1. Akt 3. Szene
Octavia Ja, Beatriz, ein Mannsbild sei,
Damit man rühmlich von ihm spreche,
Feigherzig weder bis zur Schwäche
Noch tapfer bis zur Barbarei.
Ein Edelmann von echtem Wert,
Geschickt in jedem Stich und Hiebe,
Dem seiner Ehre nur zuliebe
Der Degen aus der Scheide fährt
Und der, sobald er ihn gezogen,
Viel tut und wenig davon spricht
Ein Weib, so scheint mir, braucht sich nicht
Zu schämen, wenn sie dem gewogen.
Beatriz Solch einen liebt man allerwegen;
Doch mehr noch find' ich den galant
Und liebenswürdig, dessen Hand
Die Börse zieht und nicht den Degen.
Denn welche Kühnheit, welcher Adel,
Welch Heldentum, welch feiner Schliff
Nebst aller Gaben Inbegriff
Zeigt einen Mann so frei von Tadel,
Als wenn er aus dem Beutel nimmt
Von Gulden eine runde Summe?
Octavia Bejahen müssen das auch Stumme,
Ist doch kein Zweifel, daß es stimmt.
Selbst in den Augen Alexanders,
Der auch im Lieben groß war, galt
Freigebigkeit mehr als Gewalt,
Und Fraun besiegt man schwerlich anders.
4. Szene
Felisardo Genug, Octavia, dein Versuch,
Dich hinter täuschendem Geschwätze
Zu bergen und in deine Netze
Mich zu verwickeln, mir zum Fluch.
Genug, Octavia, die Verhöhnung,
Mit der du meiner Ehre lachst
Und über mich dich lustig machst
Zu deines Gaukelspieles Krönung. [...]
Genug, Octavia, daß bei Nacht
Zwei Männer deinem Haus entschleichen
Und du mir Aquavit läßt reichen,
Nachdem du Gift mir beigebracht.
Genug, Octavia, kurz und gut,
Da du mich deutlich läßt bemerken,
Daß du nicht züchtig bist in Werken,
Wenngleich dein Wort so züchtig tut.
Was taten die zwei Männer hier,
Die mit mehr Stichen ich durchdrungen,
Als du mich mit Beleidigungen?
Gesteh, was wollten sie bei dir?
Weshalb sind sie des Nachts gekommen?
Octavia Spricht man mit der gemeinsten Frau
In einem Ton, so grob und rauh,
Wie der, den eben ich vernommen?
Genug, du Tor, wenn ich gestatte
Mit lammsgeduldigem Gemüt,
Daß deine Rede Kränkung sprüht,
Obwohl du weder bist mein Gatte
Noch ich in deiner Vormundschaft.
Genug, daß ich dich ließ gewähren,
Mich seit drei Jahren zu verehren,
Weil mir zur Härte fehlt die Kraft.
Und ich, so schüchtern von Betragen,
Erscheine dir so wenig keusch,
Daß du mit donnerndem Geräusch
Dich unterstehst, mich anzuklagen! [...]
Damit du deines Wahnes Quell
Erkennst, so höre: Jene beiden,
Die du in Stücke willst zerschneiden,
Sind Schneidermeister und Gesell.
Ich wünschte mir ein neues Kleid;
Du, der davon nichts wollte wissen,
Hast es zersäbelt und zerrissen,
Bevor's zum Anziehn war bereit. [...]
Drei Jahre ward ich treu befunden,
Ließ keinen ich an mich heran,
Und du – du wähnst, es könn' ein Mann
Mich überwinden in zwei Stunden?
Um einzusehn, daß jener Dritte
Ein Schneider war und kein Galan,
Nimm diesen Zettel, Grobian,
Worin ich um das Kleid dich bitte. (Sie wirft ihm ein Papier hin)
Mich aber siehst du niemals wieder. (Sie tut, als ob sie gehe)
Felisardo Geliebte, hör mich an!
Octavia Was noch?
Felisardo Geh nicht, verweile, hör mich doch!
Octavia Mir fuhr der Schimpf in alle Glieder.
Felisardo Bei Gott, um schadlos dich zu halten
Für das dir zugefügte Leid,
Mach' ich dir zum Geschenk dies Kleid. (Er hebt den Zettel auf)
Octavia (zurückkehrend) Oh, dieser Mann kann mit mir schalten,
Wie's ihm beliebt, und was auch immer
Er fordert, weigern kann ich's nicht.
Mendoza (für sich)
Ja, weil das Kleidchen sie besticht.
Ein ganz verteufelt Frauenzimmer!
Felisardo Du spendest mir zweitausend Leben.
Besäß' ich Herzen, gleich an Zahl,
Wie gern würd' ich sie allzumal
In diese schlimmen Hände geben.
Das Kleid bring' ich dir morgen mit;
Denn unverzüglich soll's der Schneider
Zuschneiden, dem ich fälschlich leider
Zuschrieb, daß er die Cour dir schnitt.
Magst du die Eifersucht vergessen,
Der es entsprang; denn Frauengunst
Im höchsten Maß wird ja der Kunst,
Das Maß zu nehmen, zugemessen.
Deshalb verzeih mir die Verkennung;
Wenn ich dir deine Ruhe nahm,
So büß' ich es durch meine Scham.
Octavia Schwer fällt mir, Liebster, unsre Trennung.
Komm morgen; du wirst gut empfangen.
Felisardo Mendoza trägt das Kleid ins Haus.
Mendoza (zu Beatriz)
Und du, was bittest du dir aus?
Beatriz Bescheidener ist mein Verlangen.
Bring mir ein Paar gestrickte Strümpfe,
Strumpfbänder auch dazu.
Mendoza Noch mehr?
Beatriz Nun, auch ein Häubchen bring mir her.
Mendoza Ich liefr' es pünktlich ab, du Nymphe....
Octavia Auf Wiedersehn! (Sie geht mit Beatriz ins Haus.)
Lope de Vega: Die Liebesheuchler
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