30 Juni 2018

Moltke: Unter dem Halbmond - Kleidung, Ramadan,


48. Die orientalische Nacht

Hauptquartier Asbusu bei Malatia, den 2. September 1838
Kleidung
Meine Tracht zu Hause ist ein großer weißer Mantel von dünnem wollenem Zeug, wie er bei den Kurden üblich ist und wie ihn die Malteser-Ritter aus diesen Ländern nach Europa mitgebracht haben. Nichts Zweckmäßigeres und Angenehmeres als diese Tracht; man kann unter dem Mantel anhaben, so viel und so wenig man will, er schützt beim Reiten gegen Sonne wie gegen Regen; nachts dient er als Bettdecke und je nachdem man ihn umhängt, anzieht oder umbindet, ist er Mantel, Kleid, Gürtel oder Turban. Die Konstruktion dieses Gewandes ist die einfachste, nämlich die eines in der Mitte aufgeschlitzten Sackes; dessen ungeachtet drapiert er sehr gut und die irreguläre Reiterei mit solchen Mänteln, bunten Turbanen und langen Flinten sieht wirklich malerisch aus. Die Türken steigen in demselben Anzug zu Pferde, in dem sie schlafen, und brauchen weder Sprungriemen noch Sporen anzulegen. Niemand braucht ein anderes Kleid anzuziehen, weil er zu einem vornehmen Mann geht, ausgenommen die reichen Rajahs, welche sich zu diesem Anlass einen zerlumpten Rock borgen. Hier sieht man überall noch das schöne alte Kostüm; der Turban ist ebenso kleidsam wie zweckmäßig. Je nachdem man sich gegen die Sonne oder den Regen von der einen oder der anderen Seite schützen will, wird der Schal anders gewickelt, mit dem Hut hingegen liefe man beständig Gefahr einen Sonnenstich zu bekommen. Das Beinkleid ist ein oft neun Ellen weiter Sack, der um den Leib zusammengeschnürt wird und an dessen unteren Ecken zwei Löcher sind, aus denen die Füße mit bunt gestrickten Socken hervorkommen; zwei, drei, sechs oder acht Jacken von leichtem Zeug, oft reich gestickt, schützen den Körper nach Maßgabe des Bedürfnisses; ein breiter Gurt oder ein Schal um den Leib nimmt Geldkatze, Tabaksbeutel, Handschar, Messer, Pistolen und Schreibzeug auf; eine Pelzjacke und darüber ein langer Pelz vervollständigen den Anzug, und ein Mantel von Ziegenhaar oder Filz schützt gegen Unwetter und dient als Lager. Jede Bewegung des Mannes in diesem faltenreichen Anzug gibt ihm ein stattliches Ansehen und alle Augenblick sieht man eine Figur, die man zeichnen möchte. [...]

50. Reise nach Iconium – Der Erdschiesch und Cäsarea – Kara-Djehennah – Iconium – Die Kilikischen Pässe – Der Bischof von Tomarse – Der Awscharenfürst 

Malatia, den 3. November 1838 
Am 3. Oktober verließ ich Malatia, begleitet von einem Dragoman, einem türkischen Tschausch, einem Tataren und einem Seïs oder Pferdeknecht mit dem Handpferd. [...]
Konieh liegt gegenwärtig außerhalb der alten Mauer und bildet eigentlich eine weite Vorstadt von einer Stadt, die nicht mehr existiert. Hadschi-Aly, der Gouverneur des ausgedehnten Sandschaks von Konieh, ein Pascha vom alten Schlag, hatte mich sehr freundlich empfanden und mir den Konak des Müsselims zur Wohnung angewiesen, der besser logiert war als Se. Exzellenz in ihrem Seraj aus Lehm; er wünschte, dass ich die Reise nach dem Külek-Boghas in Begleitung Ejub-Paschas, des Zivilgouverneurs der Provinz, machen sollte, und ich musste deshalb ein paar Tage in Konieh verweilen; zum Abschied schickte der alte Herr mir vier Beutel durch seinen armenischen Bankier. [...]
Die beiden Hanns neben der Brücke waren neu aufgebaut und dienten den Arbeitern zur Behausung; die Berge ertönen von der Axt der Holzhauer und dem Sturz der alten Pinienstämme. Aber in dieser Szene der Tätigkeit suchte ich den Urheber vergebens; ich fand meinen Kameraden in einem feuchten Stübchen des Hanns von einem heftigen Fieber geschüttelt. Bei einer so wichtigen Aufgabe war indes keine Zeit, krank zu sein, und noch am selben Tag beritt er mit mir die nächste Umgebung; wir kehrten erst bei dunkler Nacht heim, an den Thermen oder heißen Quellen vorüber, von denen schon Xenophon spricht. Am folgenden Morgen ritt Fischer mit dem Pascha und mir über Tagta-Köpry bis eine Stunde von Akköpry vor, wo die ägyptischen Grenzposten stehen; dann über hohe Berge nach Dschevisly-Hann, wo dieselbe Tätigkeit herrschte wie bei Tschifte-Hann, und tags darauf nach Maaden. Die Kraft des Willens siegte bei Fischer über die Schwäche des Körpers; wenn der Fieberanfall kam, so legte er sich eine Stunde unter einen Baum oder neben einer Fontäne nieder, wir machten ein Feuer aus Reisig und trockenem Gras, kochten einen Tee und setzten dann den Weg, so gut es gehen wollte, fort. In Maaden verließ ich meinen Kameraden und habe leider seit der Zeit noch keine Nachricht von ihm.  [...]
Die vorhandenen Karten von Kleinasien vermögen durchaus keine Vorstellung von der wirklichen Beschaffenheit des Landes zu geben; ich hatte erwartet, von Ekrek aus über lauter hohe Gebirge fortzuziehen, und war nicht wenig überrascht, eine weite Ebene zwischen schneebedeckten Bergen in der Richtung von Westen nach Osten zu finden, eine Öffnung in diesem Hochgebirge, als ob die Natur selbst den Menschen einen Durchgang bahnen wollte. So geht es bis Albistan oder El-bostan fort, einem sehr hübschen Städtchen mit prächtigen Pappeln und Obstbäumen in einer Ebene, die mit zahlreichen Dörfern und Feldern bedeckt ist. Hinter dem Städtchen erhebt sich schroff der schöne Scherr-Dagh, an dessen schwarzen Wänden die weißen Minaretts und Kuppeln sich abzeichnen. Die besonderen Verhältnisse, unter denen ich reise, schließen mir Gegenden auf, die zu durchstreifen jedem Europäer bisher unmöglich war; Gegenden, die man noch heute zum Teil nicht ohne militärische Eskorte durchziehen oder, wie den Karsann-Dagh, nur im Gefolge eines Heeres betreten kann. So günstige Umstände vereinigen sich selten und ich benutze sie gewissenhaft; ich habe jetzt auf mehr als 700 geographischen Meilen dies Land durchkreuzt und von sämtlichen die Wegeaufnahmen gezeichnet. 

51. Der Ramadan – Türkische Reiterkünste 
Malatia, den 8. Dezember 1838 
Wir befinden uns jetzt im Ramadan-scherif, d. h. in der edlen Fastenzeit; solange die Sonne am Himmel ist, dürfen wir weder essen noch trinken, der Geruch einer Blume, eine Prise Tabak, ein Trunk Wasser und, was schlimmer als alles, der Tschibuk sind verboten. Abends um 5 Uhr gehe ich in der Regel zum Kommandierenden, wo die Paschas versammelt sind, jeder mit der Uhr in der Hand; die große Messingscheibe ist schon mit Früchten, eingemachten Oliven, an der Sonne getrocknetem Rindfleisch, Käse, Scherbet usw. besetzt. Jetzt fehlt nur noch eine Minute an 12 (der türkischen Uhr), der Deckel wird von der Suppe aufgehoben und der verführerische Dampf steigert die Ungeduld aufs Höchste; endlich nach einer Minute, die gewiss 160 Sekunden hat, ruft der Imam sein »Lah-illah il Allah!« und mit einem »Bismillah« und »El ham d'illah!« fällt jeder über das, was ihm zunächst steht, her und rächt sich an Hammelfleisch und Pillaw für die lange Entbehrung. Da es unseren Freunden, den Türken, unmöglich ist, zu arbeiten, ohne zu rauchen, so geschehen jetzt alle Geschäfte des Nachts; die Kanzlei ist versammelt, Briefe werden gelesen und spediert, Meldungen angenommen, Geschäfte besprochen. Du kannst dir eine Vorstellung von der Wirtschaft machen, wenn ich dir sage, dass zwei Stunden nach Mitternacht dem Soldaten das zweite Essen verabreicht wird; gegen Morgen geht jedermann zu Bett und hat den folgenden Tag einen verdorbenen Magen und üble Laune. 
(Moltke: Unter dem Halbmond Kapitel 48-51)

28 Juni 2018

Moltke: Unter dem Halbmond - Heerlager, Deserteure

52. Die Winterquartiere

Malatia, den 23. Dezember 1838
Nichts von dem fröhlichen Treiben, das bei uns eine große Truppenversammlung bezeichnet, darfst du hier suchen. Es ist, als ob diese Leute den kriegerischen Geist ihrer Väter ganz abgestreift hätten; vor ein paar Tagen haben wir einen Tschausch erschossen, der sechs Schildwachen von ihrem Posten mitgenommen hat und mit ihnen desertiert ist, die anderen sahen zu und dachten: »Armer Teufel!« Der Pascha zahlt 250 Piaster für jeden eingebrachten Deserteur.
Täglich erblicke ich zwei, drei traurige Gestalten an einem Halfterstrick, die Hände auf den Rücken gebunden, geduldig von irgendeinem Kurden hergetrieben.
Ich habe sie zuweilen gefragt: »Eure Nahrung ist reichlich, eure Wohnung gut, eure Kleidung ist warm, ihr werdet nicht misshandelt, wenig angestrengt, gut bezahlt... Warum desertiert ihr?« – »Ischte beule olmüsch.« – »So ist es gekommen.« – »Ne japalym!« – »Was können wir tun!« Der Mann nimmt seine zweihundert Schläge seufzend hin und desertiert bei der nächsten Gelegenheit wieder. Von dem Regiment Boli sind auf dem Hermarsch dreihundertundvierundsechzig Mann ausgerissen. [...]

53. Reise nach Orfa – Das Dscheridwerfen – Die Höhlen – Das Schloss des Nimrod 
Biradschik, den 27. Januar 1839
Am 19. verließ ich Malatia und war recht froh, dass ich das Städtchen einmal im Rücken hatte. Ich reiste mit eigenen Pferden, da aber der Weg sehr schwierig und mein Tschausch mir eines meiner besten Tiere gleich auf dem ersten Marsch lahm geritten hatte, so schickte ich meinen Seïs zurück und nahm Postpferde. [...]
Nach einem mühsamen Marsch erreichte ich, über Adiaman und Samsat, Orfa am Abend des fünften Tages. Diese Stadt liegt am Abhang eines niedrigen, finster und seltsam aussehenden Gebirges und am Anfang der Tschöll oder Wüste, auf der Grenze der kurdischen und der arabischen Bevölkerung. Innerhalb der Ringmauern erheben sich eine Menge Kuppeln, Minaretts, Zypressen und Platanen, und die aus Steinen sehr zierlich erbauten Häuser mit dünnen Säulen, Spitzbögen und Fontänen erinnern an das, was die Araber einst waren, als sie, durch Mohammeds Lehre begeistert, die Eroberer eines Teils der gesitteten Welt und selbst die Bewahrer der Gesittung, der Wissenschaft und Künste wurden.  [...]
In Orfa stehen jetzt die meisten der Truppen, mit denen ich im Sommer gegen die Kurden gezogen war; hier wurde ich als alter Bekannter empfangen und die Aufnahme, die mir zuteil wurde, macht mir in der Tat viel Freude; Mehmed-Pascha, der Gouverneur von Orfa geworden ist, behielt mich gleich bei sich und hat mir Zimmer im Seraj eingeräumt, welches eine Art Zitadelle bildet; Pferde, Dienerschaft und gute Mahlzeiten, Ehrenbezeugungen und Komplimente, kurz, alles, was man in diesem Land anbieten kann, stehen zu meinem Dienste. [...]

54. Konzentrierung der Taurus-Armee
Malatia, den 5. April 1839
Unser Hauptquartier bricht in acht bis zehn Tagen von hier auf und sämtliche Truppen des Korps vereinen sich in einem Übungslager am Südfuß des Taurus, unweit Samsat. Durch die lange Anwesenheit beträchtlicher Massen sind die Vorräte in den bisherigen Unterkünften aufgezehrt und der Mangel an Fourage macht es nötig, eine wärmere Gegend aufzusuchen, wo die Pferde bereits Grasung vorfinden. [...]
Nach allem, was ich sehe, muss ich glauben, dass man in Konstantinopel ernstlich entschlossen ist, es auf die Waffenentscheidung ankommen zu lassen, und wirklich kann der gegenwärtige Zustand unmöglich noch fortdauern.

55. Reise nach Egin an den Frat 
Malatia, den 8. April 1839 
Ich bin vor ein paar Tagen von einer kleinen Reise zurückgekehrt, die ich diesmal auf eigene Faust und einzig für den Zweck unternommen habe das Terrain zwischen den beiden Armen des Euphrat kennen zu lernen, das noch von keiner Karte auch nur ungefähr richtig dargestellt wird. [...]
Die Sonne schoss glühende Strahlen auf die endlos scheinende Schneefläche, was die Augen, besonders bei der türkischen Kopfbedeckung, schrecklich blendet; ich folgte dem Gebrauch der Tataren, Schießpulver unter die Augen zu schmieren, was eine große Erleichterung gewährt.

 [...] sobald man den schroffen Kamm erreicht hat, erblickt man vor sich wieder das Tal des Frat und tief unten die Stadt Egin; diese Stadt und Amasia sind das Schönste, was ich in Asien gesehen. Amasia ist seltsamer und merkwürdiger, Egin aber großartiger und schöner, die Berge sind hier gewaltiger, der Strom bedeutender. Egin besteht eigentlich aus einer Gruppe aneinander stoßender Dörfer; da alle Häuser mitten in Gärten liegen, die von Nuss- und Maulbeerbäumen, Pappeln und Platanen überschattet sind, so bedeckt die Stadt einen sehr großen Flächenraum.
(Moltke: Unter dem Halbmond, Kapitel 52-55)

25 Juni 2018

Moltke: Unter dem Halbmond - Reise auf dem Euphrat

47. Ritt durch das Gebirge vom Tigris an den Euphrat – Reise auf dem Euphrat durch die Stromschnellen – Asbusu 
Karput, den 20. Juli 1838 
Am 30. Juni saßen wir in dem großen Zelt des Paschas auf roten Samtkissen beim Abendessen, als er plötzlich den Befehl gab aufzubrechen. Herzlich froh war ich, denn unser Lager am Fuß des Karsann-Dagh war höchst unangenehm; die Hitze ist dort furchtbar, wir hatten bis zu 32 Grad Reaumur [entspricht ca. 39 Grad Celsius] im Schatten. Unsere armen Pferde standen vom Morgen bis zum Abend in der Gluthitze der Sonne gefesselt, nur durch ihre dicken Filzdecken geschützt; das Ungeziefer quälte sie schrecklich und ihre ganze Nahrung war das frisch geschnittene Heu, das Wasser wurde in Schläuchen herbeigeholt. Aber uns in den Zelten ging's nicht viel besser; eine Menge Taranteln krochen an der Leinwand herum, die Schlangen suchten Schutz unter ihrem Schatten und zahllose Skorpione hausten zwischen den Steinen. [...]
Gegen Morgen erreichten wir Meja-Farkin, das alte Tigranocerta, den Sitz der einst mächtigen Könige von Armenien. Die Stadt liegt auf der untersten Stufe des Gebirges, aus dem ein reicher Fluss hervortritt und in schönen Windungen durch die Ebene dem Tigris zuzieht; aber das Innere zeigt fast nur Trümmer und die frischen Spuren des Zerstörungskrieges, der die Kurden unlängst mit Mühe unter die Herrschaft der Türken gebracht hat. Diese Eroberung hat tausenden nicht bloß von Bewaffneten, sondern auch von Wehrlosen, von Weibern und Kindern das Leben gekostet, hat tausende von Ortschaften zerstört und den Fleiß vieler Jahre nutzlos gemacht. Es ist betrüblich zu denken, dass sie wahrscheinlich auch diesmal, wie so oft früher, nur vorübergehend sein wird, wenn eine bessere Verwaltung den Kurden nicht ihre Unabhängigkeit ersetzt. [...]
Am nächsten Tag ritten wir durch das Gebirge nach Illidscha, und am 4. abends erreichten wir nach einem Gewaltmarsch Sivan-Maaden, nur die besten Pferde hielten noch neben der trefflichen arabischen Stute des Paschas aus, wohl die Hälfte des Gefolges war zurückgeblieben und die minder guten Tiere erlagen der Anstrengung.  [...]
Indem wir einen der Zuflüsse des Tigris hinaufritten, erreichten wir die hohe Wasserscheide zwischen diesem Fluss und dem Euphrat oder Murad; aber sehr überraschend ist es, wie nahe die Quellen des Ersten an dem Ufer des Letzteren liegen, der dort bereits zu einem mächtigen Strom herangewachsen ist. Die Entfernung beträgt kaum mehr als 1000 oder 1500 Schritt.
Ein sehr solides Floß aus sechzig Häuten wurde zu Palu gebaut, wohl verproviantiert und mit vier rüstigen Ruderern bemannt; ich bestieg es am 10. Juli in Begleitung von zweien meiner Leute und einem Aga des Paschas, alle gut bewaffnet, versah mich mit Bussole und Instrumenten und nahm von Ort zu Ort einen des Flusses kundigen Steuermann mit.
Der Strom, welcher bisher zwischen hohen bewaldeten Bergufern floss und bei Chun zwischen senkrechten prachtvollen Steinwänden über Felstrümmer brauste, tritt von Palu an in eine offenere Gegend und fließt schnell aber eben dahin. Bei Palu setzt eine elende Brücke über den Fluss, die letzte, die ihn überschreitet, und prachtvolle Ruinen einer alten Burg, die man hier den Dschenoves oder Genuesern zuschreibt, ragen hoch auf einem Spitzberg über die Stadt, diese ist rings von Gärten und Baumpflanzungen eingeschlossen.
Nachdem der Strom am Fuße der schönen Gebirgsgruppe des Mostar-Dagh vorübergeeilt ist, bildet die weite köstliche Ebene von Karput das linke Flussufer; der Euphrat aber wendet sich ab von derselben, tritt noch einmal in das hohe Gebirge und erreicht den Südrand jener Ebene auf einem vierzig Meilen weiten Umweg. Einige Klippen im Flussbett verursachen Strudel, die jedoch leicht durchschifft werden, und schnell gleitet man bis zu den Ruinen eines alten Bergschlosses, Perteck-Kalessi, fort, die sich auf einem hohen Felskegel am rechten Ufer erheben. Zwischen kahlen Bergen fuhren wir auf dem hier schiffbaren Strom die Nacht hindurch fort und erreichten gegen Morgen die Stelle, wo der Murad sich mit dem fast ebenso großen Frat vereint, der von Erzerum herunterkommt. Zwei Stunden weiter landeten wir in Kierwan oder Kjeban-Maaden.
Der Euphrat wird dicht unterhalb Kjeban-Maaden von rauen Bergen eingeschlossen; bald aber flacht sich das rechte Ufer mehr und mehr ab, und nachdem der Strom im weiten Bogen den Fuß des eirunden Berges umspült, auf dem die Ruinen einer weit sichtbaren alten Kirche sich erheben, hat man rechts die weite Ebene von Malatia. Erst bei Kymyrhan treten hohe wilde Gebirgsmassen von beiden Seiten zusammen und der Strom fließt von nun an in tiefen schauerlichen Felsenspalten fort. Mit außerordentlicher Schnelligkeit glitt unser Fahrzeug dahin und das Strombett war kaum zur Hälfte so breit, wie es oberhalb gewesen war; bald hörten wir ein fernes Brausen, von welchem die schroffen Felswände widerhallten, und die beschleunigte Schnelligkeit, mit der wir fortschossen, benachrichtigte uns, dass wir in die Nähe der Jelan-Degermeni oder Schlangenmühle gekommen seien.
Vorsichtig legten wir an und beschauten an einer vorspringenden Klippe die Örtlichkeit, ehe wir uns in die Wirbel hineinwagten; diese Stromschnellen liegen stets an solchen Punkten, wo das jähe Bett eines kleinen Gießbachs in den Strom mündet. Aus der Schlucht sind im Laufe der Zeit eine Menge größerer und kleinerer Felstrümmer herabgestürzt; sie haben vor der Mündung des Baches eine Landzunge angesetzt, welche die Breite des Stroms vermindert, und oft sind noch zum Überfluss gewaltige Steinblöcke bis in das Bett selbst gerollt, die bei niederem Wasserstand hervorragen, bei höherem aber von der Flut überspült sind, der sie einen unbesiegbaren Widerstand entgegensetzen. Der reißende Fluss, verengt und aus seiner Richtung geworfen, braust gegen die Unebenheiten an, bildet über denselben eine hohe Wassergarbe und jenseits eine gewaltige schäumende und wirbelnde Strömung, wie wenn du Wasser aus einem breiten Gefäß in eine enge Rinne gießt.
Die weniger schlimmen Stellen, die wir bereits passiert hatten, hatten mir schon einen ungefähren Maßstab von dem gegeben, was ein Kelek oder Floß wie unseres zu leisten vermag. Ich ließ »Bismillah– – »im Namen Gottes« – vom Ufer abstoßen; alsbald erfasste uns der allgemeine Wasserzug und ehe wir uns noch recht besinnen konnten, waren wir schon glücklich durch, obwohl zwar vom Kopf bis zu den Füßen durchnässt, denn von allen Seiten schlugen die Wasserwellen über uns zusammen; bei einer Hitze aber von vielleicht 40 Grad war das nur eine angenehme Erfrischung.
Solche Stromschnellen, wie ich dir eben beschrieben, die meisten aber von geringerer Bedeutung, liegen nun, über dreihundert an der Zahl, eine hinter der anderen, und bilden auf einer Strecke von etwa zwanzig Meilen die cataractae Euphratis[...]

