30 Oktober 2025

Chinua Achebe: Things Fall Apart

  Chinua AchebeThings Fall Apart (französisch: Tout s'effondre

Deutsche Wikipedia"[...] Alles zerfällt [...] ist der erste Roman des nigerianischen Schriftstellers Chinua Achebe. Er erschien 1958 und wurde zu einem Meilenstein und zugleich Klassiker der afrikanischen Literatur. [...]"

Inhalt: Okonkwo oder Das Alte stürzt bzw. Alles zerfällt)

1. Kapitel: Okonkwos Vater war ein Versager. Das einzige, was er konnte, war Schulden machen und immer wieder, obwohl er nichts zurückzahlte. Sein Vater spielte für sein Ansehen keine Rolle. Das Sprichwort sagt: Wenn ein Kind seine Hände wäscht, kann es mit Königen essen. Und Okonkwo hatte sich die Hände gewaschen. Er war fähig. (S.3-7)

2. Kapitel: Okonkwo schämte sich für seinen Vater. Er selbst war fähig. Das einzige, was er fürchtete, so zu werden wie sein Vater. (S.8


Vgl. Chinua Achebe

27 Oktober 2025

David Graeber: Schulden: Die ersten 5000 Jahre

 David Graeber: Schulden

Vereinfachte Darstellung der Grundgedanken Graebers

Graeber hält die gegenwärtige Situation, wo Schuldverhätnisse bestehen, für ungerecht und versucht die Entstehung dieser Verhältnisse anders zu erklären als mit den herkömmlichen Theorien von Ökonomen. Dabei beruft er sich auf Beobachtungen, die er weltweit in ähnlicher Form gemacht hat.

Vorüberlegung: Jeder Mensch verdankt sehr viel seiner menschlichen Umwelt: die Eltern sorgen für ihn, bis er so weit heran gewachsen ist, dass er für sich selber sorgen kann. Darüber hinaus verdanken die Menschen aber sehr viel auch ihrer gesellschaftlichen Umgebung: die Sprache und die Regeln des wohlorganisierten Zusammenlebens ohne ständigen Streit und Streitregelung durch rohe Gewalt. Für diese Leistung der gesellschaftlichen Umwelt erwartet diese, dass man etwas an sie zurückgibt.

Durch das Geldwesen ist eine Maßeinheit geschaffen, die die Leistungen, die man der Gesellschaft leisten sollte, genau bestimmbar machte.

 Wenn es ein Maß für diese Schulden gibt, kann man fordern, dass exakt die Menge zurückgezahlt wird, die die Schuld von vorher ausmacht. (Er nimmt also an, dass es nie einen Tauschhandel gegeben hat, sondern nur Verhältnisse zwischen Menschen, wo einer etwas geleistet hat und der andere dafür eine Gegenleistung erbringen will oder soll.

Wenn ein bestimmter Betrag einsetzbar ist, dann kann man ihn nicht nur präzise bestimmen und zurückfordern, sondern man kann auch Zinsen auf den auch ausgegebenen Betrag fordern.

Damit kommt dann die Schuldknechtschaft und passend dazu die Sklaverei in die Welt.

Dazu passt, dass die Kolonisatoren von der Bevölkerung des Landes, das sie beanspruchten, ursprünglich keine Rechtfertigung hatten, von ihren Arbeit zu verlangen. Dafür mussten sie Steuern erheben, die ihrerseits in einer von den Kolonisatoren festgelegten Währung erbracht werden mussten. Dafür mussten die Kolonisierten Arbeit leisten, um das Geld, das sie zu bezahlen hatten, zu erhalten.

Soweit die Theorie: Graeber stützt sie dadurch, dass er darauf hinweist, dass Kriege es ermöglichen, den Reichtum eines anderen Volkes in Anspruch zu nehmen. Entweder, indem man ihnen ihre Werte wegnahm, oder in dem man von ihnen Personen wegnahm und sie verkaufte. Man konnte aber auch Reparationen verlangen, d.h. die Rückzahlung des Aufwandes, den der Angreifer hatte, um die anderen zu besiegen, um dann Geld von Ihnen verlangen zu können. 

