An den Titel des Romans erinnere ich mich aus meiner Jugend. Offenbar habe ich ihn nie gelesen.
Aber es war ein Buch, über das man irgendwann in meiner Jugend sprach.
Stilprobe:
Während er den Schlamm der Anfahrtstraße durchstapft, fällt der Sonnenball hinter den Horizont und lässt die reglose Luft schwer dunstig und dunkelgrün, geschwängert von Fruchtbarkeit, wie immer während der Regenzeit. Die Luft ist so trächtig und reich und feucht, als lebten Kräuter, Sträucher und Bäume von ihr allein, zögen aus ihr alle Nahrung und brauchten weder Wurzeln noch Erdreich. Als er vor der Veranda an langt, ist die gelbe Beleuchtung verschwunden. Das düstere, alte Haus liegt in der Dunkelheit. Im Licht der Fenster erblickt er die Gestalten [Namen einiger Personen: Sie] trinken Cocktail und plaudern.
Er steigt die Stufen empor und bemerkt, dass die kahlen Gummibäume und
Aspidistren, die die Veranda garnieren, gar wunderliche Blüten getrieben haben. Aus ihrem stumpfen Grün drängt sich wie durch Hexerei, ein kunterbunter Tumult von Dotterblumen, Zinnien, Rosenmalven, Begonien und Nelken. Ihm ist, als sei die Pflanzenwelt plötzlich wahnsinnig geworden. Sein gärtnerische Geschmack fühlt sich beleidigt, doch schon versteht er: dies dekadente Schauspiel kann nur das Werk des alten Bannerji sein, welcher das heutige Fest augenscheinlich als ein für den Sohn hochwichtiges gesellschaftliches Ereignis ansah und darum, wie schon an früheren Galaabenden, an anspruchslose Gummipflanzen und Aspidistren die Blüten bunt prangender Gewächse zur Verzierung mit Garn fein säuberlich anband." (S. 286)
Louis Bromfield: Der große Regen, Roman 1937, dt. 1939 (Handlung im Film von 1955)
Der Film "Der große Regen" von 1955 (The Rains of Ranchipur), bei dem es sich um die zweite Verfilmung von Louis Bromfields Roman "The Rains Came" (1937) handelt, weicht in einigen wesentlichen Punkten vom Roman ab, insbesondere in Bezug auf die Charakterisierung und das Ende der Hauptfiguren.
🎭 Charakterveränderungen
Tom Ransome: Im Roman ist Tom Ransome ein zynischer englischer Maler; in der Verfilmung von 1955 wird er zu einem zynischen amerikanischen Ingenieur (gespielt von Fred MacMurray). Dies ändert seine Rolle und seine Funktion in der Katastrophe.
Major Rama Safti: Im Roman ist Major Safti ein Brahmane und Schützling des Maharadschas. Im Film von 1955 wird er, um die verbotene interrassische Liebesbeziehung radikaler zu gestalten, als "Unberührbarer" dargestellt, der zudem eine Gefängnisstrafe wegen seiner Beteiligung am Unabhängigkeitskampf verbüßt hat. Dies verschärft den sozialen Konflikt seiner Liebe zu Lady Edwina.
Änderung des Endes
Der wohl bedeutendste Unterschied liegt im Schicksal von Lady Edwina Esketh und ihrem Mann Lord Albert Esketh:
Die Filmemacher von 1955 eliminierten somit den tragischen Tod der "ausschweifenden" Lady Edwina, was die ursprüngliche Sühne und die moralische Aussage des Romans über die Läuterung in der Krise abschwächte.
Erzählstruktur und Fokus
Der Roman zeichnet sich durch eine breite Perspektive auf das Land aus und nimmt sich viel Zeit für die Vorgeschichte sowie die detaillierte Beschreibung der sozialen Hierarchien im Indien vor der Unabhängigkeit.
Die Filme (1939 und 1955) straffen die Handlung, um sie für das Kinoformat zu beschleunigen. Sie beginnen früher mit dem Besuch der Eskeths und Edwinas Verliebtheit in Major Safti, wobei der Fokus stärker auf die romantischen Verwicklungen und die Katastrophenszenen (Erdbeben, Dammbruch, Flut und Seuche) gerichtet wird, um sie als dramaturgischen Höhepunkt zu nutzen.
Die Verfilmung von 1955 konzentriert sich noch stärker auf das zentrale Liebesdreieck (Edwina - Safti - Ransome) und lässt Nebengeschichten, wie die Romanze zwischen Tom Ransome und Fern Simon (die im Roman und im Film von 1939 wichtig ist), stärker in den Hintergrund treten.
Stilprobe:
Da er [Major Safti] ihr [Edwina] hilfreich zur Seite tritt und der Zögernden den Krug entwindet, berührt seine Hand, die ihre. Wie betäubt von Glück muss sie sich am Tisch anlehnen, doch nur eine Sekunde, dann dankt sie gefasst und mit Haltung: "Ja, er ist schwer."
In dieser Sekunde zitterten ihre Hände wie damals im Sommerpalast, als sie nach dem Weggang von Elisabeth Hodge in dem geschmacklosen Salon mit ihm allein war. Die Haltung jedoch, in der sie vor ihm steht, ist stramm und so respektvoll, als sei sie um kein Haar mehr als die pockennarbige Gupta. Lächelnd bemerkt er, es sei wohl Zeit zum ersten Rundgang, "ich begleite Sie", füllt eine zweite Kanne und nimmt beide auf.
"Geben Sie mir die eine! bittet sie, ich tue es doch gern. Ein leichtes Schmunzeln geht über sein Gesicht, sie fühlt, es, ist kein spöttisches Grinsen, sondern herzlich und warm; es ist fast, als sehe er einem Kind zu, das Doktor spielt, und sie sagt etwas gekränkt: "Sie brauchen mich gar nicht so anzusehen!"
Er hat auch dafür Verständnis, denn er entgegnet nichts, sondern drückt ihr die zwei von der Oberschwester geschriebenen Merkzettel in die Hand: "Die brauchen Sie jedenfalls", worauf sie ihm die Kanne abnimmt und stillschweigend ihren Rundgang antritt.
Aber sie ist nicht gekränkt. Sie lässt ihm den Vortritt und geht mit gelehriger Mine hinter ihm her. Selbst die bis zum Überdruss gedrillte Schwester Gupta könnte nicht braver, nicht andächtiger zu ihm aufblicken. Er widmet ihr auch keine größere Aufmerksamkeit, als er in der gleichen Situation der guten, hässlichen Gupta zuwenden würde. Er geht von Bett zu Bett, und sie gießt die Emaillebecher voll, die neben jedem auf einem kleinen Gestell stehen. Nur ein kleiner Teil der Kranken schläft, etwa zwölf delirieren; die meisten liegen geduldig da. Ihre großen, weit geöffneten Augen folgen den beiden, wie die die Reihen entlanggehen.
Bei den vier, die auf der Liste "Stirbt" stehen, bleibt der Arzt etwas länger. Er fühlt den Puls und legt die Hand auf die glühende Stirn, ohne dabei von Edwina Notiz zu nehmen. Nur einmal sagt er ihr beinahe entschuldigend: "Das Handauflegen hat an sich keinen Zweck, es soll Ihnen nur etwas Mut geben, / denn sie wissen, dass ich Brahmane bin, und seit Jahrhunderten ist diesen Unberührbaren, Ausgestoßenen eingeimpft, sie müssten vor unsereinem beiseite treten, damit ihr Schatten nicht auf uns falle und uns dadurch beflecke. (S. 526/27 - Übersetzung Dr. Rudolf Frank).
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