05 Juli 2009

deaf sentence

Taubheit ist komisch, Blindsein ist tragisch, schreibt David Lodge in seinem Roman über einen schwerhörigen Linguisten, bei dem er aus der eigenen Erfahrung schöpft. Der Titel deaf sentence spielt darauf an, dass ein Schwerhöriger deaf leicht als death missverstehen kann, so dass Todesstrafe für ihn genauso klingt wie gestraft mit Taubheit und umgekehrt.
Der Roman handelt davon, wie irritierend solche fortwährenden Missverständnisse von Schwerhörigen für sie selbst und für ihre Angehörigen sein können, auch wenn manche Missverständnisse von großer Komik sind.
Dann berichtet er von den Schwierigkeiten des Alterns und dem Stress, der bei der Betreuung seniler Eltern entsteht. Alles geschieht mit sehr viel Verständnis und mit viel Sinn für die komischen Seiten dieser Schwierigkeiten. Eine Liebes/Kriminalgeschichte sorgt für die nötige Spannung. So lässt sich der Roman leicht lesen, und doch bleiben Moral, Ernst und der Blick auf Tragik und letzte Dinge nicht ausgespart. So zitiert David Lodge einen Satz aus einem Brief, den Chaim Herzog, ein Mitglied eines Sonderkommandos aus Auschwitz, in der Asche der verbrannten Juden versteckt hat. (Die Mitglieder der Sonderkommandos hatten die vergasten Juden aus den Gaskammern in die Verbrennungsöfen zu schaffen und wurden nach einigen Wochen oder Monaten selbst vergast und verbrannt.)
Der Brief war an seine Frau gerichtet und der Satz lautet (in meiner Übersetzung aus dem Englischen)
Wenn es zu verschiedenen Zeiten kleine Missverständnisse in unserem Leben gegeben hat; jetzt sehe ich, wie unfähig man war, die Gegenwart richtig zu schätzen.