17 November 2013

Joseph Roth: Der stumme Prophet I - Friedrich Kargan

Natürlich können Sie gleich mit der Lektüre des Romans "Der stumme Prophet" von  Joseph Roth beginnen, der einen russischen Revolutionär schildert, wie eher in der Aufgaben der Revolution aufgeht, dann das Leben kennen lernt und sich ihm dann wieder entzieht. (vollständiger Text bei Gutenberg.de)

Vielleicht aber ziehen Sie es vor, nicht einfach einer Leseempfehlung zu folgen, sondern erst noch den einen oder anderen Test zu machen. Dazu werden sie in nächster Gelegenheit hier Gelegenheit haben.
ZITATE:

"In der Silvesternacht von 1926 auf 1927 saß ich mit einigen Freunden und Bekannten in Moskau im Zimmer Numero neun des Hotels Bolschaja Moskowskaja. Für einige der Anwesenden war diese private Art, den Silvester zu feiern, die einzig mögliche. [...]
Sie konnten sich weder unter die Ausländer mischen noch unter die einheimischen Bürger, und obwohl der und jener unter ihnen seiner Idee zuliebe schon oft und lange als Beobachter fungiert hatte, hütete er sich doch mit Recht, selbst der Gegenstand einer Beobachtung zu werden. [...]
In meinem Zimmer schwebte der bekannte Zigarettendunst, den man aus den Romanen der russischen Literatur kennen dürfte. [...]
Er hatte, wie viele Menschen, die im Geheimdienst verwendet werden, den Ehrgeiz, nicht nur etwas zu wissen, sondern auch etwas länger zu wissen als die andern. [...]
In dessen Hause verbrachte Friedrich seine Kindheit. Sie verlief nicht ganz unglücklich, obwohl er in die Hände eines Wohltäters gefallen war. [...] In der Volksschule erwies er sich weit begabter als die Kinder seines Brotgebers. Deshalb ließ ihn dieser nicht weiter lernen, [...]
Offenbar wollte die Regierung die armen, arbeitslosen und nicht ungefährlichen Flüchtlinge möglichst schnell aus Österreich entfernen; aber auch die Meinung entstehen lassen, daß die russischen Deserteure mit Schiffskarten und Empfehlungen nach den Überseeländern versorgt würden – dermaßen, daß die Lust, die Armee zu verlassen, immer mehr Unzufriedene in Rußland ergreifen sollte. [...]
Er dachte an die unzähligen Grenzen des riesigen Reiches. In dieser Nacht wanderten Hunderttausende aus, sie gingen aus dem Unglück ins Unglück. Die unermeßliche, schweigende Nacht war von flüchtenden Menschen bevölkert, stumpfe, arme Gesichter, massive Rümpfe, schwere Gliedmaßen." 
(J. Roth: Prophet, Kap.1-4)

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