Das Kudrunlied steht in der Nachfolge des Nibelungenliedes. Es ist in einem Versmaß geschrieben, das dem der Nibelungenstrophe sehr ähnelt. Auch die Kudrunstrophe besteht aus vier Zeilen, die in Halbzeilen gegliedert sind. (Sie unterscheidet sich nur dadurch, dass die dritte und vierte Zeile immer weiblich enden und dass die zweite Halbzeile der vierten Zeile eine Hebung mehr hat als die Nibelungenstrophe.)
In engem Anklang an ähnliche Strophen im Nibelungenlied beginnt das Kudrunlied
Ez wuohs in Irlande ein rîcher künec hêr.
geheizen was er Sigeland, sîn vater der hiez Gêr.
Sein muoter diu hiez Uote und was ein küneginne.
durch ir hohe tugende sô gezám dem rîchen wól ir minne. (sieh Originaltext).
Das Kudrunlied endet nicht tragisch, sondern handelt von der Treue, die Kudrun trotz 15-jähriger Gefangenschaft ihrem Verlobten hält.
Rache ist nur ein Nebenthema. Doch sie spielt auch hier eine Rolle.
Kudrun, die Tochter Hettels und Hildes, war von den Normannen entführt worden. Bei deren Verfolgung war König Hettel von König Ludwig erschlagen worden. Deshalb musste Hildes Tochter Kudrun eine 15 Jahre andauernde Gefangenschaft erdulden. Als die Verbündeten der Königin Hilde ihre Tochter befreit haben und berichten, heißt es: Königin Hilde hörte nie so liebe Kunde wie die, dass König Ludwig erschlagen sei (Strophe 1563). Erst danach erkundigt sie sich, wie es ihrer Tochter geht.
Nicht: Meine Tochter ist befreit, nein: Mein Mann ist gerächt ist die unübertroffen positive Nachricht.
"Die germanistische Forschung sieht in der Kudrun gemeinhin einen Gegenentwurf zum Nibelungenlied." Dem ist auch nicht zu widersprechen. Dennoch beeindruckt mich, wie wichtig auch hier Rache genommen wird.
09 Januar 2010
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1 Kommentar:
Sprachlich sehr ähnliche Strophen im Nibelungenlied sind:
Ez wuohs in Búrgónden ein vil édel magedîn,
daz in allen landen niht schœners mohte sîn,
Kríemhílt geheizen: si wart ein schœne wîp.
dar umbe muosen degene vil verlíesén den lîp. (Strophe 2)
Dô wuohs in Niderlanden eins edelen küneges kint,
des vater der hiez Sigemunt, sîn muoter Sigelint,
in einer rîchen bürge, wîten wol bekant,
nidene bî dem Rîne: diu was ze Sántén genant. (Srophe 20)
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