Insofern wäre Wallensteins Formel: der Krieg ernährt den Krieg von Anfang an eine Devise aller Eroberer gewesen.

Graeber hat also das Ziel Befreiung von der Schuldknechtschaft und unternimmt es als Ethnologe, den Nachweis zu führen, dass überall, wo Geldwirtschaft entstand, ein aufgezwungenes Verhältnis zwischen zwei Partnern vorlag, üblicherweise das zwischen Eroberern und Unterworfenen

Allgemein wird die Notwendigkeit von staatlichen Steuern dadurch erklärt, dass der Staat Leistungen erbringt, die die Gemeinschaft braucht. Wenn aber ein Eroberer ins Land kommt, der seinerseits nicht bestehende Verhältnisse aufrecht zu erhalten versucht, sondern die Verhältnisse ändern will und dafür bezahlt werden will, dann bedarf es der abstrakten Maßeinheit für zu leistende Verpflichtungen in Waren oder Arbeit, die wir Geld nennen.

Zur Bestätigung seiner Theorie betrachtet Graeber sehr viele Beispiele an sehr vielen unterschiedlichen Ländern und Volkswirtschaften.


Weil über die Anfänge der Entstehung des Geldes wild spekuliert werden kann, ohne dass man etwas beweisen kann, führt Graeber eine andere Entwicklung ins Feld: als Öl so wichtig wurde, kamen die OEPEC-Staaten plötzlich zu sehr viel Geld, dass sie es gar nicht ausgeben konnten und deswegen es in westlichen Banken anlegten. Die Banken wussten zunächst gar nicht, was sie mit dem Geld anfangen sollten, weil nicht genügend Investitionsmöglichkeiten im Raum standen. Deshalb haben sie den damals so genannten Entwicklungsländern viel Kredit zur Entwicklung ihrer Wirtschaft angeboten, zunächst in recht niedrigen Zinsen, die sie dann aber immer weiter erhöht haben. Dadurch entstand die Schuldenfalle für die Länder des globalen Südens.
Um diese Länder aus der Schuldenfalle wieder zu erlösen, wird ein Erlassjahr gefordert oder zumindest die Aufschiebung der Rückzahlungen und der Kreditzinsen, bis die Wirtschaft zureichend, entwickelt sei.

Die Forderung, dass die Wirtschaften des Globalen Südens sich genau an die Regeln halten sollten, die von den Gläubigerländern ihnen auferlegt werden, hält Graeber für unangebracht und unzulässig. 

Hier die Darstellung der Wikipedia:

"Schulden: Die ersten 5000 Jahre ist ein 2011 in englischer Sprache als Debt: The first 5,000 Years veröffentlichtes Buch des US-Amerikaners David Graeber (1961–2020), Ethnologe, Anarchist und Wirtschaftsprofessor an der London School of Economics and Political Science. Es wurde 2012 mit dem britischen Literaturpreis Bread and Roses Award for Radical Publishing ausgezeichnet und erschien im selben Jahr auf Deutsch. Graeber analysiert darin die Rolle von Schulden in der Geschichte, vor allem vor dem Hintergrund von Revolutionen und sozialen Umbrüchen, und kritisiert verschiedene grundlegende ökonomische Konzepte.

Graeber gibt als Motiv für das Verfassen des Buches an, dass Verschuldung nahezu jeden Aspekt unseres Lebens durchdringe. Er nennt hierbei Defizitfinanzierung sowie Schulden von Verbrauchern und Staat und betont, dass die meisten Menschen mindestens einen Teil des Lebens als Schuldner verbringen. Er behauptet, dass dauerhafte politische Systeme eine Lösung für die „Schuldenfalle“ finden mussten, um die Bevölkerung davor zu schützen, Sklaven oder Tagelöhner ihrer Gläubiger zu werden. Er postuliert,   Platon oder Aristoteles würden, wenn sie heute leben würden, den Großteil der US-amerikanischen   Bevölkerung heute für Schuldsklaven halten, und sagt, dass man einen Staat benötige, um eine solche Situation überhaupt zu schaffen.[1]

