20 August 2022

Kamza und Bar-Kamza oder die Zerstörung Jerusalems

"Kamza und Bar-Kamza ist eine talmudische Erzählung aus der Gemara im Mischnatraktat Gittin, Folio 56a des Bavli. Sie dient zur Veranschaulichung des Konzeptes von grundlosem Hass (hebräisch שנאת חינם Ssinat chinam). Die Erzählung beschreibt eine Gruppe von Thora-Gelehrten in der Zeit unmittelbar vor der zweiten Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahre 70. Sie lautet wie folgt:

Rabbi Jochanan sagte: ‚Was bedeutet der Vers im Buch der Sprichwörter von Salomo, Kapitel 28: ‚Wohl dem Menschen, der stets Gott fürchtet; wer aber sein Herz verhärtet, fällt ins Unglück‘? Wegen Kamza und Bar-Kamza ist Jerusalem zerstört worden.‘
Es gab nämlich einen Mann aus Jerusalem, der mit Kamza befreundet war, jedoch ein Feind von Bar-Kamza war. Er veranstaltete ein Fest und sagte seinem Diener, ‚Bring Kamza zu meinem Fest.‘ Der Diener erschien aber stattdessen mit Bar-Kamza. Der Gastgeber sah Bar-Kamza unter seinen Gästen. Er sagte ihm: ‚Da Sie mein Feind sind, was tun Sie hier? Stehen Sie auf und gehen Sie!‘ Bar-Kamza sagte: ‚Da ich schon hier bin, lassen Sie mich bleiben, ich werde auch für mein Essen und Trinken bezahlen.‘ Der Gastgeber antwortete: ‚Nein!‘ ‚Ich werde die halben Kosten des Festes bezahlen.‘ - ‚Nein!‘ - ‚Ich werde die ganzen Kosten des Festes bezahlen.‘ - ‚Nein!‘ Und er packte Bar-Kamza, hob ihn von seinem Stuhl und warf ihn hinaus.
Bar-Kamza dachte: ‚Da dort Rabbiner waren, die das Ganze mit angesehen haben und nicht protestiert haben, war ihnen meine Verlegenheit offensichtlich egal. Ich gehe jetzt zum König und werde mir dort eine kleine Verleumdung leisten.‘ Bar-Kamza ging zu Caesar und verkündete ihm: ‚Die Juden haben gegen dich rebelliert!‘ Caesar antwortete: ‚Wer hat das gesagt?‘ Bar-Kamza sagte: ‚Sende ihnen ein Opfer, und schau, ob sie es auch opfern werden.‘
Caesar ließ durch Bar-Kamza einen gesunden, fehlerlosen Widder schicken. Auf dem Weg brachte Bar-Kamza dem Tier eine kleine Verletzung bei. Einige sagen, es war eine Wunde auf der Oberlippe, andere sagen, es war ein Bluterguss im Auge (vielleicht als Symbol für das schweigende oder blinde Verhalten der Rabbiner). Auf jeden Fall konnte das Tier dadurch nach jüdischen Vorschriften nicht mehr geopfert werden, während dies für die Römer keine Rolle spielte.
Die Rabbiner wollten es aber auf jeden Fall opfern, um die friedlichen Beziehungen mit der Regierung aufrechtzuerhalten. Doch Rabbi Secharia, der Sohn von Avkulos, protestierte: ‚Die Leute werden sagen: ‚Tiere mit Verletzungen dürfen auf dem Altar geopfert werden!‘‘
Die Rabbiner wollten Bar-Kamza töten, so dass er das Geschehene nicht dem Caesar melden könnte. Doch wiederum protestierte Rabbi Secharia, der Sohn von Avkulos: ‚Die Leute werden sagen: ‚Jemand, der Opfertiere verletzt, wird getötet!‘‘
Rabbi Jochanan sagt: ‚Die übertriebene Sorgfalt von Rabbi Secharia, dem Sohn von Avkulos, zerstörte unseren Tempel, verbrannte unseren Palast und verbannte uns von unserem Land.‘

Wie die Erzählung veranschaulicht, waren die erwähnten Thora-Gelehrten unter römischer Besatzung mehrheitlich so korrupt geworden, dass ihnen die Beschämung eines Menschen weniger wichtig schien als die Opferung eines Tieres nach sämtlichen Vorschriften der Thora. Dies galt für sie selbst dann, wenn damit die ganze Nation in Gefahr geriet." (Wikipedia)


Eine andere Version (Gittin 55b - 57a5: Hebräische und englische Fassung):

Von der Zerstörung Jerusalems

"Bar Kamza wurde von seinem Gastgeber so beleidigt, dass er beschloss, alle Juden ins Unglück zu stürzen. Er fuhr nach Rom und berichtete dem Kaiser, die Juden wollten sich gegen ihn erheben. Zum Beweis seiner Anklage erbot er sich, den Juden ein Opfertier zu überbringen und zu sehen, ob sie es annehmen. Der Kaiser übergab ihm ein Kalb. Bar Kamza machte ihm einen körperlichen Fehler, so dass die Juden es nach dem Gesetz nicht opfern durften. Als Furcht vor dem Kaiser wollten sie es trotzdem tun, aber ein besonders gesetzestreuer Jude, Secharia, verhinderte es. Da wollten sie Bar Kamza töten, doch auch das verhinderte Secharia. So kam es, dass der römische Kaiser ein Heer gegen Jerusalem aussendete, um es zerstören zu lassen.*

Als Titus von seinem Vater Vespasian, der Jerusalem nicht hatte erobern können, ausgesandt wurde, Jerusalem zu zerstören, erklärte er: "Der Gott der Juden beherrscht nur das Meer. Ich werde die Empörer zu Lande angreifen und sie besiegen." Kaum hatte er das gesagt, da flog eine Mücke in seine Nase und pickte in seinem Gehirn. Als Titos starb, fand man in seinem Gehirn eine Mücke von der Größe einer Schwalbe* *."

Sloterdijk: Grau

Sloterdijk: "Der Himmel kann es doch" Peter Sloterdijks Leidenschaft heißt Grau. Ein Gespräch über die Zeitenwende, seltenes Glück und den neuen farbenpolitischen Imperativ Interview: Peter Neumann DIE ZEIT Nr.18/2022 28.4.2022 (bei meinen Zeitungsausschnitten Germanistik unter S)

13 August 2022

Thomas Manns Ansprachen an die Deutschen im 2. Weltkrieg

PODCAST-PIONIER THOMAS MANN „Mannsplaining“ mit positivsten Folgen

    FAZ 12.8.22

"[...]  Unter dem Titel „Deutsche Hörer!“ entstanden in Pacific Palisades zwischen fünf und acht Minuten lange Stellungnahmen, mit denen der exilierte Schriftsteller die Bevölkerung seiner Heimat erreichen wollte. Anders als heute gestalteten sich Aufnahme und Verbreitung allerdings sehr viel komplizierter: Zu­nächst verfasste Mann die Texte, schickte sie nach London, und ein deutschsprachiger BBC-Mitarbeiter las sie dann zur Ausstrahlung vor. Die transatlantische Übermittlung fand damals per Telegramm statt, die erste Rede wurde als 500-Wort-Botschaft nach London „gekabelt“. Ursprünglich hatte Erika Mann, die für die BBC als Kriegsberichterstatterin tätige Tochter des Schriftstellers, das Einsprechen übernehmen wollen.

Von März 1941 an übernahm dann Thomas Mann selbst diese Aufgabe. [...] Unter diesen vordigitalen Produktionsbedingungen hat die Übertragungsqualität deutlich gelitten, und dennoch machen die erhaltenen Ansprachen deutlich, dass sich Thomas Mann seiner Wirkung sehr bewusst war – gerade auch des Klanges seiner eigenen Stimme. Die Sprachmelodie ist gleichmäßig und selbstbewusst, die Betonungen sind präzise, der Spott und die gar nicht seltenen Sottisen gegen Hitler und dessen Schergen treffen exakt. Und natürlich ist die Sprache bemerkenswert – alles andere wäre bei einem Literaturnobelpreisträger ja auch verwunderlich, Thomas Mann machte seinem Ruf als Influencer von Weltgeltung alle Ehre.

Der Historiker Tobias Boes widmet in seinem Buch „Thomas Manns Krieg“ den Ansprachen eine längere Passage – unter dem passend gewählten Titel „The Voice of Germany“. Gleich mit dem ersten Satz der ersten Rede im Oktober 1940 klärte Mann die Lage: „Ein deutscher Schriftsteller spricht zu euch, dessen Werk und Person von euren Machthabern verfemt sind und dessen Bücher, selbst wenn sie vom Deutschesten handeln, von Goethe zum Beispiel, nur noch zu fremden freien Völkern in ihrer Sprache reden können, während sie euch stumm und unbekannt bleiben müssen.“ Das Reden in der dritten Person über sich selbst mochte zunächst nach Zurückhaltung klingen (und tatsächlich wurde die Auftaktrede ja auch nicht von Mann persönlich vorgetragen), aber gleich darauf wurde deutlich: Da sprach ein deutscher Autor, der in der Welt bekannt war, dessen Werke gelesen wurden und der sich mit den Nazis anlegte. Auch der Verweis auf Goethe als den „anderen“ Großdichter fiel keineswegs zufällig – das war „Mannsplaining“. [...]"

EYRBYGGJA SAGA

 EYRBYGGJA  SAGA (Wikipediaartikel)       Geschichte Islands (Wikipedia)

[...] 

13. Kapitel  Snorri Þorgrímsson war vierzehn Jahre [Winter] alt, als er mit seinen Pflegebrüdern Þorleif Kimba und Þóroddi ins Ausland ging. Börk der Große, sein Onkel, schenkte ihm für die Auslandsreise fünf Zehner [fünfzig Öre] Silber.

Sie wurden gute Reiter und kamen im Herbst nach Norwegen. Den Winter verbrachten sie in Rogaland. Snorri war mit Erling Skjálgsson in Sóla, und Erling war freundlich zu ihm, weil es eine alte Freundschaft mit [zwischen] ihren ehemaligen Cousins [Vorfahren], Hörða-Kára und Þórólf Mostráskegg, gegeben hatte.

Im folgenden Sommer fuhren sie nach Island und verspäteten sich. Sie hatten es im Freien schwer [eine schwere Überfahrt] und kamen kurz vor dem Winter in Hornafjörður an.

Aber als sie von einem Schiff, der Breiðfjörður, ausgingen [an Land gingen], schossen sie sehr hart in zwei Ecken um die [zeigten sich große Unterschiede der]  Ausrüstung von Snorri und Þorleifs Kimba. Þorleifur kaufte das beste Pferd, das er bekam. Er hatte auch einen prächtigen Steinsattel [bemalten Sattel]. Er hatte ein Schwert und einen Speer mit Goldspitze, einen dunkelblauen Schild und sehr goldene, feine Kleidung vorbereitet [verarbeitet]. Bis dahin war er sehr vorsichtig mit all seinen Plänen gewesen [Dafür hatte er fast alle seine Reisemittel ausgegeben]. Aber Snorri trug einen schwarzen Umhang und ritt auf einem guten schwarzen Pferd. Er hatte einen uralten Trogsattel und eine Waffe von wenig Schönheit. Þórodds Ausrüstung war dazwischen.

Sie ritten nach Osten durch Síða und dann nach Westen nach Borgarfjörður [Fjord im Westen Islands] und dann nach Westen durch Fläta und blieben in Álftafjörður.

Danach ritt Snorri nach Helgafell und plant*, dort den Winter zu verbringen. Börkur kam nicht gut an [nahm das mit Zurückhaltung auf] und die Leute hatten viel Spaß mit seiner Ausrüstung. Börkur ging davon aus, dass er sein Geld leider verloren hatte, als alles zerstört wurde. [...]"

(Übersetzung durch Google Übersetzer - Hinweise zum Verständnis anhand der Übersetzung von Klaus Blödl, Eugen Diederichs Verlag 1999 in eckigen Klammern)

* Ein  Beispiel für die vielen unmotivierten Tempuswechsel des Autors

Original (in neuisländischer Orthographie):

"[...] 

13. kafli Snorri Þorgrímsson var þá fjórtán vetra er hann fór utan með fóstbræðrum sínum, Þorleifi kimba og Þóroddi. Börkur hinn digri, föðurbróðir hans, galt honum fimm tigu silfurs til utanferðar.

Þeir urðu vel reiðfari og komu til Noregs um haustið. Þeir voru um veturinn á Rogalandi. Snorri var með Erlingi Skjálgssyni á Sóla og var Erlingur vel til hans því að þar hafði verið forn vinátta með hinum fyrrum frændum þeirra, Hörða-Kára og Þórólfi Mostrarskegg.

Um sumarið eftir fóru þeir til Íslands og urðu síðbúnir. Þeir höfðu harða útivist og komu litlu fyrir vetur í Hornafjörð.

En er þeir bjuggust frá skipi, Breiðfirðingarnir, þá skaust þar mjög í tvö horn um búnað þeirra Snorra og Þorleifs kimba. Þorleifur keypti þann hest er hann fékk bestan. Hann hafði og steindan söðul allglæsilegan. Hann hafði búið sverð og gullrekið spjót, myrkblán skjöld og mjög gylltan, vönduð öll klæði. Hann hafði þar og til varið mjög öllum sínum fararefnum. En Snorri var í svartri kápu og reið svörtu merhrossi góðu. Hann hafði fornan trogsöðul og vopn lítt til fegurðar búin. Búnaður Þórodds var þar á milli.

Þeir riðu austan um Síðu og svo sem leið liggur vestur til Borgarfjarðar og svo vestur um Flötu og gistu í Álftafirði.

Eftir það reið Snorri til Helgafells og ætlar þar að vera um veturinn. Börkur tók því fálega og höfðu menn það mjög að hlátri um búnað hans. Tók Börkur svo á að honum hefði óheppilega með féið farist er öllu var eytt. [...]

Im Folgenden erreicht Snorri, dass er Helgafell (auf der Halbinsel Snæfellsnes, die Landschaft, in der sich fast alle Geschehnisse, die die Saga behandelt, abspielen) erhält und seine Mutter Thordis sich von Börkur scheiden lässt und von da ab bei Snorri wohnt.

18. Kapitel  "Styr war ein mächtiger Mann im Bezirk und hatte ein großes Gefolge. Er war mit vielen Leuten verfeindet, denn er beging zahlreiche Totschläge, zahlte aber niemals Buße dafür."

Beim Thing wird ein Rechtsstreit weitgehend aufgrund des Reichtums der Anführer der Streitparteien und die Zahl der Männer entschieden, die sie unterstützen. Natürlich spielt auch mit, wie die Fälle gelagert sind. 

Snorri lässt sich fast nur auf Streitsachen ein, wo entweder die Rechtslage klar und/oder seine Partei eindeutig überlegen ist. Ein Risiko geht er nur ein, wenn er beim Unterliegen allenfalls nur eine Geldstrafe zu zahlen hat. 

Damit seine Partei im Zweifelsfall die stärkere ist, erhebt er im Zweifelsfall keine Klage gegen Leute wie Styr und versichert sich damit deren Loyalität in einem anderen Streitfall. Entsprechend hüten sich die meisten, mit ihm einen Streit anzufangen, weil er zu reich ist und zu viele Verbündete hat. 

