Lahme hat den gesamten Briefwechsel der Mannfamilie, den er greifen konnte, ausgewertet.
So entstehen die Bilder der einzelnen Personen:
Die beiden hochbegabten, charmanten, vielfältigen Kontakten offenen: Erika und Klaus.
Erika: Schauspielerin, befreundet mit Therese Giehse, mit Gustav Gründgens verheiratet, Kabarettistin (Pfeffermühle), Politaktivistin, zwillingshaft verbunden mit Klaus, der seinen eigenen Weg geht und dem Tod noch näher steht als seiner Schwester. Erika ist die, die Thomas Manns glasklare Abgrenzung vom Nationalsozialismus durchgesetzt hat. Sie entscheidet sich dafür, die Vortragsreise ihres Vaters durch die USA zu managen, wird in New York zerrissen von den Loyalitäten zu ihrem Vater und andererseits zu Klaus und ihrem noch stärkeren Willen, in London gegen Hitler zu kämpfen, schreibt daher den auf Betrug angelegten Brief an Agnes Meyer, der die gleichzeitige Finanzierung des Hauses für ihren Vater und der Zeitschrift (Decision) ihres Bruders sicherstellen soll.
(wird fortgesetzt. Bis dahin kann man den Wikipedialinks und den verlinkten Tweets sowie den von dort weiterführenden Links nachgehen. Dabei erfährt man vieles, was Lahme nicht auch noch mit behandeln konnte und gegebenenfalls weit mehr, als ich über die Links aufgenommen habe.)
Was fehlt einem aber selbst nach der Verbindung von Lahme und Wikipedia?
Die "frackgewohnte Erscheinung" (S.215 meiner Ausgabe von Klaus Manns "Der Wendepunkt").
"Mit heiser gedämpfter Stimme, atemlos vor/ respektvoller Erregung , beschrieb er den solemnen Vorgang: "Thomas Manns frackgewohnte Erscheinung bewegt sich auf den König zu ... Seine Majestät streckt die Hand aus ..." (S.214/15)
"Wir hörten den Rest der Reportage [über die Nobelpreisverleihung 1929] nicht, so sehr mußten wir lachen." (Der Wendepunkt, S.215)
Sie lachen über den Reporter und über den Vater, der eine allzu respekteinflößende "frackgewohnte Erscheinung" ist.*
Diese Erscheinung, Th. Mann, wird über Klaus gedacht haben, was Goethe über den Barockdichter Günther geschrieben hat: "Er wusste sich nicht zu zähmen, und so zerrann ihm sein Leben wie sein Dichten." Auch wenn Thomas diese Formulierung nicht im Kopf gehabt haben wird. Diese Sorge wird ihn bestimmt haben, als er Klaus in die Odenwaldschule schickte - ohne den erhofften Erfolg.
* Seit er den Nobelpreis hat und die Buddenbrooks Volksausgabe über eine Million Exemplare erreicht hat, noch mehr. Als Klaus über die "frackgewohnte Erscheinung" lacht, ist er 23 Jahre alt, als er in seiner deutschen Übersetzung des 1942 erschienenen Werkes "The Turning Point" über die Volksausgabe mit einer Auflage von einer Million schreibt, ist er um 39 Jahre alt. (Thomas war 21 Jahre alt, als er die Buddenbrooks begann.) Kurz nach Beendigung der Übersetzung wählt Klaus - nach früheren erfolglosen Versuchen wieder einmal - den Freitod. - Ein Exemplar der Volksausgabe der Buddenbrooks steht auch in meinem Bücherregal.
Die Fortsetzung steht in einem neuen Artikel.
Alina Bronsky: Pi mal Daumen (2024) – gelesen
vor 1 Stunde
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