Zu Beginn bezieht sich Graeber etwa auf die Schriften Alfred Mitchell-Innes’ von 1913 und 1914, in welchen jener darlegt, dass die in den Wirtschaftswissenschaften vorherrschenden, axiomatischen Annahmen über die Entstehung des Geldes (z. B. die Erzählung Adam Smiths) nicht den Tatsachen entsprechen würden. Graeber meint hierzu: „Kein Historiker hat Mitchell-Innes je widerlegt. Sie ignorierten ihn kurzerhand. Die Lehrbücher blieben bei ihrer Geschichte - obwohl alles dafür sprach, dass sie schlichtweg falsch war.“[e 1]

In Schulden: Die ersten 5000 Jahre erläutert Graeber den   Mythos   des   Tauschhandels[e 2] und die ersten Vorkommen von Schulden.[e 3][2] Er beschreibt anhand von anthropologischen Studien, dass Handel mit einer einfachen Form des Kredits beginnt, nämlich dem Versprechen, die Entgegennahme von Waren später zu begleichen. Münzgeld sei erst mindestens 2000 Jahre später erfunden worden und Tauschhandel sei nur entstanden, wenn Geldsysteme zwischenzeitlich zusammenbrachen.[1] Er behauptet, die Gründung des modernen Bankensystems habe zur Finanzierung europäischer Kriege gedient und die von den Zentralbanken verwalteten Schulden seien im Grunde Kriegsschulden der Regierung.[1] Er stellt daher die Notwendigkeit der Rückzahlung von Schulden in Frage und kritisiert, dass den Entwicklungsländern der Washington Consensus aufgezwungen wurde und sie in eine schuldbasierte Abhängigkeit getrieben hat.[e 4] Hierbei hinterfragt er, warum die Moral der Schulden stärker als jede andere Art der Moral ist und sonst untolerierbares Leid akzeptabel erscheinen lässt. Zudem behandelt Graeber die moralischen Fundamente für ökonomische Beziehungen[e 5] und kritisiert den vermeintlich freien Markt. Er beschreibt hierbei Ehre und Entehrung als Grundlage der zeitgenössischen Zivilisation und Wirtschaftsordnung.[e 6] Geld sei nicht als Sache immanenten Werts zu verstehen,[2] sondern nur als Verhältnis zwischen Dingen von Wert. Indem es nicht mehr als Beziehung, sondern als eigenständiger Gegenstand betrachtet worden sei, habe Geld soziale Beziehungen korrumpiert. Vermeintliche Geldschöpfer und Geldnutzer würden mit zweierlei Maß bewertet und dies habe soziale Umstürze zur Folge:[3]

„‚Offenbar haben sich diese Leute gesagt: Wenn heute schon jeder ein Miniatur-Kapitalist werden soll, warum sollen wir dann nicht auch Geld aus nichts schaffen dürfen?‘ Jetzt erkennen sie, dass der American International Group erlaubt ist, was ihnen verwehrt ist – ein Blick auf Mesopotamien, das antike Griechenland und Rom zeigt, dass das die Inkubation sozialer Umsturzbewegungen ist. Das Schuldensystem, das auf einer ‚Schöpfung aus Nichts‘ aufgebaut ist, hat deshalb in den Augen des Anthropologen nichts mehr mit Märkten und auch nichts mit Wissenschaft zu tun (die Formeln bei AIG mussten von Astrophysikern geschrieben werden, weil sie so schwierig waren), sondern mit Theologie. Wir leben in einer Welt der doppelten Theologie, ‚eine für die Geldgeber und eine für die Schuldner‘.“

– Frank SchirrmacherEurokrise: Und vergib uns unsere Schulden. (2011)[3]

In der geschichtlichen Perspektive unterteilt Graeber die Entwicklung von Geld und Schulden in fünf Zeitalter:

