30 Oktober 2025

Chinua Achebe: Things Fall Apart

  Chinua AchebeThings Fall Apart (französisch: Tout s'effondre

Deutsche Wikipedia"[...] Alles zerfällt [...] ist der erste Roman des nigerianischen Schriftstellers Chinua Achebe. Er erschien 1958 und wurde zu einem Meilenstein und zugleich Klassiker der afrikanischen Literatur. [...]"

Englische Wikipedia in Googleübersetzung:

Achebe gab seinem Roman: "den Titel „Things Fall Apart“, nach einer Zeile aus dem Gedicht „The Second Coming“ von W. B. Yeats. Er strich den zweiten und dritten Teil des Buches und behielt nur die Geschichte des Yamswurzelbauern Okonkwo bei, der während der Kolonialisierung Nigerias lebt und mit dem Schuldenerbe seines Vaters zu kämpfen hat. [...]1957 schickte er sein einziges Exemplar des handgeschriebenen Manuskripts (zusammen mit der Gebühr von 22 Pfund) an einen Londoner Manuskriptschreibservice, dessen Anzeige er im Spectator gesehen hatte. Da er keine Antwort erhielt, bat er seine Chefin bei der NBS, Angela Beattie, die Firma während ihrer Londonreise zu besuchen. Sie tat dies und verlangte verärgert zu erfahren, warum das Manuskript unbeachtet in der Ecke des Büros lag. Das Unternehmen schickte Achebe umgehend eine getippte Kopie. Beatties Intervention war entscheidend dafür, dass er seine schriftstellerische Tätigkeit fortsetzen konnte. Wäre der Roman verloren gegangen, sagte er später, „wäre ich so entmutigt gewesen, dass ich wahrscheinlich ganz aufgegeben hätte.“ Im darauffolgenden Jahr schickte Achebe seinen Roman an den von Gilbert Phelps empfohlenen Agenten in London.[42][43] Er wurde an mehrere Verlage geschickt; einige lehnten ihn sofort ab, da sie der Meinung waren, Romane afrikanischer Autoren hätten kein Marktpotenzial.[44] Die Verantwortlichen bei Heinemann lasen das Manuskript und zögerten mit ihrer Entscheidung, das Buch zu veröffentlichen. Ein Bildungsberater, Donald MacRae, las das Buch und berichtete dem Unternehmen: „Dies ist der beste Roman, den ich seit dem Krieg gelesen habe.“[45] Heinemann veröffentlichte am 17. Juni 1958 2.000 Hardcover-Exemplare von „Things Fall Apart“.[46] Laut Alan Hill, der damals beim Verlag angestellt war, wurde das Buch in Vorbereitung auf die Veröffentlichung nicht einmal angerührt. Die britische Presse nahm das Buch gut auf, und auch der Kritiker Walter Allen und der Schriftsteller Angus Wilson lobten es. Drei Tage nach Erscheinen schrieb das Times Literary Supplement, dass es dem Buch „wirklich gelingt, das Stammesleben aus der Innenperspektive darzustellen“. Der Observer nannte es einen „ausgezeichneten Roman“, und die Literaturzeitschrift Time and Tide erklärte, Achebes Stil sei „ein Vorbild für angehende Autoren“. In Nigeria fielen die Reaktionen zunächst gemischt aus. Als Hill versuchte, das Buch in Westafrika zu bewerben, stieß er auf Skepsis und Spott. Die Fakultät der Universität Ibadan amüsierte sich über die Vorstellung, dass ein Absolvent einen lesenswerten Roman geschrieben haben könnte.[48] Andere hingegen zeigten sich aufgeschlossener. Eine Rezension in der Zeitschrift Black Orpheus lautete: „Das Buch als Ganzes vermittelt dem Leser ein so lebendiges Bild des Igbo-Lebens, dass Handlung und Figuren kaum mehr als Symbole für eine Lebensweise sind, die in der Erinnerung der Lebenden unwiederbringlich verloren gegangen ist.“ Nach der Veröffentlichung von „Things Fall Apart“ im Jahr 1958 wurde Achebe beim NBS befördert und mit der Leitung der Berichterstattung des Senders über die Ostregion betraut. Im selben Jahr begann Achebe eine Beziehung mit Christiana Chinwe (Christie) Okoli, einer Frau, die in der Gegend aufgewachsen war und kurz nach seiner Ankunft beim NBS anfing.[51] Das Paar zog nach Enugu, und Achebe übernahm seine administrativen Aufgaben.

