichkeit 266

a) Al-Andalus: Gouverneure und Gründung des Emirats von Cordoba 266

b) Der Maghreb: Idrisiden, Rustamiden und Aglabiden 268

3. Emirat und Kalifat von Córdoba 275

4. Der Kampf der Kalifate um den Maghreb 283

a) Marokko als Glacis 283

b) Die Ziriden 286

c) Die Hammadiden und die Verselbständigung des zentralen Maghreb 288

5. Die Zeit der Bürgerkriege und Kleinkönige 290

6. Die großen Berberreiche 295

a) Die Almoraviden 295

b) Die zweite Fitna in al-Andalus 298 [Fitna]

c) Die Almohaden 299

7. Die Erben der Almohaden 306

a) Die Meriniden 308

b) Die 'Abdalwadiden (1235—1554) 312

c) Die Hafsiden 314

d) Die dritte Fitna in al-Andalus- Die Nasriden von Granada 317 [Fitna]

e) Das Ende des Islams in al-Andalus 321

VII. Der arabische Osten unter osmanischer Herrschaft 1517-1800 (Barbara Kellner-Heinkele) 323

1. Vorbemerkungen 323

2. Ägypten und die Anrainer des Roten Meeres 325

3. Der Fruchtbare Halbmond 344

a) Die syrischen Provinzen (Biläd as-Säm) 346

b) Die irakischen Provinzen 359

VIII. Der arabische Osten im neunzehnten Jahrhundert 1800-1914 (Alexander Schölch) 365

1. Vorbemerkungen 365

2. Aufbruch zur Selbstbehauptung 367

3. In der Euphorie des Fortschritts 387

4. Ernüchterung und Neuorientierung 417

IX. Der arabische Osten im zwanzigsten Jahrhundert 1914-1985 (Helmut Mejcher) 432

1. Vorbemerkungen 432

2. Das „heroische" Zeitalter der Arabischen Bewegung. Freiheitskampf, politische Neuordnung und europäische Dominanz 435

a) Die Region des Fruchtbaren Halbmonds 436

b) Die Arabische Halbinsel 450

c) Das Niltal 460

3. Die Ära der Massenbewegungen und Ideologien 1930-1966. Gesellschaft und Herrschaft im Umbruch 469

a) Weltwirtschaftskrise und Zweiter Weltkrieg: Ökonomische und soziale Auswirkungen im regionalen Maßstab 469

b) Veränderungen in den politischen Systemen und die neue Dynamik in den zwischenarabischen Beziehungen bis zur Revolution in Ägypten 475

c) Die arabische Bewegung zwischen Nasserismus und Baathismus 482

4. Die Regie der Technokraten. Aktuelle Entwicklungen der siebziger und achtziger Jahre in historischer Perspektive... 485

a) Arabische Politik unter dem Primat der Ölmacht und der Ökonomie 486

b) Konfliktfelder und Kriege im Wandel inter-arabischer Beziehungen und internationaler Politik 491

c) Die Krisis der politischen Kultur und neue Horizonte 497

"Nicht zuletzt aufgrund vermehrter sowjetischer, französischer und ägyptischer Rüstungslieferungen an den Irak verwandelte sich der Krieg jetzt in einem Gleichgewicht Stellungskrieg. Der damit einhergehende Verschleiß, der ehemals vor allem für die Golfländer so bedrohlichen irredentistischen Ideologien hat vermutlich nicht nur nahöstliche Metropolen mit Genugtuung erfüllt. In diese erste Phase fiel schließlich auch die Zerstörung des irakischen Nuklearreaktors durch die israelische Luftwaffe am 7. Juni 1981. (S.496). 

"Es gehört zur Schicksalstragödie des arabischen Nahen Osten, dass der im 19. Jahrhundert begonnene Aufbruch zur Selbstbehauptung auf der Grundlage einer Synthese zwischen Islam und westlichem Positivismus und Säkularismus keine etwa mit der Lebensweise und Staatskunst klassischer arabisch-islamischer Epochen vergleichbare gefestigte politische Kultur hervorgebracht hat. Die Prozesse der Staats- und Nationenbildung sowie eines forcierten, häufig von revolutionären Erschütterungen begleiteten sozialen Wandels wurden der Region unter abendländischer Ägide und unter dem Druck des Weltmarkts auferlegt." 

"Der Libanon war stets ein Mikrokosmos der größeren arabisch-islamischen Umwelt. Hier konnten die Defizite politischer Freiheiten in anderen arabischen Staaten kompensiert, bzw. deren Rivalitäten untereinander in der vielfältigen Presse ausgetragen werden. So wie Stabilität und Krisis als auch der philosophische und der politische Diskurs im Libanon meist eine Barometerfunktion für die Gesamtregion hatten, so sind im gegenwärtigen libanesischen Krieg. Alle inner-arabischen und inner-kulturellen Gegensätze, möglicherweise zum letzten selbst zerstörerische Gefecht angetreten. Auf der anderen Seite bietet die besondere Problematik des Libanon nicht zuletzt unter dem Einfluss des Ostkonflikts keine absolute Gewähr dafür, dass Vorgänge und Veränderungen im libanesischen Mikrokosmos einen Erklärungswert im nahöstlichen Maßstab haben." (S. 498)

X. Nordafrika in der Neuzeit (Peter von Sivers) 502

1. Der Aufstieg Iberiens zur Führungsrolle in der christlichen Zivilisation (1300-1500) 502 

2. Der osmanisch-iberische Kampf um die Vorherrschaft in Nordafrika (1500-1600) 505

3. Nordafrika als autonome Region (1600-1800) 520

4. Die europäische Ausdehnung nach Nordafrika(1800-1900). 531

5. Urbanisierung und Nationalismus (1900-1950) 560

6. Der unabhängige Maghreb (1950-1985) 576