  1. Die Phase der frühen städtischen Zivilisationen (ÄgyptenMesopotamienIndustalChina) etwa von 3.000 v. Chr. bis 800 v. Chr.[e 7] Aufgrund der Quellenlage behandelt Graeber hauptsächlich Mesopotamien, postuliert aber ähnliche Verhältnisse für die anderen drei Regionen. Der Handel habe auf Kreditvereinbarungen beruht, Geld sei in erster Linie eine Verrechnungseinheit gewesen. Staatliche oder religiöse Autoritäten horteten große Edelmetallschätze und Warenvorräte, die Tempel oder Depots fungierten gleichzeitig als zentrale Warenumschlagplätze. Die Verschuldung von Privatleuten führte immer wieder zu sozialen Krisen, denen durch regelmäßige allgemeine Schuldenerlasse begegnet wurde.
  2. Die „Achsenzeit[e 8] von 800 v. Chr. bis 600 n. Chr. Den Begriff „Achsenzeit“ übernimmt Graeber von Karl Jaspers, erweitert aber den Zeitraum gegenüber Jaspers erheblich. Während Jaspers die philosophischen und religiösen Entwicklungen betrachtet, stellt Graeber die wirtschaftlichen Wandlungen der Zeit in den Vordergrund und betrachtet den geistigen Wandel als deren Folge. Unabhängig voneinander, aber fast zeitgleich sei in China, in Nordindien und im Mittelmeerraum Münzgeld aus Edelmetall eingeführt worden. Dies sei jeweils in einer Phase geschehen, in der in der Region zahlreiche Kleinstaaten permanent Krieg gegeneinander führten, das Münzgeld sei von den Staaten zur Bezahlung ihrer Söldnerheere eingeführt worden, da sich das bisherige Kreditsystem dazu wenig eignete: „a heavily armed itinerant soldier is the very definition of a poor credit risk“[e 9]. Das Edelmetall habe man beschafft, indem die Heere auf ihren Feldzügen Staats- und Tempelschätze plünderten, außerdem durch den massenhaften Einsatz von Sklaven (Kriegsgefangenen) in Gold- und Silberminen. Schließlich sei eine völlig auf Sklavenarbeit beruhende Ökonomie entstanden. Schuldenerlasse wurden abgeschafft, die Verelendung verarmter freier Bürger (und daraus folgende soziale Unruhen) sei durch Aussiedlung in eroberte Gebiete oder durch direkte staatliche Alimentierung (Brot und Spiele) vermieden worden. Geistige Folge des durch Münzgeld unpersönlich gewordenen Warentausches seien materialistische Anschauungen gewesen, die Profitstreben als einzige Leitschnur menschlichen Handelns postulierten. Dagegen wandten sich idealistische philosophische und religiöse Schulen, aus denen die heutigen Weltreligionen, die klassische griechische Philosophie und der Konfuzianismus hervorgegangen seien. Diese setzten sich schließlich durch, nachdem durch die Bildung von Großreichen die Basis der Eroberungsökonomien wegfiel.
  3. Das „Mittelalter[e 10] von 600 bis 1450. Die Zeit der freien Dorfmarken des frühen europäischen Mittelalters, sowie der freien Städte, Kommunen und Stadtbünde des Hochmittelalters.
  4. Das „Zeitalter der großen kapitalistischen Imperien[e 11] von 1450 bis 1971.
  5. Graeber beendet sein Buch mit der heutigen Phase ab der Aufhebung des Goldstandards des US-Dollars am 15. August 1971, genannt „Der Anfang von etwas, das noch nicht bestimmt werden kann“ („The Beginning of Something Yet to Be Determined“).[e 12]
Rezensionen sehen das Werk im Zusammenhang mit verschiedenen sozialen Protesten seit 2011. (Proteste in Spanien 2011/2012, Arabischer Frühling, Proteste in Griechenland 2010–2012, Occupy Wall Street).[3][4][2] Die Financial Times vergleicht das Werk mit denen von Marcel Mauss, Karl Polanyi und Keith Hart.[5]

Für Frank Schirrmacher, den damaligen Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, zeigt das Buch, dass „praktisch alle Aufstände, Umstürze und sozialen Revolutionen der europäischen Geschichte […] aus einer Situation der Überschuldung entstanden“ seien. Dabei seien Schulden eine Kategorie, die nicht allein der Deutungshoheit des Systems der „scheinbar ökonomischen Realität“ überlassen werden dürfe. Denn Schulden seien im Kern „ein moralisches Prinzip und eine moralische Waffe'“, und zwar seit der Zeit Mesopotamiens ein machtgebundenes. „Käme Plato mit einer Zeitmaschine zu uns […], er würde sich nicht wundern, Menschen zu sehen, die arbeiten müssen, nicht um ihr Leben zu leben, sondern um eine Schuld zu bezahlen, für die ihr Leben gar nicht ausreicht. Zu seiner Zeit nannte man sie Sklaven.“ In der Antike etwa wurden immer wieder Schulden erlassen und das Land neu verteilt.[3]