Inhalt: Okonkwo oder Das Alte stürzt bzw. Alles zerfällt)

Googleübersetzung der engl. Wikipedia:

Okonkwo ist ein berühmter Mann im Dorf Umuofia. Er ist ein Ringkampfmeister und Anführer eines Clans. Er strebt danach, das genaue Gegenteil seines Vaters Unoka zu sein, der ein fauler Schuldner war, der weder seine Frau noch seine Kinder ernähren konnte und lieber Flöte spielte und dem Alkohol verfiel, als nach Erfolg zu streben. Okonkwo arbeitet von klein auf hart, um sich aus eigener Kraft Ruhm und Reichtum zu erarbeiten. Besessen von männlicher Stärke und Disziplin, schlägt er oft seine Frauen und Kinder, was zur Flucht eines seiner Söhne führt.

Okonkwo wird von den Ältesten zum Vormund von Ikemefuna auserwählt, einem Jungen, der als Friedensabkommen zwischen Umuofia und einem anderen Clan entführt wurde, nachdem Ikemefunas Vater eine Frau aus Umuofia getötet hatte. Der Junge sieht in Okonkwo einen zweiten Vater. Das Orakel von Umuofia verkündet schließlich, dass der Junge getötet werden muss. Ezeudu, der Dorfälteste, warnt Okonkwo davor, zu töten, doch dieser ignoriert die Warnung und vollbringt die grausame Tat widerwillig. Nach Ikemefunas Tod wird Okonkwo von Trauer und Albträumen geplagt. Während eines Salutschusses bei Ezeudus Beerdigung explodiert Okonkwos Gewehr versehentlich und tötet Ezeudus Sohn. Er und seine Familie werden daraufhin für sieben Jahre in sein Heimatland [das Land der Mutter seiner Frau] Mbanta verbannt, um die Götter zu besänftigen.

In Mbanta erfährt Okonkwo, dass Weiße in Umuofia leben, um dort das Christentum einzuführen. Mit der steigenden Zahl der Konvertiten wächst der Einfluss der Weißen, und eine neue Regierung wird eingesetzt. Das Dorf steht vor der Wahl, die neue Gesellschaft der Weißen zu akzeptieren oder sich ihr zu widersetzen. Okonkwos Sohn Nwoye wird neugierig auf die Missionare, und nachdem er ein letztes Mal von seinem Vater geschlagen wurde, beschließt er, seine Familie zu verlassen und ein unabhängiges Leben zu führen. Nwoye wird von einem Missionar namens Mr. Brown in die neue Religion eingeführt. Im letzten Jahr seines Exils beauftragt Okonkwo seinen besten Freund Obierika, all seine Yamswurzeln zu verkaufen und zwei Männer anzuheuern, die ihm zwei Hütten bauen sollen, damit er mit seiner Familie zurückkehren kann. Er veranstaltet außerdem ein großes Fest für die Verwandten seiner Mutter.

Als Okonkwo von Mbanta zurückkehrt, findet er sein Dorf durch die Anwesenheit der Weißen verändert vor. Nachdem ein Konvertit das Verbrechen begangen hat, einen Ältesten zu entlarven, der einen Ahnengeist des Clans verkörpert, rächt sich das Dorf, indem es eine örtliche christliche Kirche zerstört. Daraufhin nimmt der Bezirkskommissar, der die Kolonialregierung vertritt, Okonkwo und mehrere andere einheimische Anführer gefangen, bis sie eine Geldstrafe von zweihundert Säcken Kaurimuscheln zahlen. Trotz der Anweisung des Bezirkskommissars, die Anführer von Umuofia mit Respekt zu behandeln, demütigen die einheimischen „Gerichtsboten“ sie, indem sie ihnen die Köpfe rasieren, sie mit Stöcken schlagen und auspeitschen. Empört versammelt sich das Volk von Umuofia schließlich zum Aufstand. Okonkwo, von Natur aus ein Krieger und fest entschlossen, die Sitten und Gebräuche Umuofias zu bewahren, verachtet jede Feigheit und befürwortet den Krieg.

Als Boten der weißen Regierung versuchen, die Versammlung zu verhindern, enthauptet Okonkwo einen von ihnen. Da die Menge den anderen Boten die Flucht ermöglicht und nicht an Okonkwos Seite kämpft, erkennt er verzweifelt, dass das Volk von Umuofia nicht für sich und seine Religion kämpfen wird. Als der Bezirkskommissar Gregory Irwin daraufhin zu Okonkwos Haus kommt, um ihn vor Gericht zu stellen, findet er Okonkwo tot vor. Er hatte erkannt, dass er den Kampf allein führte und sein Stamm aufgegeben hatte. Unter seinem Volk hat Okonkwos Handeln seinen Ruf und sein Ansehen beschädigt, da Selbstmord den Lehren der Igbo streng widerspricht. Obierika ringt mit den Tränen, als er Okonkwos Tod beklagt. Während Irwin und seine Männer sich auf Okonkwos Beerdigung vorbereiten, sinniert Irwin darüber, dass Okonkwos Tod ein interessantes Kapitel für sein Buch „Die Befriedung der Urstämme des unteren Niger“ abgeben wird.

