Joachim Gauck hat den Protest der occupy wall street "unsäglich albern" genannt.
Sein jahrzehntelanger Kampf für Freiheit verbietet es, das als die übliche Abwertung einer Gruppe, deren Handlungsweise einem nicht gefällt, zu verstehen.
Weil er das Fehlen der Freiheit so stark gefühlt hat, ist er zu Recht einer Lebenshaltung dankbar, ja verschworen, die ihm die Freiheit gebracht hat.
Theologisch gesehen überbetont er dabei freilich von der Freiheit des Christenmenschen das "freier Herr aller Dinge". Musste es sicher in seiner Rolle als Pastor, Hirte, einer Gemeinde in äußerster Diaspora im kommunistischen Atheismus. Daneben steht lutherisch gesehen freilich das "dienstbarer Knecht aller Dinge". Die Verantwortung für den Mitmenschen, die im deregulierten (entfesselten) Kapitalismus völlig negiert wird.
Aufgrund seines Lebensganges ist es mit Verständnis zu betrachten. Aber es blickt zu kurz, wer als Verantwortung nur die Verantwortung für sich selbst sieht.
In seinen Lebenserinnerungen greift Gauck am Schluss (S.336-342) auf Erich Fromms Aufsatz "Furcht vor der Freiheit" von 1941 zurück. Es hat Sinn, ihn auch im heutigen Kontext noch einmal zu lesen.
Wo findet heute der Kampf um politische Freiheit statt? In China, in Nordafrika, in Nordamerika, in Ost- und Westeuropa. Es sind unterschiedliche Fronten; aber es ist gewiss nicht überall der Kampf gegen zu viel Staat.
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