Moltke: Unter dem Halbmond - Kurdenkrieg

43. Belagerung eines Kurdenschlosses
Sayd-Bey Kalessi, den 12. Mai 1838 
Die Expedition Mehmed-Paschas besteht aus drei Bataillonen des ersten und drei des zweiten Linien-Infanterieregiments. Das ganze Kommando war etwa 3000 Mann stark; es ist gegen einen kleinen Kurdenfürsten gerichtet, der schon seit fünf Jahren der Autorität der Pforte trotzt, gewaltsam Steuern eintreibt und viele Grausamkeiten verübt. [...]
Wir bezogen am linken Ufer ein Lager und die Anordnung desselben ist später stets beibehalten worden. Einen unerfreulichen Eindruck machen die Posten, die alle 20 oder 40 Schritt Front gegen das Lager stehen und die ganze Nacht jede Minute »Hasir-ol!« – »Sei bereit!« – rufen. Dessen ungeachtet entfernen sich viele der mit Gewalt rekrutierten Kurden. [...]
So weit es mit einer Arschine, einer Lanze und einer Wasserwaage geschehen kann, habe ich die Höhe gemessen und habe gefunden, dass die Spitze des großen Turms 1363 Fuß über dem Zelt des Paschas in der Wiese liegt. Hinter den Kulissen sieht man anders als vom Balkon. Dies Schloss ist stark durch seine Lage, aber schwach durch seine bauliche Ausführung; es kann auf keine Weise mit den soliden, prächtigen Bauten der Genueser verglichen werden, die Mauern sind dünn, gewölbt war nur das Kornmagazin, eine der Zisternen und die obere Etage des Turms, welcher Sayd-Beys Gemach enthielt. Der Baumeister hatte sich nie träumen lassen, dass Kugeln von den Klippen westlich des Schlosses herkommen würden und hatte die Eingangstür dieses Gemachs dorthin gekehrt. Nun kam aber wirklich eine 3-Okalik-Kugel von jenem Adlerhorst, zerschmetterte den Schlussstein des Gewölbes über der Tür und fuhr in den Spiegel über des Beys Ruhebett. Eine Bombe war in die oben offene Zisterne gefallen, war dort geplatzt und hatte das Wasser untrinkbar gemacht. Unser schwaches Kaliber hatte die Mauer stark genug beschädigt, was nur bei der schlechten Beschaffenheit derselben möglich war. Die Gegenwart eines fränkischen Offiziers hatte übrigens dem Bey ein übles Vorgefühl gegeben; meine unschuldigen Messgeräte, welche er auf allen Höhen, bald vor, bald hinter dem Schloss erblickte, schienen ihm eine Art Zauber, welcher ihn umstrickte, und er würdigte sie einer lebhaften Füsilade. Wir haben diese Details gestern von Sayd-Bey selbst erfahren. Im Schloss fand man sehr reichliche Vorräte an Korn, Gerste, Schlachtvieh und Pferden; Wasser war genügend vorhanden, aber von schlechter Qualität. Es herrschte eine Unreinlichkeit, die der Besatzung verderblich werden musste; der Hof lag überdeckt mit Resten von Lebensmitteln, Lumpen und Tiergerippen, und die Luft war von Gestank erfüllt. Unter dem Tor trat mir ein Kurde entgegen, der seinen verwundeten Bruder trug; der arme Mensch war durchs Bein geschossen und er erzählte mit Tränen in den Augen, dass er sich nun schon den siebenten Tag hinquäle. Ich ließ den Feldscher kommen: »Es ist ja ein Kurde«, sagte dieser zu wiederholten Malen mit stets gesteigerter Stimme, wie man jemandem sagt: »Begreifst du nicht, dass du Unsinn forderst?« [...]
Einer unserer Artilleristen ist schon vor acht Tagen überfahren worden; noch heute weiß niemand, ob das Bein gebrochen, verrenkt oder nur gequetscht ist; der Mensch liegt ganz hilflos in seinem Zelt. Diesen Zustand des Wundarzneiwesens, hoffe ich, wird Hafiz-Pascha beim Seraskier zur Sprache bringen; hier oder nirgends können Franken helfen. Beim Arzt steht auch noch die Sprache im Weg, aber der Wundarzt sieht und hat wenig zu fragen.  [...]

44. Die Berge von Kurdistan 
Sayd-Bey-Kalessi, den 18. Mai 1838 
Sobald man den Tigris überschreitet, erhebt sich ein köstliches Hügelland und steigt allmählich zum hohen Gebirge an, das noch heute mit Schnee bedeckt ist. [...]

Die Kurden
Der Kurde ist fast in allen Stücken das Gegenteil von seinem Nachbarn, dem Araber. Die Araber üben nur die Gewalt, wo sie eben die Stärkeren sind; sie fürchten das Schießgewehr und suchen auf ihren trefflichen Pferden das Weite; sie verschmähen den Ackerbau und die Städte, das Kamel ersetzt ihnen alles und befähigt sie ein Land zu bewohnen, in dem niemand sonst leben kann. Der Kurde hingegen ist Ackerbauer aus Bedürfnis und Krieger aus Neigung; daher die Dörfer und Felder in der Ebene und die Burgen und Schlösser im Gebirge; er kämpft zu Fuß, Mauern und Berge sind sein Schutz und das Gewehr seine Waffe. Der Kurde ist ein vortrefflicher Schütze, das reich ausgelegte damaszierte Gewehr vererbt sich vom Vater auf den Sohn und er kennt es wie seinen ältesten Jugendgefährten. Der Religion nach sind die meisten Kurden dieser Gegend Mohammedaner, nach der persischen Grenze zu aber wohnen viele jakobitische Christen. Es ist der Pforte nie gelungen, in diesen Bergen alle erbliche Familiengewalt so zu Boden zu werfen wie in den übrigen Teilen ihres Reiches.
Die Kurdenfürsten üben eine große Macht über ihre Untertanen; sie befehden sich untereinander, trotzen der Autorität der Pforte, verweigern die Steuern, gestatten keine Truppenaushebung und suchen ihre letzte Zuflucht in den Schlössern, welche sie sich im hohen Gebirge erbaut. Die Expedition Mehmed-Paschas ist glücklich gewesen; fünf Tage nach Eintreffen des Geschützes war der Platz zur Übergabe gezwungen, der Gesundheitszustand der Truppen ist vortrefflich, der Verwundeten sind nur wenige, fast nur unter den verbündeten Kurden, und diese werden nicht gezählt. An der Eroberung einer kleinen Gebirgsfestung, die ohnehin jetzt ein Schutthaufen ist, kann freilich dem Padischah wenig gelegen sein, sie war aber einer der Zentralpunkte des Widerstandes gegen die Pforte.


45. Zug gegen die Kurden

Karsann-Dagh, den 4. Juni 1838
Der Widerstand der Kurden war mit dem Fall Sayds nicht so allgemein beseitigt, wie wir gehofft hatten;[...]
Das Schlimmste ist, wie soll man einen Volkskrieg im Gebirge ohne jene Scheußlichkeiten führen? Unsere Verluste sind nicht unbedeutend. Mehmed-Bey und Mehmed-Pascha traf ich beim Sturm in der vordersten Reihe der Tirailleuren; Letzterem wurde das Pferd erschossen. Den folgenden Tag war Ruhe, dann ging es weiter in die Berge, wo eine unglaubliche Menge Gefangener aller Art eingetrieben worden sind; ich konnte diesem Zug nicht mehr folgen, nur mit meinen letzten Kräften und unter Eskorte des Paschas kam ich hierher in das Lager, welches außerhalb der Berge zurückgelassen ist und wo ich vier Tage recht elend krank gewesen bin. Der Krieg ist aber zu Ende und alles bittet um Gnade. Seitdem ich mit den türkischen Truppen diese freilich unbedeutende Kampagne mitgemacht habe, habe ich einiges Vertrauen gewonnen; wenn sie nur alle so sind wie diese zwei Regimenter. Die Leute gingen prächtig ins Feuer; der Fatalismus in ungeschwächter Kraft und Beutelust sind freilich bei dieser Gelegenheit mächtige Hebel für ihren Mut, denn ihre Gegner sind wohlhabend. Unsere Ausrüstung ist schlecht, aber der Himmel ist milde; den schwierigen Marsch hierher über steinige Gebirgspfade und durch zahllose Bäche und Flüsse machte unsere Brigade barfuß, die elenden Schuhe in der Hand; zum Gefecht wickelt sich der Soldat seine ganze Toilette samt dem Mantel als Gurt um die Hüften, was gar nicht übel ist. Die Gewehre sind schlecht und machen wenig Anspruch auf Treffen; auch zielen die Leute gar nicht. Während man das Dorf stürmte, bemerkte ich einen Tschausch, der mit abgewandtem Gesicht in Gottes blaue Luft hineinfeuerte. » Arkardasch – Kamerad«, sagte ich, »wohin hast du denn eigentlich geschossen?« » Sarar-jok Babam – es schadet nichts, Väterchen –, inschallah vurdu! – Will's Gott, so hat's getroffen«, antwortete er und feuerte rasch noch eins in dieselbe Richtung. Es ist aber auch wahr, dass wir die meisten Verwundeten von unseren eigenen Kugeln hatten, die immer von hinten über uns wegpfiffen.  [...]

46. Türkische Steuererhebung und Konskription – Kurdenkrieg 
Lager zu Karsann-Dagh (in Kurdistan), den 15. Juni 1838 
Ich habe mir Mühe gegeben mich über den Zustand dieses Landes zu unterrichten, das erst seit drei Jahren wieder der türkischen Herrschaft unterworfen ist. Die Kurden klagen über zwei Dinge, über die Besteuerung und die Truppenaushebungen. Die Kurden zahlten früher gar keine Steuern, aber fortwährende Fehden zertraten ihre Saatfelder, zerstörten ihre Dörfer und niemand fand Schutz gegen einen Mächtigen, außer in seiner eigenen Gegenwehr. [...]
Der Pascha hatte nicht gewollt, dass wir diesen Zug mitmachten, und ich gestehe dir, dass es mir ganz recht war. Um diesen Krieg brauchst du uns nicht zu beneiden, er ist voller Scheußlichkeiten. Nebst mehreren tausend Stück Vieh kamen etwa 600 Gefangene an; die Hälfte besteht aus Weibern mit kleinen Kindern: Ein Junge von sechs bis sieben Jahren hatte Schusswunden und die Kugel, die hier neben mir liegt, haben wir ihm herausgezogen, er wird aber wahrscheinlich durchkommen. Auch Frauen sind verwundet, dass es aber Kinder mit Bajonettstichen gibt, wirft ein trauriges Licht auf die ganze Handlung. Gestern Abend um 5 Uhr hatten die Unglücklichen, von Angst und durch den langen Marsch erschöpft, noch keine Krume Brot erhalten; nur mit Mühe schafften wir für die Soldaten selbst das nötige Mehl herbei und nun kommt unerwartet Zuwachs von mehreren hundert  Zuwachs von mehreren hundert Hungrigen, gerade als wir noch einen neuen Transport erwarteten. Ich brachte gestern den ganzen Tscharsi oder Markt an mich, aber was war da zu holen! Sechzig Ocka Rosinen und etwas Käse. Mehl haben die Leute in den Dörfern selbst nicht, denn unsere Pferde und Maulesel haben ihren schönen Weizen aufgezehrt; heute war ich so glücklich, einen Viertelzentner Reis aufzutreiben, von dem ich einen kolossalen Pillaw bereiten ließ. Kinder und Weiber stürzten darüber her, die Männer aßen Baumblätter; glücklicherweise ist heute Mehl angekommen, auch gestern spät hat man noch ein wenig Brot aufgetrieben; die Verpflegung ist jetzt regelmäßig.
Unter solchen Umständen machen einzelne hübsche Züge doppelte Freude. Ein Soldat des zweiten Regiments fand ein Kind von drei oder vier Tagen hinter einem Stein; während die anderen sich mit Beute beladen, trägt er das Würmchen wie eine Amme den weiten halsbrecherischen Weg hierher. Hier angekommen, findet sich, dass das kleine Wesen weder Vater noch Mutter mehr hat; der arme Mensch wusste gar nicht, wie er seinen Fund wieder loswerden sollte; eine Frau nahm sich endlich des Säuglings an und der Soldat ging auch nicht unbelohnt davon.
Man kann über dieses Unglück Hafiz-Pascha keinen Vorwurf machen; nach den Gräueln in Papur hat er nur zu lange gezaudert, weil man ihm Unterwerfung versprach und ihn täuschte. Endlich musste denn doch Gewalt gebraucht werden; und wo man solche Diener hat wie die Baschi-Bosuks, da kann man sich denken, dass viel Böses geschieht, dem kein Einhalt zu tun ist. Wie soll auch überhaupt ein Krieg mit Milde geführt werden, wo Felsen und Dörfer erstürmt werden müssen, auf die sich Weiber und Kinder mit ihrer Habe geflüchtet haben? Da ist solch Unglück unvermeidlich. Wir werden jetzt in wenigen Tagen hier aufbrechen, so viel ich weiß, nach Malatia.


24 Juni 2018

Moltke: Unter dem Halbmond - Reise auf dem Tigris und mit einer Karawane

Dschesireh am Tigris, den 1. Mai 1838
[...]
Reise auf dem Tigris
Man kann nicht bequemer reisen, als wir es taten: Auf weiche Polster hingestreckt, mit Lebensmitteln, Wein, Tee und einem Kohlenbecken versehen, glitten wir schnell und ohne Anstrengung mit der Schnelligkeit einer Extrapost vorwärts. Aber das Element, welches uns beförderte, verfolgte uns in anderer Gestalt; der Regen strömte seit unserer Abreise von Diarbekir unaufhörlich vom Himmel, unsere Schirme schützten uns nicht mehr und Kleider, Mäntel und Teppiche waren durchweicht. Am Osterfeiertag, als wir Dschesireh verließen, war die Sonne hervorgebrochen und durchwärmte unsere erstarrten Glieder; nun liegen aber eine halbe Stunde unterhalb der Stadt die Trümmer einer zweiten Brücke über den Tigris und ein Pfeiler derselben verursacht bei hohem Wasserstand einen gewaltigen Strudel; alle Anstrengung der Ruderer half nichts, unwiderstehlich zog diese Charybdis unsere kleine Arche an sich, wie ein Pfeil schoss sie in den tiefen Schlund hinab und eine hohe Welle ging über unsere Köpfe hinweg. Das Wasser war eisig kalt, und als das Fahrzeug im nächsten Augenblick, ohne umzuschlagen, schon harmlos weitertanzte, konnten wir das Lachen über die trübselige Gestalt nicht zurückhalten, die jeder von uns zur Schau trug. Das Kohlenbecken war über Bord gegangen, ein Stiefel schwamm neben uns her, und jeder fischte noch eine Kleinigkeit im Strom. Wir landeten auf einem Eiland und da unsere Mantelsäcke ebenso durchnässe waren wie wir selbst, so blieb nichts übrig, als uns auszuziehen und die gesamte Toilette, so gut es gehen wollte, an der Sonne zu trocknen. In geringer Entfernung, auf einer anderen Sandbank, saß ein Schwarm Pelikane, die, als wollten sie uns verhöhnen, ebenfalls ihr weißes Gewand sonnten; plötzlich merkten wir, dass unser Floß sich losgemacht und auf und davon schwamm, der eine Aga stürzte sich sogleich ins Wasser und erreichte es noch glücklich, sonst wären wir im Naturzustand auf der wüsten Insel zurückgeblieben. Nachdem wir uns notdürftig getrocknet hatten, setzten wir unsere Reise fort, aber neue Regengüsse machten die Arbeit unnütz; die Nacht war so finster, dass wir aus Besorgnis, in neue Strudel zu geraten, anlegen mussten. Trotz der empfindlichsten Kälte und durchnässt bis auf die Haut, wagten wir nicht, ein Feuer anzuzünden, weil wir sonst die Araber herbeigelockt hätten; wir zogen unser Floß in aller Stille unter einen Weidenbaum und warteten sehnsüchtig, dass die Sonne hinter dem persischen Grenzgebirge emporsteigen möchte uns zu erwärmen. [...]
An den Trümmern des sogenannten alten Mossul schifften wir vorüber und entdeckten gegen Abend die Minaretts von Mossul; dies ist der östlichste Punkt, den ich erreicht habe, und meine türkischen Begleiter mussten, als sie ihr Abendgebet verrichteten, sich gegen Westen wenden. Mossul ist die große Zwischenstation der Karawanen auf dem Weg von Bagdad nach Aleppo; eine Oase mitten in der Wüste, muss die Stadt stets auf ihrer Hut gegen die Araber sein; die Mauern, welche sie rings umschließen, sind schwach, aber hoch und genügen vollkommen gegen die unregelmäßigen Reiterhaufen der Beduinen; das Tor Bab-el-ämadi, das in den Kreuzzügen schon erwähnt wird, steht noch heute, ist aber zugemauert; die Wohnungen sind meist aus Luftziegeln und einer Art Kalk erbaut, der in wenigen Augenblicken erhärtet. Nach altmorgenländischer Sitte legt man hier einen hohen Wert auf die Schönheit und Größe des Tors (Bab), bei jeder Wohnung siehst du gewölbte Portale aus Marmor (der dicht vor der Stadt gebrochen wird) vor Häusern und Lehmhütten, die mit ihrem Dach kaum bis an die Spitze des Bogens reichen. [...]

Die Araber 
Kein Volk vielleicht hat Charakter, Sitte, Gebräuche und Sprache so unverändert durch Jahrtausende und durch die allerverschiedensten Weltverhältnisse bewahrt wie die Araber. Als unstete Hirten und Jäger streiften sie in wenig gekannten Einöden umher, während Ägypten und Assyrien, Griechenland und Persien, Rom und Byzanz entstanden und verfielen. Aber durch einen Gedanken begeistert schwangen sich eben diese Hirten plötzlich empor und machten sich auf lange Zeit zu Beherrschern des schönsten Teils der alten Welt und zu Trägern der dama 154ligen Gesittung und Wissenschaft. Hundert Jahre nach dem Tod des Propheten geboten seine ersten Anhänger, die Sarazenen, vom Himalaja bis zu den Pyrenäen, vom Indus bis zum Atlantischen Meer. Aber das Christentum, die höhere geistige und materielle Vervollkommnung, welche es hervorrief, und die Unduldsamkeit selbst, die seine erhabene Moral hätte ausschließen sollen, trieben die Araber aus Europa; die rohe Gewalt der Türken verdrängte ihre Herrschaft im Orient und die Kinder Ismaels sahen sich zum zweiten Mal hinausgewiesen in die Wüste.  [...]
Während fünf Tagen durchzogen wir die Wüste des nördlichen Mesopotamien, ohne irgendeine menschliche Wohnung zu erblicken. Du musst dir diese Wüste nicht als eine Sandscholle, sondern wie eine unabsehbare grüne Fläche denken, welche nur hin und wieder sanfte Terrainwellen zeigt; die Araber nennen sie »Bahr«, das Meer, und die Karawanen steuern in schnurgerader Linie vorwärts, indem sie sich nach künstlichen Hügeln richten, welche wie große Hünengräber sich über die Fläche erheben. Diese Hügel zeigen an, dass hier früher ein Dorf stand und folglich ein Brunnen oder eine Quelle sich befinde; aber die Hügel liegen oft sechs, zehn bis zwölf Stunden auseinander, die Dörfer sind verschwunden, die Brunnen trocken und die Bäche bittersalzig. Noch einige Wochen später, und diese grüne Ebene, welche jetzt ein reichlicher Tau nährt, ist nichts als eine von der Sonne versengte Einöde; das üppige Gras, das uns jetzt bis an die Steigbügel reicht, ist dann verdorrt und jedes Wasser versiegt. Dann kann man nur auf einem weiten Umweg dem Ufer des Tigris in der Nähe folgen; nur die Schiffe der Wüste, die Kamele, durchschneiden dann noch die Fläche.

Karawane
Sobald die Karawane das Nachtquartier erreicht, sprengt der Kjerwan-Baschi voraus und bezeichnet die Stelle des Lagers. Je nachdem sie ankommen, werden die Lasttiere abgeladen und die großen Säcke zu einer Art Burg oder Schanze in ein Viereck gestellt, innerhalb dessen jeder sein Lager bereitet. Unser Zelt, das einzige der Karawane, stand außerhalb und wurde mit einer besonderen Wache vom Baschi-Bosuks versehen. Die Kamele und Maulesel werden nun ganz frei in das hohe Gras getrieben und suchen sich das Wasser selbst auf, die Pferde aber stehen gefesselt an den Füßen: Ein Strick aus Ziegenhaar vereint mittels zweier wattierter Schleifen den rechten Vorder- und Hinterfuß und wird rückwärts mittels eines Pflocks an der Erde befestigt. Sobald aber die Dämmerung eintritt, werden die Kamele, die sich oft eine halbe Stunde weit zerstreuen, versammelt. Die Führer rufen ihnen mit lauter Stimme zu, jedes kennt das »Poah! Poah!« seines Herrn und kommt folgsam herbei. Innerhalb des Vierecks werden sie aufgestellt; der kleinste Knabe regiert das große, kräftige, aber durchaus harmlose und wehrlose Geschöpf; er ruft: »Krr! Krr!«, und die gewaltigen Tiere werfen sich geduldig auf die Vorderknie, dann falten sie die langen Hinterbeine, und nach allerlei seltsamen schaukelnden Bewegungen liegen sie in Reihen, eins neben dem anderen, am Boden, den langen Hals rings umher bewegend und sich umsehend. Mir ist immer die Ähnlichkeit des Kamelhalses mit dem des Straußes aufgefallen und die Türken nennen diesen Deve-Kusch, »Kamel-Vogel«. Eine dünne Schnur wird dem liegenden Kamel um das gebogene Knie gebunden; wenn es sich erhebt, muss es auf drei Beinen stehen und kann nicht fort. Wenn am Morgen das Tier beladen werden soll, so legt es sich schnarrend und mit kläglichem Gestöhn und Seufzern nieder, um seine Last aufzunehmen, und setzt die Wanderung fort. [...] (Kapitel 42)

Moltke: Unter dem Halbmond - Reise durch Rumelien, Bulgarien und die Dobrudscha

31. Der Turm von Galata 
Bujukdere, den 14. September 1837 
Zu meiner großen Freude trafen am 28. August drei meiner Kameraden, die Hauptleute Baron von Vincke und Fischer vom Generalstab und von Mühlbuch vom Ingenieurkorps in Konstantinopel ein. Das Dampfschiff wurde aus Triest erwartet und ich bestieg einmal über das andere den gewaltigen runden Turm von Galata, von dem ich über das Gewimmel des Hafens, über Konstantinopel und die Bogen des Valens fort in den flimmernden Propontis hinausspähte. [...]

32.  Reise durch Rumelien, Bulgarien und die Dobrudscha  – Der Trajanswall
Varna, den 2. November 1837 
Nach kurzem Aufenthalt in Bujukdere wurden meine Kameraden und ich dem Großherrn vorgestellt, der uns zu Beglerbey sehr gnädig empfing; bald darauf erhielten wir den Befehl zu einer Reise zur Donau. Bei uns würde man sich auf die Schnellpost setzen und wäre in zwei bis drei Tagen da; hier macht das etwas mehr Umstände; unser Gefolge bildet eine kleine Karawane von einigen vierzig Pferden und als wir über die Brücke von Konstantinopel ritten, sah der Zug ganz stattlich aus: Voraus eilte ein Tatar in seinem roten Anzug mit Pistolen und Handschar, der die Quartiere macht und die Pferde auf den nächsten Posten zusammentreibt; zwei andere Tataren schließen den Zug, um alles zu überblicken und die Nachzügler vorwärts zu treiben. Die militärische Bedeckung bilden drei Kawassen oder Gendarmen; außer ihnen folgen zwei armenische Dolmetscher, zwei griechische Bediente, ein Koch, drei türkische Offiziere, vierzehn Packpferde, vier oder fünf Surudschi oder Pferdejungen und ein paar Reservepferde. [...]
In diese öde Gegenwart ragen die Trümmer einer fast zweitausendjährigen Vergangenheit hinein. Auch hier sind es die Römer, die ihren Namen mit unverlöschlichen Zügen dem Erdboden eingegraben haben. Der doppelte, an einigen Stellen dreifache Wall, den Kaiser Trajan von Czernawoda an der Donau hinter der Seereihe von Karasu weg, nach Küstendsche, dem alten Constantiana, am Schwarzen Meer zog, ist überall noch 8 bis 10 Fuß hoch erhalten.