Als Snorri in einem Fall im Unrecht ist, wagt der starke und mächtige Arnkel die Konfrontation. Er tötet einen Knecht von Snorri und geht straflos aus, als Snorri Anklage erhebt. (Kap.35) Daraufhin entgeht er knapp einem Mordanschlag, weil er stärker ist als der Angreifer. Man munkelt, Snorri könnte ihn gedungen haben, aber Snorri kümmert sich nicht darum [und keiner klagt ihn an].(Kap.36) 

Schließlich aber kommt Snorri mit einer Übermacht. Arnkel schickt seine Sklaven, sie sollen Hilfe holen. Die stellen sich ungeschickt an, so muss er sich allein verteidigen und wird - obwohl er der beste Kämpfer ist - schließlich getötet

"Und alle Leute beklagten seinen Tod sehr, denn er war in jeder Hinsicht der beste aller Männer gewesen in der heidnischen Zeit und auch der Klügste, von vortrefflicher Wesensart, hochherzig und von allen Männern der Mutigste. Er war aufrichtig und stets beherrscht. In Rechtsstreitigkeiten setzte er sich immer durch, mit wem er es auch zu tun hatte. Dadurch zog er den Neid anderer auf sich, wie sich jetzt gezeigt hatte." (Kap..37, Übersetzung von Klaus Blödl, Eugen Diederichs Verlag 1999 S. 88)

Im weiteren Verlauf kommt es zu offenen Kämpfen von Gruppen von 50 Männern und mehr. Friedensschlüsse halten nicht lang. (Kap.39-47)

40. kafli Þórður mælti: "Það mun þó vera yðart ráð að eigast fátt við og snúa frá hug sínum þar sem Þuríður er."

"Það mun vera gott ráð," segir Björn, "en firr er það mínu skapi þó að við nokkurn mannamun sé að eiga þar sem Snorri goði er, bróðir hennar."

"Þú sérð nú ráð fyrir þér," segir Þórður. Og skildi þar talið með þeim.

Björn fór nú heim til Kambs og tók þar bústjórn því að faðir hans var þá andaður. Hann hóf ferð sína um veturinn yfir heiði norður að hitta Þuríði. En þó að Þóroddi þætti það illa þá þótti honum sér óhægt vera bætur á að ráða, taldi það í hug sér hversu hart hann hafði af fengið þá er hann hafði um vandað hagi þeirra en hann sá að Björn var nú miklu kraftameiri en fyrr.

Þóroddur keypti um veturinn að Þorgrímu galdrakinn að hún skyldi gera hríðviðri að Birni þá er hann færi um heiðina.

Það var einn dag að Björn fór til Fróðár. Og um kveldið er hann bjóst heim að fara var þykkt veður og regn nokkuð og var hann heldur síðbúinn. En er hann kom upp á heiðina kólnaði veðrið og dreif. Var þá svo myrkt að hann sá eigi leiðina fyrir sér. Eftir það laust á hríð með svo miklu hreggi að hann fékk varla stýrt sér. Tók þá að frysta að honum klæðin er hann var áður alvotur. Fór hann þá og svo villur að hann vissi eigi hvert hann horfði. Hann hitti um nóttina hellisskúta einn og fór þar inn í og var þar um nóttina og hafði kalda búð. Þá kvað Björn:

Myndit Hlín of hyggja
hafleygjar vel þeygi,
sú er ber í vá víða
váðir, mínu ráði
ef eld-Njörun öldu
ein vissi mig steina,
hirðiþoll, í helli,
hafviggs, kalinn liggja.

Og enn kvað hann:

Sýlda skar eg svana fold
súðum því að gæibrúðr
ástum leiddi oss fast
austan með hlaðið flaust.
Víða gat eg vosbúð,
víglundr nú um stund
helli byggir hugfullr
hingað fyr konu bing.

Björn var úti þrjú dægur í hellinum áður upp létti hríðinni en þá kom hann af heiðinni hið fjórða dægrið og kom þá heim til Kambs. Hann var þrekaður mjög. Spurðu heimamenn hann hvar hann hefði verið um veðrin. Björn kvað:

Spurðust vor und vörðum
verk Styrbjarnar merkjum.
Járnfaldinn hlóð öldum
Eirekr í dyn geira.
Nú trað eg hauðr of heiði
hundvillr því fat eg illa
víða braut í votri
vífs görninga drífu.

Björn var nú heima um veturinn. Um vorið gerði Arnbjörn bróðir hans bú á Bakka í Hraunhöfn en Björn bjó að Kambi og hafði rausnarbú mikið.

Googleübersetzer ohne Hinweise. Die Skaldenstrophen versteht man aber auch bei sehr guter Übersetzung kaum ohne zusätzliche Hinweise.

Þórður sagte: "Es wird jedoch Ihr Plan sein, sich mit wenig zu befassen und sich von Ihrem Geist abzuwenden, wo Þúríðr ist."

"Es wird eine gute Idee sein", sagt Björn, "aber es ist meiner Stimmung fremd, auch wenn es einige menschliche Unterschiede gibt, bei denen Snorri ein Gott ist, ihr Bruder."

„Du siehst jetzt einen Plan für dich“, sagt Þórður. Und verstanden einschließlich ihnen.

Björn ging nun heim nach Kambs und übernahm dort den Hof, weil sein Vater tot war. Er begann seine Reise im Winter über die Heide nach Norden, um Úriði zu treffen. Aber obwohl Þóroddi es schlimm fand, dachte er, dass es ihm unmöglich sei, eine Entschädigung zu leisten, er überlegte, wie schwer er sie genommen hatte, als er sich um ihr Wohlergehen gekümmert hatte, aber er sah, dass Björn jetzt viel mächtiger war als vorher.

Während des Winters kaufte Þórodður Þorgrím, die Zauberin, damit sie einen Sturm für Bírni machen würde, wenn er durch die Heide ging.

