God's Window
Letzter Vorhang
"[...] Irgendwo vor Kapstadt weicht Afrika zurück und wird
Allerweltsland, adrett und appetitlich, mit Straßenkeh
rern und Weinfarmen, Freizeitvergnügen und Golfplät
zen. Aus diesem Schweizer Ambiente erhebt sich Kap
stadt mit seinen »Served Apartments« und »Guarded
Communities« [...]. Von Kapstadt aus betrachtet, liegt Afrika so fern wie
Indien.
» (S.86) [...] Pilates-Turnerinnen rumpfbeugen sich auf der Wiese [...] Die Weißen kultivieren jetzt defensives Sonnenba
den, so geschützt wie dosiert. Die Sonne ist feindlicher
und der Mensch pragmatischer geworden [...]
Auf älteren Fotos dagegen räkeln sich die Menschen
noch einladend ins Licht, ja, ihre Hingabe hat etwas so
Obszönes, als wollten sie von der Sonne regelrecht »ge
nommen« werden. So lustvoll war das in den alten Zei
ten des Sonnenbadens. Dieses Beinespreizen, Alle-Viere
von-sich-strecken, diese Willenlosigkeit! Junge Menschen
drücken vor der Sonne noch immer Bereitwilligkeit aus,
einen verschwenderischen Umgang mit ihrer Nacktheit,
die Alten dagegen kauern sich heute nur noch gebückt
und vom Licht abgewandt. (S.87)
[Willemsen versucht, das Kap zu erreichen, aber das Gatter ist verschlossen.]
Am Ende blieb dies Ende der Welt geschlossen. Doch von einem günstigen Blickpunkt aus, von einer Biegung der Straße Richtung Westen, sahen wir die ominöse Kuppe liegen. Sie hatte nichts von dem Kontinent, der hier auslief, nein, sie war eine Irgendwie-Kuppe auf einem Irgendwo-Hügel, eine einzige Verweigerung, Bel vedere und Bellavista, Land's End und Finistere zu sein. So ersparten wir uns die Verlegenheit der Touristen vor der Aussicht. (S.94)
W. über das Kennzeichen einer eindrucksvolle Aussicht: "der Besucher verlangsamt, hält inne und ernährt sich vom Blick. Die Aussicht sagt ihm, dass er die richtige Höhe, den passenden Einfallswinkel gefunden hat, und dass »der große Derdiedas« seine Hand eben erst aus der Natur gezogen hat. Sein Atem geht noch darüber. Eine Aussicht ist immer dann schön, wenn der Betrachter vor ihr klein wird. Dann ist sie erhaben, denn er selbst ist bloß eine Bagatelle." (S.95)
"An den offensichtlichen Enden der Welt liegt oft Niemandsland, besetzt mit Buden. [...] »Ich bringe dich an einen Ort, wo die Welt wirklich zu Ende ist«, sagt Pierre. »Er heißt God's Window [...]" (S.96)
"»God's Window« ist ein Balkon über einer rasant abfal
lenden Schlucht, etwa tausend Meter tief, geformt aus
glänzenden Felswänden, von Flechten und Ranken be
wachsen, vom fallenden Quellwasser bespült, von zir
penden Grillen und schreienden Vögeln beschallt. Eine
Schlucht, deren Flanken aufeinander zu streben, als wolle
sich ein felsiger Vorhang schließen über dem Blick in die
Tiefe, über die Wälder und Ströme, über den Weitblick
nach Mosambik." (S.98)[Willemsen versucht, das Kap zu erreichen, aber das Gatter ist verschlossen.]
Am Ende blieb dies Ende der Welt geschlossen. Doch von einem günstigen Blickpunkt aus, von einer Biegung der Straße Richtung Westen, sahen wir die ominöse Kuppe liegen. Sie hatte nichts von dem Kontinent, der hier auslief, nein, sie war eine Irgendwie-Kuppe auf einem Irgendwo-Hügel, eine einzige Verweigerung, Bel vedere und Bellavista, Land's End und Finistere zu sein. So ersparten wir uns die Verlegenheit der Touristen vor der Aussicht. (S.94)
W. über das Kennzeichen einer eindrucksvolle Aussicht: "der Besucher verlangsamt, hält inne und ernährt sich vom Blick. Die Aussicht sagt ihm, dass er die richtige Höhe, den passenden Einfallswinkel gefunden hat, und dass »der große Derdiedas« seine Hand eben erst aus der Natur gezogen hat. Sein Atem geht noch darüber. Eine Aussicht ist immer dann schön, wenn der Betrachter vor ihr klein wird. Dann ist sie erhaben, denn er selbst ist bloß eine Bagatelle." (S.95)
"An den offensichtlichen Enden der Welt liegt oft Niemandsland, besetzt mit Buden. [...] »Ich bringe dich an einen Ort, wo die Welt wirklich zu Ende ist«, sagt Pierre. »Er heißt God's Window [...]" (S.96)
" Ja, hier spielt das Drama einer Landschaft, der der Mensch bloß zugestoßen ist." (S.99)
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