33. Altertümer in Konstantinopel – Die St. Sophia – Der Hippodrom – Das Forum Constantinum – Säulen und Kirchen – Die Stadtmauer 
Konstantinopel, den 28. Dezember 1837
Solche Fluten von Verheerungen sind über Konstantinopel zusammengeschlagen, dass fast jede Spur ihres Altertums verwischt worden ist. Dennoch ragen einige Denkmäler aus der Vorzeit und ich will dich an ihnen vorüberführen. Die meisten Erinnerungen haften an dem Tempel, den Konstantin der göttlichen Weisheit errichtete, und dessen Kalkwände und Bleikuppeln, durch vier riesenhafte Strebepfeiler gestützt, sich noch heute hoch über den letzten Hügel, zwischen dem Propontis und dem Goldenen Horn erheben. Dort steht noch immer die alte Sophia, wie eine ehrwürdige Matrone im weißen Gewand mit grauem Haupt auf ihre mächtigen Krücken gestützt und schaut über das nahe Gedränge der Gegenwart weit hinaus über Land und Meer in die Ferne. Feuersbrünste und Belagerungen, Aufruhr, Bürgerkrieg und fanatische Zerstörungswut, Erdbeben, Stürme und Ungewitter haben ihre Macht gegen diese Mauern gebrochen, welche christliche, heidnische und mohammedanische Kaiser unter ihre Wölbung aufnahm.
[...] obwohl fast alle Reiseschriftsteller über den Anblick der Aya Sophia in Bewunderung ausbrechen, so will ich dir nur gestehen, dass sie auf mich weder den Eindruck eines großen noch eines schönen Bauwerks gemacht hat, bis ich hineintrat. Die Sophia ist darin das Gegenteil der türkischen Moscheen überhaupt, welche von außen gesehen durch ihre geschmackvolle Bauart überraschen, deren Inneres aber keinen Ehrfurcht erweckenden Eindruck macht. Sie entbehrt eine der größten Zierden jener Moscheen, des Vorhofes, und man findet nirgends einen günstigen Punkt, um sie zu beschauen. Aber wenn man durch den Nartek oder Portikus, unter welchem die Büßenden zurückblieben, unter die weite Hauptkuppel tritt und einen Raum von 115 Fuß im Durchmesser ganz frei, ohne Säulen und Stützen vor sich sieht, über dem 180 Fuß hoch eine steinerne Wölbung in der Luft zu schweben scheint, dann staunt man über die Kühnheit des Gedankens, über die Größe der Ausführung eines solchen Baues. Die breiten Hauptkuppeln an den Seiten enthalten zwei geräumige Tribünen, getragen durch die acht Riesensäulen, die Konstantin aus Ephesus, Athen und Rom zusammenbrachte. Die Tempel Europas, Asiens und Afrikas wurden geplündert, um diese christliche Kirche zu schmücken, und du findest auf der zweiten Tribüne einen Wald von Säulen aus Porphyr, Gallo antico, Granit, Jaspis und Marmor.

34. Reise nach Samsun – Die Häfen des Schwarzen Meeres – Dampfschifffahrt 
Tokat in Asien, den 8. März 1838
Kaum finde ich Zeit, dir einige Zeilen zu schreiben, so schnell geht unsere Reise vorwärts; heute erst machen wir einen halben Tag Halt und ich setze mich sogleich neben ein loderndes Kaminfeuer, schichte eine Menge Sofakissen übereinander, um ein hier unbekanntes Möbel, einen Tisch zu konstruieren, und fange an meine Reiseschicksale zu erzählen; aber da kommt alle Augenblick ein Besuch, ein Oberst aus Konstantinopel, der mein alter Reisegefährte in Rumelien war und jetzt Kommandeur der Landwehr ist, ein Imam, ein Jude mit alten Münzen usw. [...]
Der Anblick von Samsum ist höchst angenehm; ein altes genuesisches Kastell, mehrere gut gebaute türkische Konaks, einige steinerne Moscheen und Hanns zeichnen sich schon in der Ferne ab. Das ganze Städtchen ist von einem Olivenwäldchen umgeben, welches das Bergamphitheater bekleidet und aus dem freundliche Kiosks und Gartenhäuser hervorblicken; die Gipfel der Hügel krönt ein griechisches Dorf und dahinter ragen Waldkuppen, die ihre 3000 Fuß Höhe haben mögen. Ich benutzte den Abend, um einen Plan dieses Orts, des Hafens und der Umgebungen aufzunehmen, und es kam mir wirklich seltsam genug vor, in Pontus, im Lande Mithridats, meinen englischen Patentmesstisch aufzustellen. [...]
Es hat sich so getroffen, dass ich nun fast alle Häfen des Schwarzen Meeres von der Mündung der Donau bis zum Kisil-Irmak genauer kennen gelernt habe; sie sind alle schlecht. Das schon von alters her so verrufene Schwarze Meer ist weder stürmischer noch so oft mit Nebel bedeckt wie unsere Ostsee und Untiefen und Klippen, wie jene, hat es gar nicht; die große Gefahr besteht hauptsächlich in dem Mangel an geschützten Reeden und gesicherten Häfen. Der ostindische Handel nahm früher seinen Weg durch die Levante. Die Genueser waren Herren aller Hafenplätze an der kleinasiatischen Küste, wie an so vielen anderen Punkten des Osmanischen Reiches. Überall haben sie dauernde Spuren ihrer Herrschaft hinterlassen; ihre Anlagen zeichnen sich durch Solidität und Tüchtigkeit aus; ihre alten Schlösser stehen noch jetzt und verspotten durch ihr Profil die späteren türkischen Anlagen. Persische Kaufleute besuchten auch früher schon die Leipziger Messe, von wo sie Fabrikwaren und Pelzwerk holten. Die Reise dauerte gewöhnlich fünfzehn Monate und war zahllosen Gefahren und Beschwerden ausgesetzt. Heute geht derselbe Handelsmann von Trapezunt mit den Dampfschiffen in vierunddreißig Tagen über Konstantinopel und Wien nach Leipzig und kehrt in zwanzig Tagen zurück. [...]
35. Amasia –Die Felsenkammern 
Sivas, den 10. März 1838 
Unser erster Marsch von Samsun betrug vierzehn Stunden; es gab mehrere Höhen und Täler zu überschreiten, die von Schnee eben erst entblößt, doppelt mühsam zu passieren waren; auch kamen wir spät in der Dunkelheit und von Regen durchnässe in Ladika an. Dieser Ort hat, wie wir am folgenden Morgen von den hohen schneebedeckten Bergen sahen, eine schöne Lage; wir stiegen nach einigen Stunden in ein breites angebautes Tal hinab, dessen Wände sich immer mehr näherten, bis sie dicht zusammentrafen und eine tiefe enge Schlucht bildeten. Schroff und fast ganz ohne Vegetation erhoben sich wohl 100 Fuß die Felslehnen zu beiden Seiten, während die enge Sohle des Tals zwei Stunden weit einen fortlaufenden Garten bildete, bedeckt mit Häusern und Maulbeerpflanzungen. In dem Augenblick, als wir über eine kleine Anhöhe hervortraten, entfaltete sich plötzlich der eigentümlichste und schönste Anblick, den ich je gesehen – die uralte Stadt Amasia. Der Zusammenfluss zweier beträchtlicher Gebirgswasser aus ganz entgegengesetzten Richtungen, welche dann vereint nordostwärts abfließen, bildet einen tiefen Gebirgskessel, in den Kuppeln, Minaretts und Wohnungen von 20 000 bis 30 000 Menschen zusammengedrängt sind. Schöne Gärten und Maulbeerplantagen, die der rauschende Strom durchteilt, sind ringsum von hohen Felswänden umschlossen, und rechts auf einer hervorragenden Klippe thront ein uraltes, seltsam gestaltetes Kastell. Was aber den befremdendsten Eindruck hervorbringt, sind die wunderbaren Felsenkammern, die in den senkrechten Steinwänden eingemeißelt sind; lange betrachtete ich diese kolossalen Nischen, Gänge und Treppen, ohne mir eine Vorstellung davon machen zu können, was der Zweck einer so mühevollen, vieljährigen Arbeit sein könne. Fünf große Felsenkammern befinden sich nahe aneinander und sind durch Galerien und Treppen verbunden, die mit ihren Balustraden in die Felswand eingehauen sind. Wahrscheinlich waren es Gräber der Könige von Pontus. Obwohl über 2000 Jahre alt, sind die Linien so scharf erhalten, als wenn sie eben fertig geworden. Der Anblick von der Zitadelle herab ist prachtvoll; es war eben Beiram, der größte Feiertag der Türken. Überall war Leben und sämtliche Frauen, in ihren grellen bunten Gewändern, kamen aus den Bädern. Von der Zitadelle wurde mit Böllern geschossen, die in den Tälern prächtig widerhallten, auch wir feuerten unsere Pistolen ab, um nach Kräften zu dieser Feierlichkeit beizutragen. [...]

36. Tokat – Siwas
Siwas, den 11. März 1838 Der Pascha dieses Orts ist gestern mit achtzig Pferden von hier fortgezogen, sodass die Post keine mehr hat und wir genötigt sind einen Ruhetag zu machen; ich fahre daher in meiner Erzählung fort. Die acht Wegstunden nach Tokat machten wir am 8. im weiten Tal des Tusanly, fast im beständigen Galopp; Tokat liegt in einer Schlucht, die aus hohen Bergen hervortritt. Eine scharfe Klippenwand schneidet beide Täler voneinander ab und auf dem letzten schroffen Gipfel ist kühn ein altes Schloss erbaut und durch einen unterirdischen Gang mit der Stadt verbunden; diese ist von bedeutender Größe und kann 30 000 bis 40 000 Einwohner haben. Sie liegt schön, aber doch nicht so schön wie Amasia.  [...]

38. Der Euphrat – Kieban-Maaden 
Kieban-Maaden am Euphrat, den 16. März 1838
Durch die einförmige Schnee-Einöde ging es am 14. fort bis Hassan-Tscheleby; die Häuser dieses Dorfes sind mit flachen Erdterrassen eingedeckt und liegen mit dem Rücken gegen eine Anhöhe, sodass, wenn man von dieser Seite kommt, man sie fast gar nicht gewahr wird. So geschah es mir, dass ich auf das Dach eines Hauses hinaufritt und beinahe durch den Rauchfang in den Salon der unterirdischen Familie gefallen wäre. Ich war sehr bestürzt über diesen Vorfall, als wir aber nach dem Frühstück weiterritten, ging die ganze Karawane über die gesamten Dächer der Ortschaft im fröhlichen Trabe fort. Je langweiliger die Gegend, je mühsamer der Weg bisher gewesen, umso erfreulicher war es jetzt, im raschen Galopp durch ein tiefes Felstal längs eines schäumenden Gebirgsbachs hinzueilen; das Wetter war sehr frisch, aber heiter, die Luft hatte schon die schöne blaue Farbe der italienischen Landschaft und die Felsen von rötlichem und blauem Gestein mit schroffen kühnen Abhängen waren malerisch schön. Im Hintergrund erhoben sich zu beiden Seiten mächtige Berge mit Schnee hoch überlagert, von der Abendsonne purpurn gemalt. So aus der Ferne sah der Schnee wundervoll aus, wir waren aber herzlich froh, ihn von unserem Wege vorerst los zu sein; die Nacht brachten wir in Hekimhann zu, eine Palanka oder Festung; der Hof des Hanns nämlich ist von einer Mauer umschlossen und enthält einige Dutzend Hütten, eine Moschee und ein Bad.  [...] Der alte Herr trank aus Gefälligkeit eine Flasche Xeres mit mir aus; nur darüber war er erstaunt, dass ich mit dem Degen äße, so nannte er meine Gabel. [...]

