31 März 2008

Marienbader Elegie

Was soll ich nun vom Wiedersehen hoffen,
Von dieses Tages noch geschloßner Blüte?
Das Paradies, die Hölle steht dir offen;
[...]
Kein Zweifeln mehr! Sie tritt ans Himmelstor,
Zu ihren Armen hebt sie dich empor.

"Noch einmal flieht [...] Goethe aus dem Erlebnis in die Dichtung, und in wundersamer Dankbarkeit für diese letzte Gnade schreibt der Vierundsiebzigjährige über dies sein Gedicht die Verse seines Tasso, die er vor vierzig Jahren gedichtet," - so schreibt Stefan Zweig in seinen "Sternstunden der Menschheit" - "um sie noch einmal staunend zu erleben:"
Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt,
Gab mir ein Gott, zu sagen, was ich leide.

Zweig ist wie vergessen, wenn heute Walsers "liebender Mann" mit Manns "Lotte in Weimar" verglichen wird. Vergessen Zweigs Wort vom "Abschied von der Liebe, in Ewigkeit verwandelt durch erschütternde Klage". Zuviel Pathos, zuviel Würde dem Gedicht, zu wenig dem Leid des Liebenden? Dem versucht Walser nun gerecht zu werden, von dem Goethe selber sagt:
Der ich noch erst den Göttern Liebling war;
Sie prüften mich, verliehen mir Pandoren,
So reich an Gütern, reicher an Gefahr;
Sie drängten mich zum gabeseligen Munde,
Sie trennen mich, und richten mich zugrunde.


Immer wieder las Zelter ihm diese Worte vor, und so beruhigte sich Goethe über dem erhabenen Ausdruck seines Schmerzes und erfuhr wieder, was er am Werther erfahren hatte: "Zum Bleiben ich, zum Scheiden du erkoren". Freilich, erst im folgenden Jahr schrieb er diese Worte in seinem Vorspruch zum Werther in der Jubiläumsausgabe von 1924.

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