07 Dezember 2025

Louis Bromfield: Der große Regen (Film)

 An den Titel des Romans erinnere ich mich aus meiner Jugend. Offenbar habe ich ihn nie gelesen.

Stilprobe:

Während er den Schlamm der Anfahrtstraße durchstapft, fällt der Sonnenball hinter den Horizont und lässt die reglose Luft schwer dunstig und dunkelgrün, geschwängert von Fruchtbarkeit, wie immer während der Regenzeit. Die Luft ist so trächtig und reich und feucht, als lebten Kräuter, Sträucher und Bäume von ihr allein, zögen aus ihr alle Nahrung und brauchten weder Wurzeln noch Erdreich. Als er vor der Veranda an langt, ist die gelbe Beleuchtung verschwunden. Das düstere, alte Haus liegt in der Dunkelheit. Im Licht der Fenster erblickt er die Gestalten [Namen einiger Personen: Sie] trinken Cocktail und plaudern.
Er steigt die Stufen empor und bemerkt, dass die kahlen Gummibäume und Aspidistren, die die Veranda garnieren, gar wunderliche Blüten getrieben haben. Aus ihrem stumpfen Grün drängt sich wie durch Hexerei, ein kunterbunter Tumult von Dotterblumen, Zinnien, Rosenmalven, Begonien und Nelken. Ihm ist, als sei die Pflanzenwelt plötzlich wahnsinnig geworden. Sein gärtnerische Geschmack fühlt sich beleidigt, doch schon versteht er: dies dekadente Schauspiel kann nur das Werk des alten Bannerji sein, welcher das heutige Fest augenscheinlich als ein für den Sohn hochwichtiges gesellschaftliches Ereignis ansah und darum, wie schon an früheren Galaabenden, an anspruchslose Gummipflanzen und Aspidistren die Blüten bunt prangender Gewächse zur Verzierung mit Garn fein säuberlich anband." (S. 286)

Louis Bromfield: Der große Regen (Handlung im Film)

Der Film "Der große Regen" von 1955 (The Rains of Ranchipur), bei dem es sich um die zweite Verfilmung von Louis Bromfields Roman "The Rains Came" (1937) handelt, weicht in einigen wesentlichen Punkten vom Roman ab, insbesondere in Bezug auf die Charakterisierung und das Ende der Hauptfiguren.


🎭 Charakterveränderungen

  • Tom Ransome: Im Roman ist Tom Ransome ein z cynicaler englischer Maler; in der Verfilmung von 1955 wird er zu einem z cynicalen amerikanischen Ingenieur (gespielt von Fred MacMurray). Dies ändert seine Rolle und seine Funktion in der Katastrophe.

  • Major Rama Safti: Im Roman ist Major Safti ein Brahmane und Schützling des Maharadschas. Im Film von 1955 wird er, um die verbotene interrassische Liebesbeziehung radikaler zu gestalten, als "Unberührbarer" dargestellt, der zudem eine Gefängnisstrafe wegen seiner Beteiligung am Unabhängigkeitskampf verbüßt hat. Dies verschärft den sozialen Konflikt seiner Liebe zu Lady Edwina.


💔 Änderung des Endes

Der wohl bedeutendste Unterschied liegt im Schicksal von Lady Edwina Esketh und ihrem Mann Lord Albert Esketh:

  • Roman (und Verfilmung von 1939):

    • Lord Esketh stirbt infolge der Naturkatastrophe.

    • Lady Edwina (die im Film von 1955 Lana Turner spielt) findet während der Katastrophe Erlösung, indem sie sich um die Kranken kümmert. Sie stirbt schließlich selbst an der Cholera-Epidemie, die nach der Flut ausbricht, weil sie versehentlich aus einem Glas eines Patienten trinkt. Dieses tragische, aber sühnende Ende war ein zentrales Element von Bromfields ursprünglicher Konzeption.

  • Film von 1955 (The Rains of Ranchipur):

    • Lady Edwina und Lord Esketh überleben beide.

    • Lord Esketh überlebt, und Lady Edwina beschließt, zu ihm nach Hause zurückzukehren, da ihre Affäre mit Major Safti beendet ist.

Die Filmemacher von 1955 eliminierten somit den tragischen Tod der "ausschweifenden" Lady Edwina, was die ursprüngliche Sühne und die moralische Aussage des Romans über die Läuterung in der Krise abschwächte.


📐 Erzählstruktur und Fokus

  • Der Roman zeichnet sich durch eine breite Perspektive auf das Land aus und nimmt sich viel Zeit für die Vorgeschichte sowie die detaillierte Beschreibung der sozialen Hierarchien im Indien vor der Unabhängigkeit.

  • Die Filme (1939 und 1955) straffen die Handlung, um sie für das Kinoformat zu beschleunigen. Sie beginnen früher mit dem Besuch der Eskeths und Edwinas Verliebtheit in Major Safti, wobei der Fokus stärker auf die romantischen Verwicklungen und die Katastrophenszenen (Erdbeben, Dammbruch, Flut und Seuche) gerichtet wird, um sie als dramaturgischen Höhepunkt zu nutzen.

  • Die Verfilmung von 1955 konzentriert sich noch stärker auf das zentrale Liebesdreieck (Edwina - Safti - Ransome) und lässt Nebengeschichten, wie die Romanze zwischen Tom Ransome und Fern Simon (die im Roman und im Film von 1939 wichtig ist), stärker in den Hintergrund treten.

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