22 Februar 2017

Lope de Vega: Die Liebesheuchler II

1. Akt 3. Szene
Octavia Ja, Beatriz, ein Mannsbild sei, 
Damit man rühmlich von ihm spreche, 
Feigherzig weder bis zur Schwäche 
Noch tapfer bis zur Barbarei. 
Ein Edelmann von echtem Wert, 
Geschickt in jedem Stich und Hiebe, 
Dem seiner Ehre nur zuliebe 
Der Degen aus der Scheide fährt 
Und der, sobald er ihn gezogen, 
Viel tut und wenig davon spricht 
Ein Weib, so scheint mir, braucht sich nicht 
Zu schämen, wenn sie dem gewogen.
 Beatriz Solch einen liebt man allerwegen; 
Doch mehr noch find' ich den galant 
Und liebenswürdig, dessen Hand 
Die Börse zieht und nicht den Degen. 
Denn welche Kühnheit, welcher Adel, 
Welch Heldentum, welch feiner Schliff 
Nebst aller Gaben Inbegriff 
Zeigt einen Mann so frei von Tadel, 
Als wenn er aus dem Beutel nimmt 
Von Gulden eine runde Summe? 
Octavia Bejahen müssen das auch Stumme, 
Ist doch kein Zweifel, daß es stimmt. 
Selbst in den Augen Alexanders, 
Der auch im Lieben groß war, galt 
Freigebigkeit mehr als Gewalt, 
Und Fraun besiegt man schwerlich anders.
4. Szene
Felisardo Genug, Octavia, dein Versuch, 
Dich hinter täuschendem Geschwätze 
Zu bergen und in deine Netze 
Mich zu verwickeln, mir zum Fluch. 
Genug, Octavia, die Verhöhnung, 
Mit der du meiner Ehre lachst 
Und über mich dich lustig machst 
Zu deines Gaukelspieles Krönung.  [...]
Genug, Octavia, daß bei Nacht 
Zwei Männer deinem Haus entschleichen 
Und du mir Aquavit läßt reichen, 
Nachdem du Gift mir beigebracht.
 Genug, Octavia, kurz und gut, 
Da du mich deutlich läßt bemerken, 
Daß du nicht züchtig bist in Werken, 
Wenngleich dein Wort so züchtig tut. 
Was taten die zwei Männer hier, 
Die mit mehr Stichen ich durchdrungen, 
Als du mich mit Beleidigungen? 
Gesteh, was wollten sie bei dir? 
Weshalb sind sie des Nachts gekommen? 
Octavia Spricht man mit der gemeinsten Frau 
In einem Ton, so grob und rauh, 
Wie der, den eben ich vernommen? 
Genug, du Tor, wenn ich gestatte 
Mit lammsgeduldigem Gemüt, 
Daß deine Rede Kränkung sprüht, 
Obwohl du weder bist mein Gatte 
Noch ich in deiner Vormundschaft. 
Genug, daß ich dich ließ gewähren,
Mich seit drei Jahren zu verehren, 
Weil mir zur Härte fehlt die Kraft. 
Und ich, so schüchtern von Betragen, 
Erscheine dir so wenig keusch, 
Daß du mit donnerndem Geräusch 
Dich unterstehst, mich anzuklagen!  [...] 
Damit du deines Wahnes Quell 
Erkennst, so höre: Jene beiden, 
Die du in Stücke willst zerschneiden, 
Sind Schneidermeister und Gesell. 
Ich wünschte mir ein neues Kleid; 
Du, der davon nichts wollte wissen, 
Hast es zersäbelt und zerrissen, 
Bevor's zum Anziehn war bereit. [...]
 Drei Jahre ward ich treu befunden, 
Ließ keinen ich an mich heran, 
Und du – du wähnst, es könn' ein Mann 
Mich überwinden in zwei Stunden? 
Um einzusehn, daß jener Dritte 
Ein Schneider war und kein Galan, 
Nimm diesen Zettel, Grobian, 
Worin ich um das Kleid dich bitte. (Sie wirft ihm ein Papier hin) 
Mich aber siehst du niemals wieder. (Sie tut, als ob sie gehe) 
Felisardo Geliebte, hör mich an! 
Octavia             Was noch? 
Felisardo Geh nicht, verweile, hör mich doch! 
Octavia Mir fuhr der Schimpf in alle Glieder. 
Felisardo Bei Gott, um schadlos dich zu halten 
Für das dir zugefügte Leid, 
Mach' ich dir zum Geschenk dies Kleid. (Er hebt den Zettel auf) 
Octavia (zurückkehrend) Oh, dieser Mann kann mit mir schalten, 
Wie's ihm beliebt, und was auch immer 
Er fordert, weigern kann ich's nicht. 
Mendoza (für sich) 
Ja, weil das Kleidchen sie besticht. 
Ein ganz verteufelt Frauenzimmer! 
Felisardo Du spendest mir zweitausend Leben. 
Besäß' ich Herzen, gleich an Zahl, 
Wie gern würd' ich sie allzumal 
In diese schlimmen Hände geben. 
Das Kleid bring' ich dir morgen mit; 
Denn unverzüglich soll's der Schneider 
Zuschneiden, dem ich fälschlich leider 
Zuschrieb, daß er die Cour dir schnitt. 
Magst du die Eifersucht vergessen, 
Der es entsprang; denn Frauengunst 
Im höchsten Maß wird ja der Kunst, 
Das Maß zu nehmen, zugemessen. 
Deshalb verzeih mir die Verkennung; 
Wenn ich dir deine Ruhe nahm, 
So büß' ich es durch meine Scham. 
Octavia Schwer fällt mir, Liebster, unsre Trennung. 
Komm morgen; du wirst gut empfangen. 
Felisardo Mendoza trägt das Kleid ins Haus. 
Mendoza (zu Beatriz) 
Und du, was bittest du dir aus? 
Beatriz Bescheidener ist mein Verlangen. 
Bring mir ein Paar gestrickte Strümpfe, 
Strumpfbänder auch dazu. 
Mendoza             Noch mehr? 
Beatriz Nun, auch ein Häubchen bring mir her. 
Mendoza Ich liefr' es pünktlich ab, du Nymphe....
Octavia Auf Wiedersehn! (Sie geht mit Beatriz ins Haus.)
Lope de Vega: Die Liebesheuchler


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