21 Februar 2017

Lope de Vega: Die Liebesheuchler I

Erster Akt 
Straße. Rechts das Haus der Octavia, links das der Clarinda, beide mit Balkonen 
Erster Auftritt (Nacht) 
Felisardo (kommt, mit Degen und kleinem Schild) 
Mendoza (folgt ihm) 
Mendoza Ein züchtig Weib! 
Felisardo                                   Ein Musterbild! 
Das muß man von Octavia sagen. 
Mendoza Wollt Ihr kein Panzerhemde tragen? 
Felisardo Nein, mir genügen Schwert und Schild. 
Mendoza Doch immerhin, es schadet nie, 
Sich eine starke Wehr zu schaffen.
Felisardo Vermögen etwa mehr die Waffen, 
Als Mut vermag auch ohne sie? 
Klopf an ihr Haus dort; schlag vier Bretter 
Der Tür entzwei mit deinem Huf. 
Mendoza Bin ich ein Maultier?
 Felisardo                                        Oder ruf 
Mit ohrbetäubendem Geschmetter. 
Mendoza Ist es nicht besser, hier zu lauern, 
Bis jener Mann herunterkommt? 
Ich möchte wissen, was es frommt, 
Erschüttert man durch Lärm die Mauern. 
Und woraus schließt Ihr, daß man nicht 
Gewillt ist, Euch hineinzulassen? 
Felisardo Mögst du mit Dingen dich befassen, 
Die du verstehst. 
Mendoza              Euch ins Gesicht 
Sag' ich: Es ist ein falsches Trachten, 
Forscht Liebe solchem Skrupel nach. 
Felisardo Warum, da doch erlittne Schmach 
Die Liebe wandelt in Verachten? 
Mendoza Ein Liebender behauptet immer, 
Daß Eifersucht die Liebe kühlt; 
Doch sengt, je mehr ihn die durchwühlt, 
Die Liebesglut ihn desto schlimmer. 
Herr, wartet ab, bis der da drinnen 
Von selber aus dem Haus wird gehn; 
Dann können wir noch immer sehn, 
Was am gescheitsten wir beginnen. 
Felisardo Die Frauen gleichen sich aufs Haar. 
Wenn's nicht gelingt, sie zu erwischen, 
Dann leugnen sie mit gleisnerischen Beteuerungen. 
Und nun gar Octavia! 
Mendoza             Geht's ihr leicht vonstatten? 
Felisardo Die bringt den Schlausten zu dem Wahn, 
Daß der belauschte Herr Galan 
Nichts war als des Belauschers Schatten. 
Ich wette drum, falls nicht verwogen 
Mein Grimm ihr Spinngeweb zerstört, 
Daß morgen früh sie mir beschwört, 
Die Augen hätten mich betrogen. 
Mendoza So wollt Ihr, daß der Herzmagnet 
Sich als ein lockres Weib entlarve, 
Was bei dem heutigen Bedarfe 
Der Fraun sich fast von selbst versteht? 
Felisardo Du wagst es, Dummkopf, der du bist, 
So von Octavia mir zu sprechen? 
Mendoza Weil ich vier Bretter soll zerbrechen 
Mit meinem Huf. Entweder ist 
Sie locker oder ist es nicht. 
Ist sie's, dann hab' ich recht gesprochen, 
Und ist sie's nicht, wozu dann Pochen 
Und Schwert und Zorn und Strafgericht? 
Felisardo Schon fühl' ich etwas mehr Geduld. 
Zum Warten werd' ich mich bequemen. 
Ich will Octavia nicht vergrämen; 
Bin ich doch in Octavias Schuld. 
Mendoza Und auf wie lang? Wollt zum Exempel 
Ihr immerfort jahrein, jahraus 
Blind wartend stehn vor ihrem Haus 
Wie Simson einst in seinem Tempel? 
Nun, meinethalb; ich bin für Milde 
Grundsätzlich mehr als für Krakeel. 
Felisardo Horch! Öffnet man? 
Mendoza                                    Ja, meiner Seel'! 
Zwei Helme seh' ich dort, zwei Schilde, 
Zwei Schuppenpanzer und – o Graun! – 
Zwei Kriegspistolen und zwei Lanzen. 
Felisardo Ich seh' zwei Degen nur im ganzen, 
Dahinter zwei verhüllte Fraun.

Lope de Vega: Die Liebesheuchler

Siglo de Oro, das Goldene Jahrhundert, in Spanien glänzt in der Literatur mit Cervantes, Lope de Vega und Calderon. Doch Tirso de Molina gehört auch in diese Zeit.

Keine Kommentare: