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25 Februar 2023

Jüdische Sagen

 Als durchschnittlicher Kirchgänger hat man nur wenig Kenntnis über die christlichen Schriften außerhalb des biblischen Kanons, aber meist noch geringere Kenntnis über die jüdischen Schriften außerhalb des Alten Testaments. Gehört haben fast alle vom Talmud, aber eine klare Vorstellung kaum, noch problematischer wird es bei der Kabbala.

Sammlungen jüdischer Sagen

Jüdische Sagen beginnend mit Adam

Mich interessierte, als ich jüdische Sagen kennenlernte, vor allem die Geschichte von Joseph und Asenath, weil sie aus der Perspektive der Frau geschrieben ist, aber auch anderes, was von der Darstellung im Alten Testament abweicht.

Rießler, der viele Schriften dieser Art herausgegeben hat, rechnet die Texte, die ich im Folgenden zitiere, dem Kreis um die Essener zu.*

5. Kapitel: Musterung der Söhne Noes

1
Damals kamen Chams Söhne und setzten sich Nembroth zum Fürsten.

Japhets Söhne machten sich Phenech zum Führer.
Auch Sems Söhne kamen zusammen
und setzten sich Jectan zum Fürsten.

2
Als diese drei zusammenkamen, machten sie einen Plan,

um das Volk ihrer Anhänger zu beschauen und zu mustern.
Noch zu Noes Lebzeiten kamen sie alle zusammen
und wohnten einträchtig beieinander
und die Erde lag im Frieden.

3
Im 340. Jahr des Auszugs Noes aus der Arche,

nachdem Gott die Flut hatte vertrocknen lassen,
musterten die Fürsten ihr Volk.

4
Phenech, des Japhet Sohn, musterte als Erster Gomers Söhne:

alle, die unter dem Zepter ihrer Führer vorüberzogen,
beliefen sich auf 5800,
ebenso die Söhne Magogs auf 6200,
Madais Söhne auf 5700,
Tubals Söhne auf 9400,
Mosochs Söhne auf 5600,
des Tiras Söhne auf 12 300,
des Riphat Söhne auf 11 500,
Thogormas Söhne auf 14 400,
Elisas Söhne auf 14 900,
die Söhne des Tharsis auf 12100,
Cethins Söhne auf 17 300,
Doins (Dodanim) Söhne auf 17 700.

[743]

Die Zahl aller Wehrfähigen und Waffengegürteten
im Lager der Söhne Japhets
belief sich im Angesicht ihrer Führer auf 140 202, ohne Weiber und Kinder.
Japhets Gesamtzahl betrug 142 000.

5
Nembrath selbst und Chams Söhne zogen auch vorüber;

alle, die unter den Zeptern ihrer Führer vorüberzogen, beliefen sich auf 24 800,
Phuas Söhne auf 27 200, Kanaans Söhne auf 32 800,
Sobas Löhne auf 4300, Lebillas Söhne auf 22 300.
Satas Söhne auf 25 300, Remmas Söhne auf 30 600,
Sabacas Söhne auf 46 400.

6
Die Zahl aller Wehrfähigen und Waffengegürteten

im Lager der Söhne Chams
belief sich im Angesicht ihrer Führer auf 244 900, ohne Weiber und Kinder.
Sems Sohn Jectan musterte die Söhne Elams;
die Gesamtzahl derer, die unter den Zeptern ihrer Führer vorüberzogen belief sich auf 47 000,
die Gesamtzahl der Assursöhne,
die unter den Zeptern ihrer Führer vorüberzogen, dagegen auf 73 000,
die der Aramsöhne auf 87 000,
die der Söhne Luds auf 30 600,
die der Söhne Chams auf 73 000,
die der Söhne Aphaxads auf 114 600.
Ihre Gesamtzahl betrug 347 600.

7
Die Zahl der Lager bei den Söhnen Sems –

alle zogen gerüstet und kriegsmäßig einher –
betrug im Angesicht ihrer Führer neun, ohne Weiber und Kinder.

8
Dies sind die Geschlechter Noes, einzeln aufgeführt;

ihre Gesamtzahl beträgt 914 000.
Diese alle wurden noch zu Noes Lebzeiten gemustert,
in Anwesenheit Noes, fünfzig Jahre nach der Flut.
Die ganze Lebenszeit Noes betrug 950 Jahre; dann starb er.

 (Rießler: Das Buch der jüdischen Altertümer, Philo 5. Kapitel)
(Vgl.  Altes Testament 1.Buch Mose 10. Kapitel)

6. Kapitel: Der Turmbau zu Babel (Wikipedia; Bibellexikon)
1
Damals bewohnten alle getrennt ihr eigenes Land;

hernach vereinigten sie sich und wohnten beisammen.
Später zogen sie von Osten fort
und fanden ein Gefilde im Lande Babel;
daselbst ließen sie sich nieder und sprachen zueinander:
Wir werden noch, jeder vom andern, losgetrennt werden
und uns in den letzten Zeiten bekämpfen.
Kommet also!
Wir wollen einen Turm bauen,
dessen Spitze bis zum Himmel reichen soll.
So wollen wir uns Namen und Ruhm auf Erden verschaffen.

2
Dann sprachen sie zueinander:

Laßt uns Ziegelsteine nehmen!
Dann wollen wir, jeder für sich,
unsere Namen auf die Steine schreiben
und sie im Feuer brennen.

[744]

Was vollständig gebrannt ist,
soll dann als Ziegelstein im Mörtel dienen.

3
Da nahmen sie, jeder seinen Stein,

abgesehen von zwölf Männern, die sie nicht nehmen wollten.
Sie hießen Abraham, Nachor, Lot, Ruge, Tenute, Zaba,
Armodat, Jobab, Esar, Abimael, Saba und Auphin.

4
Da packte sie das Volk des Landes,

führte sie zu seinen Fürsten und sprach:
Das sind die Männer, die unsere Beschlüsse übertreten
und nicht in unsern Wegen wandeln wollen.
Da fragten die Führer sie:
Warum wollt ihr nicht Ziegelsteine mit dem Volk des Landes legen?
Sie gaben zur Antwort:
Wir legen mit euch weder Ziegelsteine,
noch teilen wir eure Lust.
Wir kennen Einen Herrn,
und diesen beten wir an.
Und mögt ihr uns samt euren Ziegelsteinen ins Feuer legen,
so stimmen wir euch doch nicht zu.

5
Da sprachen die Führer voll Zorn:

Wie sie gesagt, so verfahret mit ihnen!
Willigen sie nicht ein, mit euch Ziegelsteine zu legen,
so verbrennt sie samt euren Steinen im Feuer!

6
Da sprach Jectan, der erste Fürst der Anführer:

Nicht so! Man gebe ihnen eine Frist von sieben Tagen!
Bereuen sie dann ihre üblen Entschlüsse
und wollen sie mit euch Steine legen,
dann mögen sie am Leben bleiben.
Geschieht dies aber nicht,
so sollen sie nach eurer Meinung verbrannt werden!
Er selbst aber suchte nur nach einem Anlaß,
wie er sie aus des Volkes Händen retten könnte;
denn er war von ihrem Stamm und diente Gott.

7
Nach diesen Worten nahm er sie zu sich

und schloß sie im Königsschlosse ein.
Hernach ließ der Fürst abends
fünfzig wehrfähige Männer zu sich rufen
und sprach zu ihnen:
Zieht hin
und holt in dieser Nacht die in meinem Hause eingesperrten Männer!
Dann beladet zehn Lasttiere mit Lebensmitteln für sie!
Die Männer selber aber führt zu mir!
Dann bringt ihre Lebensmittel mit den Lasttieren ins Gebirge,
und sorgt für sie daselbst!
Wisset aber, daß ich euch im Feuer verbrenne,
wenn jemand erfährt, was ich zu euch sprach!

8
Die Männer zogen fort und taten genau, wie der Fürst ihnen befohlen.

Sie führten also zuvor die Männer bei Nacht aus seinem Haus herbei,

[745]

nahmen die Lebensmittel, beluden damit die Lasttiere
und führten sie ins Gebirge nach seinem Befehl.

9
Da rief der Fürst jene zwölf Männer zu sich und sprach zu ihnen:

Habt Vertrauen! Fürchtet euch nicht!
Ihr müht nicht sterben.
Mächtig ist ja Gott, auf den ihr vertrauet;
deshalb seid in ihm standhaft!
Er wird euch ja befreien und retten.
Nun befahl ich fünfzig Männern
sie sollten euch samt Lebensmitteln aus meinem Haus hinausführen.
So gehet denn ins Gebirge und haltet euch in einem Tal auf!
Ich gebe euch noch fünfzig andere Männer mit,
die euch bis dorthin begleiten sollen.
Nun gehet und verberget euch dort in einem Tal,
wo ihr ein aus Felsen fließendes Wasser zum Trinken habt,
und haltet euch dreißig Tage auf,
bis sich des Volkes Ingrimm im Lande legt,
und bis Gott über dieses einen Zorn losläßt
und es auseinanderreißt!
Ich weiß nämlich,
daß der von ihnen ungerecht gefaßte Beschluss nicht ausgeführt wird;
denn ihr Planen ist eitel.
Nach Verlauf von sieben Tagen werden sie euch freilich suchen;
ich aber sage dann zu ihnen:
Sie sind fort;
sie flohen bei Nacht nach Sprengung ihrer Kerkertüre;
ich schickte daraufhin hundert Männer zu ihrer Verfolgung ab.
Auf diese Weise bringe ich sie von ihrem augenblicklichen Zorn ab.

10
Da gaben ihm elf Männer zur Antwort:

Deine Sklaven haben Gnade vor deinen Augen gefunden,
daß wir aus den Händen dieser Übermütigen befreit werden.

11
Abram allein schwieg.

Da fragte ihn der Fürst:
Warum antwortest du mir nichts, Abram, Diener Gottes?
Da erwiderte Abram:
Gesetzt, ich flüchtete mich heute ins Gebirge
und entginge so dem Feuer,
dann können aus den Bergen wilde Tiere kommen
und uns verzehren,
oder die Nahrungsmittel gehen uns aus,
und wir sterben Hungers;
dann sieht es aus,
als ob wir, auf der Flucht vor dem Volk des Landes,
in unsern Sünden umgekommen wären.
Nun aber lebt der, auf den ich vertraue.
Ich lasse mich nicht aus dem Ort bringen,
wohin man mich verbrachte.
Und sollte ich irgendeine Sünde auf mir haben,

[746]

daß ich ihretwegen hinweggerafft würde,
so geschehe Gottes Wille!
Da sprach zu ihm der Fürst:
Dein Blut komme über dein Haupt,
willst du nicht mit jenen fortziehen!
Willst du aber, so kannst du befreit werden.
Wenn du aber zurückbleiben willst,
dann bleibe eben, wie du willst!
Da sprach Abram: Ich gehe nicht fort; ich bleibe hier.

12
Da entließ der Fürst jene elf Männer

und sandte weitere fünfzig mit ihnen,
denen er anbefahl:
Wartet auch ihr im Gebirge fünfzehn Tage
mit jenen vorausgesandten Fünfzig!
Hernach kehret zurück und saget:
„Wir fanden sie nicht“,
geradeso, wie ich jenen Ersten gesagt habe.
Wisset, daß im Feuer verbrannt wird,
wer irgendeinem meiner Befehle zuwiderhandelt!
Nach dem Abzug der Männer nahm er den Abram
und schloß ihn wieder an dem frühern Orte ein.

13
Nach sieben Tagen versammelte sich das Volk und sprach zu seinem Fürsten:

Gib uns die Männer heraus,
die nicht mit uns das gleiche wollten!
Wir wollen sie verbrennen.
Und sie schickten Führer hin, die sie herführen sollten.
Da fanden sie niemand mehr außer Abram.
Da kamen sie alle zu ihren Fürsten und sprachen:
„Die Männer, die ihr einschlosset, sind geflohen.
So entrannen sie dem, was wir beschlossen.“

14
Da sprachen Phenech und Nebroth zu Jectan:

Wo sind die Männer, die du einschlossest?
Er sprach:
Sie brachen in der Nacht aus.
Da sandte ich hundert Männer ab, die sie suchen sollten.
Ich gab den Befehl,
daß man sie, falls man sie fände, nicht bloß verbrennen,
sondern auch ihre Leiber den Vögeln geben und sie so vernichten sollte.

15
Da sprachen sie zu ihm:

So wollen wir den, der allein noch da ist, verbrennen.
Sie nahmen Abram, führten ihn zu ihrem Fürsten und fragten ihn:
Wo sind die, die bei dir waren?
Da sprach er:
Ich hatte in der Nacht einen tiefen Schlaf;
als ich aufwachte, fand ich sie nicht mehr vor.

16
Daraufhin packten sie ihn,

erbauten einen Ofen, zündeten ihn an
und legten Ziegelsteine zum Gebranntwerden in den Ofen.

[747]

Dann ergriff der Fürst Jectan, im Herzen gerührt, Abram
und warf ihn zu den Ziegelsteinen in den Ofen.

17
Da ließ Gott ein großes Erdbeben entstehen,

und das Feuer ergoß sich aus dem Ofen,
brach in Flammen und Feuerfunken aus
und verbrannte alle um den Ofen herum.
Derer, die an jenem Tage verbrannten,
waren es insgesamt 83 500.
Dagegen hatte Abram nicht den geringsten Schaden
durch Verbrennung erlitten.

18
Nun stieg Abram aus dem Ofen

und warf den Feuerofen um.
So ward Abram gerettet.
Er ging nun zu den elf Männern
und erzählte ihnen alles Vorgefallene.
Da stiegen sie mit ihm vom Gebirge
und freuten sich im Namen des Herrn,
und niemand begegnete ihnen
und erschreckte sie an jenem Tag.
Jenen Ort hießen sie nach Abram,
und zwar in chaldäischer Sprache Deli, d. i. Gott.

 (Rießler: Das Buch der jüdischen Altertümer, Philo 6. Kapitel)
(Der Bericht im Alten Testament 1. Buch Mose 11. Kapitel)

7. Kapitel: Völkerzerstreuung
1
Nach diesen Vorfällen ließ das Volk des Landes

trotzdem nicht von seinen schlimmen Plänen.
Sie kamen abermals zu ihren Fürsten und sagten:
Das Volk soll nie überwunden werden.
Laßt uns zusammenkommen und uns eine Stadt bauen
sowie einen Turm, der niemals verschwinden soll!

2
Als sie nun zu bauen begannen,

sah Gott die Stadt und den Turm,
den die Menschenkinder bauten,
und er sprach:
Fürwahr, es ist Ein Volk und Eine Sprache;
doch das, was sie zu bauen unternehmen, kann die Erde nicht ertragen.
noch der Himmel es sehen und dulden.
Werden sie jetzt aber nicht daran gehindert,
so werden sie sich an alles wagen, was sie sich vornehmen.

3
Deshalb will ich ihre Sprache teilen

und sie in alle Welt zerstreuen,
daß keiner mehr den andern kennt
und keiner die Sprache seines Nächsten versteht.
Ich werde sie den Felsen überliefern,
und sie werden sich Hütten aus Stoppeln von Stroh erbauen
und sich Höhlen ausgraben und darin wie wilde Tiere hausen.
Und so werden sie vor meinem Angesicht zu allen Zeiten bleiben,
daß sie niemals wieder solches aushecken.

[748]

Ich werde sie wie Wassertropfen erachten
und sie mit Speichel vergleichen.
Für die einen kommt das Ende im Wasser,
und die andern werden durch Durst ausgetrocknet.

4
Vor allen diesen werde ich meinen Diener Abram erwählen,

ihn aus ihrem Gebiet entfernen
und in das Land führen, worauf mein Auge von Anbeginn blickte,
als vor meinem Angesicht alle Erdbewohner sündigten.
Als ich das Wasser der Sintflut herbeiführte,
vernichtete ich jenes Land nicht, sondern bewahrte es davor.
Darin brachen nicht die Quellen meines Zornes auf;
noch kam darin das Wasser meiner Vernichtung.
Dort nämlich will ich meinen Diener Abram wohnen lassen,
meinen Bund mit ihm schließen und seinen Stamm segnen,
und ich werde ihm für ewig zum Schutzgott sein.

5
Und Gott teilte die Zungen der Völker,

die das Land bewohnten,
als sie mit dem Turmbau begannen,
und änderte ihr Aussehen.
Und keiner erkannte mehr seinen Bruder,
noch verstand irgendeiner die Sprache seines Nächsten.
Wenn die Bauleute ihren Knechten
die Beischaffung von Steinen befahlen,
dann brachten diese Wasser herbei,
und wenn sie Wasser verlangten, so brachten sie Stroh.
So wurde ihr Vorhaben unterbunden,
und sie hörten mit dem Bau der Stadt auf;
dann zerstreute sie der Herr von dort
über die Oberfläche der ganzen Erde.
Deshalb nannte man jenen Ort „Verwirrung“,
weil Gott daselbst ihre Sprache verwirrte
und sie von da über die Oberfläche der ganzen Erde zerstreute.

( Rießler: Das Buch der jüdischen Altertümer, Philo 7. Kapitel)


*Zu Philo
"Das Buch stammt nicht von Philo aus Alexandrien. Es enthält eine Darstellung der alttestam. Geschichte bis zu Sauls Tod. So bildet es eine Ergänzung zum 1. Chronikbuch, das in seinem erzählenden Teil mit Sauls Tod beginnt. Der Verfasser will nur erbauen und besonders den Glauben an die göttliche Vorsehung stärken. Er weiß viel von Träumen, Weissagungen, Visionen und Engelserscheinungen zu berichten. Den Opfern und dem Tempeldienst legt er keinen besondern Wert bei. Das Priestergesetz und das Buch Levitikus sind nicht verwertet. Dazu kommt die Abneigung gegen die damaligen Priester (53, 9) und die besondere Beachtung der Edelsteine (26, 10 ff Jos. Bell Jud. II 8, 6). Dies alles spricht für essenischen Ursprung. 
Das Buch enthält viele alte jüdische Überlieferungen (s. M. R. James, The Biblical Antiquities of Philo 1917 IA, L. Cohn in Jewish Quarterly Review X 1898 An apocryphal work ascribed to Philo of Alexandria)" (Rießler Erläuterungen)

19. Esdras drittes Buch 
[überliefert in der Septuaginta vor dem Buch Esra, in der Vulgata nach Nehemia als 3. der Büchr der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft]

3. Kapitel: Der Wettstreit der Leibpagen. Des Weines Macht
1
König Darius gab ein groß Gelage

all seinen Untertanen,
all seinen Haussklaven
und allen Vornehmen von Medien und Persien

2
und allen Satrapen, Heerführern und Statthaltern unter ihm,

von Indien bis nach Äthiopien,
in 127 Satrapien.

3
Sie aßen und tranken.

Nachdem sie voll geworden,
zogen sie sich zurück.
Auch König Darius zog sich in sein Schlafgemach zurück.
Da wachte er wieder auf,
nachdem er schon eingeschlafen war.

4
Die drei jungen Leibwächter hatten aber zueinander gesagt:
5
Jeder von uns soll einen Spruch anfertigen

über das, was das Stärkste ist.
Und wessen Wort sich dann weiser erzeigt
als das der anderen,
dem soll König Darius reichliche Geschenke
und große Siegerpreise verleihen!

6
Er soll in Purpurstoff gekleidet werden,

aus goldenen Bechern trinken,
auf goldenen Betten schlafen,
einen Wagen bekommen mit goldenen Zügeln,
einen Turban aus feinstem Linnen
und ein Halsband tragen!

7
Er soll um seiner Weisheit willen

neben Darius auf dem ersten Platze sitzen
und des Darius Vetter heißen!

8
Nachdem sie jeder seinen Spruch geschrieben,

versiegelten sie ihn
und legten ihn unter des Königs Darius Kissen.

9
Sie sagten:
[248]

Erwacht der König,
dann überreicht man ihm das Schriftstück.
Hierauf erkenne man den Sieg dem zu,
dessen Spruch der König und die drei Vornehmsten Persiens
als weisesten erklären,
entsprechend dem Aufschrieb.

10
Der Erste schrieb:

Der Wein ist am mächtigsten.

11
Der Zweite schrieb:

Der König ist am mächtigsten.

12
Der Dritte schrieb:

Die Weiber sind am mächtigsten.
Doch über alles siegt die Wahrheit.

13
Als der König aufwachte,

nahm man das Schriftstück und gab es ihm.
Da las er es.

14
Hierauf ließ er alle Vornehmen von Persien und Medien,

Satrapen, Heerführer, Statthalter und Oberste berufen.
Dann ließ er sich im Staatssaal nieder
und also ward das Schriftstück ihm vorgelesen.

15
Hierauf befahl er:

Ruft jene Jünglinge;
sie sollen ihre Sprüche selbst erklären!
So wurden sie gerufen.
Nach ihrem Eintritt

16
befahl man ihnen:

Erkläret uns das Aufgeschriebene!
Da fing der Erste also an:
– er hatte von des Weines Macht geschrieben –

17
Ihr Männer! Inwiefern der Wein am stärksten ist?

Er macht die Sinne allen Menschen wirr,
die von ihm trinken.

18
Die Sinne eines Königs macht er gleich

wie die des Waisenknaben,
die eines Sklaven wie die eines Freien,
die eines Bettlers wie die eines Reichen.

19
Gar alle Sinne wandelt er in Lustigkeit und Fröhlichkeit,

läßt alle Trauer, alle Schulden in Vergessenheit geraten.

20
Und alle Herzen macht er reich,

läßt Könige und Satrapen sich vergessen
und alle Reden läßt er in Millionen sich ergehen.

21
Doch Freunde und Verwandte läßt er Freundschaft selbst vergessen,

wofern sie von ihm trinken.
Nicht lange dauert es,
so zücken sie die Schwerter.

22
Erwachen sie jedoch vom Wein,

so denken sie nicht mehr an das,
was sie verübt.

[249]
23
Ihr Männer!

Ist nicht der Wein am mächtigsten,
dieweil er so zu handeln zwingt?
Nachdem er so gesprochen, schwieg er.


4. Kapitel: Des Königs Macht
1
Da fing der Zweite an, zu reden,

der von des Königs Macht geschrieben:

2
Ihr Männer!

Sind nicht am mächtigsten die Menschen,
dieweil sie sich die Erde und das Meer
und alles, was darinnen, unterwerfen?

3
Der König aber ist der mächtigste von ihnen:

denn er gebietet über sie,
und er beherrscht sie,
und sie gehorchen ihm in allem, was er ihnen anbefiehlt.

4
Befiehlt er ihnen, gegenseitig Krieg zu führen,

dann tun sie es.
Und sendet er sie gegen Feinde aus,
alsdann marschieren sie
und zwingen Berge, Mauern, Burgen nieder.

5
Sie morden, und sie lassen ermorden

und handeln niemals gegen den Befehl des Königs.
Und wenn sie siegen, bringen alles sie dem König,
und wenn sie plündern, ausnahmslos das übrige.

6
Und die, die keinen Kriegsdienst tun

und die nicht kämpfen,
vielmehr das Land bebauen,
sie bringen wiederum dem König Gaben,
nachdem sie eingeheimst, was sie gesät.
Sie zwingen ja sich gegenseitig,
dem König Abgaben zu bringen.

7
Er ganz allein ist einzig.

Heißt er sie töten,
so töten sie.
Befiehlt er frei zu lassen.
sie lassen frei.

8
Heißt er sie schlagen,

hauen sie zu.
Befiehlt er zu verwüsten,
verwüsten sie.
Heißt er sie bauen,
so bauen sie.

9
Heißt er vernichten,

vernichten sie.
Befiehlt er anzupflanzen,
so pflanzen sie.

[250]
10
Sein ganzes Volk und seine Heere folgen ihm.

Dabei setzt er sich selber an den Tisch
und ißt und trinkt und schläft.

11
Sie aber halten Wache rings um ihn,

und keiner darf von ihnen sich entfernen
und seine eigenen Geschäfte tun,
noch den Gehorsam ihm verweigern.

12
Ihr Männer!

Wie sollte nicht am mächtigsten der König sein,
weil solch Gehorsam ihm geleistet wird?
Nun aber schwieg er.

13
Nun hob der Dritte an zu reden,

der von den Weibern und der Wahrheit schrieb,
Zorobabel.

14
Ihr Männer!

Ist nicht der König groß?
Sind nicht die Menschen zahlreich?
Ist nicht der Wein so mächtig?
Wer ist nun ihr Gebieter?
Und wer ihr Herrscher?
Sind’s nicht die Weiber?

15
Die Weiber sind es, die den König

und all die anderen hervorgebracht,
die Erd und Meer beherrschen.

16
Geboren, aufgezogen wurden auch von ihnen

all die, die Weinberge gepflanzt, wovon der Wein.

17
Sie sind es, die den Menschen Kleider machen,

sie, die den Menschen Zierat schaffen.
Es können nicht die Menschen leben ohne Weiber.

18
Und wenn sie Gold und Silber

oder andere Kostbarkeiten sammeln,
und sehen sie alsdann ein einzig Weib,
liebreizend durch Gestalt und Schönheit,

19
so lassen sie das alles liegen,

von Gier nach ihm getrieben,
und starren es mit offnem Munde an,
und alle ziehen es bei weitem vor
dem Golde oder Silber
oder sonstigen Kostbarkeiten.

20
Der Mensch verläßt den Vater, der ihn aufgezogen,

und seine Heimat
und hängt sich an sein Weib.

21
Er stirbt, das Weib im Herzen,

und denkt nicht mehr an Vater, Mutter
und nicht mehr an die Heimat.

22
Daran müßt ihr erkennen,

daß diese Weiber euch beherrschen.

[251]

Ja, müht und quält ihr euch nicht ab,
daß ihr den Weibern alles geben und verschaffen könnt?

23
Es nimmt der Mensch sein Schwert,

bricht auf, zieht aus
und raubt und stiehlt,
fährt auf den Strömen und dem Meer.

24
Er sieht dem Löwen in das Auge,

durchzieht die Finsternis
und hat er dann gestohlen und geplündert
oder Straßenraub getrieben,
dann bringt er’s der Geliebten.

25
Es liebt der Mensch sein eigen Weib,

mehr als den Vater und die Mutter.

26
Gar viele kamen schon der Weiber wegen um die Sinne

und wurden ihretwegen Sklaven.

27
Gar viele gingen schon zugrunde

und wurden unglücklich,
ja selbst Verbrecher um der Weiber willen.

28
Glaubt ihr mir deshalb nicht?

Ist nicht der König groß durch seine Macht?
Und hüten sich nicht alle Lande,
ihn zu berühren?

29
Und dennoch sahen sie Apame,

des hochgeehrten Bartakes Tochter,
das Nebenweib des Königs,
wie sie beim Könige zur Rechten saß,

30
das Diadem vom Haupt des Königs nahm,

sich’s selber aufsetzte,
und mit der Linken gab sie selbst dem König einen Backenstreich,

31
indes der König offenen Mundes da saß

und sie nur anschaute.
Wenn sie ihn anlacht,
lacht er auch;
ist sie ihm böse,
dann schmeichelt er,
bis sie ihm wieder gut.

32
O Männer!

Wie sollten nicht die Weiber mächtig sein,
weil sie so handeln?

33
Wie nun der König und die Vornehmen einander ansahen,

begann er von der Wahrheit so zu reden:

34
Ihr Männer!

Sind nicht die Weiber mächtig?
Groß ist die Erde, hoch der Himmel,
und schnell im Lauf die Sonne,
dieweil sie ums Gewölb des Himmels kreist
und wiederum an ihren Ort und an einem einzigen Tage läuft.

35
Ist nun nicht groß, wer solches tut?
[252]

Noch größer und noch mächtiger als alles
ist die Wahrheit.

36
Die ganze Erde ruft nach Wahrheit;

der Himmel preist sie laut,
und das Geschaffene erhebt und zittert insgesamt;
es gibt nichts Unrechtes an ihr.

37
Der Wein ist ungerecht,

der König ungerecht
und ungerecht die Weiber;
die Menschenkinder all sind ungerecht,
all ihre Werke sind ungerecht,
was immer so beschaffen ist.
Nicht ist in ihnen Wahrheit;
vermöge ihrer Ungerechtigkeit gehen sie zugrund.

38
Die Wahrheit aber bleibt,

und sie behält auf ewig Macht,
lebt und behält in alle Ewigkeiten Kraft.

39
Auch ist bei ihr kein Ansehen der Person

und nicht Parteilichkeit;
sie tut vielmehr nur das, was recht,
im Unterschied von allen Bösen, allen Ungerechten.
An ihren Werken haben alle Wohlgefallen.

40
Nicht das geringste Unrecht ist in ihrem Urteil.

Und so gehört ihr denn die Macht,
die Herrschaft, die Gewalt,
die Herrlichkeit zu allen Zeiten.
Gepriesen sei der Gott der Wahrheit!

41
Als er nun aufhörte zu reden,

da riefen alle die Versammelten:
Groß ist die Wahrheit;
sie ist am mächtigsten. –

42
Dann sprach zu ihm der König.

Bitt jetzt, was du nur willst,
noch mehr, als was geschrieben ist!
Wir wollen es dir geben,
weil du als Weisester erfunden wardst.
Du sollst auch neben mir den Platz erhalten,
sowie mein Vetter heißen!

43
Darauf sprach er zum König:

Gedenke des Gelübdes,
das du damals machtest,
als du deine Krone erlangtest;
du wollest nämlich Jerusalem wieder befestigen

44
und alle aus Jerusalem weggenommenen Geräte

wieder zurücksenden.
Sie hatte schon Cyrus ausgeschieden,
als er gelobte, Babel zu zerstören
und sie dorthin zurückschicken zu wollen.

[253]
45
Auch gelobtest du,

den Tempel wieder aufzubauen,
den die Idumäer in Brand steckten,
als Juda von den Chaldäern verwüstet ward.

46
Das ist es nun,

was ich von dir fordere, Herr König,
und um was ich dich bitte.
Das ist die glorreiche Tat,
die du vollziehen mögest.
Ich flehe,
du mögest das Gelübde erfüllen,
das du dem König des Himmels mündlich gelobtest.

47
Da stand König Darius auf,

küßte ihn
und schrieb ihm Briefe
an alle Amtleute, Statthalter, Heerführer und Satrapen,
sie sollen ihm und allen, die mit ihm hinaufzögen,
Jerusalem wieder zu befestigen,
freies Geleite geben.

48
Sodann befahl er schriftlich

allen Statthaltern in Cölesyrien und Palästina,
sowie denen im Libanon,
sie sollen Zedernstämme vom Libanon nach Jerusalem schaffen
und ihm bei der Befestigung der Stadt helfen.

