14 Oktober 2009

Drei kleine Mädchen

Eine ungeheuer überzeugende Schilderung von Kindheitsglück. Es hat 50 Jahre gedauert, bis ich den Untertitel "Erzählung" in dem Sinne ernst genommen habe, dass ich jetzt für möglich halte, dass die Darstellung nicht auf konkreten Kindheitserlebnissen, die stilisiert wurden, zu beruhen braucht, sondern dass die Kinderwelt erfunden sein könnte.
Die Welt der kleinen Sacha, der sicheren, strahlenden Lulu und der immer wieder von Ängsten geplagten ältesten Schwester Edele, die aber die Gabe der Phantasie hat und damit auch Macht über die Königin dieser Kinderwelt, Lulu. Diese Welt ist in ihrem Behütetsein, den kindlichen Ängsten und der von heute aus fast unfassbaren Wohlerzogenheit sehr dicht geschildert.
"Grenzenlos unerzogen" fühlen sich die drei Schwestern, als sie drei ungeliebte Puppen "Keile, Schwindla und Feixa" nennen (mit drei höchst verbotenen Wörtern), aber "sie genossen es".
Wie weit ist heute für Kinder dies Gefühl der Grenzüberschreitung möglich, ohne dass wirklich gefährliche Grenzen überschritten werden? Ist es ein Segen, wenn ein solches Gefühl kaum noch aufkommt?

Sehr kindgemäß die Unterscheidung der elterlichen Verbote. Das Herumspringen auf Stühlen war verboten, aber keine "Sünde". Sünde war es, sich so zu verstecken, dass das Kindermädchen Angst um einen bekam. Nur verboten war es, hinter dem Rücken des Kindermädchens die Zunge herauszustrecken. Sünde war dasselbe beim Schornsteinfeger, "denn er war taub".
Aber schlimmer noch als solche Sünde, wäre es gewesen, - unschuldige - Geheimnisse der Kinderwelt Erwachsenen zu verraten. Denn diese Kinderwelt hatte ihre eigenen Gesetze mit einer - bei aller Angst - eigenen Art von Geborgenheit.

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