Das Städtchen Kleban-Maaden wird erst jetzt unten sichtbar; es liegt am Fuß einer schmalen Reihe von zackigen Bergen, die den Fluss zu einer weiten Windung nötigen. In seltsam geformten Booten setzten wir über; das Städtchen ist ganz gut gebaut und lebt von dem Ertrag der Silberminen, die sich in dieser schroffen Bergwand finden. Eine Stunde oberhalb fließen die beiden Wasser, der Murad vom Ararat kommend und der eigentliche Frat von Erzerum her, zusammen und bilden nun einen auch im Sommer nicht mehr zu durchwatenden Strom, der hier etwa 120 Schritt breit und überaus reißend ist. Sobald die Fähre in die Mitte des Flusses kam, glitt sie, mit Menschen und Pferden angefüllt, pfeilschnell abwärts und es schien, als ob sie unmöglich das andere Ufer erreichen könne, aber ein Gegenstrom erfasst sie bald und führt sie genau an die Landestelle. Zur größten Freude unseres Effendis gab's keine Pferde auf der Post. Der Pascha gibt uns morgen dreißig von seinen eigenen. Wir benutzten den Aufenthalt uns hier umzusehen und ins Bad zu gehen, denn ein verdächtiges Jucken erinnerte uns daran, dass wir in Asien reisten, und ich benutzte die Ruhe, um diese Zeilen auf meinem Knie niederzuschreiben.

39. Ankunft im Hauptquartier der Taurus-Armee Messre
bei Karput, den 19. März 1838 
Von Kleban-Maaden stiegen wir durch ein tiefes Gebirgstal drei Stunden aufwärts und erreichten dann ein flaches, aber hohes Hügelland, auf dem einzelne Kurdendörfer zerstreut liegen. [...]
Wir hielten eine halbe Stunde vor der Stadt in dem Dorf Messre an, wo das Hauptquartier sich gegenwärtig befindet. Ein weitläufiges Gebäude aus Lehm mit flachem Dach, wie ich es eben beschrieben, war die Wohnung des kommandierenden Generals; eine kleine Wache und zahlreiche Dienerschaft, Kawassen, Tataren, Seymen und Hausoffizianten füllten den Hof. Ich fand den Pascha in einem hohen, mit Balken eingedeckten Zimmer, dessen Fußboden und Diwan mit grauem Tuch überzogen und dessen Fenster mit Papier verklebt waren. An den Wänden hingen Waffen und auf den Sofas lagen eine Menge von Briefen in Stückchen Musselin eingewickelt und mit rotem Wachs versiegelt; Tische, Stühle, Kommoden, Spiegel, Gardinen oder anderes Gerät, welches wir für unentbehrlich halten, war so wenig hier wie in anderen türkischen Gemächern vorhanden; dagegen stand eine große Zahl von Dienern und Offizieren mit vor den Leib verschränkten Armen ehrerbietig schweigend da. Der Pascha saß mit untergeschlagenen Beinen auf einer Tigerhaut an der Erde; er war in einen blauen Mantelkragen mit Zobelbesatz gekleidet, den Fes auf dem Kopf. Se. Exzellenz empfingen uns mit einer leichten Bewegung des Kopfes, winkten uns niederzusitzen und sagten nach einer Pause, dass wir willkommen seien. Hafiz-Pascha ist ein geborener Tscherkesse und wurde für das Serail des Großherrn gekauft, er hat daher eine bessere Bildung erhalten als die meisten seiner Kollegen; er liest und schreibt, kennt etwas von der persischen und arabischen Sprache, hat einige Kenntnisse und viel Interesse für die ältere Geschichte des Landes; er begleitete die Gesandtschaft, die vor fünf Jahren nach Russland ging; in Skodra in Albanien leistete er einen dreizehnmonatigen Widerstand gegen die ihn belagernden Arnauten und als Reschid-Pascha in Diarbekir starb, gab der Großherr ihm das Kommando über die damals mit den Kurden im Krieg begriffene Armee, deren Hauptauftrag jedoch die Beobachtung der ägyptisch-syrischen Armee war. Anders als die meisten seiner Kollegen ist der Pascha blass und mager; der Fes, den er zuweilen zurückschiebt, bedeckt eine hohe, tief gefurchte Stirn. Wenige Wochen, bevor wir ankamen, hatte er eine Tochter und einen Sohn verloren. Obgleich gewiss nicht unempfindlich, beachtete er doch die ruhige, gelassene Haltung, die überall, aber besonders hier, einen Mann von Stande bezeichnet. Nach einigen Fragen über unsere Reise und nachdem wir Kaffee getrunken hatten, waren wir entlassen. Der Diwan-Effendi, unser Begleiter, blieb aber zurück, um seine Briefe und mündlichen Aufträge mitzuteilen. Man führte uns in ein großes Zimmer, ganz dem des Paschas ähnlich; obgleich noch niemand eigentlich wusste, was aus uns zu machen sei, empfingen uns die Leute doch freundlich; der Pascha schickte Betten aus seinem Harem und wir ruhten von den Beschwerden der Reise bis spät den folgenden Morgen. Wir waren noch nicht lange wach, als man vier prächtige arabische Hengste in den Hof führte; ein Geschenk des Paschas für uns.  [...]
In Is-oglu überschritten wir den Strom und kamen mittags nach Malatia, einer bedeutenden Stadt von 5000 aus Lehm erbauten Häusern, mit Terrassen statt Dächern; selbst die Kuppeln der Moscheen und Bäder sind mit Lehm überzogen, alle Höfe mit Lehmmauern umgeben und die ganze Stadt von derselben umformen grauen Farbe. Die Erfindung der Fensterscheiben ist für diesen Teil des Erdballs noch nicht gemacht.  [...]
Am 26. waren wir genötigt, Maulesel zu besteigen; die Tiere gehen sehr gut, nur muss man ihnen gestatten am äußersten Rand der Abgründe zu spazieren und sie nicht mit Zügel oder Sporen inkommodieren. Wir erkletterten an einer sehr steilen Berglehne den Kamm des Taurus und über ein Geröll von Steinen hinunter, welches in der Tat halsbrecherisch genug aussah. In einer wundervoll wilden Felsschlucht klebt an einer Berglehne das Dörfchen Erkeneh, tief unten schäumt ein Bach von Klippe zu Klippe und die schwarzen Felswände scheinen jedes Hinabsteigen unmöglich zu machen. Im Dorf Belveren bildet ein flacher Rücken die Wasserscheide zwischen den Zuflüssen des Arabischen und denen des Mittelländischen Meeres.
Gestern hatten wir einen mühsamen Ritt über hohe Gebirge, es schneite und regnete; als wir aber abends in das weite, prachtvolle Tal von Marasch hinabstiegen, änderte sich die Szene: Die Weide sprosste ihre ersten Blätter, das saftigste Grün färbte die breiten Felder und Wiesenflächen, in welchen sich zwei silberne Flüsse schlängeln, und Allahs goldene Sonne funkelte über der Stadt, während dicke schwere Wolken an den Schneegipfeln des Giaur-Gebirges hingen.
Heute war Ruhetag nach fünfundsechzig Stunden Ritt. Schon gestern Abend, durchnässt und halb erstarrt an dem südlichsten Punkte, den ich je erreicht, erquickte ich mich im heißen türkischen Bade; heute ordnete ich meine Papiere, ritt mit dem Pascha, der mir seine Rediff-Bataillone zeigte, und schreibe dir dies im Hofe eines armenischen Bankiers an einer sprudelnden Fontäne unter blühenden Mandelbäumen. (Kapitel 40)
41. Das turkmenische Lager – Der mittlere Lauf des Euphrats – Rumkaleh – Biradschik – Orfa 
Orfa, den 6. April 1838 [...]
Nach mehrstündigem Ritt über grüne Reisfelder und flache Hügel und nachdem wir den Fluss Akdere durchfurtet, sahen wir uns zwischen einer Menge von Zelten, die in kleine Dorfschaften an den Berglehnen und auf der Ebene gruppiert waren. Wir hatten einige Mühe die Residenz des Kurdenfürsten zu finden, und endlich entdeckten wir in einem kleinen Tal ein Zelt, das wohl 100 Fuß lang und halb so breit war. Der Aga, ein Greis mit schönem grauen Bart, von ehrwürdigem Aussehen, aber in ganz einfacher Tracht, empfing mich am Eingang. Das Innere des Zeltes (wie alle übrigen aus schwarzem Ziegenhaar) war durch niedrige Schilfwände in mehrere Gemächer abgeteilt, in denen die Fremden, die Frauen, die Pferde, Kamele, Kühe, Ziegen, jedes seinen Platz fand; ein mächtiges Feuer brannte in der Mitte. Die Kurden halten sich immer in der Nähe des Waldes auf, sonst wäre es auch fast unmöglich, im Winter, der mindestens ebenso streng und länger als der unsrige ist, in einer solchen Wohnung auszuhalten. Die Wirtschaft des Agas hatte ein ganz patriarchalisches Aussehen; er setzte mir Brot, Milch, Honig und Käse vor, er selbst aber ließ sich erst nieder, nachdem ich ihn dazu aufgefordert hatte. Nirgends war ein Anschein von Macht und Herrlichkeit und doch gebietet dieser Mann über 600 Familien.
(Kapitel 31 - 41)

Moltke: Unter dem Halbmond - Tschibuk ...

