22 Juli 2025

Han Kang: Griechischstunden

In Griechischstunden (Perlentaucher); Rezension SWR "geht es um persönliche Verluste, um zaghafte Annäherung, um ein Weiterleben in schwierigen Verhältnissen, die die Protagonisten überfordern. Träume, Visionen und Erinnerungen sind eingeflochten. Ein Griechisch-Kurs ist die einzige Schnittstelle für Begegnungen. Der Leser kann sich verlieren in Handlungssträngen, die sich übergangslos ändern." (gaus58 auf gutefrage.net)

Mein Eindruck: Kang bietet lange nur Oberfläche, um die Personen rätselhaft unverständlich erscheinen zu lassen, bis sie im zweiten Teil des Romans Einfühlung zulässt. Für mich ist das eine deutliche Erschwerung für den Zugang. 

Insbesondere in Griechischstunden, wo der Unterschied vom Anfang und dem Schluss besonders deutlich hervortritt, halte ich es für möglich, dass

a) Kahn anstrebt, dass man den Anfang des kurzen Romans noch einmal liest, um ihn mit Hilfe des Schlusses besser zu verstehen, und dass das dazu dient, die Struktur des Buches besser erkennen zu lassen, oder:

b) durch die anfängliche Verweigerung der Innensicht die am Schluss mögliche Innensicht den Effekt  "das Innere nach Außen zu kehren" verstärken soll. 

Zitat: "durch die engmaschigen Fliegengitter schlüpft Finsternis wie ein Geist" (Griechischstunden, S.170) in einer Passage, wo es um die Erblindung des Mannes und die Erinnerungen an seine Kindheit geht.

Zum Text :

Beide haben versucht, einem kleinen Vogel, den Weg ins Freie zu weisen. Der kleine Vogel hat sich versteckt, und der Mann stürzt bei dem Versuch in hervorzuholen. Seine Brille zerbricht und die Scherben verletzen seine Hand. Die Frau kommt, um ihm zu helfen.

Sie kommen sich näher, aber nicht nahe. Er führt einen Monolog, weil sie weiterhin beim Versuch zu sprechen, verkrampft.


"Sie spürt, wie sie von Müdigkeit überschwemmt wird, ähnlich einer unendlichen Trunkenheit.
Die Stimme des Mannes dringt von weit weg an ihr Ohr, bruchstückhaft und wie in einem Traum.
"... Es gibt Momente, in denen ich das Gefühl habe, Sie zu verstehen. Augenblicke, in denen ich keine Lust habe, zu sprechen."
Sie bemüht sich, ihn anzusehen und seinen herumirrenden Blick einzufangen.

"Wenn ich Sätze auf die dunkelgrüne Tafel schreibe, habe ich Angst.
Davor, dass das, was ich gerade geschrieben habe, für mich nicht mehr sichtbar ist, wenn ich mich mehr als zehn Zentimeter davon entferne.
Wenn ich den Text lese, den ich auswendig gelernt habe, habe ich Angst
All die Silben, die mir so selbstverständlich über die Lippen kommen, als sei das nichts Besonderes, machen mir Angst
Die Stille des Raumes, in der meine Stimme widerhallt, macht mir Angst
Sind sie einmal ausgesprochen, sind Worte unwiderruflich. Wörter, die mein Wissen übersteigen, machen mir Angst." (S.181/82)

"... Hören Sie mich?"
Sie bemüht sich, aufmerksam zu sein. Er hat gar keine Vorstellung davon, wie schwer ihr das fällt. Sie konzentriert sich darauf, ihn nicht aus den Augen zu lassen, und strengt sich an, direkt in sein Gesicht zu blicken. Es ist nur zur Hälfte beleuchtet, von der Schreibtischlampe
"... Hören Sie mir noch zu?"
Sie sieht, dass er aufsteht. Sieht, wie er vorsichtig auf sie zugeht, in seinem weißen Hemd mit dem Blutflecken. Sie sind getrocknet und haben sich braun verfärbt. Sie bemerkt, dass er noch müder ist als sie und dass er bei jedem Schritt auf extrem aufpassen muss, um nicht zu stolpern.
"Es tut mir sehr leid. Es ist das erste Mal, dass ich so einen Monolog führe." 
Er bemüht sich, die Erschöpfung zu überspielen, die sich in seinem Gesicht abzeichnet. Er beugt sich vor und hält ihr seine linke Hand hin. Sie mustert seine Augen, die nicht wie sonst von Brillengläsern verdeckt waren. Offensichtlich können Sie Graustufen im Raum unterscheiden, denn sie sind auf Ihr Gesicht gerichtet.
"Möchten Sie mir hier Ihre Antwort aufschreiben?"
Seine Augen blicken nicht mehr ins Leere. Sie sieht ihn an. Über so einen langen Zeitraum hatte er geredet, ohne eine Antwort zu bekommen. 
"Möchten Sie ein Taxi rufen?"
Sie benetzt ihre Lippen mit der Zungenspitze, öffnet sie kurz, bevor sie sie wieder aufeinander presst. Sie nimmt die Hand, die er ihr entgegenstreckt, und legt sie auf ihre Linke. Zögerlich beginnt sie, mit dem rechten Zeigefinger auf seine Handfläche zu schreiben.
Nein
Die Linien ziehen sich zittrig über die Haut, bevor sie verblassen. Sie sind stumm und unsichtbar. Sie haben weder Lippen noch Augen. Das Zittern und die Wärme verschwinden, ohne dauerhafte Spuren zu hinterlassen. (S.184)
Ich werde
den ersten Bus
nehmen. 
(S.183-185).

Durch den Lärm des Platzregens wacht er auf. Es ist dunkel, das Fenster sperrangelweit auf. Man muss es schließen, bevor es hereinregnet. Er tastet auf dem Tisch nach seiner Brille, als er sich plötzlich erinnert, was am Abend zuvor passiert ist. Seine rechte Hand tut immer noch weh. (S.186)

Er hebt seine Hände und betrachtet sie. Die hellere ist die verbundene rechte Hand, die dunklere seine linke. Die Haut, der einen erinnert sich noch an die schmerzhaften Stiche, die der anderen an das warme, kitzelnde Gefühl, das die Striche und Punkte beim Darüberstreichen hervorgerufen haben. [...] An den Sinn, der sich langsam ergab. (S.187)

Er kann nicht verhindern, dass sein linker Arm zittert, als er ihn zum ersten Mal um ihre Schultern legt. (S.194) 
Ohne die Augen zu öffnen, küsst er sie. Hinter die feuchten Ohren, auf ihre Augenbrauen. Wie eine schwache Antwort aus weiter Ferne streichen kalte Fingerkuppen, sanft über seine Augenbrauen, bevor sie zu den eiskalten Ohren wandern, über die Narbe, die zwischen Auge und Mundwinkel verläuft . (S.197)
Die Herzen, die sich berühren, die Lippen, die einander ertasten und sich dennoch für immer verfehlen. (S.198)
Ich hatte das Gefühl, es sei die Zeit, die mich küsste.
Jedes Mal, wenn Lippen auf Lippen trafen, entstand eine Dunkelheit ohne Ausgang.
Die Stille breitete sich aus wie Schnee, der alle Spuren für immer verwischt.
Sie stieg bis zu den Knien, bis zur Hüfte, bis zum Gesicht. (S.203)

Ich atme durchgängig und tief ein, dann lasse ich die Luft ausströmen
In dem Moment, als ich schließlich eine erste Silbe spreche, kneife ich kurz die Augen zusammen.
Als bereite ich mich darauf vor, dass nach dem Öffnen alles verschwunden sein könnte. (S.204)

Damit  endet der Roman.

17 Juli 2025

François Lelord: Hectors Reise

 François Lelord: Hectors Reise

Édouard China Ying Li

Jean-Michel Afrika  Eduardo

Hector macht sich nützlich, Seite 70ff
Das Hotel war sehr hübsch.[...] aber man spürte doch, dass es ein wenig anders war als in einem Hotel, in dem die Leute bloß ihren Urlaub verbrachten. Es begann schon damit, dass am Eingang ein Schild informierte: "Wir bitten unsere werten Gäste und ihre Besucher, das Hotel nicht mit Waffen zu betreten. Bitte verständigen Sie die Rezeption." Im Inneren des Hotels sah man Weiße in Uniform (in einer drolligen Uniform mit Shorts), die an der Bar etwas tranken. Sie gehörten zu einer Art kleiner Armee, die alle Länder der Welt zusammen gebastelt hatten, um in diesem Land wenigstens ein bisschen Ordnung herzustellen. Aber weil das Land nicht besonders wichtig war, hat letztendlich niemand sehr viel Geld für diese Armee hergeben wollen. So war die kleine Armee gerade mal groß genug, sich selbst zu schützen; sie schaffte es nicht, viel Ordnung herzustellen, selbst wenn sie sich alle Mühe gab." (S. 70) [...] der Herr Ausländer, sprach Hectors Sprache, aber sehr gut, und er trank nichts als Sprudelwasser. Und was komisch war, er hieß beinahe so wie Eduard, nämlich Eduardo! Hector fragte ihn, aus welchem Land er komme, und Eduardo sagte es ihm. Es war ein Land, das keinen besonders guten Ruf hatte, weil man dort fast überall Pflanzen für ein sehr schlechtes aufputschendes Medikament heranzog, das in Hector Land absolut verboten war. Und in allen anderen Ländern der Welt übrigens auch. Daher waren viele Leute bereit, für dieses Medikament einen gewaltigen Preis zu zahlen. Natürlich war es nicht Eduardo Schuld, dass er in jedem Land geboren war, also tat, Hektor, als wäre das überhaupt nicht von Bedeutung; er wechselte das Thema und fragte ihn, womit er sich heutzutage befasse. Eduardo schaute Hector an. und wie wir schon gesagt haben, spüren die Leute immer schnell, dass Hector kein Bösewicht war, und solche schlauen Füchse, wie Eduardo spürten das natürlich besonders schnell. Also, antwortete er lachend: "Landwirtschaft!" [...] Eduardo hatte schon große Kinder, und er hoffte es, sie zum Studium in das Land schicken zu können, in dem es die meisten Psychiater der Welt gab. Hector fragt ihn, ob ihn der Gedanke nicht quäle, dass andere Familien vielleicht / sehr unglücklich waren, weil ihre Kinder das schlechte aufputschende Medikamenten nahmen, welches Eduardo fabrizierte. [...] "Wenn sie das nehmen, dann ist ihre Familie sowieso schon hinüber. Ihre Eltern kümmern sich nicht um sie, sondern denken, bloß ans Geldverdienen oder an Sex., a es ist doch kein Wunder, wenn ihre Gören allen möglichen Quatsch anstellen!"
"Das stimmt!", sagte Hektor.
Er fand nicht unbedingt, dass es stimmte, aber wenn ein Psychiater sagt, "Ja, das stimmt!", heißt das nichts weiter als "Ich habe sie verstanden." Aber er wies Eduardo darauf hin, dass es auch viele arme Leute gab, die dieses schlechte Medikament nahmen und sich damit ihr Leben noch schlimmer machten.
"Ich schaffe ja die Nachfrage nicht", sagte Eduardo. "ich befriedige sie bloß." [...] 
Als Hector berichtete, dass er Psychiater sei, schien das Eduardo sehr zu interessieren. Er erzählte, sei seine Frau sei noch immer ziemlich unglücklich [Hector stellt fest, dass die Frau falsche Medikamente bekommt und in falscher Dosierung und empfiehlt Eduardo einen guten Psychiater aus dem Land und sagt ihm das richtige Medikament in der richtigen Dosierung.]
"Er [Hector] erklärte Jean-Michel, dass der Barmann des Hotels noch in einem zweiten Büro arbeite. Darüber mussten Jean-Michelle und Marcel lachen, und Marcel erklärte, dass der Ausdruck "ein zweites Büro haben" hierzulande einfach bedeutete, dass man zusätzlich zu seiner Frau noch eine gute Freundin hatte." (S.74/75) [Hector wird entführt, kommt aber wieder frei, weil die Entführer das für sinnvoller halten (Eduardo, kleine Armee)]

Hector und die operierte Djamila: "Alle beide waren unterwegs in das große Land, in dem es die meisten Psychiater der Welt gab. Wir sagen immer die meisten Psychiater der Welt, aber ebenso könnten wir sagen, die meisten Swimmingpools der Welt, die meisten Nobelpreisträger, die meisten strategischen Bomber, die meisten Computer, die meisten Naturparks, die meisten Bibliotheken, die meisten Serienmörder, die meisten Zeitungen, die meisten Waschbären und die meisten Exemplare von noch einer Menge andere Sachen, denn es war einfach das meist-Land und das seit langer Zeit. Vielleicht kam es daher, dass dieses Land von Leuten bevölkert war, die ihr eigenes Land verlassen hatten, weil sie mehr wollten, vor allem mehr Freiheit." (S.120) 

Marie-Louise: Vater als Politiker erschossen, ihre Mutter seitdem depressiv. Marie-Louise bleibt in Afrika und geht nicht in das meist-Land, weil sie nicht will, dass ihre Kinder in Reichen-Ghettos aufwachsen. Ihr Mann hat seine Arbeit aber im meist-Land gefunden.

Frage: Weshalb lächeln die Kinder in Afrika?

Antwort: In Afrika geht es Kindern sehr schlecht. Kinder, die lächeln, werden aber besser behandelt als andere. Die die lächeln, haben es gelernt. Die, die nicht lächeln haben nicht überlebt. (S.89/90)

Agnès und der kluge Professor, der lacht und häm häm sagt, mit seinem Apparat.

Bild des Gehirns: Glück orange, Trauer blau.

S.168ff  der alte Mönch: Gelassene Sichtweise, für andere nützlich sein, Freude an der Arbeit

S.174 ff  Fünf Familien des Glücks: 

2 beschwingte: 1. Freude, Feiern, Reisen, Lustgefühle;  2. Freude an der Arbeit, Ziele erreichen [vgl. Flow]

2 stille: 1. Zufrieden mit dem Gegenwärtigen, auch wenn man es mit Früherem vergleicht, oder ganz ohne Vergleichen. 2. bestimmte gelassene Sichtweise der Dinge

1 in der Gemeinschaft: Freundschaft, erwiderte Liebe, Aufmerksamkeit für andre, das Gefühl, nützlich zu sein.

"Denn es gibt Augenblicke, wo es nicht wirklich dumm ist, wenn man Dummheiten anstellt, und andere, wo es doch dumm wäre, und dann soll man es lieber lassen." (S.185)

Spoiler: 

Glück 


16 Juli 2025

Martin Geck: Matthias Claudius

Martin Geck: Matthias Claudius. Biografie eines Unzeitgemäßen, 2014  (Perlentaucher)

Matthias Claudius Blogartikel

15 Juli 2025

Fritz Hennenberg: W.A. Mozart

"Mozart hatte, quantitativ gemessen, bis 1777, bis zu seinem 21. Lebensjahr, schon fast die Hälfte seines Lebenswerkes geschaffen. An die 300 Werke fast alle Gattungen lagen vor." (S. 37)

 Mozart hatte ein so gutes musikalisches Gedächtnis, dass er seine Kompositionen weitgehend im Kopf abgeschlossen hatte, bevor er sie notierte. Von manchen Musikstücken hieß es, dass er für das Komponieren weniger Zeit gebraucht habe, als für das Niederschreiben. Außerdem brauchte er beim Niederschreiben sehr wenig Konzentration, so dass er sich gerne unterhielt, währenddessen, weil ihm das bloße Schreiben zu langweilig war. Dagegen merkte man ihn beim Umgang öfters an, dass er nicht wirklich auf das Gespräch konzentriert war, sondern gerade an einer Komposition arbeitete. Allerdings hat er durchaus auch manches schriftlich festgehalten, auch wenn die weitere Arbeit dann auch wiederum im Kopf vor sich ging. (S. 73-75)

"Indes dürfen solche Zeugnisse nicht verabsolutiert werden. Mozart musste durchaus auch mit Stockungen beim Komponieren rechnen. Selbst Einfälle standen nicht jederzeit in gleicher Fülle und Originalität parat. Inspiration ließ sich nicht kommandieren. Die Ausarbeitung war oft mühsam. Mozart entschuldigt und rechtfertigt sich dem drängenden Vater gegenüber: "zu allen zeiten ist man auch nicht aufgelegt zum arbeiten. hinschmieren könnte ich freilich den ganzen tag fort; aber so eine sach kommt in die Welt hinaus, und da will ich halt, dass ich mich nicht schämen darf, wenn mein name draufsteht." (S.76) 

Han Kang: Die Vegetarierin

 Han Kang: Die Vegetarierin (Wikipedia); Rezension im Spiegel 15.8.2016 (Sie träumt davon, eine Pflanze zu werden. Vergleich mit Kafka: Der Hungerkünstler)

Abschnitte: Die Vegetarierin (S.7-56); Der Mongolenfleck (S.59-125);  Bäume in Flammen (S.129-190)

Nachdem die ersten beiden Abschnitte mich nicht recht erreichten, ging es beim letzten Abschnitt besser. Ähnliche Erfahrungen höre ich über Griechischstunden, wo ich gegenwärtig noch im ersten Drittel stecke. Dazu vgl. Han Kang.

mehr dazu: 

Han Kang

10 Juli 2025

Oscar Wilde: Der Ursprung der historischen Kritik

(Oscar Wilde: Der Ursprung der historischen Kritik, Werke in einem Band, hrsg. Gerd Haffmanns, S. 473-516) 

Plato kritisiert die unmoralischen Handlungen der Götter und will sie an einem Ethos orientiert sehen. Insofern geht er über das Faktensammeln hinaus und will eigenes Urteil. Herodot scheidet aus den Mythen das aus, was menschlichen Erfahrungen widerspricht. Thukydides fügt das Kriterium der psychologischen Wahrscheinlichkeit hinzu. So gibt er der Überlieferung den Vorzug, Helena sei in Ägypten gewesen, denn um einen Krieg zu verhindern, hätten die Trojaner eine geraubte Frau sicher herausgegeben, wenn sie in der Stadt gewesen wäre. [Hier könnte man eine Parallele im gegenwärtigen Ukrainekrieg sehen: Vermeidung eines größeren Unglücks.] So sieht er auch im Fall Trojas im Unterschied zu Herodot nicht eine Strafe der Götter, sondern nimmt an, dass die unzureichende Versorgung der Griechen mit Lebensmitteln den Start der Besetzung herausgezögert habe. 

Das Bedeutende an Thukydides wie sein Umgang mit Legenden im Allgemeinen verrät, sind weniger die Resultate als vielmehr die Methode, nach der er vorgeht. Als der erste große, rationalistische Historiker hat er gewissermaßen den Weg für alle seine Nachfolger geebnet, obwohl nicht vergessen werden darf, dass das völlige Fehlen all des mythischen Bauwerks der übernatürlichen Lebensauffassung in seinen Schriften, zweifellos einen Fortschritt des Rationalismus und einen Meilenstein in der Wissenschaftsgeschichte markiert, dessen Bedeutung kaum zu überschätzen ist, wir andererseits aber auch das völlige Fehlen der zahllosen sozialen und wirtschaftlichen Faktoren feststellen müssen, die in der Entwicklung der Welt eine so wichtige Rolle spielen und denen Herodot in seinen unsterblichen Schriften zu Recht einen hervorragenden Platz ein räumte. Die Geschichte des Thukydides ist im Wesentlichen einseitig und unvollständig. Die verwirrenden Einzelheiten über Belagerung und Schlachten, Dinge, mit denen der wahre Historiker sich gar nicht oder nur insofern abgibt, als sie ein Licht auf den Geist der Zeit werfen, würden wir mit Freuden eintauschen gegen einen Hinweis auf das Privatleben in Athen oder den Einfluss und die Stellung der Frau.

Es gibt einen Fortschritt in der Methode der historischen Kritik; es gibt einen Fortschritt im Verständnis und in der Begründung von Geschichte; denn wir können bei Thukydides eine natürliche Reaktion gegen das Eindringen didaktischer und theologische Erwägungen in den Bereich des reinen Verstandes feststellen, Wie wir sie sowohl in der Behandlung der Tragödie durch Euripides und späterer Kunstschulen als auch in Platons Begründung der Wissenschaft finden." ( S. 482).

"Die Erforschung der beiden großen Probleme des Ursprungs der Gesellschaft und der Philosophie der Geschichte nimmt in der Entwicklung des griechischen Denkens eine so zentrale Stellung ein, das es für einen genauen Einblick in das Wirken des kritischen Geistes unumgänglich ist, sich in einiger Ausführlichkeit der Entstehung und wissenschaftlichen Entwicklung der beiden Fragen zu widmen, wie sie uns nicht nur in den Werken der ausgewiesenen Historiker begegnen, sondern auch in den philosophischen Abhandlungen Platons und Aristoteles'. Die außerordentliche Bedeutung dieser beiden großen Denker für die Entwicklung der historischen Kritik kann gar nicht genug hervorgehoben werden." (S. 483).

"Die Beschäftigung mit dem Geist der historischen Kritik hat sich nicht als fruchtlose Erforschung von Wegen und Formen des Denkens erwiesen, die heute sämtlich überholt und ohne Bedeutung sind. Der einzige Geist, der uns gänzlich entrückt ist, ist der des Mittelalters; der griechische Geist ist seinem Wesen nach modern." (S. 516)

07 Juli 2025

Aischylos: Agamemnon (Orestie)

 Orestie

Scene. Königlicher Palast in Árgos. Flügelgebäude zu beiden Seiten, rechts die Wohnung für das Gesinde, links die Gastwohnungen. Vor dem Palaste stehen Bildsäulen und Altäre des Zeus, des Apóllon, des Hérmes. Auf dem flachen Dache der Gesindewohnung, das die Aussicht auf Gebirge, Meer und Land bietet und das als Warte dient, sieht man den Wächter sich von seinem Lager aufrichten.

Der Wächter.

O schafft Erlösung, Götter, mir von diesen Müh'n,
Der jahrelangen Wache, da gelagert ich
Hoch auf der Átreussöhne Dach, dem Hunde gleich,
Wahrnahm der Nachtgestirne ringsversammelt Heer
[Vers 5] Und, die den Frost uns bringen und des Sommers Glut,
Die lichten Herrscher, deren Glanz am Himmel flammt,
Der Sterne Niedersinken und ihr Aufersteh'n!
Auch heute späh' ich nach des Flammenzeichens Schein,
Dem Feuerstrahle, der Bericht aus Trója bringt,
[Vers 10] Die Kunde seines Falles: so gebot es mir
Der Herrin mannhaftkühnes, hoffnungsvolles Herz.
Und wenn ich, unstät ruhelos, von Tau durchnäßt,
Mein nächtlich Lager hüte, das kein Traum besucht, –
Denn Furcht, anstatt des Schlummers, wohnt zur Seite mir,
[Vers 15] Daß nie zu festem Schlafe sich mein Auge schließt, –
Und wenn ich dann wohl singen oder pfeifen will,
Das Zaubermittel, das des Schlafes Geister bannt:
Da wein' ich seufzend über dieses Hauses Los,
Das nicht wie vormals ohne Fehl verwaltet wird.
[Vers 20] O nahte heut der Mühen heit'res Ziel heran,
Und tauchte heilverkündend auf der Strahl der Nacht!

(Pause. Am fernen Himmel leuchtet eine Flamme auf.)

Willkommen, Leuchte düst'rer Nacht, die hellen Tags
Lichtglanz verkündigt und in Argos weit umher
Festreigen aufweckt, diesem Glück zu frohem Dank!
Triumph! Triumph!

Mit diesem Rufe verläßt er die Warte und eilt in die Bühne hinab.)

[Vers 25] Agamémnons Gattin eil' ich laut es kundzuthun:
Vom Lager flugs sich hebend, soll im Hause sie
Des Dankes hellsten Jubellaut der Leuchte dort
Entgegenjauchzen, da die Tróerburg in Staub
Gesunken, wie's der Flammenbote strahlend ruft!
[Vers 30] Und ich Entzückter tanze selbst die Reigen vor.
Denn meiner Herrschaft bring' ich jetzt ein glücklich Los.
Ein Dreimalsechs, das meine Spähe mir gewann.
O möcht' ich denn des Heimgekehrten liebe Hand,
Des Hausgebieters, fassen hier mit dieser Hand!
[Vers 35] Vom andern schweig' ich; mir verschließt ein gold'nes Band
Den Mund. Das Haus hier spräche selbst am lautesten,
Wär' ihm ein Laut verliehen. Gerne red' ich wohl
Mit Kundigen; vor Unkundigen bin ich lieber stumm.
Geht ab.)

Aus der Stadt kommt der Chor der Greise in die Orchéstra hereingezogen und umwandelt die Thýmele.)

Der Chorführer.

Zehn Sommer entfloh'n, seit Príamos' Feind,
[Vers 40] Recht fordernd mit Macht,
Meneláos der Fürst, Agamemnon mit ihm,
Das gewaltige Paar der Atríden, von Zeus
Durch Scepter und Thron zwiefältig geehrt,
Mit den tausend Masten Achäa's Heer,
[Vers 45] Die Genossen des Kampfs,
Von den heimischen Fluren entführten.
Laut schnoben sie Mord aus zorniger Brust,
Wie der Weihen Geschlecht,
Die, der Jungen beraubt, in unendlichem Schmerz
[Vers 50] Hoch über dem Horst hin kreisend und her,
Mit der Fittiche Schlag durchrudern die Luft,
Die verlorenen Müh'n
Um der Kindlein Pflege betrauernd.
Doch ein Gott in den Höh'n, ob Apollon, ob Pan,
[Vers 55] Ob Zeus, er vernimmt der Beraubten Geschrei,
Das mit klagendem Ruf die Gebirge durchhallt,
Und die Frevler ereilt
Der vergeltende Fluch der Erínnys.
So sandte des Atreus Söhne der Gott,
[Vers 60] Der des Gastrechts wahrt, der gewaltige Zeus,
Auf Páris heran für der Buhlerin Raub,
Vielfältige Müh'n, abmattenden Kampf,
Da gestemmt in den Staub arbeitet das Knie,
Da die Lanze zerschellt in den vordersten Reih'n,
[Vers 65] Dem achäischen Volke zu wecken
Und den Troern zugleich. Nun geht es einmal,
Wie's geht; es erfüllt sich der Spruch des Geschicks;
Nicht Weinen und nicht Trankspende versöhnt,
Kein Jammern den unauslöschbaren Groll
[Vers 70] Um die fehlende Flamme des Opfers.
Uns Greisen indes, die das Alter gebeugt,
Uns ward kein Teil an der Ehre des Zugs;
Wir blieben zurück,
Gleich Kindern am Stab aufstützend die Kraft.
[Vers 75] Denn das jüngere Mark, das jugendlichstolz
Im Busen sich hebt,
Flieht, schwach wie der Greis, vor dem Kampfe zurück:
Der Gealterte schleicht, wann herbstlich bereits
Sich entlaubte der Stamm, dreifüßig dahin;
[Vers 80] Unmächtig, dem Kind gleich, wankt er einher,
Ein Traumbild, irrend am Tage.

(Während dieser Worte ist aus den Pforten des königlichen Palastes ein Zug von Dienerinnen mit Schalen und Krügen um die Altäre getreten, um zu opfern; zu gleicher Zeit erscheint Klytämnestra mit Gefolge und läßt das Opfer beginnen.)

Der Chorführer.

Auf, Týndaros' Kind,
O Königin, sprich, Klytämnéstra: was ist's,
Was Neues geschah? Was vernahm dein Ohr?
[Vers 85] Auf welches Gerücht
Dich stützend, erregst du die Opfer umher?
Denn den Göttern gesamt, den Behütern der Stadt
Und der Tiefen und Höh'n
Und des Markts und Olýmps, flammt jeder Altar
[Vers 90] Von duftenden Opfergeschenken.
Und von hier und von dort zu dem Himmel empor
Wallt leuchtende Glut,
Balsamisch getränkt mit des heiligen Öls
Süßatmendem, lauterem, labendem Born,
[Vers 95] Mit der Spende vom Königeshause.
So sage mir denn, was du kundthun darfst
Und zu melden vermagst,
Und wehre der Angst und banne die Qual,
Die jetzt das Gemüt uns feindlich befällt!
[Vers 100] Doch strahlt auch ein freudiges Hoffen mir auf
Von den Opfern und stillt das unendliche Leid,
Die verzehrende Trauer im Busen.

Gesang des Chores

Strophe.

Singend verherrlichen darf ich der Könige Fahrt mit der Zeichen
Glücklichem Stern, noch haucht ja Vertrau'n von den Göttern
[Vers 105] Mir den Gesang ein,
Kraft noch gönnt mir das Alter,
Wie Héllas' stolzthronendes Paar, der achäischen Jugend
Fürsten in Eintracht,
Sandten die stürmischen Adler mit rächenden
[Vers 110] Armen und Lanzen ins Troergefilde,
Da die Beherrscher der Luft den Beherrschern des Meers,
Der eine mit schwarzem Gefieder,
Der andre weiß, nah' dem Palaste, zur Rechten erschienen,
Auf weitglänzendem Horste
[Vers 115] Saßen sie, gierig verschlingend das Fleisch der befruchteten Häsin,
Die matt im letzten Laufe sank.
Hebe den klagenden Ruf! Doch siegreich walte das Gute!

Gegenstrophe.

Aber der Seher des Heer's, der erfahrene, sah der Atriden
Zwiefachen Sinn und erkennt in den Mördern des Hasen
[Vers 120] Argos' Feldherrn;
Und so deutend begann er:
»Wohl bricht dereinst stürmend in Príamos' Feste der Zug hier;
Alle die reichen
Schätze der Burg, die das Volk ihr steuerte,
[Vers 125] Wird mit Gewalt einst rauben das Schicksal.
Daß nur göttlicher Neid nicht breche die Kraft
Dem gewaltigen Zaume des Heeres,
Das Troja stürzt! Ártemis grollt ja dem Hause des Atreus,
Weil Zeus' fliegende Diener
[Vers 130] Vor der Geburt mit der Frucht die geängstigte Mutter geopfert:
Sie haßt der Adler grauses Mahl.«
Hebe den klagenden Ruf! Doch siegreich walte das Gute!

Schlußgesang.

»Die Holde, die so liebevoll
Dem grimmen Leu'n hütet die zarten Sprossen,
[Vers 135] Die sich der milchverlangenden Jungen
Freut der schweifenden Tiere des Waldes,
Wünscht doch, daß sich das Zeichen erfülle,
Das Heilvolles verhieß und zugleich uns schreckte mit Unheil.
Zu Phöbos ruf' ich, dem Gott des Heiles,
[Vers 140] Daß sie dem Dánaervolk durch Hemmungen feindlicher Winde
Nicht aufhalte die Fahrt,
Heischend ein anderes Mahl, ein verrucht unseliges Opfer,
Welches gebäre den Streit, scheulos zu vertilgen den Gatten.
Fürchterlich harrt ja des einst heimkehrenden,
[Vers 145] Tückisch im Haus insgeheim um das Kind fortglühend, die Rachsucht.«
Solches verkündete Kálchas zugleich mit unendlichem Glücke,
Was von den Vögeln des Weges dem Königeshause verhängt ward.
Diesem entsprechend
Hebe den klagenden Ruf! Doch siegreich walte das Gute!

Wechselgesang des Chores.

Erste Strophe.

[Vers 150] Zeus, wer Zeus auch immer sei, mit dem
Namen ruf' ich jetzt ihn an,
Hört er so sich gern genannt.
Wäg' ich alles sinnend ab,
Keinen weiß ich auszuspäh'n,
[Vers 155] Keinen, als Zeus, auf den ich die nichtige Bürde der Sorge
Werfen mag mit Zuversicht.

Erste Gegenstrophe.

Denn der ehedem gewaltig war,
Alles stürmte trotzigfrech,
Seiner wird nicht mehr gedacht.
[Vers 160] Der nach ihm erstand, auch er
Fand den Sieger und erlag.
Doch wer fromm im Gesange des Siegs den Kroníden verherrlicht,
Pflückt des Geistes schönsten Kranz.

Zweite Strophe.

Denn zur Weisheit leitet uns
[Vers 165] Zeus und heiligt als Gesetz,
Daß in Leiden Lehre wohnt.
Auch in Träumen wallt ja vor das Herz
Schuldbewußt Seelenangst, und es keimt
Wider Willen weiser Sinn.
[Vers 170] Huld der Gottheit ist es, die gewaltig
Hoch am Weltenruder thront.

Zweite Gegenstrophe.

Das erwog der ält're Fürst,
Der Achäa's Heereszug
Führte, schalt den Seher nicht,
[Vers 175] Nein, trug still die ringsentbrannte Not,
Als in thatloser Rast Hungerqual
Schwer bedrängt' Achäa's Volk,
Das in Áulis' wildumwogtem Porte
Chálkis gegenüber lag.

Dritte Strophe.

[Vers 180] Vom Strýmon her wehend, tobt der Sturmwind,
Bringt Zögern, bringt Hunger, wehrt die Landung
Und führt die Menschen irre,
Schont Kiele nicht noch Taue
Und dehnt endlos die lange Säumnis,
[Vers 185] Daß Argos' Volksblüte matt dahinwelkt.
Und als den Fürsten nun
Kalchas ein anderes Mittel,
Schmerzlicher, als des bittern
Sturmes Verzug, Artemis' Zorn meldend, enthüllt, daß sie den Stab
[Vers 190] Wild in den Grund stießen und laut weinten, die Söhne des Atreus:

Dritte Gegenstrophe.

Da sprach er also, der ält're Heerfürst:
»Ein hartes Los ist es, nicht zu folgen,
Ein hartes, soll ich schlachten
Mein Kind, des Hauses Kleinod,
[Vers 195] Und beim Áltar die Vaterhand hier
Ruchlos ins Herzblut der Tochter tauchen!
Was bleibt da frei von Leid?
Üb' ich Verrat am Heere?
Täusch' ich die Kampfgenossen?
[Vers 200] Daß sie das windstillende Sühnopfer, das jungfräuliche Blut,
Fordern in zornglühender Gier, recht ist's: führ' es zum Heile!«

Vierte Strophe.

Jetzt, als er aufnahm das Joch des Zwanges
Und Sinneswandlung im Busen hauchte,
Gottlose, schnöd unheilige,
[Vers 205] Ergriff er tollkühn das kecke Wagnis.
Denn dreist in Unthat verlockt die Menschen
Unsel'ger Wahnsinn, des Fluches Quelle,
So trug er's denn, sein Kind schlachten zu seh'n,
Dem frauenraubrächenden Krieg zum Schutze,
[Vers 210] Als Voropfer des Seezugs:

Vierte Gegenstrophe.

Ihr Fleh'n, ihr Angstruf zum Vater rührt nicht,
Nicht ihre jungfräulich holde Blüte,
Der Richter kampfentbrannten Mut.
Er hieß den Priestern, als ihr Gebet schwieg,
[Vers 215] Sie, gleich der Ziege, hoch überm Altar
Vorwärts gebeugt, tiefverhüllt in Schleier,
Mit Armeskraft emporheben, gebot
Der Tochter schönrosigen Mund zu fesseln,
Daß sie dem Haus nicht fluche,

Fünfte Strophe.

[Vers 220] Mit Zwang und lautlosen Zaums starrer Macht.
Ihr Safrankleid floß zur Erde nieder.
Des Auges Blick traf mit Mitleids
Geschossen ihrer Opf'rer jeden.
Und reizend schön, einem Bild gleich, wollte sie
[Vers 225] Wie sonst ihn anreden, da
Ihr Lied im mahlreichen Vätersaale
Erklungen. Oft sang sie da liebevoll, kindlichfromm,
Die Heldenjungfrau, das heit're Glück,
Das selige Los des Vaters.

Fünfte Gegenstrophe.

[Vers 230] Was dann geschah, sah ich nicht, sag' ich nicht:
Doch Kalchas' Wort bleibt nicht unvollendet.
Denn Díke wägt allem Leide
Belehrung zu für späte Zukunft.
Vorauszuschau'n, was die Zeit bringt, wünsch' ich nicht:
[Vers 235] Voraus trauern wäre das.
Denn klar enthüllt's einst der Sonne Frühstrahl.
So möge Heil uns hinfort blühen, wie sie es wünscht,
Die dort heranwandelt und allein
Des ápischen Landes Hort ist.

(Klytämnestra verläßt die Altäre und kommt näher.)

Der Chorführer.

[Vers 240] Wir nah'n in Ehrfurcht deiner Macht, Gebieterin.
Denn billig zollt man Ehre wohl des Königes
Gemahlin, wenn verlassen steht des Mannes Thron.
Ob gute Botschaft oder nicht an dich gelangt,
Daß, froher Hoffnung lebend, du dein Opfer bringst,
[Vers 245] Vernähm' ich gerne; schweigst du, zürn' ich nicht darum.

Klytämnestra.

Zu froher Botschaft steige, nach dem alten Spruch,
Der helle Morgen aus dem Mutterschoß der Nacht!
Du sollst ein Glück erfahren, über Hoffen groß:
Erstürmt von Argos' Volke, sank die Troerburg.

Der Chorführer.

[Vers 250] Was ist's? Das Wort entging mir, weil's unglaublich ist.

Klytämnestra.

In Argos' Hand ist Troja: red' ich also klar?

Der Chorführer.

Die Wonne faßt mich und entlockt die Thräne mir.

Klytämnestra.

Dein Auge, Greis, bezeugt mir, daß du's redlich meinst.

Der Chorführer.

Wie? Bürgen sich're Zeichen dir gewiß dafür?

Klytämnestra.

[Vers 255] Gewiß – warum nicht? – wenn ein Gott mich nicht betrog.

Der Chorführer.

Vertraust du nicht leichtgläubig einem Traumgesicht?

Klytämnestra.

Ich achte nicht auf schlafgebund'nen Sinnes Wahn.

Der Chorführer.

So regte wohl ein flatternd Volksgerücht dich auf?

Klytämnestra.

Als hätt' ich junger Mädchen Sinn, so schiltst du mich.

Der Chorführer.

[Vers 260] In welcher Zeit denn wurde Troja's Burg erstürmt?

Klytämnestra.

In jüngster Nacht, die dieses Morgens Licht gebar.

Der Chorführer.

Doch welcher Bote mochte wohl so schnell sich nah'n?

Klytämnestra.

Hephästos, der vom Ída hellen Glanz gesandt.
Brand flog auf Brand, in stetem Flammenlaufe sich
[Vers 265] Fortwindend, hierher. Ida strahlt' auf Hérmes' Fels
In Lémnos' Eiland, und von hier den großen Strahl
Empfingen drittens Áthos' Höh'n, dem Zeus geweiht.
Hochhin des Meeres Rücken überleuchtete
Des Wanderlichtes mächtige Glut; froh loderte
[Vers 270] Die Fackel, die goldstrahlend, einer Sonne gleich,
Makístos' Hüter ihren Glanz verkündigte.
Und dieser, nimmer säumig, noch achtlosen Sinns
Vom Schlaf bewältigt, wahrte treu sein Botenamt.
Fern eilt die Flammenleuchte nach Eurípos' Flut,
[Vers 275] Den Wächtern Kunde bringend auf Messápios.
Den Glanz erwidernd sandten sie die Kunde fort
Und brannten dürres Heidekraut in Haufen an.
Die Leuchte, rüstig, ungeschwächt im vollsten Glanz,
Hinüberzuckend durch Asópos' Ebene,
[Vers 280] Wie helles Mondlicht, traf Kithärons hohen Fels
Und rief in andrer Folge wach die Feuerpost.
Der Wächter dort entflammte fernhinströmenden
Lichtglanz, der heller leuchtet als die früheren.
Gorgópis' See hinüber schlug der Flamme Licht;
[Vers 285] Und als ihr Strahl auf Ägiplánktos' Höhen traf,
Trieb's, nicht zu fehlen ihrer Pflicht, die Wache dort.
Die Lohe schürend, sandten sie die mächtige
Glutsäule prasselnd weiter, daß sarónischen
Meerbusens weitsichtbaren Strand ihr Glanz sogar
[Vers 290] Fern überstrahlte; leuchtend schoß sie fort und kam
Zur Arachnäoswarte nächst an dieser Stadt.
Und dann zum Königshause hier gelangt der Strahl,
Des Idafeuers letzter echtgeborner Sohn.
So war der Fackelboten Dienst von uns bestellt,
[Vers 295] Der rasch in steter Folge sich vollendete.
Doch siegt der letzte Läufer wie der erste hier.
Und solche Zeichen nenn' ich euch und Zeugnisse,
Die fern von Troja mein Gemahl mir zugesandt.

Der Chorführer.

Den Göttern zoll' ich meinen Dank hernach, o Frau;
[Vers 300] Doch solches Wort anhören voll Bewunderung,
Das möcht' ich unablässig. Sag's noch einmal denn!

Klytämnestra.

In Argos' Hand ist Ílion an diesem Tag.
Mir dünkt, Geschrei zwieträchtig hallt die Stadt hindurch.
Wer Öl und Essig mischend gießt in ein Gefäß,
[Vers 305] Wird stets gesondert beide, nie vereinigt seh'n,
Wie nun von Unterjochten und von Siegern dort
Zwiefacher Ruf, zwiefachen Loses Zeuge, schallt.
Die Troer, hingesunken über Leichnamen
Erschlag'ner Gatten, Brüder, – zarte Kinder hier
[Vers 310] Bei Leichen grauer Väter, – sie bejammern nicht
Aus freier Brust mehr dieses Los der Teuersten.
Die andern treibt des Kampfes nachtumschauertes
Gewühl zum Morgenmahle, wie's die Stadt gewährt,
Zerstreut in regellosem Schwarm, die Hungernden.
[Vers 315] Und sowie blindlings jeder zog des Glückes Los,
So sind sie jetzt in speererstürmten Wohnungen
Troja's gelagert, unter Daches Hut geschirmt
Vor Frost und Himmelstaue; fortan schlummern sie
Die ganze Nacht durch unbewacht, den Göttern gleich
[Vers 320] Und wenn sie fromm im eingenomm'nen Lande nun
Der Städte Götter ehren und der Götter Sitz,
So wird den Siegern nimmerdar der Sieg geraubt.
Daß nur nach Unerlaubtem allzufrühe nicht
Das Heer gelüste, durch Gewinnes Reiz bethört!
[Vers 325] Denn wenn der Heimkehr süßes Glück ihm lächeln soll,
Muß erst der Rennbahn zweiter Lauf vollendet sein.
Doch wenn vor Göttern schuldbewußt heimzieht das Heer,
So mag der Abgeschied'nen Blut zur Rache wohl
Erwachen, wenn auch neues Leid sich nicht erhebt.
[Vers 330] Von mir, von einem Weibe, habt ihr das gehört.
Das Gute siege, zweifellos für jeden Blick!
Vor vielem Glücke wünsch' ich mir nur den Genuß.

Der Chorführer.

Mit Männerweisheit sprichst du wohlgesinnt, o Frau.
Ich rüste mich, dankvoll die Götter anzufleh'n,
[Vers 335] Nachdem ich sich're Kunden hier von dir vernahm.
Denn Lohn mit hoher Ehre ward der Mühen Preis.

(Klytämnestra geht ab.)

Allherrschender Zeus und o freundliche Nacht,
Du Spenderin herrlichen Glanzes,
Die Príamos' Burg ihr schlingendes Garn
[Vers 340] Umwarf, daß niemand, ob er ein Greis,
Ob Jüngling er war, dem gewaltigen Netz
Sich der Knechtschaft entwand
Und dem alles bezwingenden Unheil!
Drum ehren wir dich, o gastlicher Zeus,
[Vers 345] Der solches gethan und auf Páris vorlängst
Mit dem Bogen gezielt, daß weder zu früh
Noch über den Raum der Gestirne hinaus
Fruchtlos das Geschoß ihm entschwirrte.

Der Chor.

Erste Strophe.

Wie Zeus traf, wissen sie zu sagen:
[Vers 350] Klar liegt's enthüllt vor aller Augen.
Wie er's beschloß, vollführt er's. Einer sprach wohl:
»Der Götter Stolz achtet's nicht, wenn ein Mensch
Das Heil'ge frech niedertritt!«
Er sprach ein unfrommes Wort.
[Vers 355] Der Ahnherrn Enkel sah's.
Die wild tollkühnen Kampf
Geschnaubt, stolz aller Zügel spottend,
Da voll anschwoll das Haus im Unmaß
Hoffärt'gen Glücks. Frei von Harm lob' ich mir
[Vers 360] Mein Geschick, so daß es still
G'nüge dem weisen Sinne.
Denn nie bietet der Reichtum
Schutz vor Tod und Vernichtung
Ihm, der frevelnden Fußes nach
[Vers 365] Díke's hohem Altar stieß.

Erste Gegenstrophe.

Gewaltsam treibt zu grauser Unthat
Der Áte Kind, die schnöde Peítho.
Vergeblich alle Hilfe! Nicht verhüllt bleibt,
Ein helles Licht, grausenvoll, strahlt die Schuld.
[Vers 370] Wie falsches Erz, durch Gebrauch
In langer Zeit abgenützt,
Sich schwärzt, so steht er da,
Entlarvt: denn kindisch folgt
Der Thor blindlings dem raschen Vogel
[Vers 375] Und türmt endloses Leid der Stadt auf.
Auf seines Fleh'ns Jammerruf hört kein Gott:
Der das Weh verschuldet, ihn
Stürzt er in Staub, den Frevler.
So vermaß sich auch Paris,
[Vers 380] Der im Hause des Atreus
Frech den gastlichen Tisch entweiht,
Schnöd' entführt die Gemahlin.

Zweite Strophe.

Sie ließ Mykéns Volke kampfrüstiges
Gewühl, Schildesklang, Speergeklirr, Schiffervolk in Rüstung,
[Vers 385] Bringt statt der Mitgift Ilion den Untergang;
So schritt sie flugs die Pforten durch,
Verwegnes wagend. Und es klagten laut
Des Hauses Wahrsager, also rufend:
O Haus, o Haus, wehe dir, weh', Fürsten, euch!
[Vers 390] O bräutlich Bett! Spuren alter Liebe, weh'!
Da steht er stumm, der entehrte, doch er schmäht sie nicht,
Und trauert, daß die Falsche floh.
Wohl scheint's, ersehnt, herrscht als Geist
Noch im Haus, die das Meer entführte.
[Vers 395] Denn liebreizender Bilder
Anmut ist ihm zuwider:
Nun ihr Blick ihm entschwunden, floh
Alle Lust Aphrodíte's.

Zweite Gegenstrophe.

In Traumgestalt schmeicheln Wahnbilder ihm,
[Vers 400] Sein sehnsüchtig Leid weckend, voll nichtig süßen Truges.
Denn wenn du schlummernd Holdes wähnst zu schau'n, entschlüpft
Das eitle Traumgesicht und schwingt
Sich flüchtig unter deiner Hand hinweg
Auf Flügeln, die des Schlafes Bahnen folgen.
[Vers 405] So lagert sich rings um Haus und Herd das Leid,
Und andres droht, bittrer, ungeheurer noch.
Wo Männer aus Achäa mit hinaus geschifft,
Da tönt in jedes Hause,
herzzerschneidend, endloses Leid.
[Vers 410] Vieles rührt bang ans tiefste Leben:
Denn wen einer gesendet,
Weiß er; doch an des Mannes
Statt kehrt heim in jegliches Haus
Nur die Wehr mit der Asche.

Dritte Strophe.

[Vers 415] Der Schlachtengott, der um Gold Leichen tauscht,
Der des Siegs Wage trägt im Lanzenkampf,
Er sendet aus Ilion
Den thränenreich bittern Rest
Heißen Staubs an Mannes Statt
[Vers 420] Heim den Freunden, füllt mit ihm
Schöngeschmückter Urnen Schoß,
Und jammernd rühmt das Volk die Toten,
Den als kampferfahrenen,
Den, daß er ruhmvoll auf der Wahlstatt
[Vers 425] Für des andern Weib gefallen.
Dies erweckt ein leises Murren,
Und im Finstern schleicht der Schmerz,
Grollt den Atridenfürsten.
Aber dort um die Mauern
[Vers 430] Ruh'n in troischen Gräbern
Andre jugendlichschön, und fern
Deckt sie feindliche Erde.

Dritte Gegenstrophe.

Der Bürger zornatmend Wort lastet schwer,
Zahlt die Schuld alten Völkerfluchs zurück.
[Vers 435] In banger Angst harr' ich stets,
Zu hören, was Nacht verhüllt.
Denn der Götter Aug' entflieht
Nimmerdar, wer Blut vergoß.
Wer durch Frevel glücklich ward,
[Vers 440] Den stürzt zuletzt der Eumeníden
Schwarze Schar in Nacht hinab,
Sein Glück zertrümmernd; ohne Macht
Wohnt er im Dunkel – bei den Toten.
In des Ruhmes Übermaß droht
[Vers 445] Die Gefahr: das Auge trifft,
Schmetternd von Zeus, der Blitzstrahl.
Neidlos lob' ich das Glück mir.
Weder Städte zertrümmern
Möcht' ich, noch gefangen mich selbst
[Vers 450] Schau'n im Joche der Knechtschaft.

Schlußgesang.

Des lichten Strahls froher Ruf
Durcheilt die Stadt raschen Laufs:
Ob er Wahrheit meldet auch,
Wer weiß es? Ob's nicht etwa Trug von Göttern ist?
[Vers 455] Wer ist so kindisch oder wahnbethörten Sinns,
Daß durch des Strahls neue Kunde sich sein Herz
Flammend hebt und wechselnd dann
Andre Kund' es niederbeugt?
Wo Frauenmacht waltet, muß man Glückes Gunst
[Vers 460] Preisen, eh' das Glück erscheint.
Gar leicht beschwatzend breitet sich der Frauen Wort
In raschem Flug aus; doch in raschem Tod
Stirbt auch die Sag', ausposaunt von Frauenmund.

Der Chorführer.

Bald wird sich's kundthun, ob die nachtdurchstrahlenden
[Vers 465] Leuchtwarten, ob der Flammensäule wechselnd Licht
Wahrheit verkündet, oder ob der frohe Strahl,
Nach Traumesart erscheinend, uns den Sinn berückt.
Schon naht ein Herold vom Gestade dort heran,
Ölzweig' um Stirn und Schläfe; wirbelnd auch bezeugt
[Vers 470] Des Kotes Zwillingsbruder mir, der durst'ge Staub,
Nicht als ein stummer Bote, nicht auf Bergen Glut
Entflammend bring' er Kunde nur durch Feuerrauch.
Nein, mehr enthüllend, mehrt er uns die Freude noch – –
Das Gegenteil zu sagen, bebt mein Mund zurück.
[Vers 475] Zum Heile, das erschienen, komme neues Heil!
Wer and're Lose dieser Stadt zu wünschen wagt,
Der ernte selbst die Früchte seines Frevelsinns!

(Ein Herold eilt herbei.)

Der Herold.

O trauter Heimat Boden im Argéierland!
In dieses zehnten Jahres Licht begrüß' ich dich,
[Vers 480] An mancher Hoffnung ärmer, nur der einen froh!
Denn nimmer glaubt' ich, daß in Árgos' Lande mir
Dereinst des liebsten Grabes Teil beschieden sei.
Nun sei gegrüßt, Land, sei gegrüßt, o Sonnenlicht.
Und du, des Landes Höchster, Zeus, du, Pýtho's Fürst,
[Vers 485] Der seine Pfeile fürder nicht abschnellt auf uns!
Genug erschienst du feindlich am Skamándros einst.
Nun sei der Retter wieder, sei der Kampfeshort,
O Fürst Apollon! Alle Kampfgottheiten auch
Und Hérmes ruf' ich, meinen Ehrenspender, dich,
[Vers 490] Den teuren Herold, aller Herold' höchsten Preis,
Und euch, Heróen, die das Heer geleiteten,
Empfangt es huldreich wieder, das dem Speer entrann!
Heil euch, o Königshallen, vielgeliebte Burg,
Ihr hehren Throne, Götter ihr am Sonnenstrahl,
[Vers 495] Empfangt mit heit'rem Auge, wenn jemals zuvor,
Auch nun den Herrscher, wie's geziemt, nach langer Frist;
Denn euch und diesen allen Licht in düst'rer Nacht
Zu bringen, kehrt Agamémnon, unser König, heim.
Wohlan begrüßt ihn freundlich; also ziemt es ihm,
[Vers 500] Der Trója's Feste mit Kroníons rächendem
Grabscheit zerstörte, das zermalmend zwang die Flur.
Altäre, Göttersitze sind in Staub gestürzt,
Und alles Landes Same ward hinweggetilgt.
Und nun um Troja's Nacken er ein solches Joch
[Vers 505] Geworfen, Átreus' ält'rer Sohn, nun kehrt er heim
Beglückt, der höchsten Ehre wert vor allen, die
Jetzt leben. Weder Páris ja noch seine Stadt
Mag rühmen, daß die Buße nicht gleichkam der Schuld,
Denn er, des Raubes schuldig und zugleich des Trugs,
[Vers 510] Verfehlte seiner Beute Preis und schmetterte
In Staub vernichtend Ahnenhaus und Ahnenland.
So büßte Príams hoher Stamm zwiefach die Schuld.

Der Chorführer.

Herold von Argos' Heere, Heil und Freude dir!

Der Herold.

Ja, Freude! Will's der Himmel, sterb' ich gerne nun.

Der Chorführer.

[Vers 515] Sehnsucht nach deinem Vaterland wohl quälte dich?

Der Herold.

So daß vor Freude dieses Aug' in Thränen schwimmt.

Der Chorführer.

So süßen Wehes Schauer denn ergriff auch euch?

Der Herold.

Wie so? Belehrt erst, fass' ich deiner Rede Sinn.

Der Chorführer.

Nach uns, die hier euch liebten, zog ein Sehnen euch?

Der Herold.

[Vers 520] Zum Heer, das heimverlangte, wohl verlangte dich's?

Der Chorführer.

Aus düst'rer Herzenstiefe seufzt' ich oft empor.

Der Herold.

Woher umwölkte deinen Geist der finst're Gram?

Der Chorführer.

Längst war das Schweigen alles Harms Heilmittel mir.

Der Herold.

Bangt' euch vor Fremden, weil der Herrscher ferne war?

Der Chorführer.

[Vers 525] Daß uns wie dir nun Sterben hohe Wonne scheint.

Der Herold.

Ja, schön vollbracht ist alles! Zwar in langer Zeit
Mag einer manches nennen, was ihm wohlgefiel,
Und manches, was ihn kränkte. Wen, als Götter nur,
Umlacht ein klarer Himmel all sein Lebenlang?
[Vers 530] Denn zählt' ich unsre Mühen auf in offner See,
Die selt'ne Landung und die Rast auf harter Streu, –
Wo ging ein Tag uns ohne Leid und Seufzen hin?
Was uns zu Land heimsuchte, war noch gräßlicher.
Denn uns're Zelte lagen dicht am Feindeswall.
[Vers 535] Hochher vom Himmel und vom Wiesengrund empor
Durchnäßte Tau uns, der in uns're Kleider sich
Verderbend einsog, unser Haar verwilderte.
Wer dann vom Winter spräche, wie des Ída Schnee
Ihn sandte, jenem starren, vögelmordenden,
[Vers 540] Von Sommersgluten, wann die wellenlose See
Auf stillem Mittagslager hingesunken schlief – –
Wozu die Klage hier? Vorüber schwand die Not,
Vorüber schwand sie denen, die gefallen sind,
Daß ihrer fortan keiner wünscht die Wiederkehr.
[Vers 545] Wozu die Toten zählen, – ich, der Lebende,
Was soll ich jammern um des Mißgeschickes Groll?
Nein, Fahrewohl sei jedem bösen Tag gesagt!
Uns, die von Argos' Heere nachgeblieben sind,
Blüht der Gewinn doch, welchem nicht gleichwiegt das Leid
[Vers 550] Wir, heimgeflogen über Land und Meeresflut,
Wir dürfen laut uns rühmen vor der Sonne Licht:
»Die Troerburg hat endlich Argos' Volk erstürmt,
Und seines Héllas Göttern hier den Siegesraub
In ihren Tempeln aufgehängt zum ew'gen Schmuck.«
[Vers 555] Wer solches hörte, fei're laut des Volkes Glück
Und seine Feldherr'n; und gepriesen sei die Huld
Des Zeus, die das vollendet! Alles weißt du jetzt.