Handlung kapitelweise:

1. Teil

1. Kapitel: Okonkwos Vater war ein Versager. Das einzige, was er konnte, war Schulden machen und immer wieder, obwohl er nichts zurückzahlte. Sein Vater spielte für sein Ansehen keine Rolle. Das Sprichwort sagt: Wenn ein Kind seine Hände wäscht, kann es mit Königen essen. Und Okonkwo hatte sich die Hände gewaschen. Er war fähig. (S.3-7)

2. Kapitel: Okonkwo schämte sich seines Vaters. Er selbst war fähig. Das einzige, was er fürchtete, so zu werden wie sein Vater. (S.8)

3. Kapitel: Okonkwos Vater Unoka hatte ein trauriges Schicksal. Die Göttin lebte in einem Erdhügel, der einen so niedrigen Eingang hatte, dass man kriechen musste. Das Feuer in der Höhle glühte nur, so dass man die Prophetin kaum erkennen konnte und niemand die Göttin selbst sah. (S.13) Als er die Göttin fragte, warum er immer so wenig ernte, obwohl er vorschriftsmäßig opfere, sagt ihn die Seherin, er sei zu faul, zu roden, um unverbrauchtes Land zu gewinnen, und säe immer nur auf bereits verbrauchte Erde.  Er war aber schwächlich und konnte keine schwere Arbeit leisten. Er starb an einer Schwellung des Magens und der Rippen. Weil das der Erde zuwider war, durfte er nicht zu Hause sterben, sondern wurde nach draußen geschafft. Weil er sich nicht wehrte, wurde er nicht an einen Baum gebunden. Aber er wurde nicht begraben, sondern verrottete langsam.

Weil Unoka  seinem Sohn nichts hinterlassen hatte, hatte Okonkwo einen schweren Start ins Leben, aber weil er keinesfalls so leben und sterben wollte wie sein Vater, war er aktiv. Er brachte einem reichen Mann Geschenke und bat um Saatgut für Yamswurzeln. [Es bleibt für mich unklar, ob es Saatgut, Sämlinge oder Setzlinge sind. Einerseits hebt er Saatgut viele Wochen lang auf, um es bei dem späteren Regen zu verwenden, andererseits werden vor dem Setzen die Pflanzen, wenn sie groß genug sind, geteilt.] Er erhielt doppelt so viel, wie er erhofft hatte. Der Reiche sagt dazu das Sprichwort vom Vogel Eneke: Als die Menschen gelernt hätten, ihr Ziel zu treffen, habe er gelernt, zu fliegen, ohne auszuruhen. [Mit heutigen Worten: Ein erfolgreicher Unternehmer ist immer innovativ.] 

Okonkwo musste für das Saatgut freilich einen Teil seiner Ernte abgeben, er musste seine Mutter und seine Schwestern mit versorgen. Die Frauen arbeiteten zwar auch fleißig, aber nur Frauenpflanzen wie Bohnen und Maniok und nicht mit Yamswurzeln, die Männerarbeit waren. 

In dem Jahr, als Okonkwo  anfing, war es das schlechteste Jahr seit langem. Der Regen fiel immer zur falschen Zeit, ein Mann erhängte sich deswegen; Okonkwo aber hielt durch und sagte sich später: Wenn ich das durchgestanden habe, dann halte ich alles aus.

Kapitel 4: Okonkwo  war fähig, aber er war auch arrogant. Einmal sagte er, als jemand ihm widersprach: "Diese Versammlung ist für Männer." Als ein Älterer ihm darauf sagte, nicht jeder habe ein Glücklos gezogen, entschuldigte er sich. Aber er hatte gar kein Glückslos gezogen, sondern alles, was er war, verdankte er seiner Leistung. (S.20)

Okonkwo liebte Ikemefuna (s.o.), aber er zeigte es nicht. Er hielt es für Schwäche, Emotionen zu zeigen. Das gestattete er sich nur bei Ärger. (S.21) Als er seine jüngste Frau wegen eines Vergehens schlug, beachtete er nicht, dass es die Friedenswoche war. "Okonkwo was not the man to stop beating somebody half-way through, not even for fear of a goddes." (S.22) Als der Dorfälteste ihm eine Strafe auferlegte, zahlte er sie. "Inwardly, he was repentant. But he was not the man to go about telling his neighbours that he was in error." So dachten die Leute, er würde die Götter des Clans nicht ehren. Die Strafe für das Brechen des Friedens vor der Woche der Aussaat war früher viel schärfer gewesen. Vor zwei Generationen war ein Mann deshalb getötet worden. (S.24)

Kapitel 5Das Fest des neuen Jahrs war immer das fröhliche Fest in Umofia.  Doch Okonkwo freute sich nur bei der Arbeit. Die Frauen und Kinder bemalten sich. Okonkwo war sehr nervös und verprügelte grundlos seine zweite Frau und schoss sogar auf sie, zum Glück, ohne sie zu treffen. Alle drei Frauen, kochten für Okonkwo und jeweils eine ihrer Töchter brachte ihm das Essen. 