Eines Tages ging Björn nach Fróðár. Und am Abend, als er nach Hause wollte, war das Wetter dick und es regnete ziemlich viel und er war ziemlich spät dran. Aber als er auf die Heide kam, wurde das Wetter kälter. Es war damals so dunkel, dass er den Weg nicht sehen konnte. Danach lief er eine Weile mit so viel Energie, dass er sich kaum beherrschen konnte. Nahm dann zum Einfrieren seiner Kleidung, als er zuvor unnahbar war. Dann ging er und verirrte sich so sehr, dass er nicht wusste, wo er hinsah. In dieser Nacht traf er allein auf ein Höhlenboot und ging hinein und blieb dort in dieser Nacht und hatte ein Kühlhaus. Dann sagte Björn:

Würde Hlín zu viel nachdenken?

Seelöwen bitte,

es ist vielerorts in Gefahr

schade, meiner Meinung nach

wenn Feuer-Nierenwelle

man kannte mich stein,

Hirte, in einer Höhle,

Havviggs, Kallin liegen.

Und wieder sagte er:


Dann schneide ich eine Schwanenfalte

Das ist also eine gute Braut

die Liebe führte uns schnell

Osten mit geladener Flöte.

An vielen Orten konnte ich einkaufen,

Kampf jetzt für eine Weile

Höhlenbauer nachdenklich

Hier für Frau Bing.

Björn war drei Tage in der Höhle, bevor der Sturm nachließ, aber dann kam er am vierten Tag aus der Heide und kam dann nach Kambs zurück. Er war sehr geduldig. Die Einheimischen fragten ihn nach dem Wetter, wo er gewesen sei. Björn sagte:

Fragen Sie unsere Wachen

Styrbjarns Arbeitszeichen.

Der Eiserne Fall türmte die Wellen auf

Eirekr im Dyn-Sektor.

Jetzt trete ich zu viel Hitze

hundvillr weil mir schlecht ist

an vielen Stellen brach Wasser ein

es war viel los.*

Björn war jetzt über den Winter zu Hause. Im Frühjahr baute sein Bruder Arnbjörn einen Hof auf Bakka in Hraunhöfn, aber Björn lebte in der Nähe von Kambi und hatte einen großen Hof.

*Die letzte Skaldenstrophe (Preislied) kommt in der Übersetzung von Klaus Blöd (Eugen Diederichs Verlag 1999, S.94 ganz ohne Erläuterung der Kenningar (Einzahl: die Kenning) aus.

Berühmt wurden unsere Taten

uuter Styrbjörns Banner

Erik mit dem Eisen-Helm

hieb Männer nieder im Ger-Sturm

Hillos verirrte ich mich

auf der Hochebene nun.

Er war nicht zu finden, der weite Weg,

im Wetter, gemacht von der Zauberin.

Spurðust vor und vörðum
verk Styrbjarnar merkjum.
Járnfaldinn hlóð öldum
Eirekr í dyn geira.
Nú trað eg hauðr of heiði
hundvillr því fat eg illa
víða braut í votri
vífs görninga drífu.

Die weitgehend wörtliche Google-Übersetzung macht aber deutlich, 
macht aber deutlich, wieviel er verändert hat, um im Hochdeutschen verständlich
zu werden:

Fragen Sie unsere Wachen

Styrbjarns Arbeitszeichen.

Der Eiserne Fall türmte die Wellen auf

Eirekr im Dyn-Sektor.

Jetzt trete ich zu viel Hitze

hundvillr weil mir schlecht ist

an vielen Stellen brach Wasser ein

es war viel los





Spurðust vor und vörðum
verk Styrbjarnar merkjum.
Járnfaldinn hlóð öldum
Eirekr í dyn geira.
Nú trað eg hauðr of heiði
hundvillr því fat eg illa
víða braut í votri
vífs görninga drífu.


Der eigentümliche Stil der Sagas des Hochmittelalters wurde in der deutschen Romantik als urgermanisch (und damit im romantischen deutschen Selbstverständnis: urdeutsch) empfunden. Ich erinnere mich noch an dieses Verständnis, das wir Kinder unserer Familie vorfanden, in den deutschen Heldensagen in der Fassung von Blunck und den isländischen Sagas in der Sammlung Thule sowie in der Schilderung des Lebens der Waräger, insbesondere der Warägergarde im oströmischen Reich in Broschüren wie "Wiking im Südland", und daran, wie es in der Kindheit und frühen Jugend unsere Phantasie beflügelt hat und uns dazu geführt hat, dieses Verständnis der Skandinavier und Wikinger als "urgermanisch" zu übernehmen. 

Mein älterer Bruder hat als einziger im Geschwisterkreis, der einen technischen Beruf ergriff, diesem Verständnis auch als Erwachsener eine gewisse Treue bewahrt. Ihm verdanke ich u.a. die Ausgaben der Heimskringla, der Saga Die Leute vom Lachswassertal und der EYRBYGGJA  SAGA von 1999 von Klaus Blödl.

