"Zwei heterogen scheinende Kräfte können sich wunderbar einander stärken, und das Trefflichste hervorbringen. Doch ich verirre mich. – Ich wollte von Ihren kindischen Geständnissen aus nur auf den Punkt kommen, wo der Philister und der Künstler sich scheiden. Wenn dem letztern als Kind die Welt zur schönen Fabel ward, so wird sie's ihm in seinen glücklichsten Stunden auch noch als Mann sein, darum bleibt sie ihm von allen Seiten so neu, so lieblich befremdend.
Am meisten als Enthusiast hat Novalis (der mir übrigens dabei nicht ganz wohl macht) dieses ausgesprochen, soweit es den Dichter angeht –«
»Ganz recht!« fiel Nolten ein; »aber wenn dem wahren Dichter bei dieser besondern Anschauungsweise der Außenwelt jene holde Befremdung durchaus eigen sein muß, selbst im Falle sie sich in seinen Produktionen nicht ausdrücklich verraten sollte so kann dagegen die Vorstellungsart des bildenden Künstlers ganz entfernt davon sein, ja sie ist es notwendig. Auch der Geist, in welchem die Griechen alles personifizierten, scheint mir völlig verschieden von demjenigen zu sein, was wir soeben besprechen. Ihre Phantasie ist mir hiefür viel zu frei, zu schön und, möcht ich sagen, viel zu wenig hypochondrisch. Ein Totes, Abgestorbenes, Fragmentarisches konnte in seiner Naturwesenheit nichts Inniges mehr für sie haben. Ich müßte mich sehr irren, oder man stößt hier wiederum auf den Unterschied von Antikem und Romantischem.«" (Mörike: Maler Nolten, 2. Teil, S. 255-56)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen