24 Oktober 2020

Hansjürgen Günther: Theologie im Kloster, 2020

 An Günthers Antworten auf kritische Fragen an die kirchliche Glaubenslehren beeindruckt mich, wie kurz er sich (trotz Einbeziehung verschiedener theologisch-philosophischer Ansätze) zu fassen weiß.

Manchmal hilft dafür auch ein geschickt ausgewähltes Zitat. 
Mit der Aussage, Paul Tillich verstehe Gott als die Tiefe, kann man zunächst nicht viel anfangen. 
Tillichs Ergänzung hilft weiter: 

"Und wenn das Wort für euch nicht viel Bedeutung besitzt, so übersetzt es und sprecht von der Tiefe in eurem Leben, vom Ursprung eures Seins, von dem, was euch unbedingt angeht, von dem, was ihr ohne irgendeinen Vorbehalt ernst nehmt. [...] Ihr könnt euch dann nicht mehr Atheisten oder Ungläubige nennen, denn ihr könnt nicht mehr denken oder sagen: das Leben hat keine Tiefe, das Leben ist seicht, das Sein selbst ist nur Oberfläche. Nur wenn ihr das in voller Ernsthaftigkeit sagen könnt, wäret ihr Atheisten, sonst seid ihr es nicht. Wer um die Tiefe weiß, der weiß auch um Gott!" (Th. i. K., S.11)

So gewinnt Tiefe Bezug zur Mystik und wird, verkürzt gesagt, das Gegenteil alles Oberflächlichen. Das sagt mir etwas. Da ist Gott nicht "die Tiefe", sondern da, wo "Tiefe" ist.

Dazu passt das von Günther zitierte Gebet von Kurt Marti:

"Noch bevor wir Dich suchen, Gott,
Warst Du bei uns.
Wenn wir Dich als Vater anrufen,
hast Du uns längst schon wie eine Mutter geliebt.
Wenn wir Herr zu Dir sagen,
gibst Du Dich als Bruder zu erkennen.
Wenn wir Deine Brüderlichkeit preisen,
kommst Du uns schwesterlich entgegen.
Immer bist Du es,
der uns zuerst geliebt hat.
Darum sind wir jetzt hier,
Nicht weil wir besonders gut und fromm wären,
Sondern weil Du Gott bist
Und weil es gut ist, Dir nahe zu sein." 
(Th. i. K., S.18)


Gut gefallen mir auch die drei Entstehungserklärungen des Feuers: 
Einerseits die chemische, dann die lebensweltlich-kausale, dann die zweckorientierte. (Th. i. K., S.27)

Das ist eine neue Art das Gleichnis vom 'Elefanten der Blinden' aufzugreifen: Dasselbe ist etwas anderes, je nachdem, wie man es angreift, auffasst oder einsetzen will.


Keine Kommentare: