27 Januar 2013
Das Selbstverständnis der Sklavenhalter
Die Pflanzer, Gesetzgeber und Senatoren auf dem Deck ließen sich von den glücklichen Menschenjägern die Einzelheiten der Jagd erzählen, lobten sie und die Bluthunde und wünschten ihnen Glück.
»Diese Niggerhunde«, sagte Senator Mason, »die von der Vorsehung zu Sklaven geschaffen sind, denn sie sind halb Menschen, halb Lastthiere, werden in der Nähe dieses verruchten Quäkerstaats (er deutete auf das linke Ufer des Ohio), den wir gottlob! bald aus dem Gesicht verlieren, zu kühn; es ist die höchste Zeit, daß wir strengere Gesetze gegen die flüchtigen Sklaven, namentlich aber gegen alle schaffen, welche ihnen zur Flucht behülflich sind.«
»Ja«, sagte unser Freund, der Kentuckier Lincoln Hickory, der inmitten der Pflanzer und Baumwollbarone saß, »es müßte bestimmt werden, daß jeder flüchtige Neger bei den Beinen aufgehangen würde, das könnte sie abschrecken. Unsere Sklaven werden auch durch die verdammten Quäker verdorben, näseln schon sämmtlich methodistische Lieder, predigen von Gleichheit vor dem Herrn, wollen ein ehrsames christliches Leben führen, einige können sogar lesen und schreiben und predigen sonntäglich aus der Bibel.«
»Jeder, der seine Nigger unterrichten läßt«, meinte ein Pflanzer, »müßte als ein zur Flucht Helfender angesehen und bestraft werden.«
»Nun, bei uns«, sagte der Inhaber einer Zuckerplantage in Louisiana, » fällt es keinem ein zu dulden, daß seine Nigger lesen und schreiben lernen, nicht einmal Haussklaven.«
»Haben bei uns aber auch einen heillosen Respect vor den Carolinas und Louisiana; jammern und schreien, wenn sie nach unten verkauft werden«, fiel ein Virginier ein.
»Es lebe die Sklavenjagd«, sagte ein prosklaveristisches Congreßmitglied, indem es eine Flasche Champagner entkorkte und mehrere Gläser einschenkte, » Willkommen den Sklavenjägern!«
Der Kapitän war hinzugetreten und sagte: »Die Tigerjagd, pflegte ein ostindischer Offizier meiner Bekanntschaft zu sagen, ist ein herrlicher Zeitvertreib! Zuweilen wendet sich der Tiger aber um und jagt uns, dann ist der Spaß vorbei.«
»Ihr wollt damit doch nicht sagen, daß die Niggerhunde es je wagen würden, sich gegen uns zu wenden?« schrie ein Senator aus Virginien.
»Mit Eurer Erlaubniß, Herr Senator, gerade das wollte ich sagen, nichts mehr, nichts weniger, fahrt nur fort mit Euerm Auspeitschenlassen, mit Euern Sklavenjagden, und die Nigger werden das Beispiel von San-Domingo nachahmen!«
Heinrich Oppermann: Hundert Jahre, 8. Buch, 10. Kapitel
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