17 Februar 2025

Ivar Lissner: Die Rätsel der großen Kulturen

Ivar Lissner: Die Rätsel der großen Kulturen, Cop. 1961 dtv 1979 

















"Der wichtigste Fund von Jericho sind 10 Menschenschädel, die man nach und nach unter den Häusern ausgrub. Denn plötzlich erkennt man das Ringen des Menschen nach einer höheren Geistigkeit, mit Mitteln und zu einer Zeit, die gerade zu fantastisch erscheinen. Die Schädel sind nämlich kunstvoll mit einer Tonschicht belegt. Die Augen sind durch eingelegte Muscheln dargestellt. Man hatte versucht, so die Gesichtszüge der Lebenden wiederzugeben. Jede Partie des Antlitzes ist mit sehr großer Feinheit gestaltet. Man kann sogar Spuren der Bemalung erkennen, denn die Jericho-Menschen wollten die Hautfarbe, den / Ausdruck, ja einfach das Leben ihrer Toten durch große, künstlerische Meisterschaft zurückrufen. Es liegt darin das ewige Sehnen, den Tod durch die Kunst zu überwinden." (S. 25/26).

"Seit etwa 3000 Jahren v. Chr. hatten sich die Kanaaniter in Syrien und Palästina niedergelassen. Sie bauten auf den Ruinen vergangener Städte auf. Sie entwickelten einen Lebensstil und eine Gesellschaftsordnung, die den später eingewanderten, israelischen Hirten unglaublich verfeinert erschienen. Sie genossen ihre hohe Kultur und schauten von den Mauern ihrer Städte mit Verachtung auf die Einwanderer aus den Wüsten herab, bis sie schließlich den biblischen Patriarchen unterlagen.
Das sesshafte Völker in blühenden Städten von anstürmenden Nomaden, unterworfen werden, ist die menschliche Tragik und das Ende fast aller Hochkulturen. 
Geistig ist ein Sieg mit Waffen noch lange kein Sieg über die Kultur eines Volkes. So hat das harte Jägervolk der Tungusen im zwölften nachchristlichen Jahrhundert, Peking und ganz China bis zum Jangtse erobert, aber die von Ihren Nachfahren später gegründete Mandschu- Dynastie wurde von der chinesischen Kultur auf seidenen Kissen und wie im Schlaf überwältigt. [...] In ihrer materiellen, wie in ihrer geistigen Kultur waren die sesshaften Kanaaniter, den Israeliten sicherlich überlegen. Ja, die israelitischen Eroberer waren bis zur Zeit des Salomon, der um 950 v. Chr. lebte, immer in Gefahr vom längst unterworfen Volk der Kanaaniter bezaubert und verführt zu werden." (S.34)
Die Befestigungswerke, die Häuserbauten, die Straßenanlagen, / die ganzen Städte der Kanaanäer waren zwischen 3000 und 1200 v. Chr. wahre Wunder ihrer Zeit. Dazu hatte dieses Volk sehr brauchbare Kanalisationsanlagen erfunden. Es besaß geschickte Töpfer, und es eröffnete die erste Bronzezeit. [...]" (S.34/35)

Ugarit (vgl. im Buch S.45-56):
" Der anfangs dominierende Gott des dort praktizierten Polytheismus der Stadt Ugarit war der Schöpfer der Welt El, was seiner Rolle in der sehr viel später entstandenen   Schöpfungsgeschichte der Bibel im Wesentlichen entspricht. Später wurde die Bedeutung seines Kults zunehmend von dem des Fruchtbarkeits- und Wettergottes Baal verdrängt.[1]"
"Hauptsächlich sind die ugaritischen Mythen seit 1929 von umfangreichen Keilschrifttafel-Funden in ugaritischerakkadischer und hurritischer Sprache bei Ausgrabungen der um 1192 v. Chr. durch die sogenannten Seevölker zerstörten Stadt Ugarit (nahe Ras Schamra an der Küste Syriens) bekannt.[3] Diese sind teilweise in akkadischer Keilschrift aufgezeichnet, die ugaritischen Texte jedoch ab dem 14. Jahrhundert v. Chr. auch in einer eigens entwickelten alphabetischen Keilschrift, der ugaritischen Schrift." (Wikipedia

"Die Ugarit-Texte waren mit nur 29-30 Zeichen geschrieben. Man wusste sofort, dass man das erste Alphabet der Erde gefunden hatte. Der französische Forscher Virolleaud hatte schon ein Jahr nach der Ausgrabung der ersten ugaritischen Tontafeln, im April 1930, Texte mit der geheimnisvollen Schrift veröffentlicht. [...]. Das klingt sehr einfach. Aber man muss bedenken, dass bei dieser Sprache wie bei allen semitischen Sprachen, die Vokale fast immer zu ersetzen sind. Darum erfordert solches Erraten auch große mythologische Kenntnisse. 'STRT' steht für den Namen der Göttin 'Ashtart. Wer diese Göttin aus ägyptischem Inschriften nicht kennt, kann natürlich niemals darauf kommen, / dass 'STRT' Astarte bedeutet. Auch der Gott Baal muss hinter den zwei Zeichen 'BL' erkannt werden.
Bauer hat schließlich von 28 Buchstaben 14 entziffert. Bei 9 Zeichen unterlief ihm ein Irrtum. Und 5 Buchstaben blieben ungelöst. Die Franzosen haben sich große Verdienste um die Entschlüsselung dieser Schrift und um die Ausgrabung der ganzen kanaanitischen Kultur erworben." (im Buch S.47/48)
"[...] Ungeheuer interessant und wichtig dabei ist folgendes: zwar stammen die Dichtungen aus dem 14. Jahrhundert v. Chr., ihr Inhalt aber ist sehr viel älter. Sie wurden entweder mündlich von Generation zu Generation weitergegeben oder durch einen noch nicht alphabetisches, sehr altes Zeichensystem überliefert. Da Kanaaniter  und Israeliten, das gleiche Land bewohnten, da sie ganz ähnlich lebten, da sie die gleichen Legenden kannten und den gleichen Gott El verehrten, muss man doch an einen gleichen Ursprung bei der Völker glauben. Darum führen uns die Ungarit-Tafeln an die älteste Geschichte des israelitischen Volkes heran. Die Entdeckung dieser Tafeln ist somit das wichtigste Ereignis, das je auf dem Gebiet der Bibelforschung stattfand." (S. 51). 
[Diese Einschätzung stammt von 1961, sie ist vermutlich überholt, sonst würde sie in der Wikipedia sicher angesprochen.]

Sepikultur (Seidenbau)
SkythenKurgan, Tumulus, Hügelgrab,
Dodona (ältestes griech. Orakel)














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