49
Ferner gab er Freibriefe allen Juden,

die aus dem Reich nach Juda hinaufzogen,
daß kein Fürst oder Satrap oder Statthalter oder Beamter
vor ihre Tore ziehen dürfe,

50
daß ihnen das ganze Land, das sie einnähmen,

abgabenfrei gehören solle,
sowie, daß die Idumäer
die judäischen Ortschaften in ihrem Besitz zu räumen hätten,

51
ferner, daß zum Tempelbau jährlich bis zum Ausbau

zwanzig Talente auszuzahlen seien,

52
ferner, daß für die täglichen Brandopfer auf dem Altar,

siebzehn nach Vorschrift,
jährlich zehn andere Talente zu zahlen seien,

53
ferner, daß alle aus Babylonien Zuwandernden

frei sein sollten,
sie und ihre Nachkommen,
desgleichen alle Priester,
die zuwanderten, die Stadt zu gründen.

54
Er gab auch schriftlich Befehl,

den Priestern den Unterhalt und die Dienstgewänder zu liefern.

55
Sodann befahl er,

den Leviten den Unterhalt zu gewähren
bis zu dem Tag, wo der Tempel
und Jerusalems Befestigung vollendet sein würde.

[254]
56
Auch befahl er,

allen Wächtern der Stadt Grundbesitz und Sold zu gewähren.

57
Endlich sandte er alle Geräte zurück,

die Cyrus ausgeschieden hatte.
Er gab überhaupt den Befehl,
alles auszuführen, was Cyrus versprochen,
und es in Jerusalem zu verwirklichen. 

[folgt: Lobgesang Gottes durch den 3. Sklaven]


(Rießler: Buch der jüdischen Altertümer 3 Esdras)

Mit dem Lob der Macht der Frauen vergleiche man den patriarchalischen Ursprung der Welt und des Gottesvolkes Israels, wo alle Abstammung nur in der männlichen Linie zählt, obwohl nach der  Halacha nur der Sohn einer Jüdin als vollwertiger Jude gilt (sieh: Vaterjude), mit dem Lob der Wahrheit das Lob der Liebe bei Paulus 1. Korinther 13)

11 Mai 2022

Joseph und Asenath

 Über die Vorgeschichte dieses Berichtes über Joseph und seine Frau Asenath informiert ein früherer Blogartikel aus dem Jahr 2010. Aber vielleicht wird mancher auch angeregt, den vollständigen Text bei Wikisource nachzulesen. Eine Einführung in die Erzählung und ihren Hintergrund gibt die Wikipedia: Josef und Asenat.   

24. Kapitel: Verschwörung gegen das junge Paar

1
Da blieb nun Pharaos Sohn voll Furcht und Trauer,

weil er die Brüder Josephs fürchtete;
doch wieder war er toll,
weil Asenath so schön;
so härmt er sich darum noch mehr.

2
Da flüstern seine Knechte ihm ins Ohr:

„Die Söhne Ballas und die Söhne Zelphas,
der Mägde Lias und der Rachel,
der Weiber Jakobs,
sie hassen Joseph und die Asenath
und sie verabscheuen sie;
die werden dir in allem wohl zu Willen sein.“

3
Auf dieshin sandte Pharaos Sohn

gar eilig Boten an sie ab
und ließ sie rufen.
Und in der ersten Stunde in der Nacht erschienen sie vor ihm
und traten vor ihn hin;
er sprach zu ihnen:
Von vielen habe ich erfahren, daß ihr tapfre Männer seid.

4
Darauf erwiderten ihm Dan und Gad, die ältern Brüder:

Es rede unser Herr mit seinen Knechten, was er wünscht,
damit es deine Knechte hören
und wir nach deinem Wunsche tun!

5
Da freute sich des Pharao Sohn

und sprach zu seinen Dienern:
Entfernet euch auf kurze Zeit von mir!
Ich möcht mit diesen Männern ein geheimes Wörtlein reden.

6
Darauf entfernen sie sich alle.
7
Dann lügt der Sohn des Pharao

und spricht zu ihnen:
Seht, Segen oder Fluch liegt hier vor eurem Angesicht!
Wählt lieber Segen als den Tod!
Ihr seid ja tapfre Männer
und wollt nicht wie die Weiber sterben.
Seid vielmehr tapfer!
Rächt euch an euren Feinden!

[531]
8
Ich hab auch selbst gehört,

wie Joseph, euer Bruder, einst zu meinem Vater Pharao sprach:
Dan, Gad und Nephthalim
und Aser sind nicht meine Brüder;
sie sind vielmehr die Mägdekinder meines Vaters;
Ich warte nur den Hingang meines Vaters ab,
dann tilg ich von der Erde sie und ihre ganze Sippe.
Sie sollen nimmer mit uns erben,
dieweil sie Mägdekinder sind!

9
Auch haben sie mich an die Ismaeliten einst verkauft,

und so vergelt ich ihnen ihren Übermut,
womit sie gegen mich gefrevelt.
Nur soll mein Vater vorher sterben.

10
Da lobte ihn mein Vater Pharao darob

und sprach zu ihm:
Gar gut gesprochen, Kind!
Nun nimm von mir doch starke Männer!
Alsdann belange sie
nach dem, was sie dir angetan!
Ich will dabei dein Helfer sein.

11
Als dieses Dan und Gad vom Sohne Pharaos vernahmen,

da wurden sie betrübt und ängstlich;
sie sagten ihm:
Wir bitten, Herr, dich: Leist uns Hilfe!
Von jetzt an sind wir deine Diener, deine Sklaven,
und wollen mit dir sterben.

12
Da sprach der Sohn des Pharao:

Ich werde euer Helfer sein,
wenn ihr auf meine Worte hört.

13
Da sprachen sie zu ihm:

Befiehl uns, was du willst!
Wir tun nach deinem Willen.

14
Da sprach der Sohn des Pharao zu ihnen:

Ich werde meinen Vater Pharao in dieser Nacht noch töten,
weil Pharao zu Joseph wie ein Vater ist
und weil er ihm versprochen, gegen euch zu helfen.
Ihr aber tötet Joseph;
dann nehme ich mir Asenath zum Weib.
Ihr werdet meine Brüder sein,
Miterben all des Meinen.
Nur tuet so!

15
Da sprachen Dan und Gad zu ihm:

Wir sind heute deine Knechte
und wir tun alles, was du uns befiehlst.
Wir hörten aber Joseph so zu Asenath sprechen:
Geh morgen doch in unser Erbgut;
es ist ja Erntezeit!

[532]

Er sandte auch sechshundert Krieger mit ihr aus
und fünfzig leicht Bewaffnete.

16
Nun hör uns an!

Wir möchten jetzt mit unserm Herren reden!

17
Da redeten mit ihm sie alles insgeheim.
18
Und den vier Brüdern gab der Sohn des Pharao

fünfhundert Mann
und machte sie zu ihren Obersten und Führern.

19
Da sprachen Dan und Gad zu ihm:

Wir sind heut deine Knechte
und wir tun alles, was du uns befiehlst;
wir ziehen in der Nacht noch fort
und legen in der Schlucht uns in den Hinterhalt
und bergen uns im Röhrendickicht.
Nun nimm auch du mit dir berittene Bogenschützen,
so fünfzig an der Zahl!
Zieh lange vor uns her!
Und kommt dann Asenath,
fällt sie in unsere Hände.
Wir hauen dann die Männer bei ihr all zusammen.
Flieht sie nach vorn auf ihrem Wagen,
so fällt sie dir in deine Hände.
Dann kannst du mit ihr tun,
was nur dein Herz begehrt.
Nach diesem töten wir auch Joseph,
der Asenath betrauern wird.
Auf gleiche Weise töten wir vor seinen Augen seine Kinder.
Als dies der erstgeborne Sohn des Pharao vernahm,
ward er mit großer Freud erfüllt
und er entließ sie mit 2000 Kriegern.

20
Sie kamen zu der Schlucht

und bargen sich im Röhrendickicht;
sie teilten sich auch in vier Teile
und lagerten sich vorne an der Schlucht,
auf jeder Seit des Weges je fünfhundert Mann.
Die andern blieben ebenso hier an der Schlucht
und lagerten sich in dem Röhrenwald;
auf jeder Seit des Weges je fünfhundert Mann;
doch zwischen ihnen blieb ein breiter und bequemer Weg.


25. Kapitel: Attentat auf Pharao
1
Alsdann erhob sich in der gleichen Nacht der Sohn des Pharao

und ging zu seines Vaters Schlafgemach;
er wollte diesen mit dem Schwerte töten.
Doch seines Vaters Wächter ließen ihn nicht zu dem Vater gehen;
sie fragten ihn:
Was ist, Herr, dein Befehl?

[533]
2
Es sprach der Sohn des Pharao zu ihnen:

Ich will nur meinen Vater sehen,
dieweil ich gehe,
um meinen neugepflanzten Weinberg abzuernten.

3
Die Wächter aber sagten ihm:

Dein Vater leidet Schmerzen;
der Schlaf floh ihn die ganze Nacht.
Nun kann er ruhen;
drum sagte er zu uns,
wir sollten niemand bei ihm einlassen,
selbst nicht den erstgebornen Sohn.

4
Als er dies hörte, ging er zornig fort

und nahm geschwind berittne Bogenschützen mit,
so fünfzig an der Zahl
und zog vor ihnen her,
wie Dan und Gad es ihn geheißen.

5
Die jüngern Brüder Nephthalim und Aser sprachen

zu ihren ältern, Dan und Gad:
Warum nur handelt ihr an eurem Vater Israel,
sowie an eurem Bruder Joseph abermals so schlecht?
Und diesen hütet Gott doch wie des Auges Apfel.
Habt ihr nicht Joseph schon einmal verkauft,
und heute ist er König über ganz Ägypterland,
ein Heiland und ein Nahrungsspender?

6
Wollt ihr an ihm jetzt wieder schnöde handeln,

wird er zum Höchsten rufen,
und dieser sendet Feuer aus dem Himmel,
das euch verzehren wird,
und Gottes Engel werden mit euch kämpfen.

7
Da wurden ihre ältern Brüder auf sie zornig;

sie sprachen:
Wir sollen wohl wie Weiber sterben? Das sei ferne!

8
Sie zogen also fort,

den Joseph und die Asenath zu treffen.


26. Kapitel: Asenaths Rettung
1
Und Asenath stand in der Frühe auf

und sprach zu Joseph:
Ich will auf unser Erbgut gehen, wie du gesagt;
doch meine Seel ist voller Angst,
weil du nicht bei mir bist.

2
Und Joseph sprach zu ihr:

Sei guten Muts, hab keine Angst!
Geh vielmehr freudig hin!
Hab doch vor niemand Angst!
Der Herr ist ja mit dir
und er behütet dich
wie einen Augapfel vor allem Ungemach.

[534]
3
Auch ich geh jetzt zu meiner Kornverteilung

und geb dort allen Leuten in der Stadt Getreide,
daß niemand im Ägypterlande Hungers sterben muß.

4
Alsdann begab sich Asenath auf ihren Weg,

und Joseph ging zu seiner Kornverteilung.

5
Und Asenath kam an die Schlucht mit den 600 Männern;

da sprangen plötzlich die beim Sohne Pharaos aus ihrem Hinterhalt
und kämpften mit den Männern bei der Asenath
und hieben sie mit ihren Schwertern all zusammen
und töteten all ihre Leichtbewaffneten
und Asenath ergriff die Flucht auf ihrem Wagen.

6
Doch da erkannte Levi, Lias Sohn,

all das im Geist, wie ein Prophet,
und meldet seinen Brüdern die Gefahr der Asenath.
Schnell nimmt ein jeglicher sein Schwert an seine Hüfte
und ihre Schilde an die Arme
und Lanzen in die rechte Hand
und laufen hinter Asenath in schnellem Laufe her.

7
Und wie nun Asenath nach vornen floh,

zog ihr der Sohn des Pharao
mit seinen fünfzig Reitern schon entgegen.

8
Als Asenath ihn sah,

ward sie von Furcht erfüllt
und zitternd rief sie ihres Gottes und Herren Namen an.


27. Kapitel: Der Kampf
1
Und Benjamin saß ihr zur Rechten auf dem Wagen

und Benjamin war ein gar kräftiger Bursch von neunzehn Jahren;
er war von einer wunderbaren Schönheit
und einer Stärke, wie ein Löwenjunges;
er war sehr gottesfürchtig.

2
Da sprang vom Wagen Benjamin herab,

nahm aus dem Bache einen runden Stein,
legt ihn in seine Hand
und schleudert ihn gen Pharaos Sohn
und trifft ihn an die linke Schläfe
und schlägt ihm eine schwere Wunde.

3
Halbtot fällt er vom Pferd zu Boden.
4
Und gleich darauf läuft Benjamin auf einen Felsen

und ruft dem Wagenlenker Asenaths zu:
Hol aus dem Bach mir Steine!

5
Er gab ihm fünfzig Steine;

so tötete nun Benjamin mit Steinwürfen
die fünfzig Männer bei dem Sohn des Pharao.
die Steine drangen all durch ihre Schläfen.

6
Alsdann verfolgten Lias Söhne, Ruben, Simeon

und Levi, Juda,

[535]

und Issachar mit Zabulon
die Männer, die der Asenath aufgelauert,
und überfielen sie ganz unversehens;
sie hieben allesamt sie nieder,
und die sechs Männer töteten 2706.

7
Die Söhne Ballas und der Zelpha flohen

vor ihnen mit den Worten:
„Zugrunde gehen wir durch unsere Brüder,
und Pharaos Sohn starb durch die Hand des jungen Benjamin,
und all die Seinen fielen durch die Hand des Knaben Benjamin.

8
Nun also kommt!

Wir wollen Asenath und Benjamin erschlagen
und dann in diesen Rohrwald fliehen!“

9
Sie gingen mit gezückten Schwertern voller Blut zu Asenath.
10
Als Asenath sie sah,

ward sie von Furcht erfüllt und rief:
Herr, Gott! Du hast das Leben mir geschenkt
und mich befreit von Götzenbildern,
von tödlichem Verderben,
hast mir verheißen,
es werde meine Seele ewig leben.
Befrei mich jetzt von diesen bösen Männern!

11
Und Gott der Herr erhört die Stimme Asenaths,

und augenblicklich fielen ihrer Feinde Schwerter
aus ihrer Hand zu Boden
und wurden Staub.


28. Kapitel: Asenaths Großmut
1
Als Ballas und der Zelpha Söhne dieses seltsam Wunder sahen,

da sprachen sie voll Furcht:
„Es kämpft der Herr zugunsten Asenaths jetzt gegen uns.“

2
Da fielen sie auf ihr Gesicht zur Erde

und warfen sich der Asenath zu Füßen mit den Worten:
„Erbarm dich unser, deiner Sklaven,
dieweil du unsere Herrin bist und unsere Königin!

3
Wir handelten an dir gar schlimm,

sowie an unserem Bruder Joseph;
der Herr jedoch vergalt uns schon nach unseren Werken.

4
Deswegen flehen wir dich an, wir deine Sklaven:

Hab Mitleid mit uns Armen, Elenden!
Schütz uns vor unserer Brüder Hand!
Sie mögen nicht als Rächer auftreten,
daß wir dich unterdrücken wollten!
Nicht mögen ihre Schwerter gegen uns sich wenden!

5
Wir wissen ja,

daß unsre Brüder gottesfürchtige Männer sind
und keinem Menschen Böses tun für Böses.

[536]
6
Schütz deine Sklaven

vor jenen, ach du unsre Herrin!“

7
Da sprach zu ihnen Asenath:

„Seid guten Muts;
habt keine Furcht vor euren Brüdern!
Sie sind ja gottesfürchtige Männer
und voller Furcht des Herrn.
Geht aber in den Rohrwald dort,
bis ich zu euren Gunsten sie hab umgestimmt
und ihren Zorn beschwichtigt
für das, was ihr so schrecklich gegen sie gewagt!
Indessen sieht’s der Herr
und richtet zwischen mir und euch.“

8
Da flohen in den Rohrwald Dan und Gad;

doch ihre Brüder, Lias Söhne, eilten, wie die Hirsche,
gar eifrig gegen sie heran.

9
Da stieg von ihrem überdachten Wagen Asenath herab

und reichte unter Tränen ihnen ihre Rechte;
sie aber warfen huldigend vor ihr sich hin
und brachen in ein lautes Weinen aus
und fragten nach den Brüdern, nach den Mägdesöhnen,
um sie zu töten.

10
Da sprach zu ihnen Asenath:

„Ich bitt euch: Schoner eure Brüder!
Vergeltet ihnen nimmer für das Böse Böses!
Der Herr hat mich vor ihnen ja gerettet.
Denn er zerbrach in ihren Händen ihre Degen, ihre Schwerter;
sie schmolzen hin und wurden Asche,
wie Wachs vorm Feuer,
und dies ist uns genug
daß selbst der Herr mit ihnen kämpft zu unsern Gunsten.

11
Nun schonet eure Brüder!

Sie sind ja eure Brüder,
von eures Vaters Israel Blut.“

12
Darauf erwiderte ihr Simeon:

„Warum spricht unsere Herrin gute Worte
zugunsten ihrer Feinde?

13
Nein! Lieber wollen wir sie Glied um Glied

mit unsern Schwertern jetzt zusammenhauen.
Sie planten Schlimmes gegen unsern Bruder Joseph
und unsern Vater Israel
und gegen dich heut, unsere Herrin.“

14
Da streckte Asenath die Rechte aus,

berührte Simeons Bart
und küßte ihn und sprach:
„In keiner Weise, Bruder, darfst du deinem Nächsten
für Böses Böses auch vergelten.
Der Herr würd eine solche Überhebung rächen.

[537]

Sie sind nun einmal eure Brüder
und eures Vaters Israel Geschlecht;
sie flohen ja auch weit von euch hinweg.
Verzeihet ihnen doch!“

15
Da trat nun Levi auf sie zu

und küßte ihr die rechte Hand;
er sah, daß sie vor ihrer Brüder Zorn die Männer retten wollte,
daß diese sie nicht töteten.

16
Und diese selber waren in der Nähe in dem Röhrendickicht:
17
Obgleich ihr Bruder Levi dieses wußte,

verriet er es den Brüdern nicht;
er fürchtete,
in ihrem Zorne würden sie die Brüder niederschlagen.

(Joseph und Asemath Kapitel 24-28 Wikisource)