Die Laxdæla saga (Die Leute vom Lachswassertalist literarisch geschlossener als die EYRBYGGJA  SAGA, über den literarischen Wert möchte ich nicht entscheiden. 
Das Schlusswort, das die weibliche Hauptperson der Saga,Gudrun Oswifersdottir (Guðrún Ósvífrsdóttir), Bolli, ihrem Lieblingssohn ihres Mannes Bolli, über ihre Ehegatten und Geliebten sagt, fasst aber am eindrucksvollsten das Befremdliche und andererseits auch literarisch Reizvollste des Geistes dieser Sagas: "Den ließ ich morden, den ich am meisten liebte."
Ihren Mann Bolli hat sie dazu angetrieben, seinen Freund Kjartan, den sie hätte heiraten wollen, zu erschlagen. Bolli wurde seinerseits von Kjartans Verwandten erschlagen.
Nicht nur die Männer mussten sich dadurch beweisen, dass sie die töten ließen, die ihnen nicht den Respekt erwiesen, den sie für sich forderten. Das gab es auch bei Frauen, und Gudrun ist die eindrucksvollste Repräsentantin.
Die Konstellation (Frau lässt ihren Geliebten töten) findet sich im Nibelungenlied des Hochmittelalters zwischen Brunhild und Siegfried wieder, wo freilich Kriemhild die unerbittlichste Rächerin ist. Bei Wagner nun übernimmt die vom Geliebten Betrogene, die den Geliebten hat töten lassen, zugleich auch die Rache an seinem (von ihr beauftragten) Mörder. Das wiederum hat Guðrún Ósvífrsdóttir Kjartans erwandten überlassen.
Literarisch bemerkenswerte Veränderungen.

Die große Rolle, die das Zaubern spielt, findet sich auch im finnischen Nationalepos, der Kalevala. Dort freilich ohne den germanischen Heldenmythos.

07 August 2022

Peter Bichsel: Über Gott und die Welt

 Peter BichselÜber Gott und die Welt. Texte zur Religion (Hrsg. Andreas Mauz). Suhrkamp, Frankfurt am Main 2009 (st 4154)

Bichsel schreibt nicht im übertragenen Sinne über "Gott und die Welt", sondern über Gott und die Welt und sein Verhältnis zu diesen beiden und zur Kirche.

Der Herr ist mein Trotz

 "Ich bin ein anderer - das ist Trotz.

Und der wunderbare Satz von Dorothee Sölle ist ein trotziger Satz: "Christ sein bedeutet das Recht, ein Anderer zu werden." [...] Ich weiß nicht ob ich an einen Gott glaube [...] 

Trotzdem, trotzdem – ich brauche ihn. Nicht einfach als Tröster und Helfer, nicht einfach als einen bei dem sich der Leichtathlet durch Bekreuzigen einen Hochsprungweltrekord erbetet – ich brauche ihn, damit das alles, was ist, nicht sinnlos ist – und damit das alles, was ist, nicht alles ist." (S.12)

"Ich brauche ihn nicht, um zu überleben. Ich brauche ihn nur, um leben zu können. [...] Ich brauche ihn, damit es sinnvoll ist, dass diese Welt mich überlebt." (S.13)

Abschied von einer geliebten Kirche
Bichsels Eltern gehörten zur Kirche, weil es sich so gehörte, weil sie sich richtig verhalten wollten. Aber sie sprachen nicht davon. 
Seine Mutter hielt ihn zwar dazu an, in die Sonntagsschule zu gehen, war aber wohl nicht gläubig. Religiöses behandelten sie mit Diskretion. Sein Vater war pietistisch aufgewachsen und im Blauen Kreuz.
Aber er "hatte später nicht die geringsten Beziehungen zur Brüdergemeinde und zum Blauen Kreuz - vielleicht eher eine unausgesprochene Ablehnung" (S.126)
"Meine Eltern nahmen meine Erziehung ernst, und ich hatte eine sehr schöne, fast ungetrübte Kindheit. Es fiel mir leicht, gehorsam zu sein. Rebellion gegen meine Eltern war von mir her undenkbar. Allerdings begann ich sehr früh, Bücher zu lesen, war altklug und fühlte mich bald meinen Eltern intellektuell  überlegen, was – das sei ihnen hoch angerechnet – nicht zu den geringsten Schwierigkeiten führte." (S.127)
Das religiöse Bekenntnis wurde zu meinem Emanzipationserlebnis. Ich hatte sozusagen den Dreh gefunden, gegen meine Eltern zu rebellieren, ohne dass sie viel dagegen haben konnten. Ich tat ja nichts Schlechtes im religiösen Sinne, ich verstieß nur gegen ihren Grundsatz der Diskretion. Ich betrieb meine rebellische Emanzipation mit ihren Mitteln: ich betrieb und übertrieb sie.
Der tempelreinigende Jesus gefiel mir besonders; "Ein feste Burg ist unser Gott" war mein Lied. Ich war geneigt, ein zorniger Christ zu werden, dafür geeignet war ich überhaupt nicht. Im Grunde genommen war ich ängstlich bis auf die Knochen und ebenso wie meine Eltern darauf bedacht, als lieb und nett und anständig zu gelten. [...] Ich war zwar nicht Mitglied einer verbotenen, wohl aber einer kleinen Kirche. Ich war Mitglied einer etwas belächelten Kirche, und es bereitete mir schelmisches Vergnügen, dass mir diese Kirche niemand verbieten konnte, weil die verlogene Mehrheit von sich behauptete, sie sei christlich und kirchlich und anständig. Für mich war das damals wie Schnippchenschlagen und in diesem Sinne die lustigste, die munterste und die dialektischste Linke, die ich je erlebte.
Ich las täglich die Losungen. [...]" (S. 128)
Als er mit 16 Jahren ins Lehrerseminar eintrat, führte er lange theologische Gespräche mit dem katholischen Pfarrer.
"Er riet mir übrigens immer wieder dringend von einer Konversion ab. Meine Beziehungen zu ihm waren der Beweis, dass ich ein religiöser Christ sei. Die Schulleitung gab mir in aller Deutlichkeit zu verstehen, dass mir dieser Kontakt schaden könne, dass ich als Nichtkatholik kein Recht auf diesen Kontakt habe. Ich erlebte ein zweites Mal meine Religiosität als Emanzipationsmittel, mein Christsein als Anderssein, mein Bekenntnis als Rebellion. [...] 
In jener Zeit begann mein Abschied von der Kirche, ohne dass ich es merkte. Ich bekam ein intensives Interesse an Theologie angefangen bei Kierkegaard; ich hatte den Ehrgeiz, den ganzen Karl Barth zu lesen. Mein Abschied von der Kirche begann damit, dass ich aus meinem Glauben eine Wissenschaft machen wollte. Ich ersetzte meine Frömmigkeit durch Interesse." (S.130)
"Mein Bekenntnis und die Kirche habe ich in meiner Jugendzeit als Emanzipationshilfe erlebt. Diese Funktion kann die Kirche für mich nicht mehr erfüllen. Oder anders gesagt: sie hat der weltlichen Anständigkeit keine eigene entgegenzusetzen. Sie glaubt dem Staat und seinen Institutionen blind, dass sie christlich seien. Die Kirche hat für mich ihren Wert als Alternative verloren. [...] 
Ich kenne die romantischen Träume davon, dass die Kirche dort erstarke, wo sie angegriffen und bedroht werde.. Würde es uns treffen, wir wären nicht im geringsten darauf vorbereitet. Die Schweizerische Landeskirche hat nicht die geringste Lust als Alternative zur Verfügung zu stehen. Überspitzt und als böser Scherz gesagt: Ich könnte mir vorstellen, dass sie schon sehr bald in ihrer Verfassung den schönen Vereinsstatutensatz aufnimmt: politisch und konfessionell neutral.
Ich gerate nun mit Recht in den Verdacht, dass auch ich die Kirche nur nach meinen persönlichen Nutzen beurteile. Ich entschuldige mich dafür. Es kommt wohl daher, dass sie mir tatsächlich von Nutzen war." (S.133)
So ist es konsequent, dass Bichsel nicht zuletzt für die Texte, die er außerhalb eines kirchlichen Kontextes schrieb, einen Ehrendoktor der Theologie erhielt.

06 August 2022

Andrej Kurkow: Picknick auf dem Eis

Dieser Post stand zunächst normal bei allen anderen, dann ergänzte ich ihn um einige unzufriedene Bemerkungen. Nach einmal Überschlafen sehe ich es jetzt deutlich anders.

Zwar stören mich aufgrund meines Geschmacks die Krimi-Elemente, aber die literarische Leistung ist gut. Die Aussage ähnlich wie bei Frischs "Biedermann und Brandstifter", aber diesmal nicht von der Schweiz auf das, was in einem anderen Land geschieht (CSSR nach der Besetzung durch Russland), sondern aus einem Land, wo es den meisten Bürgern schlecht geht und sie deshalb keine Energie haben, über das, was im gesamten Lande vor sich geht nachzudenken und die deshalb mithelfen, ihre Situation zu perpetuieren oder eben zu verschlechtern. Pessimistisch wie Kafka und große Kunst von politischer Bedeutung.

Und dies Land und diese Kunst ist durch den Angriff Russlands auf die Ukraine in Gefahr. Damit auch die künstlerische Aussage über die Situation in Russland, die ein Russisch sprechender Autor auf Ukrainisch über die Folgen des Elends in allen Ländern schreibt.

Andrej KurkowPicknick auf dem Eis

"Er sagte immer: 'Laß uns trinken, auf daß es uns nicht schlechter gehe. Besser ging's uns schon mal.' " (S.102)

"Sein Ausland - das war ein stiller Ort, eine Schweiz der Seele, bedeckt vom Schnee der Ruhe. Hier dagegen war alles mit Angst durchtränkt. Hier sangen nicht einmal die Vögel, als ob sie keinerlei Lust dazu verspürten." (S.103)

"Es ist ein besonderes Buch. Eines von jenen, die nicht jedermanns Lesegeschmack treffen. Manche werden mit falschen Erwartungen an die Geschichte herangehen, manche werden mit Viktors Art nicht klar kommen. Ich finde das alles verständlich. Weswegen ich froh bin, dass ich keine Ahnung hatte, worauf ich mich einliess, als ich mit dem Lesen begann. Stellte sich heraus, dass das Buch genau zu meinem Lesegeschmack passt. Es ist speziell, anders, aussergewöhnlich. Leicht melancholisch, gemixt mit einem guten Schuss Wodka."

Rezension: https://literaturschock.de/literatur/belletristik/gegenwartsliteratur/picknick-auf-dem-eis (Daraus: "Fazit: Eine interessante Geschichte, die ich nicht vorhersehen konnte. Wie ein Bach fliesst die Geschichte dahin, bis sie einen packt und umherwirbelt. Kurkow kann wunderbar Stimmung erschaffen. Sie ergreift einen und lässt einen teilhaben am Kiew von 1995. Plus: Ein Pinguin spielt mit!")

