Ernst Pasqué: Es steht ein Baum im Odenwald
Fürstenlager Bensheim-Auerbach 1905 |
Zitate:
1. Kapitel: Von einem verwunschenen Schlösschen und seinen neun wunderschönen Prinzessinnen
"Aus dem Dorfe, das den Übergang von den bewaldeten Höhenzügen und Bergen in die fruchtbare Ebene mit ihrer weiten blauen Ferne bildet, führt eine Allee von alten Linden und Platanen, deren mächtige Kronen den Weg in tiefe Schatten hüllen, dem stillen, märchenhaften Talgrunde zu. Zu beiden Seiten zeigen sich bald kleinere und größere Wohnstätten, einfach und alle von einer Form, einer Farbe und einer und der selben Zeit, Dem vorigen Jahrhundert angehörend wie das kleine verzauberte Schlösschen, und ebenso wenig bewohnt wie dieses. Jetzt haben wir es erreicht – rechts auf einer Rasenerhöhung erhebt sich ein kleines Bauwerk mit einer auf hölzernen Pfeilern errichteten Vorhalle und einem Türmchen mit einer Uhr, deren Zeiger jedoch stille stehen – es kann nur ein Wachthaus sein, doch die bezopften Soldaten sind daraus verschwunden." (S.9)
"Der jüngere Bruder des regierenden Herrn, Landgraf Georg, wohnte mit seiner Gemahlin im Winter in seinem Palaste in Darmstadt und im Sommer in dem nahen allerliebsten Schlösschen Braunshardt. Das fürstliche Ehepaar zählte ebenfalls der Kinder acht (ein neuntes war frühzeitig gestorben), und zwar vier Prinzessinnen und vier Prinzen. Das war ein jugendfrisches, fröhliches Leben und Treiben der sechzehn Kinder, unter der Aufsicht ihrer Mütter und Erzieherinnen, im Winter in den beiden Schlössern zu Darmstadt, im Sommer im Bereich des idyllischen Braunshardt. Doch am herrlichsten dünkte es der bunten Schar, ging es im Hochsommer hinaus nach dem schönen schattigen Fürstenlager bei Auerbach, in die herrlichen Wälder der Bergstraße und der Vorhöhen des Odenwaldes. Spielplätze gab es dort wie nirgendwo, für die kleinen und für die großen. In dem grünen Buchenwalde auf der Höhe beim Fürstenlager hatte der Verstorbene Landgraf Ludwig VIII eine Eremitage, ein Bauernhäuschen mit einem Stall, in dem im Sommer zwei Kühe eingestellt worden, eine Balkenschaukel und sogar ein kleines Theater im Grünen errichten lassen für seine kleinen Enkel und die Kinder seines Bruders Georg von Braunshardt, und die Eltern spielten dort mit den Kleinen in den Komödien, Wirtschaften und Schäfereien." (S.11)
2. Kapitel: Eine fürstliche Bauernwirtschaft und Schäferei vom Jahre 1778 und die Prinzessin aus dem Odenwalde
"Der fürstliche Familienkreis war mit den Jahren durch Heirat und Tod immer kleiner geworden: 1774 starb die "große" Landgräfin und zwei Jahre später folgte ihr die Tochter Wilhelmine, die russische Thronfolgerin, in das Grab."
3. Kapitel: Gleims "Hüttchen" und "Der Baum im Odenwald"
"[...] "Könnst recht haben, Mädel" entgegnete die Bäuerin auf den heiteren Ton des Mädchens eingehend. [...]"
Lina singt von der Gesellschaft aufgefordert das Lied Der Baum im Odenwald mit dem 'traurigen Schluss':
Es steht ein Baum im Odenwald
der hat viel grüne Äst´
da bin ich schon viel tausend mal
bei meinem Schatz ge’west.
Da sitzt ein schöner Vogel drauf
Der pfeift ganz wunderschön
Ich und mein Schätzlein lauern nach
Wenn wir mit ´nander gehn.
Der Vogel sitzt in seiner Ruh
Wohlauf dem höchsten Zweig
Und schauen wir dem Vogel zu
So pfeift er also gleich.
Der Vogel sitzt in seinem Nest
Wohl auf dem grünen Baum
Oder ist es nur ein Traum.
Und als ich wieder kam zu ihr
Verdorret war der Baum
Ein andrer Liebster stand bei ihr
Jawohl es war ein Traum.
Der Baum der steht im Odenwald
und ich bin in der Schweiz
da liegt der Schnee und ist so kalt
mein Herz es mir zerreißt.
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