W. G. Sebald: Austerlitz, München 2001; Rezensionen bei perlentaucher
"Wer ist Austerlitz? Ein rätselhafter Fremder, der immer wieder an den ungewöhnlichsten Orten auftaucht: am Bahnhof, am Handschuhmarkt, im Industriequartier ... Und jedes Mal erzählt er ein Stück mehr von seiner Lebensgeschichte, der Geschichte eines unermüdlichen Wanderers durch unsere Kultur und Architektur und der Geschichte eines Mannes, dem als Kind Heimat, Sprache und Name geraubt wurden."
Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.04.2001
"Erst bewundert's Iris Radisch, dann hält sie's dem Autor vor - nämlich seinen geschichtsmetaphysischen Zettelkastenmaterialismus; [...] und einem Museum, das "um den Preis unerhörter Naivität", den Holocaust gleich neben den Hirschhornknöpfen verstaut."
Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.02.2001
"Des Autors Wille zur Erinnerung (deutscher Geschichte) offenbart sich für Köhler in einem suggestiven, tief melancholischen Tonfall und in einem "universalen Zeichensystem": Eine bis ins kleinste Detail verwobenen Syntax und eine gleichfalls mikroskopische Verflechtung von Bildern, Personen und Orten. Für die Rezensentin ist das Buch rhythmische Melodie und poetische Metaphysik der Geschichte - "in der das Erinnerte so lebendig ist, als würde es gerade geschehen" - in einem."
Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.02.2001
"Dem Ton von Jörg Drews merkt man an, dass er dieses Buch für eines der wichtigsten der Saison halten dürfte - so beeindruckt schreibt er über "Austerlitz". Schon im Titel erkennt er mehrfache Brechungen, denn Austerlitz ist nicht nur der Name des Helden, sondern auch der Name eines Pariser Bahnhofs, der nach einer napoleonischen Schlacht benannt wurde - und das Wort enthält für ihn einen Anklang an "Auschwitz". Der Roman gibt nach Drews den fiktiven Lebensbericht eines Mannes, der mit 21 Jahren erfährt, dass er einen anderen Namen und eine andere Herkunft hat als er bisher angenommen hat und in Wahrheit das Kind deutscher Juden ist, das 1939 nach England ausgeschleust wurde. Und auch hier bewundert Drews die mehrfache Brechung, denn Austerlitz` Geschichte wird nicht direkt präsentiert, sondern er erzählt sie einem zwischengeschalteten Ich-Erzähler. Obwohl der Rezensent die Frage stellt, ob die "betont umsichtige", "fast dröge und zugleich leicht feierliche" Sprache des Buches die Gefahr birgt, zur "Manier" zu werden, beeilt er sich sogleich, dies heftig zu verneinen. Er betont, dass die stilistischen Eigenheiten das Unheimliche und Deprimierende dieses Berichtes nur verstärken. Auch die eingestreuten Schwarz-Weiß-Fotos, die Vorkriegsbauten zeigen, würden den düsteren Eindruck des Buches unterstützen und damit "adäquate Präsenzen, Mementi, Verdichtungen von blinder Massivität" darstellen, die gar nicht erst die Hoffnung auf eine "harmlose" Erzählung aufkommen ließen, so der Rezensent fasziniert."
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