Großer-Tiger, ein junger Chinese, und sein deutscher Freund Christian werden mit einer geheimen Mission durch die Wüste Gobi geschickt. Um ans Ziel ihrer Reise, nach Urumtschi, zu gelangen, müssen die Jungen sich mit asiatischen Lebens- und Denkgewohnheiten auseinandersetzen.Fritz Mühlenwegs atemberaubender und gleichermaßen fantasievoll-poetischer Roman zählt zu den schönsten klassischen Reise-Abenteuer-Büchern!
(bücher.de)
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Ein Junge, der in Peking auf die Welt gekommen ist, muß vieles wissen. Christian war zwölf Jahre alt, und er wußte schon allerlei. Er konnte Deutsch so gut sprechen wie Chinesisch, und obendrein kannte er Tom, mit dem er englisch redete. Weil er ihn aber selten traf, fehlte ihm manchmal ein Wort. Andere Dinge, wie Trense, Steigbügel und mexikanischer Sattel, kannte Christian gut, denn er war oft auf dem Glacis, wo man reiten konnte, wenn man ein Pferd hatte.
Die Hauptsache war, man kam eine oder zwei Stunden von daheim fort, und das war weit schwieriger als alles, weil die alte Ama aufpaßte. Die alte Ama war das Kindermädchen. Sie hatte Christian aufgezogen, und darum tat sie so, als ob er noch ein Baby wäre. Dabei war er ein Junge, der schon in die Lateinschule ging und sich in Peking auskannte.
„Die Ama ist nicht recht gescheit“, sagte Christian zu seinem Freund Großer-Tiger, mit dem er sich auf der Stadtmauer traf, „sie sollte lieber auf meine Schwester aufpassen; die ist noch klein.“
Hu-Ta, der Große-Tiger, nickte.
„Du mußt öfter Sie zu ihr sagen, oder: Ehrwürdiger Wagen.“
„Hilft das was?“
„Ja“, sagte Großer-Tiger, „du wirst sehen, das hilft.“ [...]
"Hier galoppierten die Pferde bereits", sagte Großer-Tiger und wie es auf die Straße der Nachdenklichkeit.
"Oh, ihr Teufelsbraten", rief Glück, "ihr seid wie echte Rotbärte und besser. Es sollte mich nicht wundern, wenn die Herren der Berge euch eines Tages kniefällig bäten, Hauptleute zu werden."
"Zuviel der Ehre", sagte Großer-Tiger.
"Wir müssen noch wachsen", sagte Christian. [...]" (Bd.2, S.144)
„Verbrecher fangen ist immer so“, beruhigte ihn Mondschein; „in einem Melonengarten kann man es nicht. Geh jetzt und sage deinen Männern, daß wir Grünmantel fangen wollen. Sie sollen die Gewehre laden und die Roßhaarbüsche aus den Läufen nehmen. Eine dicke Belohnung kannst du ihnen obendrein versprechen.“ [...]
„Grünmantel ist dicht vor uns“, flüsterte er frohlockend, „gleich reiten wir weiter, und dann haben wir ihn.“
„Aber unser Wagen?“ warf Großer-Tiger schüchtern ein.
„Keine Bedenken deswegen“, sagte Mondschein, „ich trete Schong-Ma die Rippen ein, bis er gesteht, wo er den Wagen hat.“
„Nichts von alledem geschieht“, sagte Dampignak streng. Er war unbemerkt herbeigekommen, und er stand aufrecht neben Mondschein. Er war der gleiche Uralte-Herr, wie Christian und Großer-Tiger ihn kannten, seit sie ihn zum erstenmal am Verdeckten-Brunnen im Zelt sitzen sahen, und doch war er ein anderer. Seine Hand lag ruhig am Gürtel, und seine Augen flackerten nicht, obwohl er geradeaus ins Helle blickte. Der Zorn ist aus ihm gewichen, dachte Großer-Tiger.
(Mühlenweg: Großer Tiger und Christian - leicht gekürzter Text des Buches)
Großvaterworte
„Räuber
sein ist ein ehrenwerter Beruf“, sagte Großer-Tiger, „und
Ehrenmännern muß man Wort halten. Zudem hat Glück Geheimnisse vor
uns. Warum sollten wir nicht auch Geheimnisse vor Glück haben? Wir
wollen warten;
im Warten liegt Heil.“
„Sagt
das dein Lehrer?“ „Nein,
das sagt mein Großvater. Er sagte auch oft: Jugendtorheit ist rasch,
sie bringt Durcheinander.“
„Meine
Ama sagte anders“, warf Christian ein; „sie schüttelte vielmal
den Kopf, wenn sie mich sah, und sie sprach: Kindliche Torheit hat
Gelingen.“
„Das
ist längst vorüber“, widersprach Großer-Tiger ernst, „jetzt
sind wir Männer. Wir müssen tun, was Männern zu tun geziemt.“
[...]
„Die
Klugheit verbietet den Zorn“,
wandte Großer-Tiger ein. „Das
ist ein Spruch deines Großvaters“, höhnte Glück.
„Mein
Großvater sagt, man bekommt keine jungen Tiger, wenn man die alten
Tiger vorzeitig umbringt. [...]
„Es
heißt“, sprach Großer-Tiger, „daß, wer
sich nicht rühmt und wer sich seine Verdienste nicht anrechnet,
wahrhaft bescheiden
sei. Wer sich aber Untaten anrechnet, die er nicht begangen hat,
frevelt an sich selbst.“
„Wer
sagt das?“ knurrte Ohnezehen. „Mein
Großvater sagt es“, erwiderte
Großer-Tiger.
[...]