05 März 2012

Jean Paul über das Schreiben von Romanen

In seinem "Titan" schreibt Jean Paul darüber, dass er natürlch nie einen Roman wie den Titan schreiben werde:

"Schrieb' ich jemals einen Roman (wozu es keinen Anschein hat), das beteur' ich öffentlich, vor nichts würd' ich mich so hüten als vor einer Residenzstadt und vor einer stiftsfähigen Heldin darin. Denn die Konjunktion der obern Planeten trägt sich leichter zu als die hoher Amanten. Will Er ein Wort mit Ihr allein reden am Hofe oder beim Tee oder bei ihrer Familie, so steht der Hof, die Teegesellschaft, die Familie dabei; – will Er Ihr im Park aufstoßen, so reiset Sie, wie die sinesischen Kuriere, doppelt, weil man den Mädchen gern das Gewissen, wie die Natur alle wichtige Glieder, doppelt gibt, wie gutem Weine doppelten Boden; – will Er Ihr zufällig wenigstens auf der Gasse begegnen, so schreitet (wenn diese in Dresden liegt) ein saurer Bedienter hintendrein als ihr Pestessig, Seelensorger, curator sexus, chevalier d'honneur, Sokrates-Genius, Kontradiktor und Pestilenziarius – – Hingegen auf dem Lande läuft (das ist alles) die Pfarrtochter, weil der Abend so himmlisch ist, um die Pfarrfelder spazieren, und der Kandidat braucht nun weiter nichts zu tun als Stiefel anzuziehen. – Wahrlich unter Leuten von Stande scheint der Mantel der (erotischen) Liebe anfangs ein Doktor Fausts-Mantel zu sein, der alles zu überfliegen schwört, indes er bloß alles überdeckt; allein am Ende steht einem das Schreckhorn, der Pilatusberg und die Jungfrau vor der Nase."

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