Tschibuk
Zwei Dinge sind in Konstantinopel zur Vollkommenheit gebracht: die Kaiks, von denen ich dir schon schrieb, und die Pfeifen. Ein gewisser Grad von Unübertrefflichkeit führt zur Uniformität; ein Kaik ist genau wie das andere, so ist es mit den Pfeifen auch, und ich brauche dir nur eine zu beschreiben, so kennst du die ganze Kategorie von 28 Millionen (denn in diesem Land hat jeder seine Pfeife). Das Weichselkirschrohr ist 2 bis 6 Fuß und darüber lang, je länger und je dicker, umso kostbarer. Wenn der unwissende Franke (die Türken sagen Jabandschi – »der Wilde«) einen Tschibuk kauft, so erhält er in der Regel ein aus Ahornholz gedrechseltes und mit Kirschbaumrinde plattiertes Rohr. Die Türken erkennen den Europäer auf den ersten Blick, besonders wenn er den Fes aufsetzt und mit Sommersprossen, rotem Bart und blauen Augen, mit Handschuhen und Brille auf der Nase den Anspruch erhebt für einen echten Gläubigen zu gelten. Das zweite Requisit ist der Kopf (Luleh); der rote Ton wird in bleierne Formen gepresst, getrocknet und gebrannt. Du findest ganze Straßen von Läden, wo nur solche roten Köpfe, andere, in denen nur die Röhren feilgeboten werden; dieser Umstand bewirkt, dass man nie überteuert werden kann. Das letzte und kostbarste Stück der Pfeife ist die Bernsteinspitze (Takkim). Am geschätztesten ist der milchweiße Bernstein ohne Adern oder Flecken, und wenn eine solche Spitze aus großen Stücken besteht, so kostet sie vierzig, fünfzig, selbst hundert Taler. Ich glaube, dass der größte Teil alles seit Jahrhunderten gefundenen Bernsteins in die Türkei gewandert ist, denn auch der geringste Türke sucht dabei ein Stückchen für seine Pfeife an sich zu bringen. Wahr ist es, dass keine andere Substanz so angenehm für die Lippen ist wie der Bernstein, von dem man sich noch überdies überzeugt hält, dass er keinen ansteckenden Stoff annimmt; dies ist zur Zeit der Pest beruhigend, denn wenn ein besonders geschätzter Gast eintritt, so gibt der Türke ihm sogleich seine eigene Pfeife zu rauchen. Der Tabak (Tütün) ist vortrefflich und besonders der syrische von Ladik geschätzt; er wird sehr dünn geschnitten, brennt leicht und knistert wie Salpeter. Ein eigener Diener hat nichts anderes zu tun, als seinem Herrn, der selbst nichts zu tun hat, die Pfeife rein zu halten, sie zierlich zu stopfen, eine glühende Kohle genau mitten auf den Tabak zu legen, den Tschibuk anzurauchen und mit einer gewissen Zeremonie zu überreichen; er fasst dabei das Rohr oben mit der rechten Hand, die linke aus Ehrfurcht vorn über den Leib gelegt, so schreitet er schnell auf dich zu und setzt den Kopf genau so an die Erde, dass, wenn er die Spitze herumschwenkt, sie dir an die Lippen reicht; dann schiebt er eine kleine Messingschale unter den Kopf, um den kostbaren Teppich vor der Kohle zu bewahren, und zieht sich rückwärts an die Tür zurück, wo er stehen bleibt und wartet, bis er wieder stopfen kann. Die Türken sagen, die Pfeife »trinken« (tschibuk itschmek), und wirklich schlürfen sie sie wie wir ein Glas Rheinwein; sie ziehen den Rauch ganz in die Lungen ein, lehnen den Kopf zurück, schließen die Augen und lassen den berauschenden Dampf langsam und mit Wohlbehagen durch Nase und Mund ausströmen.
Ich habe früher nie rauchen können und als ich beim Seraskier die ersten Tschibuks zu genießen nicht vermeiden konnte, dachte ich mit Schrecken an eine wahrscheinlich bevorstehende Seekrankheit. Indes habe ich mich an die hiesige Art zu rauchen schnell gewöhnt und finde sogar ein Vergnügen daran, unter einer schattigen Platane den Blick über Meer und Berge schweifen zu lassen und halb träumend, halb wachend den expansiblen Trank aus der Pfeife zu leeren.
Um das Kapitel des Rauchens vollständig abzuhandeln, muss ich noch die Wasserpfeife (Nargileh) erwähnen. Der Rauch eines sehr schweren, etwas angefeuchteten Tabaks (Tümbeki) wird durch Wasser geleitet und gelangt kalt durch einen viele Ellen langen dünnen Schlauch in den Mund des Rauchers. Das Wasser befindet sich in einer gläsernen Urne; der Türke tut eine Rose oder eine Kirsche hinein und hat seine harmlose Freude daran, wie diese bei jedem Zuge auf der bewegten Oberfläche tanzt. Ein solcher Nargileh, ein schattiger Baum, eine plätschernde Fontäne und eine Tasse Kaffee sind alles, was der Türke bedarf, um sich zehn bis zwölf Stunden des Tages köstlich zu unterhalten. Der »Kjef« oder die gute Laune des Orientalen besteht in einer gleichmütigen Seelenstimmung mit gänzlicher Vermeidung aller Emotionen. Eine lebhafte Unterhaltung oder nur eine weite Aussicht sind schon Störungen; dagegen erhöht es sehr die Laune, wenn zur Romaika oder Zither der Armenier eine der einförmigen, durch das ganze weite Reich gleich tönenden Weisen singt, deren Refrain stets »Amann, Amann« – »Erbarmen« – ist, oder wenn griechische Knaben ihre nach unseren Begriffen höchst anstößigen und ungraziösen Tänze ausführen. Aber selbst zu singen oder selbst zu tanzen kommt keinem Moslem in den Sinn; man könnte ihm ebenso gut zumuten sich zu geißeln oder spazieren zu gehen.
(Kapitel 29)

22 Juni 2018

Die Woche mit Frau Cresspahl: Auslassungen

„– Was hast Du mir noch verschwiegen?“ (9. und 12. Juni 1968)

Unter den vielen Interviewmethoden der Oral History gibt es eine, bei der am Ende Themen aufgegriffen werden, die im Interview nicht genannt wurden, als Korrektiv und Abgleich. Gesine Cresspahl steckt in einer erzählerischen Sackgasse, sie kann die Chronologie der Jerichow-Ebene nicht fortführen, denn sie kriegt „Cresspahl nicht los von den Sowjets“. Die Adressatin und zugleich das Korrektiv ihrer Erinnerungen, ihre Tochter Marie, wird nämlich in ihrer katholischen Privatschule zu einer zuverlässigen „Antikommunistin“ erzogen. Sie fürchtet zudem, Marie werde einer Reise in die Tschechoslowakei nicht zustimmen (die Voraussetzung für die eigene Reise nach Prag), sollte sie die Wahrheit über die Haft des Großvaters erfahren. Kommt der zurück, wird er ja berichten müssen, auch in den Erinnerungen seiner Tochter.
Ihr Lebensgefährte Dietrich Erichson rät, Marie lieber gut als gar nicht zu informieren, er traut ihr eine differenzierte Perspektive zu, trotz des Geschichtsunterrichts bei Schwester Magdalena. Als sie von einem Bekannten erfährt, dass die Mutter nach Prag reisen will, muss die nun endlich mehr erzählen, um den Haussegen wieder gerade zu rücken.
„– Also ich will zugeben es erging Cresspahl übel in der sowjetischen Haft. Gelegentlich. Schlimmer, als ich dir erzählen mochte.
– Hunger?
– Auch Hunger.
– Körperliche Verletzungen?
– Verletzungen unterschiedlicher Art.
– Es stieß ihm irrtümlich zu, Gesine.
– Es stieß ihm zu.“
Der Vater fehlt nicht nur während seiner Gefangenschaft, er fehlt auch in der erzählten Erinnerung als Augenzeuge, ohne ihn bekommt Gesine, seine Tochter, „nichts als dreizehnjähriges Dabeigewesensein“ hin, in dem die Sorge darum, Jakob Abs und dessen Mutter Marie auch noch zu verlieren, sehr präsent ist. Marie bekommt es „mitsamt der Unordnung“ zu hören, „die eine Wissenschaft von später darin angerichtet hat“. [...]
Marie aber wehrt sich gegen die Unterstellung ihrer Mutter, sie werde „Falsches“ mit deren Erinnerungen anstellen: „–Wart es ab, Gesine. Wart es ab.“ [...]

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17 Juni 2018

Moltke: Unter dem Halbmond - Reise des Großherrn

Reise des Großherrn
Varna, 2. Mai 1837 
Ich schrieb dir im vorigen Monat, dass ich vom Großherrn den Befehl erhalten habe ihn auf einer Reise durch Bulgarien und Rumelien zu begleiten. Heute benutze ich die erste freie Stunde, um dir eine Nachricht über diese Reise zu geben, und obgleich ich meinen Brief vorerst nicht absenden kann, so will ich doch wenigstens fertig sein, um die erste Gelegenheit zu benutzen, mit der es geschehen kann. Am 24. April, 10¼ Uhr vormittags, hatte die glückliche Stunde für den Antritt der Reise Seiner Hoheit des Großherrn geschlagen; die Gelehrten hatten diese Stunde richtig genug bestimmt, denn das regnerische Wetter der letzten Tage war durch den heitersten Himmel ersetzt und der Südwind, den wir für unsere Fregatte nötig hatten, blies frisch von den asiatischen Bergen herunter. Ich hatte mich schon abends zuvor an Bord der »Nusrethieh« oder »Siegreichen« begeben, welche den Kanal bis Bujukdere hinaufgegangen war. Um nicht als Franke in der Umgebung des Sultans anstößig aufzufallen, hatte ich die rote Mütze und einen türkischen Anzug angelegt, den der Großherr mir zugeschickt hatte. Um Mittag sahen wir das grüne Kaik des Sultans mit seinen vierzehn Paar Ruderern schnell wie einen Delphin heranschießen; die Marinesoldaten traten unters Gewehr; die Musik spielte. Die Anker waren fast gelichtet, die Segel halb entfaltet. Se. Hoheit trugen eine scharlachrote Husarenuniform mit goldenen Schnüren, den roten Fes, weiße Beinkleider mit Goldtressen und schwarze Samtstiefel. Sein Gefolge trug blaue Husarenuniform. Man hatte mir meinen Platz in der Parade zwischen den Paschas und den Obersten angewiesen, wo ich mit den Übrigen mein Taminah oder den Gruß mit der Hand zur Erde, auf die Brust und Stirn machte. Se. Hoheit schickte den Kapudan-Pascha ab, um mir sagen zu lassen, »dass das Wetter gut sei«, und dieser brachte glücklich »parfaitement bon le temps« heraus. Dies war eine besondere Gnade und Auszeichnung, welche später noch erhöht wurde, als der Sultan die Bemerkung machte, dass mein roter Fes sehr kleidsam sei, eine Behauptung, mit der ich bisher durchaus nicht einverstanden war. Jetzt hallten die steilen Bergwände des Bosporus von dem Donner der Geschütze unserer Fregatte und der Batterien am Ufer wider. Die mächtigen Segel entfalteten sich, und mit zunehmender Schnelligkeit ging's hinaus in den gefürchteten Euxin. Die Nusrethieh führt 68 Geschütze und ist vielleicht die schönste und größte Fregatte. Bald ließen wir nicht nur die Leuchttürme an der gefahrvollen Mündung des Bosporus, sondern auch die beiden vortrefflichen österreichischen Dampfschiffe, die uns begleiten sollten, hinter uns, und gegen Abend sah man in der Ferne nur noch ihre Rauchstreifen aufsteigen. [...]
Der Moment des Ausschiffens gewährte einen schönen Anblick. Sobald der Großherr sich in sein Kaik begeben hatte, feuerten die Batterien der Festung und der Fregatte, bunte Wimpel wehten von allen Masten und die Schiffsmannschaft in ihrer roten Uniform paradierte auf den Rahen des Schiffs bis zur schwindelnden Höhe des Mastes. [...]

Ich bin im erzbischöflichen Palast einquartiert, worunter du dir eine sehr bescheidene Bretterbude vorzustellen hast. Mein Wirt führt auf Griechisch den etwas seltsamen Titel: Despot, ein Prädikat, das sich schlecht mit der tief gebeugten Stellung und dem Küssen des Rockzipfels eines türkischen Paschas verträgt. Der Despot hat aber einen trefflichen Wein, das Essen ist schmackhaft und alles reinlich und gut.


Schumla, den 5. Mai 1837
Der Großherr verließ Varna am 3., blieb die Nacht in einem Dorf, wo man binnen zwölf Tagen einen Kiosk für ihn erbaut und vollständig möbliert hatte. Er frühstückte am 4. in einem anderen Dorf, wo ebenfalls ein Haus für diesen viertelstündigen Aufenthalt aufgeführt und eingerichtet war, und traf mittags hier ein. Ich war schon am 2. in der Nacht vorausgereist, um mich vorher zu orientieren.

Die Empfangsfeierlichkeiten scheinen überall dieselben zu sein. Se. Kaiserliche Majestät steigen eine Viertelstunde vor der Stadt in ein Zelt ab, um den blauen Überrock mit der bewussten roten Uniform zu vertauschen. Für wen er eigentlich diese Toilette macht, weiß ich nicht; bei uns ist man gewöhnt, die Pracht des Monarchen durch den Glanz der Großen und Mächtigen, die ihn umgeben, gehoben zu sehen. Hier ist nur ein Herr, die Übrigen sind Knechte. Sobald Se. Hoheit zu Pferde stiegen, ließ man eine Menge Minen in den Steinbrüchen auf den Bergen rings umher auffliegen. Zu beiden Seiten des Weges paradierten die Notabilitäten der Stadt, rechts die Muslime, links die Rajahs. Obenan stehen die Mullahs oder Geistlichen, welche noch immer den schönen weißen Turban tragen, dann folgen die weltlichen hoch stehenden Personen. Links paradierten erst die Griechen mit Lorbeerzweigen, dann die Armenier mit Wachskerzen und endlich die armen verhöhnten und misshandelten Juden. Die Moslems standen aufrecht mit über den Leib verschränkten Armen, die Rajahs aber, und selbst Bischof und Priester mit den geweihten Kirchengeräten, warfen sich nieder und blieben mit der Stirn an der Erde, bis der Sultan vorüber war; sie durften das Antlitz des Padischahs nicht schauen. An mehreren Stellen wurde beim Vorüberreiten des Großherrn der Kurban oder das Opfer an sieben Hammeln vollzogen, denen man die Hälse abschnitt. 
Heute, am Freitag (dem türkischen Sonntag), ging der Großherr mit zahlreichem Gefolge in die Moschee: Ich habe dagegen tüchtig mit meiner Aufnahme [Vermessung der bereisten Gebiete, insbesondere Festungsanlagen] zu tun. [...]


