100. Zykel
Du kannst doch eine Nacht wachen und fahren?« – mit dieser Frage führte ihn der Vater eilig an den reisefertigen Wagen, um ihn noch mitten im warmen Traume mit den eingewiegten Erinnerungen zu entführen und um besonders der bleichen Braut vorzufahren, die in dieser Nacht auf demselben Weg in die letzte Erbschaft des Menschen ziehen sollte. »Im Wagen sollst du alles hören«, versetzte Gaspard [...]
Neu und ernst breitete sich vor dem Genesenen die dämmernde Schöpfung aus. Der Saturn ging eben auf, und der Gott der Zeit reihte sich als ein sanfter blitzender Juwel in den schimmernden Zaubergürtel des Himmels. Mit zugebundnen Augen wurde der unwissende Jüngling von der Senne seiner Jugend herabgeführt und aus dem Hirtentale seiner ersten Liebe hinweg und den großen, ewigen Sternbildern der Kunst entgegen und in das göttliche Land, wo der dunkle Äther des Himmels golden und die hohen Ruinen der Erde anmutig und die Nächte Tage sind. Kein Auge schauete auf die Blumenbühler Höhe hinüber, von der eben jetzt ein schwarzes Wagengefolge langsam mit aufrecht-brennenden Trauerfackeln wie ein ziehendes Schattenreich herunterging, um das stille gute Herz, worin Albano und Gott gelebt, mit seinen toten Wunden an den sanften Ort der Ruhe zu führen. Flammend rollte der Fackel-Wagen die Bergstraße nach Italien hinan. (Jean Paul: Titan, 100. Zykel)
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