29 September 2019

Kamila Shamsie, BDS und Nelly Sachs

Kamila Shamsie

"[...] Eigentlich sollte nämlich, so wurde vor rund zwei Wochen verkündet, die britisch-pakistanische Schriftstellerin Kamila Shamsie jenen nach Sachs benannten Literaturpreis erhalten, mit dem die Stadt Dortmund alle zwei Jahre Schriftsteller ehrt, die "überragende schöpferische Leistungen auf dem Gebiet des literarischen und geistigen Lebens hervorbringen und die insbesondere eine Verbesserung der kulturellen Beziehungen zwischen den Völkern zum Ziel haben" [...]."
https://www.zeit.de/2019/40/kamila-shamsie-nelly-sachs-preis-israelkritik

https://www.zeit.de/kultur/2013-12/unterzeichner-ueberwachung-aufruf (aus Pakistan unterzeichnete Kamila Shamsie)

BDS:
"Boycott, Divestment and Sanctions (dt. „BoykottDesinvestitionen und Sanktionen“, abgekürzt BDS) ist eine transnationale politische Kampagne, die Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren will, um ihre 2005 beschlossenen Ziele durchzusetzen: Israel müsse die Besetzung und Besiedlung „allen arabischen Landes“ beenden, seinen arabisch-palästinensischen Bürgern volle Gleichberechtigung gewähren und den palästinensischen Flüchtlingen und deren Nachkommen die Rückkehr in ihre frühere Heimat und zu ihrem Eigentum ermöglichen. 171 palästinensische zivilgesellschaftliche Organisationen unterzeichneten diesen Aufruf; viele Solidaritätsgruppen und Prominente unterstützen ihn. Manche BDS-Vertreter bestreiten das Existenzrecht Israels und wollen diesen Staat abschaffen.
Wissenschaftler ordnen die Ziele der Kampagne als antizionistisch (gegen einen jüdischen Staat gerichtet) und vielfach auch als antisemitisch ein. Der Deutsche Bundestag verurteilte im Mai 2019 Boykottaufrufe gegen Israel und bewertete BDS als antisemitisch. [...]" (Wikipedia)
https://www.zeit.de/2019/40/bds-bewegung-aktivismus-israel-antisemitismus-verfassungsschutz/komplettansicht

Nelly Sachs

Nelly-Sachs-Preis
"[...]2019 sollte der Preis an die Schriftstellerin Kamila Shamsie verliehen werden. Nach Protesten gegen die Vergabe kündigte die Jury an, die Preisvergabe zu überprüfen,[3] und teilte nach der Überprüfung mit, dass 2019 keine Preisvergabe erfolge. Als Begründung führte sie aus: „Die politische Positionierung von Kamila Shamsie, sich aktiv am Kulturboykott als Bestandteil der BDS-Kampagne (Boykott-Deinvestitionen-Sanktionen) gegen die israelische Regierung zu beteiligen, steht im deutlichen Widerspruch zu den Satzungszielen der Preisvergabe und zum Geist des Nelly-Sachs-Preises.[4] In einem offenen Brief in der London Review of Books wandten sich daraufhin 250 internationale Autoren gegen die Entscheidung der Jury. [...9" (Wikipedia) 
 Felix Stephan: Nelly-Sachs-Preis – Offener Brief an die Jury. In: Süddeutsche Zeitung. 23. September 2019, 
 The Right to Boycott. In: London Review of Books. 23. September 2019


Meine Meinung:
Die Begründung der Jury, Shamsie eigne sich für diesen Preis, weil ihre Romane "auf vielfache Weise Brücken schlagen". ist m.E. korrekt. Trotzdem war es für eine deutsche Jury problematisch ihr den Preis zuzusprechen. Ihn ihr abzusprechen sehe ich in Zusammenhang mit der Absprechung eines Preises für Kermani. Es wird ihr nicht gerecht. - Ich verzichte vorläufig auf eine nähere Begründung. 

Doch bereits jetzt eine Kurzkritik zum Artikel von Martin Eimermacher:
Wenn Eimermacher formuliert, dass Shamsie seit Jahren den BDS unterstütze, "also jene Kampagne, die den israelischen Staat wirtschaftlich, kulturell und politisch in Grund und Boden boykottieren möchte" (Hervorhebung von mir), so trifft das schwerlich zu. 
Boykott wird immer wieder als politisches Mittel eingesetzt, um einen Staat zu einem gewünschten Handeln zu bewegen. Der überzeugendste war gewiss der zur Freilassung Nelson Mandelas. Er lief viele Jahre erfolglos, hat aber letztlich zu dem höchst wünschenswerten Ergebnis geführt. Gewiss sind nicht alle solche Boykotte gleich berechtigt, aber sie haben stets begrenzte Ziele. Wenn man Shamsie unterstellt, sie billige höchst fragwürdige Äußerungen einzelner Mitglieder von BDS, hätte man vor eine Aberkennung das zunächst überprüfen müssen. Die Kennzeichen ihres Werks, die zur Verleihung des Preises geführt haben, sprechen dagegen.
Aber, wie ich oben schrieb, eine deutsche Jury sollte sorgfältig prüfen, ob sie möglicherweise Antisemiten einen Preis dafür verleiht, zur "Verbesserung der kulturellen Beziehungen zwischen den Völkern" verleiht. 

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