Max Frisch hat einmal gesagt, Thomas Mann habe zwar lange in seiner Nähe gewohnt, aber er (Frisch) habe nie seine Nähe gesucht, er habe nicht geglaubt, dass Mann ihm etwas zu geben haben würde. Dagegen sei Brecht der Mann gewesen, dessen Größe immer einschüchternder gewesen sei, wenn man ihn nicht gesehen habe. Aushaltbar nur durch Nähe.
Und Frischs Texte über Brecht zeigen dann einen wahrhaft Großen. Eine Figur, von der man kaum glauben kann, dass sie heute - wo viele seiner Texte so aktuell sind - im literarischen Leben so wenig Aufmerksamkeit findet.
Doch was hat das mit Heinrich und Thomas Mann zu tun?
Thomas kann mit 25 Jahren auf ein - in seiner Art - unübertreffliches Meisterwerk zurückblicken, das ihm den Nobelpreis einbringen sollte. Aber er bleibt dabei nicht stehen, entwickelt sich fort in Zeitromanen, seiner großen mythologischen Tetralogie Joseph und seine Brüder, seiner höchst individuellen Bearbeitung des Fauststoffs und den großartigen humorgetränkten Alterswerken.
Heinrich schafft später als Thomas die großen Werke, die seinen Ruhm begründen: Professor Unrat 1905 und Der Untertan 1918 und sein Hauptwerk, den Henri Quatre 1935. Dazwischen und danach durchaus Bemerkenswertes, aber nichts, was wie Thomas Manns Werke fast alle bleibende allgemeine Aufmerksamkeit erregt hätte.
Gegenwärtig lese ich parallel in Donald A. Prater: Thomas Mann. Deutscher und Weltbürger, Hanser 1995 und Manfred Flügge: Heinrich Mann. Eine Biographie. Rowohlt 2006.
Später mehr, z.B. dazu, wie Thomas Mann immer wieder an Goethe angeknüpft hat und dazu, wie Brecht anders als Thomas Mann, das poetische Universalgenie des 20. Jahrhunderts wurde. (Freilich, unter den Labels Brecht und Thomas Mann habe ich schon einiges dazu gesagt, mehr, als mir beim Schreiben dieses Eintrags bewusst war.)
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