Für Thomas Meaney in der New York Times behandelt „Graeber, in der besten Tradition der Ethnologie, Schuldenobergrenzen, Subprime-Hypotheken und Credit Default Swaps als wären sie exotische Praktiken eines selbstzerstörerischen Stammes. Das Buch, geschrieben in frechem, einnehmenden Stil, ist zudem eine philosophische Untersuchung über die Natur von Schuld – woher sie kam und wie sie entstand.“[6]

Der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank Thomas Mayer stützt sich in seiner Analyse der Zentralbankwirtschaft im Kontext der Entstehung der Kreditwirtschaft auf Graebers Buch.[7]

Zitate aus dem Buch:

"In beiden Städten [Athen und Rom] beginnt die Geschichte mit einer Abfolge von Schuldenkrisen. In Athen ereignete sich die erste Krise, die 594 vor Chr. zu den Reformen Solons führte, schon so früh, dass die Münzprägung dabei kaum eine Rolle gespielt haben kann. Auch in Rom lag die erste Krise anscheinend vor der Entstehung der Währung. In beiden Fällen erwies sich die Münzprägung als eine Lösung. [...] Die Münzprägung spielte eine wichtige Rolle für das Überleben dieser freien Bauernschaft – diese Bauern besaßen ihr eigenes Stück Land und waren nicht durch Schuldverhältnisse an einen hohen Herrn gebunden. Die Finanzpolitik vieler griechischer Städte war im Grunde nichts anderes als ein ausgeklügeltes System der / Beuteverteilung. Kaum eine griechische Stadt verbot, exzessive  Kreditvergabe oder Schuldknechtschaft vollständig; stattdessen versuchten die Städte, das Problem mit Geld zu bekämpfen. Gold und vor allem Silber wurden im Krieg erworben oder von Sklaven, die im Krieg gefangen genommen worden waren, in Minen abgebaut. Die Münzstätten lagen in den Tempelbezirken (dem traditionellen Ort für die Aufbewahrung von Beutegut), und die Stadtstaaten fanden vielfältige Mittel und Wege, um Münzen zu verteilen, nicht nur unter den Soldaten, Seeleuten und den Herstellern der Waffen für die Schiffe, sondern auch unter der allgemeinen Bevölkerung. [...] 
Die Demagogen brauchten Geld, um die Menschen für die Teilnahme an der Versammlung und den Geschworenendienst zu bezahlen; denn wenn die Menschen daran nicht teilnahmen, drohten die Demagogen, ihren Einfluss zu verlieren. Sie konnten zumindest einen Teil dieses Geldes aufbringen, indem sie die Auszahlung jener Gelder verhinderten, die den Befehlshaber der Triremen [Kriegsschiffe] zustanden. [...] Da die Kommandeure, der Triremen nicht bezahlt wurden, konnten diese auch ihre Lieferanten und Arbeiter nicht entlohnen, die daraufhin die Kommandeure der Triremen verklagten. Um diesen Gerichtsverfahren zu entgehen, taten sich die Triremen- Kommandeure zusammen und stürzten die Demokratie.
Es war die Sklaverei, die all dies ermöglichte. [Sklaven in den Silberminen]" (Graeber: Schulden,   S.240/41)

"Viele Kirchenväter waren der Ansicht, man könne nicht gleichzeitig ein Händler und ein Christ sein. Im frühen Mittelalter war dies keine dringende Frage – vor allem, weil ein Großteil des Handels in den Händen von Ausländern lag. Die begrifflichen Schwierigkeiten hingegen wurden nie gelöst: Was bedeutete es, dass man nur 'Ausländern' Geld leihen konnte? War das einfach Zinswucher? Oder war auch der Handel gleichbedeutend mit Krieg?
Ihren wohl berüchtigsten und in vielen Fällen katastrophalen Ausdruck fand diese Frage im Hochmittelalter in den Beziehungen zwischen Christen und Juden. In den Jahrhunderten seit Nehemia hatte sich die jüdische Einstellung zum Geldverleih geändert. Unter der Herrschaft des Augustus hatte Rabbi Hillel das Sabbatjahr in totes Recht verwandelt, indem er zwei Parteien erlaubte, in einen Darlehensvertrag eine Zusatzbestimmung aufzunehmen, in der sie vereinbarten, das Sabbatjahr außer Kraft zu setzen. Obwohl verzinste Kredite weder in der Tora noch im Talmud erlaubt waren, wurden Ausnahmen im Umgang mit Nichtjuden zugelassen – vor allem, weil die europäischen Juden im Laufe des 11.und 12. Jahrhunderts von fast allen anderen Tätigkeiten ausgeschlossen wurden. Dadurch wiederum wurde es schwieriger, die Praxis verzinster Darlehen einzudämmen, was in einem beliebten Scherz aus dem 12. Jahrhundert zum Ausdruck kommt, der zur Rechtfertigung des Zinswuchers unter Juden herangezogen wurde. Der Scherz bestand offenbar darin, den Vers im 5. Buch Mose 32,21 in fragendem Ton zu zitieren, um den offenkundigen Sinn des Gebots ins Gegenteil zu verkehren: 'Von einem Ausländer darfst du Zinsen nehmen, von deinem Bruder darfst du keine Zinsen nehmen?'
Auf christlicher Seite fand die 'Ausnahme des Ambrosius' im Jahr 1140 ihren Weg in das Dekretum Gratiani, die einflussreichste Sammlung des kanonischen Rechts. Damals regelte im Wesentlichen die Kirche des Wirtschaftsleben. Man sollte meinen, damit wären die Juden außerhalb des Systems in Sicherheit gewesen, aber in der Realität lagen die Dinge nicht so einfach. Zum einen herrschte die Meinung vor, dass die 'Ausnahme' eigentlich nur für die Sarazenen oder andere galt, mit denen sich die Christenheit tatsächlich im Krieg befand, obwohl sich sowohl Juden als auch Nichtjuden, gelegentlich darauf beriefen. Schließlich lebten Juden und Christen in denselben Städten und Dörfern. Wenn man annahm, dass die 'Ausnahme' den Juden und den Christen das Recht gab, einander Geld zu Zinsen zu leihen, so bedeutete dies auch, dass sie das Recht hatten, einander zu ermorden. Zugegeben wollte das eigentlich niemand. Auf der anderen Seite kam die realen Beziehungen zwischen Christen und Juden, diesen unglücklichen Ideal, oft gefährlich nahe – wobei die tatsächlichen Morde (abgesehen von der rein wirtschaftlichen Aggression) offenkundig nur von der christlichen Seite verübt wurden." (Graeber: Schulden, S. 302/303 )

25 Oktober 2025

Margit Auer: Die Schule der magischen Tiere

 "Die Schule der magischen Tiere ist eine 2013 gestartete Kinderbuchreihe der deutschen Schriftstellerin Margit Auer mit Bildern der deutschen Illustratorin Nina Dulleck.[...]" (Wikipedia)

"Die Wintersteinschule ist eine ganz normale Schule, irgendwo in Deutschland. Doch die Schule birgt ein Geheimnis: Wer Glück hat, findet hier den besten Freund, den es auf der Welt gibt: Ein magisches Tier. Ein Tier, das sprechen kann! 

Eingefädelt hat die Sache Miss Cornfield, eine ungewöhnlich nette und engagierte Lehrerin. Sie stammt aus Schottland und ist überzeugt: "Die Welt steckt voller Rätsel und Geheimnisse."

Ihre Klasse bekommt bald zu spüren, was Miss Cornfield damit meint: Ein Kind nach dem anderen wird mit einem magischen Tier versorgt. Benni bekommt die kleine Schildkröte Henrietta, Ida den schlauen Fuchs Rabbat. Mr. Morrison, der Inhaber der magischen Zoohandlung, bringt die Tiere vorbei. Erst schickt er eine Nachricht, dann spricht die Klasse den Schwur, anschließend  findet die Übergabe statt. Das ist jedesmal eine große Sache! [...]"


Ich habe nicht die Absicht, hier irgendetwas vorzeitig zu verraten oder zu bewerten, sondern möchte nur darauf hinweisen, dass ich jetzt mit der magischen Schildkröte Henrietta zu tun habe und mich daher nach und nach in ihre Welt hineinzufinden habe.

23 Oktober 2025

Nelson Mandela: Der lange Weg zur Freiheit

 Bei meiner ersten Lektüre des Buches lag mir der Wikipediaartikel noch nicht vor. Nachdem ich es im Zusammenhang mit meiner Beschäftigung mit der afrikanischen Geschichte wieder in der Hand hatte, faszinierte mich wieder die Souveränität, die Mandela bei seinen Verhandlungen aus dem Gefängnis bewies, und die Persönlichkeit, die aus seinem Text spricht. 

Hier das Link zu dem Wikipediaartikel.

16 Oktober 2025

Khaled Hosseini: Drachenläufer

 Khaled HosseiniDrachenläufer

Aus dem Wikipediaartikel:

Nach der sowjetischen Invasion fliehen Amir und sein Vater nach Pakistan. Später ziehen sie nach Kalifornien, wo Amir das College absolviert. Amir lernt die ebenfalls aus Afghanistan geflohene Soraya, Tochter eines angesehenen afghanischen Generals, kennen und heiratet sie. Kurz nach der Hochzeit verstirbt Amirs Vater. Amirs erstes Buch erscheint. Im Jahr 2001 wird Amir vom alten Freund seines Vaters Rahim Khan, der ihn seinerzeit zum Schreiben ermuntert hat, gebeten, nach Pakistan zu kommen. Dort eingetroffen, erfährt er von diesem, dass Hassan der Sohn seines Vaters Baba und der Dienerin Sanaubar war. Hassan und seine Frau Farzana wurden von den Taliban getötet und hinterließen einen Sohn, Sohrab. Rahim Khan bittet Amir, nach Kabul zurückzukehren, um Sohrab aus dem Waisenhaus zu holen.

Im von den Gräueln der Taliban-Herrschaft gezeichneten Kabul erfährt Amir, dass Sohrab nicht mehr im Waisenhaus ist, sondern von einem einflussreichen Talib verschleppt wurde. Es stellt sich heraus, dass dieser Taliban-Funktionär Assef ist und Sohrab als Baccha Baazi missbraucht.[2] Amir fordert die Herausgabe von Sohrab, wird jedoch von Assef zu einem Kampf auf Leben und Tod herausgefordert und brutal verprügelt. Sohrab rettet ihn mit einem Zwillenschuss in Assefs Auge – er kann dies genauso gut wie sein Vater. Mit Hilfe eines Fahrers können die beiden zurück nach Pakistan fliehen. Amir möchte den Jungen adoptieren und mit in die Vereinigten Staaten nehmen, doch es stellt sich heraus, dass dies alles andere als einfach ist. In Islamabad erfährt Sohrab, dass er möglicherweise noch einmal in ein Waisenhaus muss, worauf er einen Selbstmordversuch unternimmt. Amir nimmt den Jungen zu sich in die Vereinigten Staaten. Sohrab lebt in sich zurückgezogen und spricht nicht mehr. Erst beim Drachensteigen an der kalifornischen Küste schmilzt das Eis zwischen ihm und Amir.

Ergänzung nach meiner Lektüre von 2005:

Hassan hatte Amir zu seinem einzigen großen Erfolg beim Drachensteigen verholfen (den Amir dringlich ersehnte, um vom Vater anerkannt zu werden) und auch noch den im Endkampf besiegten Drachen gefunden. Auf dem Rückweg wurde Hassan von drei ihm feindlichen Jungen gestellt, verteidigte die Siegestrophäe, den Drachen, und wurde vor den Augen Amirs, der nicht wagt, zur Hilfe zu kommen, von ihnen vergewaltigt.