Das Kunststück, Sympathie zu erwecken für den "Unsympath" Marcel Reich-Ranicki, ist Uwe Wittstock gelungen. Dabei hat Reich-Ranicki doch beim Literarischen Quartett immer wieder seine Kollegen überfahren, so dass die sympathische Sigrid Löffler es nicht mehr aushielt und die Mitarbeit ganz aufsteckte.
Doch Wittstock belegt den unglaublichen Fleiß, die Schaffenskraft und die immer neuen Schwierigkeiten, die
Reich-Ranicki überwand, so eindrucksvoll, dass die Bewunderung für die Überwindung des Ghetto-Traumas und die folgende Lebensleistung den Ärger über den polternden "Giftzwerg" ganz in den Hintergrund drängen.
Ulrich Greiner hat auf ihn das Kleist-Zitat "So einen Kerl habe ich zeit meines Lebens nicht gesehen!" gemünzt. Und was in der Zeit des "Literarischen Quartetts" immer wieder eine treffende Formel für die Ablehnung seines Stils gewesen wäre, ist jetzt eine gültige Form für eine in der Tat exzeptionelle Lebensleistung.
Dass Reich-Ranicki mit Grass übel umgesprungen ist, hat diesen zwar empört, aber seinem Selbstvertrauen gewiss nicht geschadet. Bei Martin Walser war etwas anderes.
Der war empfindlich. Und die harten Worte des "Großkritikers" haben ihn schwer getroffen. Dass der Walsers "Ein fliehendes Pferd" dann über Gebühr lobte, hat die Verletzung sicher nicht ausgleichen können. Andererseits hat Walser "Tod eines Kritikers" aus meiner Sicht den Bogen seinerseits überspannt. Der Hinweis, dass eine literarische Figur nie mit einer realen Person gleichzusetzen sei, ist angesichts der psychologischen Wirkung auf diese Person heuchlerisch. Walser hat versucht, sein Trauma abzuarbeiten, und dabei einen sehr persönlichen Angriff geritten.
Dass Literatur dadurch ins Gespräch kam, ist das unbestreitbare Verdienst Reich-Ranickis.
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