12 Juni 2014

Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne

Ich spreche keine Leseempfehlung aus, denn die Erzählung ist nichts für empfindliche Leute.
Dennoch darf ich Kehlmanns Erinnerung an die Schwarze Spinne (von Albert Bitzius) zum Anlass nehmen, sie zu verlinken.
Eine meisterhafte Erzählung des zu Unrecht fast vergessenen Erzählers Jeremias Gotthelf, mit bürgerlichem Namen Albert Bítzius.

Ein Zitat (S.72/73)
Da loderte im Priester auf der heilige Kampfesdrang, der, den Bösen ahnend, über die kömmt, die Gott geweihten Herzens sind, wie der Trieb über das Samenkorn kömmt, wenn das Leben in dasselbe dringt, wie er in die Blume dringt, wenn sie sich entfalten soll, wie er über den Helden kömmt, wenn sein Feind das Schwert erhebt. Und wie der Lechzende in des Stromes kühle Fluth, wie der Held zur Schlacht, stürzte der Priester den Stalden nieder, stürzte zum kühnsten Kampf, drang zwischen den Grünen und Christine, die eben das Kindlein in des andern Arme legen wollte, mitten hinein, schmetterte zwischen sie die drei höchsten heiligen Namen, hält das Heiligste dem Grünen ans Gesicht, sprengt heiliges Wasser über das Kind und trifft Christine zugleich. Da fährt mit fürchterlichem Wehegeheul der Grüne von dannen, wie ein glutrother Streifen zuckt er dahin, bis die Erde ihn verschlingt; vom geweihten Wasser berührt, schrumpft mit entsetzlichem Zischen Christine zusammen, wie Wolle im Feuer, wie Kalk im Wasser, schrumpft zischend, Flammen sprühend zusammen, bis auf die schwarze, hochaufgeschwollene, grauenvolle Spinne in ihrem Gesichte, schrumpft mit dieser zusammen, zischt in diese hinein, und diese sitzt nun giftstrotzend trotzig mitten auf dem Kinde, und sprüht aus ihren Augen zornige Blicke dem Priester entgegen. Dieser sprengt ihr Weihwasser entgegen, es zischt wie auf heißem Steine gewöhnliches Wasser; immer größer wird die Spinne, streckt immer weiter ihre schwarzen Beine aus über das Kind, glotzt immer giftiger den Priester an; da faßt dieser in feuriger Glaubenswuth nach ihr mit kühner Hand. Es ist als wenn er griffe in glühende Stacheln hinein, aber unerschüttert greift er fest, schleudert das [73] Ungeziefer weg, faßt das Kind, und eilt mit ihm sonder Weile der Mutter zu.
Wikipedia über die Erzählung: Die schwarze Spinne

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