In der FAZ kritisiert Metz ein Walser-Gedicht von 1968 so, als ob es von 2018 stammte, nur weil Walser nicht darauf hingewiesen hat, dass er in "Spätdienst" nur eine leicht veränderte Neufassung des Gedichtes von 1968 aufgenommen hat.
War das eine unfaire Falle, die Walser da aufgestellt hat?
Ich danke Iris Radisch in der ZEIT vom 29.11.18, dass ich schon auf dieser Metaebene über den Artikel von Metz reflektieren darf.
Hier die Passage, die Metz aus dem verführerischen Gedicht zitiert:
„Ostern, schönes Feuilleton
Aus Blut und Blüte,
du, das feiern wir!
Statt Golgatha, Verdun und Auschwitz
lassen wir diesmal holzschnitthaft Hué herkommen
und sagen keinem hierzulande nach,
dass er diesen Krieg andauernd billigt,
sagen das nicht der CDU nach,
die diesen Krieg andauernd billigt,
sagen das nicht der SPD nach,
die diesen Krieg andauernd billigt.“
Freilich, dass das Massaker von Hué 1968 stattfand, lässt sich relativ leicht feststellen. Und eine Rede von 1998 zur Interpretation eines Gedichtes von 1968 heranzuziehen, das "geht gar nicht". Dazu reicht auch nicht aus, was Metz zu seiner Rechtfertigung anführt:
"Auschwitz aber ist kein Phänomen, das man in eine Anadiplose einreihen kann. Es ist kein historisches Ereignis, das man auf Knopfdruck herkommen lässt oder wieder abbestellt, wenn es einem gerade nicht passt. Auch nicht, wenn dies nur in einem einzelnen Satz innerhalb eines Buchs geschieht. Und selbst dann nicht, wenn es sich – wie die für die Umschlagrückseite gewählte Bezeichnung „Lebensstenogramme“ nahelegt – um ein historisches Notat etwa aus dem Jahr 1968 handeln sollte, als in Hué von amerikanischen Truppen ein Massaker verübt wurde und CDU und SPD als erste Große Koalition in Bonn regierten. Denn weder musste man das damals schreiben, noch ist jemand dazu gezwungen, diese Formulierung fünfzig Jahre später zu wiederholen."
Offenbar wollte Metz Anstoß nehmen. Denn niemand "muss" ein Gedicht von 1968 aus der Sicht nach 1998 interpretieren.
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