Der Großherr hielt nun durch seinen ersten Sekretär, Wassaf-Effendi, eine Rede, in der er den Versammelten sagte, dass er selbst gekommen sei, um sich von ihrem Zustand zu überzeugen, dass er ihre Stadt und Festung wieder aufzubauen und Ordnung und Wohlstand im Lande selbst zu befestigen gewillt sei, dass Gesetz und Recht nicht nur in der Hauptstadt, sondern im ganzen Reich gehandhabt werden sollen. »Ihr Griechen«, sagte er, »ihr Armenier, ihr Juden seid alle Diener Gottes und meine Untertanen so gut wie die Moslems; ihr seid verschieden im Glauben, aber euch alle schützen das Gesetz und mein kaiserlicher Wille. Zahlt die Steuer, die ich euch auferlege; die Zwecke, zu denen sie verwendet werden, sind eure Sicherheit und euer Wohl.« Zum Schluss fragte der Sultan, ob jemand unter den Rajahs Beschwerden habe und ob ihre Kirchen der Ausbesserung bedürfen. In diesem Land, wo der einfache Mann gewöhnt ist, alles umsonst, als Frondienst für den Mächtigen zu tun, bezahlt der Großherr die Kosten seiner Reise bar. Wie ich höre, führt er an Geld 2½ Millionen Gulden, außerdem eine Menge von Pretiosen mit sich; an keinem Armen oder Krüppel reiten wir vorüber, dem der Großherr nicht durch einen seiner Leute ein Goldstück schickt. Bei seiner Abreise hat er für die Armen in Schumla 10 000 Gulden hinterlassen und dabei ausdrücklich dafür gesorgt, dass das Geld wirklich an die ihm besonders namhaft gemachten Notleidenden kommt, und nicht allzu viel zwischen den Fingern der Austeiler kleben bleibt. Die Imame müssen darüber berichten. Sooft wir zurückkehren, sehe ich Gruppen von Weibern, welche Bittschriften über ihre Köpfe emporhalten. Ein Offizier reitet dann heran, rafft die Zettel zusammen, steckt die ganze Korrespondenz in seine Satteltaschen, um sie dem Almosenier zu überreichen. 
Silistria, den 11. Mai 1837 
Heute erst finde ich Muße, meinen Bericht wieder aufzunehmen. Am 9. ritt ich vor Sonnenaufgang zu einem Dorf auf der anderen Seite des Gebirges; mittags war ich zurück, fand frische Pferde und begleitete den Großherrn bis 5 Uhr; dann wurde ein treffliches Mittagsmahl eingenommen. Wir setzten uns in den Wagen und fuhren die Nacht durch; ich traf um 1 Uhr nachmittags hier ein und konnte noch am Abend und am folgenden Morgen vor Ankunft des Großherrn den Plan der Festung aufnehmen. Der Großherr hat in seinem Benehmen gegen seine Umgebung so viel gemütliche Geradheit und Gutmütigkeit, dass bei aller Strenge und Etikette ein jeder es bequem hat. Wenn man den Herrn so sieht, sollte man nicht denken, dass es derselbe Mann ist, der 20 000 Janitscharen köpfen ließ. Die Fürsten Ghika und Stourdza sind aus der Moldau und Walachei hier, um ihren Herrn zu begrüßen. Ich war neugierig ihren Empfang zu sehen: Er war eben nicht sehr schmeichelhaft; wohl zwei Stunden warteten diese Halbsouveräne im Sonnenschein, bis der Großherr eintraf, vor seinem Zelt abstieg und Toilette machte. Der Sultan empfing die beiden Vasallen unter einem Baldachin auf Samtpolstern sitzend; die Fürsten, gefolgt von ihren Bojaren, schritten mit über den Leib verschränkten Armen heran, warfen sich auf beide Knie und küssten den Zipfel des Gewandes Sr. Hoheit, welcher die Gnade hatte, ihnen zu gestatten, zehntausend Dukaten zu überreichen; dagegen erhielten sie heute ihre Ehrenpelze, Tabatieren und Schals.
Fürst Ghika hat mich heute Abend zu sich geladen, und da die türkische Uhr 12 schlägt, das heißt da die Sonne untergeht, so schließe ich für heute, um womöglich in Rustschuk fortzufahren.
Rustschuk, den 14. Mai 1837

Nie habe ich ärger gefroren wie gestern Nacht auf der Reise hierher; meine türkischen Begleiter waren ganz erstarrt und der Araber, der die Handpferde führte, rief ein Aman – »Erbarmen« – über das andere und sehnte sich nach dem milderen Himmel des Sennars.
Seit langer Zeit sah ich jenseits in Gjurgewo zum ersten Mal wieder einen Kirchturm und der befreundete Schall der Glocken tönte durch die klare Abendluft zu uns herüber.
Rustschuk liegt auf einer Höhe, die an 50 bis 60 Fuß senkrecht zur Donau abstürzt; der Rand dieses Abhanges war mit zahllosen Frauen bedeckt, und da alle den weißen Schleier um Kopf und Schultern trugen, so sah es aus, als ob die Höhen beschneit wären. Unten am Gestade paradierten wie gewöhnlich die Landwehr, dann die Geistlichkeit der verschiedenen Nationen, die Notabeln des Orts und endlich das Volk.
Tirnowa, den 19. Mai 1837 
Was für ein wunderschönes Land ist doch dieses Bulgarien! Alles ist grün; die Wände der tiefen Täler sind mit Linden und wilden Birnbäumen bestanden, breite Wiesen fassen die Bäche ein, üppige Kornfelder bedecken die Ebene und selbst die weiten Strecken unangebauten Landes sind mit reichem Graswuchs geschmückt. Die vielen einzeln stehenden Bäume geben der Gegend einen besonderen Reiz und zeichnen ihren dunklen Schatten auf den lichtgrünen Flächen ab. In der Nähe der Donau habe ich fast nur türkische Dörfer gefunden; wahrscheinlich sind die christlichen Bewohner jenseits des Stromes in die Fürstentümer gezogen, von wo die Glocken herüberschallen und wo ihre Kirchtürme die Häupter in die blaue Luft zu erheben wagen. Gestern Mittag kamen wir hier in Tirnowa an. Da ich keine Sonderaufgaben mehr habe, folge ich jetzt mit den Übrigen Sr. Hoheit zu Pferde. Schon weit vor Tirnowa bildeten die Einwohner ein Spalier, die Landwehr paradierte und die griechischen Frauen standen auf den flachen Dächern und Terrassen, um den Basileus eintreffen zu sehen. Ich habe nie eine romantischere Lage als die dieser Stadt gefunden; denke dir ein enges Gebirgstal, in dem die Iantra sich ihr tiefes Felsbett zwischen senkrechten Sandsteinwänden gewühlt hat und wie eine Schlange in den seltsamsten Windungen fortfließt. Die eine Wand des Tals ist ganz mit Wald, die andere ganz mit Stadt bedeckt. Mitten im Tal erhebt sich ein kegelförmiger Berg, dessen senkrechte Felswände ihn zu einer natürlichen Festung machen; der Fluss schließt ihn ein wie eine Insel, und er hängt mit der übrigen Stadt nur durch einen 200 Fuß langen und 40 Fuß hohen natürlichen Felsdamm zusammen, der aber nur breit genug für den Weg und die Wasserleitung ist. Ich habe eine so abenteuerliche Felsbildung nie gesehen."


Auf der Höhe des scharfen Kamms hat man eine weite Aussicht über das Hügelland von Bulgarien und eine noch schönere auf der rumelischen Seite in das reizende Tal von Kasanlik. Wie eine Landkarte liegen die Felder, Wiesen und Dörfer da, die weißen Wege und die Bäche, deren Lauf an prächtigen Bäumen kenntlich ist; jenseits erhebt sich eine andere, aber niedrigere Bergkette, und das Ganze erinnerte mich lebhaft an das schöne Hirschberger Tal, vom Kynast aus gesehen. [...]
Von dem Wasserreichtum dieser Gegend kann man sich kaum eine Vorstellung machen. Ich fand eine Quelle am Wege, die 9 Zoll stark senkrecht aus dem Kiesgrund emporsprudelte und dann als kleiner Bach davoneilte. Wie in der Lombardei werden alle Gärten und Felder täglich aus dem Wasservorrat getränkt, der in Gräben und Rinnen dahinrauscht. Das ganze Tal ist ein Bild des gesegnetsten Wohlstandes und der reichsten Fruchtbarkeit, ein wahres gelobtes Land; [...]

Es ist selbst in Konstantinopel äußerst schwer, sich dieses Öl unversetzt zu verschaffen. Ich hatte mir einen Vorrat Rosenöl mitgenommen und da ich genötigt war, einen Tag mit der Flasche in der Tasche zu reiten, so dufte ich auch acht Tage wie ein Rosenstock. [...]
Die Lage Adrianopels erhält einen eigentümlichen Charakter durch den Zusammenfluss von vier beträchtlichen Strömen: Maritza, Arda, Tundscha und Usundscha; daher die weite, mit Maulbeerbäumen bedeckte Niederung, welche die Stadt einschließt. Adrianopel ist auf einem Hügel erbaut, dessen Gipfel von der prachtvollen Moschee Sultan Selims gekrönt ist. Zahlreiche große Steinbrücken von schöner Arbeit überqueren die vielen Wasserarme in allen Richtungen und der Anblick dieser Stadt von außerhalb ist höchst prachtvoll. Adrianopel war, nachdem die osmanischen Herrscher den europäischen Boden betraten, der Sitz ihrer Regierung, wie Brussa es zuvor gewesen und wie Konstantinopel es später wurde.
 [...]
Hoch über alle die vielen Moscheen erhebt sich die Kuppel Sultan Selims mit den vier schlanken Minaretts. Ich fand den Durchmesser der Wölbung hundert Fuß, also fast so groß wie irgendeine in Konstantinopel, selbst die Aya-Sophia nicht ausgenommen. Zweihundertundfünfundvierzig Stufen führten mich auf den obersten der drei Umgänge oder kranzförmigen Balkone eines der Minaretts. Die Höhe beträgt über 200 Fuß, bei einem Durchmesser von unten 11, oben nur 8 Fuß, am Schatten gemessen. Die Minaretts gleichen daher in der Tat eher Säulen als Türmen, und doch, so künstlich sind sie erbaut, winden sich in ihrem Innern drei vollkommen bequeme Treppen ineinander, sodass drei Menschen zugleich hinaufsteigen können. Ohne im Geringsten zum Schwindel zu neigen, schien mir der erste Blick von oben herunter schauerlich. Die breite Kuppel, der steinerne Vorhof mit der schönen Fontäne in der Mitte, die ausgedehnten Imarete oder Armenküchen, Medresseen oder Schulen und viele andere mit Bleikuppeln gedeckte Gebäude, welche zur Moschee gehören, das alles liegt tief und unmittelbar unter den Füßen des Beschauers. Man glaubt, die entsetzlich schlanke Steinsäule könne umschlagen, wenn man sich dem Rand der Galerie nähert. Die Kuppel erhebt sich bis beträchtlich über die halbe Höhe des Minaretts und mag im Innern 120 Fuß hoch sein. Konstantinopel, den 6. Juni 1837 Heute früh um 9 Uhr kamen wir vor Konstantinopel an und zogen durch das Tor Topkapu, das Tor der Kanone, vormals des heiligen Romanus', in die Hauptstadt ein. Es ist dasselbe Tor, durch welches Mohammed der Zweite in die Stadt der griechischen Kaiser drang und vor welchem der letzte Konstantin unter einer nahe stehenden Zypresse fiel.