08 Mai 2018

Goethe und Thomas Mann

Nietzsche hat sich über die Formel "Goethe und Schiller" aufgeregt, wohl nicht nur wegen der spießerhaften Klassikerverehrung, die er darin sah, sondern auch, weil ihm der "Moraltrompeter" Schiller dieser Nachbarschaft nicht würdig erschien. In seinem Vortrag "Goethe und Tolstoi" (vom 4.9.1921, in erweiterter Form 1925 veröffentlicht) hat Thomas Mann seine Verbindung so unterschiedlicher Geister mit dem Hinweis auf Goethe und Schiller damit verteidigt, dass man durchaus auch Antithetisches in Beziehung setzen dürfe. "Tolstoi und Dostojewski" sagen wir wegen der Zeitgenossenschaft und des Ranges der beiden Romanciers, obwohl Tolstoi weit entfernt davon war, den "kranken" Dostojewski als wichtige Ergänzung seines Genies zu empfinden.
Thomas Mann nimmt das zum Anlass, anzudeuten, dass mit Schiller und Dostojewski zwei ein vergleichbar unterschiedliches wie ähnliches Paar vorhanden sei wie Goethe und Tolstoi.
So viel zur Erinnerung an diesen Aufsatz, der mich zum Thema "Goethe und Thomas Mann" anregte.

Auch hier eine Fülle von Unterschieden, diesmal gewiss auch in Fragen des Ranges. Aber die Gemeinsamkeiten: das Geheimratsmäßige, das Gefühl Repräsentant zu sein, das Heine und Brecht abstieß, das doch Kehrseite der gewaltigen Leistung des "sich-Zähmens"* war, das zusammen mit dem ungeheuren Fleiß die Voraussetzung für das erstaunliche Lebenswerk war.
Weitere Ähnlichkeiten hat Thomas Mann in seinem Goethe-Roman "Lotte in Weimar" angedeutet. Ich will da nicht Eulen nach Athen tragen.
Diese Anmerkungen stehen hier für mich als Erinnerung an meine Lektüre und für andere als Empfehlung, wenn sie denn ein Interesse an solchen - immer auch ziemlich gesuchten - Parallelitäten haben.
Größe und Zeitbedingtheit des Thomas Mannschen Stils inbegriffen.

* "Er wusste sich nicht zu zähmen, und so zerrann ihm sein Leben wie sein Dichten" hat Goethe über Johann Christian Günther gesagt.

Hier starb ein Schlesier, weil Glück und Zeit nicht wollte,
 Daß seine Dichterkunst zur Reife kommen sollte:
 Mein Pilger ließ geschwind und wandre deine Bahn,
 Sonst steckt dich auch sein Staub mit Lieb und Unglück an.

 (selbstverfasste Grabschrift von Johann Christian Günther)

Weitere Bezüge:
Goethe: Faust - Th. Mann: Dr. Faustus
Goethe - Max Frisch
Goethes Grab und Tolstois (Dazu: Stefan Zweig)

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