Ununterbrochen ziehen Kaiks vor meinem Fenster vorbei, es sind die Fiaker des Bosporus. Wirklich kann man nichts Zierlicheres und Zweckmäßigeres sehen als ein Kaik. Das leicht gezimmerte Gerippe ist mit dünnen Brettern umgeben, die mit Pech von innen und außen ganz überzogen werden. Das Innere des Fahrzeugs ist mit einer dünnen Verkleidung aus weißem Holz versehen und wird aufs Sauberste rein gehalten und gewaschen. Die Ruder haben an den oberen Enden dicke Klötze, die den unteren Enden das Gleichgewicht halten und so die Arbeit erleichtern; sie bewegen sich an ledernen, fettigen Riemen um hölzerne Pflöcke, welche, um die Friktion so gering wie möglich zu machen, aus dem härtesten Buchsbaum, kaum fingerdick, gemacht sind. Das Fahrzeug ist hinten breiter, läuft nach vorn immer schmaler zu und endet mit einer scharfen eisernen Spitze. Wenn der Passagier auf dem Boden des Fahrzeugs sitzt (denn nur die unwissenden Franken setzen sich hinten auf den Sitz), ist es völlig im Gleichgewicht. Der Ruderer befindet sich im Schwerpunkt des Bootes und der Nachen folgt nun dem leisesten Druck der Hand; selbst bei schlechtestem Wetter scheut man sich nicht die aufgeregten Fluten in diesen leichten Fahrzeugen zu durchschneiden. Die Wellen spielen mit dem Kaik wie mit einer Feder und stoßen es vor sich her; bald schwebt es auf der Spitze einer Woge, bald entschwindet es dem Auge ganz zwischen den Wasserbergen und die scharfe Spitze wirft, indem sie die Flut durchschneidet, den schneeweißen Schaum zu beiden Seiten hoch in die Luft. [...]
Heute früh zog eine Gesellschaft griechischer Fischer ihr Netz mit lautem Geschrei an Land. Das Netz enthielt wohl eine halbe Million Makrelen im Wert von etwa tausend Gulden; ich habe mir so etwas nie vorgestellt. Nachdem das Netz nahe genug ans Ufer herangezogen war, langte man mit kleineren Netzen an Stielen wie mit großen Löffeln hinein und schöpfte so zu tausenden die silberhellen zappelnden Tierchen an das Licht der Sonne. Zuweilen gesellt sich auch wohl ein Delphin dieser zahlreichen Versammlung bei, das ist aber ein übler Gast; so wie er sich umstellt sieht, springt er gewaltig herum, zerreißt die Fäden und befreit nicht allein sich, sondern auch alle übrigen Gefangenen. (Moltke: Unter dem Halbmond Kapitel 21)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen