Ich bin aber zum Glück darauf gekommen, die Übergabe unter der poetischen Einkleidung einer historischen Benefizkomödie mit derjenigen Würde abzumalen, die Theater geben. Ich habe dazu soviel und mehr Einheit des Orts – (drei Zimmer) –, der Zeit – (den Vormittag) – und des Interesse – (den ganzen Spaß) – in Händen, als ich brauche. Und wenn ein Autor noch dazu – das tu' ich – vorher die betrübtesten ernsten Werke durchlieset, Youngs Nachtgedanken – die akatholischen gravamina der Lutheraner – den dritten Band von Siegwart – seine eignen Liebebriefe; ferner wenn er sichs noch immer nicht getrauet, sondern gar vorher Homes und Beatties treffliche Beobachtungen über die Quellen des Komischen vor sich legt und durchgeht, um sogleich zu wissen, welchen komischen Quellen er auszuweichen habe: so kann ein solcher Autor schon ohne Besorgnis der Prahlerei seinen Lesern die Hoffnung machen und erfüllen, daß er, des Komischen sich so komisch erwehrend, vielleicht nicht ohne alle Züge des Erhabnen liefern und malen werde folgende historische Benefizkomödie von der Übergabe der Prinzessin, in fünf Akten (Das halbe Wort Benefiz bedeutet bloß den Nutzen, den ich selber davon habe.) Erster Akt. Unter drei Zimmern ist das mittlere der Schauplatz, wo man spielt, der Handelsplatz, wo man auslegt, der Korrelationsaal (regensburgisch zu reden), wo alles Wichtige zeitigt und reift – hingegen in dem ersten Nachbar-Zimmer steckt der italienische, im zweiten der flachsenfingische Hofstaat, und jeder erwartet ruhig den Anfang einer Rolle, für die ihn die Natur geschaffen. Diese zwei Zimmer halt' ich nur für die Sakristeien des größten. Das Mittelzimmer, d. h. sein Vorhang, der aus zwei Flügeltüren gemacht ist, geht endlich auf und zeigt dem Associé Sebastian, der aus seinem Laden neben der katarrhalischen Firma hereinguckt, viel. Es tritt auf an der Türe der Kulisse No. 1 ein rotsamtner Stuhl; an der Türe der Kulisse No. 2 wieder einer, ein Bruder und Anverwandter von jenem; es sind diese Duplikate die Sessel, worin sich die Prinzessin setzt im Verfolge der Handlung, nicht weil die Müdigkeit, sondern weil ihr Stand es ausdrücklich begehrt. Mitten im Handeln ist schon ein langer befranster Tisch begriffen, der das Mittelzimmer, das selber ein Abteilzeichen der zwei Kulissen ist, abteilt in zwei Hälften. Man sollte nicht erwarten, daß dieser Sektiontisch sich seines Orts wieder von etwas werde halbieren lassen, was ein Dummer kaum sieht. Aber ein Mensch trete in Viktors Laden: so wird er einer Seidenschnur ansichtig, die, unter dem Spiegeltisch anfangend, über den Achatboden und unter dem Partage-Tisch wegstreichend, aufhört vorn an der Türschwelle; und so teilt ein bloßer Seidenstrang leicht den Abteiltisch und dadurch das Abteilzimmer und am Ende die Abteilschauspielergesellschaft in zwei der gleichsten Hälften – lasset uns daraus lernen, daß am Hofe alles tranchiert wird, [...]
Darauf wurden Reden gelispelt – vom italienischen Minister zwei – vom flachsenfingischen (Schleunes) auch zwei – von der Braut keine, welches eine kürzere Art, nichts zu sagen, war als der Minister ihre. – – Da wahrlich jetzt dieser erhabne Akt aus wäre, wenn ich nichts sagte: so wird mir doch nach vielen Wochen einmal erlaubt sein, ein Extra-Blättchen zu erbetteln und anzuhenken und darin etwas zu sagen. [...]
Ein Despot ist die praktische Vernunft eines ganzen Landes; die Untertanen sind ebenso viele dagegen kämpfende Triebe, die überwunden werden müssen. Ihm gehört daher die gesetzgebende Gewalt allein (die ausübende seinen Günstlingen); – schon bloße gescheite Männer (wie Solon, Lykurg) hatten die gesetzgebende Gewalt allein und waren die Magnetnadel, die das Staatschiff führte; ein Despot besteht, als Thronfolger von jenen, fast aus lauter Gesetzen, aus fremden und eignen zugleich, und ist der Magnetberg, der das Staatschiff zu sich bewegt. – »Sein eigner Sklave sein, ist die härteste Sklaverei«, sagt ein Alter, wenigstens ein Lateiner; der Despot fodert aber von andern nur die leichtere und nimmt auf sich die schwerere. – [...]
Ein Republikaner im edlern Sinn, z. B. der Kaiser in Persien, dessen Freiheitmütze ein Turban und dessen Freiheitbaum ein Thron ist, ficht hinter seiner militärischen Propaganda und hinter seinen Ohnehosen mit einer Wärme für die Freiheit, wie sie die alten Autores in den Gymnasien fodern und schildern. Ja wir sind nie berechtigt, solchen Thron-Republikanern Brutus-Seelengröße früher abzusprechen, als man sie auf die Probe gesetzt; und wenn in der Geschichte das Gute mehr aufgezeichnet würde als das Schlimme, so müßte man schon jetzt unter so vielen Schachs, Khans, Rajahs, Kalifen manchen Harmodion, Aristogiton, Brutus etc. aufzuweisen haben, der imstande war, seine Freiheit (Sklaven kämpfen für eine fremde) sogar mit dem Tode sonst guter Menschen und Freunde zu bezahlen. – [...]
Aber zum Glück wird uns die Leidengeschichte jener weiblichen Opfer nie vorgelesen, deren Herzen zum Schlagschatz und, wie andre Juwelen, zu den Throninsignien geworfen werden, die als beseelte Blumen, gesteckt an ein mit Hermelin umgebnes Totenherz, ungenossen zerfallen auf dem Paradebett, von niemand betrauert als von einer entfernten weichen Seele, die im Staatskalender nicht steht...
[...] überhaupt gleicht diese Komödie dem Leben eines Kindes – im ersten Akt war Hausrat-Besorgung für das künftige Dasein – im zweiten Ankommen – im dritten Reden – im vierten Gehenlernen u. s. w. [...]
Im fünften Akt, den ich ohne alle Lust mache, wurd' auch weiter nichts getan – anstatt daß Tragödiensteller und Christen die Bekehrung und alles Wichtige in den letzten Akt verlegen, wie nach Bako ein Hofmann seine Bittschriften in die Nachschrift verschob –, als daß die Prinzessin ihre neuen Hofdamen das erste Rechen- oder Abziehexempel ihres Erzamtes machen ließ: das nämlich, sie auszukleiden.... Und da mit dem Auskleiden sich die fünften Akte der Trauerspiele – der Tod tuts – und der Lustspiele – die Liebe tuts – beschließen: so mag sich auch dieses Benefizding, das wie unser Leben zwischen Lust- und Trauerspiel schwankt, matt mit Entkleidung enden.