Bis zur Mitte des Romans gefiel mir das Absurde der Geschichte, als sie in den Krimi abglitt "Stellte sich heraus, dass das Buch [...] meinem Lesegeschmack" völlig widerspricht. Zur Sicherheit habe ich erst den Schluss und dann den Übergang gelesen. 

Die Hauptgestalt und ihre Art der Beziehung zur Welt spricht mich an. Aber das, was an dem Buch Krimi ist, stößt mich ab. Ich kann es nicht empfehlen, weil die Verrätselung mich dazu verführt hat, so viel davon zu lesen, dass mir die anfängliche Lust verdorben ist. Zum Glück viel ein Großteil der Lektüre in ein Wartezimmer, wo ich nichts anderes zur Hand hatte.

03 August 2022

Franz Werfel: Der veruntreute Himmel

 Zunächst ein Hinweis auf die Handlung nach der Wiedergabe der Filmhandlung in der Wikipedia:

Franz Werfel: Der veruntreute Himmel

"Der Film beginnt mit einer Beerdigung: Die aus Böhmen stammende Köchin Teta Linek hat bei ihrer Pilgerfahrt nach Rom den Tod gefunden und wird nun auf dem Friedhof Campo Santo Teutonico beigesetzt. In einer Rückblende wird geschildert, wie es dazu kam:

Für Teta Linek ist das Leben auf Erden nur eine mehr oder weniger lange Vorbereitung für das ewige Leben im Himmel. Sie setzt alles daran, dass ihr dieser Wunsch einmal erfüllt werde. Als gottgeweihten Mittler für die Ewigkeit hat sie ihren einzigen Neffen Mojmir auserkoren. Nachdem sie ihm eine gute Schulausbildung finanziert hat, zahlt sie auch noch die Kosten für das Priesterseminar und die ständig steigenden Beträge für die persönlichen Bedürfnisse des jungen Mannes. Sie legt dabei gar keinen großen Wert darauf, persönlichen Kontakt mit ihm zu halten, sondern gibt sich mit einem regen Briefaustausch zufrieden. Um sich den Himmel zu sichern, bezahlt sie seine Rechnungen und begleicht immer wieder seine Schulden. Sie selbst lebt dabei äußerst bescheiden.

Viele Jahre vergehen, bis Teta von ihrem Neffen hört, er sei jetzt zum Priester geweiht worden und werde die Pfarrei von Hustopec übernehmen. Nun entschließt sie sich, zu ihm zu ziehen und kündigt ihre Stelle als Haushälterin. Gleich nach ihrer Ankunft merkt sie, dass ihr Neffe sie über Jahrzehnte hinweg betrogen hat.

Um ihren Seelenfrieden wiederzuerlangen, nimmt Teta Linek an einer Pilgerfahrt nach Rom teil. Während der Reise freundet sie sich mit dem jungen Kaplan Seydel an und erzählt ihm ihre Lebensgeschichte. Dabei bekennt sie sich dazu, dass ihr berechnendes Handeln eine Sünde gewesen sei.[1]

Die Pilgerreise findet in einer Generalaudienz im Petersdom ihren Höhepunkt. Als der Papst auf der Sedia gestatoria an Teta Linek vorbeigetragen wird, kniet sie vor ihm nieder. Dabei erleidet die alte Dame einen Schwächeanfall, sodass sie in das Krankenhaus auf der Tiberinsel eingeliefert werden muss. Sie liegt bereits im Sterben, als ein Bischof ihr Krankenzimmer betritt und ihr mitteilt, dass der Heilige Vater von ihrem Leiden Kenntnis erlangt habe und für sie bete. Mit Gott versöhnt schließt Teta Linek ihre Augen für immer." (Wikipedia)


Wiedergabe der Handlung des Romans durch den Verlag

Meine Hinweise:

Der Roman beginnt mit der Darstellung der Magd Teta als alte Frau zusammen mit ihrem alten blinden Kettenhund, den sie Burschi nennt. Sie arbeitet für die Familie Argan auf deren Besitz Grafeneck, auf dem der Erzähler dauerhaftes Wohnrecht in einem Zimmer genießt, in dem er all seine Habe untergebracht hat. Meistens ist er allerdings auf Reisen. 


Aus dem Schluss:

Der Erzähler spricht: 

"Ich kenne also diese Person anders, als der Schriftsteller gewöhnlich seine Geschöpfe kennt. Er muss sie entweder erfinden, und das ist zumeist ein bedenkliches Verfahren, oder es sind historische Bombennummern, die er aus anderen Büchern zusammenkratzt. Teta Linek  aber ist keine Erfindung, ist kein Mosaik, sie ist wirklich, sowohl außerhalb meiner selbst als in mir. Sie hat nicht aufgehört, in mir zu sein und zu wachsen seit jener Nacht am Totenbett Philipp Argans, trotz allem, was inzwischen geschehen ist. Ich habe im letzten Jahr von Hunderten furchtbaren Liebestragödien gehört und gelesen. [...] Jedes einzelne dieser Schicksale wäre vermutlich wichtiger und würdiger, gestaltet zu werden, als die Geschichte von einem betrogenen Dienstmädchen. Doch gegen alle diese von Aktualität gellenden Schicksale hat sich Teta Linek in meiner Phantasie zähe durchgesetzt. Ich weiß nicht warum. Es ist halt ihre Kraft." (S.251/52)