27 Februar 2012

Blütenlese aus Jean Pauls Titan II

Schmachtend drückt' er die kalten steinernen Glieder einer kolossalischen Statue an seine brennenden Adern an, und Tränen der vergeblichen Sehnsucht überquollen sein schönes Angesicht, während die warmen Töne der welschen Nachtigallen, die von dem Ufer und der Insel gegeneinanderschlugen, mit linden Vampyrenzungen das Herz wundsogen. – – Ach wenn du einmal geliebt wirst, glühender Jüngling, wie wirst du lieben! – Er weckte, im Durste nach einer warmen sprechenden Seele, seinen Schoppe auf und zeigte ihm die Flucht. Aber indem dieser irgend etwas Tröstendes sagte, schauete Albano unverwandt dem grauen Punkte des Fahrzeugs nach und hörte [...]

die wenigsten Menschen begreifen, daß man nur mit den wenigsten Menschen (mit keiner Visiten-Armee), eigentlich nur mit zweien, mit dem innigsten und ähnlichsten Freunde und mit der Geliebten, spazieren gehen könne.

Wahrlich ich will ebenso gern im Angesichte des Hofes am Geburtstage der Fürstin zu einer Liebeserklärung öffentlich niederknien als – denn man zeige mir doch den Unterschied – zwischen einem langen Vor- und Nachtrabe das trunkne Auge auf dich, Natur, meine Geliebte, heften. -

Man wird es aus der ersten Jobelperiode nicht behalten haben – weils in einer Note stand –, daß Alban niemals nach Pestitz durfte, und zwar aus sehr guten Gründen, die dem Ritter allein bekannt sind, aber nicht mir.

Albine von Wehrfritz, die Gemahlin, versprach alles hoch und teuer; sie konnte sich den Evangelisten Markus und Johannes gleichsetzen, weil ihr heftiger Mann die Gesellschafts-Tiere beider, die Tierkönige Löwe und Adler, öfters repräsentierte, so wie sich manche andere Gattin in Hinsicht ihrer Begleitung mit dem Lukas vergleichen mag und meine mit dem Matthäus

Zugvogel hinter dem Sanggitter der Brust

Wie die meisten Schullehrer glaubt' er so lange die feinste Lebensart zu haben, als er sie dozierte und die gröbste bekriegte – ebensolange schätzt' er sie ungemein, so wie den Putz –; wurd' er aber in beiden besiegt, so mußt' er sie von Herzen verachten. Es bracht' ihn wieder auf die Beine, daß er den Exerzitienmeister im stillen bei sich gegen beide Katos und die homerischen Heroen hielt, die nicht viel besser aßen wie Schweine, und daß er so den Wiener an einen Schandpfahl anband und ihn daran mit der einen Hand wacker drasch, indes er mit der andern über ihm die Schandglocke läutete

manche Eltern erbauen in jedem fremden Zimmer Rauchopferaltäre für dasselbe Kind, das sie im eignen wie Wein und Bienen schwefeln.


Die Weiber gleichen dem Pater Lodoli, der (nach Lambergs Tagebuche) nichts so mied als das Wörtchen Ja; wenigstens sagen sie es erst nach dem Nein.


für Leute wie ich ist das Landleben der Honig, worin sie die Pille des Stadtlebens einnehmen; Falterle hingegen brachte das bittre Landleben nicht ohne die Versilberung des Stadtlebens hinunter;

Denn der phantasiereiche Roquairol hatte mit dem Selbstschusse des 13ten Jahres das ganze weibliche Geschlecht salutiert und gewonnen und sich zum Opferpriester aus einem Opfertiere gemacht und zum Regisseur des ans Liebhabertheater gestoßenen Liebhaberinnentheater, [...]
Plötzlich wurde unser Zesara, der in die Jahre trat, wo der Gesang der Dichter und der Nachtigallen tiefer in die aufgeweichte Seele quillt, ein anderer Mensch. Er wurde stiller und wilder zugleich, sanfter und aufbrausender, wie er denn einmal einem unter Prügeln schreienden Hunde im wildesten Harnische zu Hülfe lief
Es gibt ja nichts Reineres und Wärmeres als unsere erste Freundschaft, unsere erste Liebe, unser erstes Streben nach Wahrheiten, unser erstes Gefühl für die Natur; wie Adam werden wir erst aus Unsterblichen Sterbliche; wie Ägypter werden wir früher von Göttern als Menschen regiert; –
Albano, ich will dein stilles, dicht verhangenes Herz aufdecken und aufschließen, damit wir alle darin Lianens Heiligenbild, die aufschwebende Raffaels-Marie, aber, wie Heiligengestalten in der Leidenswoche, hinter dem Schleier hängen sehen, den du bebend wegziehest, um es anzubeten, wenn du die Andachtsbücher – die Romane – aufschlägst und wenn du darin die Gebete antriffst, die deiner Heiligen gehören.
Ein Pfingsten, wie ichs jetzt beschreiben will, Albano, trifft man außer in der Apostelgeschichte wohl in keiner an als in deiner! –

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