Kapitel 6: Der Kampf der Ringer war immer ein aufregendes Ereignis im Dorf. Alle versammelten sich auf dem Festplatz. Sieben Trommeln setzten ein und tönten immer fieberhafte. Die Trommler waren vom Geist der Trommeln besessen. Als erstes kämpften die Jugendlichen von 15 oder 16 Jahren. Sie leisteten den Vorkampf. Kaum waren die Jungen aufeinander getroffen, als einer blitzartig einen Schultersieg gegen seinen Gegner erzielte. Drei Jungen aus seiner Gruppe trugen ihn als Sieger auf den Schultern zurück. Die zweite Frau von  Die zweite Frau von Okonkwo merkte, dass sie neben einer Frau aus einem anderen Dorf stand, die als Priesterin arbeitete. Diese Frau liebte die Tochter der zweiten Frau und sprach immer von ihr als "meine Tochter". Dieser Bekannten erzählte die 2. Frau, dass ihr Mann auf sie geschossen hatte.
Dann begann der Kampf der Männer, die meisten Kämpfe endeten unentschieden. Die zwei Gruppenführer traten als letzte gegeneinander an. Lange schien der Kampf unentschieden, bis einer einen Griff ansetzte, doch der andere über ihn hinweg sprang und ihn zu Boden warf. Daraufhin ertönte der Siegesgesang (S. 34-37)  

Kapitel 7: Okonkwo hatte einen jungen Mann als Tribut von dem anderen Dorf bekommen, als ein Bewohner seines Dorfes erschlagen worden war und Umofia, die Gruppe der 9 Dörfer, dem Dorf des Täters mit Krieg gedroht hatte. . Dieser Jüngling Ikemefuna war etwas älter als Okonkwos ältester Sohn, und er hatte sich in drei Jahren sehr in den Haushalt eingefügt und nannte Okonkwo seinen Vater. Nwoye, der älteste Sohn von Okonkwo sah in Ikemefuna sein männliches Vorbild und sah einen Vorzug darin, mit ihm zusammen nicht mehr bei seiner Mutter, sondern im Obi [Hütte] seines Vaters zu sein. Sein Vater erzählte zwar Geschichten, die ihm weniger gut gefielen als die seiner Mutter, aber er wollte ja ein Mann werden und wusste, dass diese Geschichten von Kampf und Tod zu männlichem Wesen gehörten. Okonkwo freute sich, dass sein Sohn dem Beispiel Ikemefunas folgte und sich angewöhnte, verächtlich über die Frauen und Kinder zu sprechen. Denn Okonkwo war der Meinung, noch wichtiger als Reichtum, viele Frauen und Kinder sei es, dass der Mann die Frauen erfolgreich im Griff hatte. Dass sein Sohn so verächtlich von Frauen sprach, machte ihm Hoffnung, dass das seinem Sohn später auch so gelingen würde wie ihm selbst.

Dann kamen die Wanderheuschrecken. Sie kamen in der Nachernte-Saison, als die kalten Harmattanwinde eingesetzt hatten. Sie fraßen alles Gras auf den Feldern. Okonkwo und die Jungen waren dabei, eine Hauswand zu bauen, als plötzlich eine dunkle Wolke aufkam. Zunächst dachten alle, es wäre eine Regenwolke, aber es waren Wanderheuschrecken. Darüber freuten sich alle, denn sie wussten, es würde sehr viel zu essen geben. Die Heuschrecken kamen im Grunde nur einmal im Laufe einer Generation und blieben meist für sieben Jahre. Schon bald wollten die Jungen die Heuschrecken einsammeln, aber die Älteren empfahlen ihnen, zu warten, bis es dunkel wurde und die Flügel der Heuschrecken nass würden, so dass man sie leichter einsammeln konnte. Als sie gemütlich am Heuschreckenessen saßen, kam der Dorfälteste zu Okonkwo, bat ihn hinaus und sagte ihm: "Dieser Junge nennt dich Vater, beteilige dich nicht dabei, ihn zu töten." Er berichtete, dass das Dorf auf das Grund des Orakels entschieden hatte, dass Ikemefuna getötet werden sollte. Sie werden ihn aus dem Dorf heraus bringen und dort töten. Am nächsten Tag kamen die Ältesten aller 9 Dörfer von Umuofia. Am Nachmittag sagte Okonkwo zu Ikemefuna, er solle wieder in das Dorf zurückkehren, wo er herkam. Als die Männer kamen, um Ikemefuna mitzunehmen, ging   Okonkwo mit ihnen. 

Auf dem Weg machte sich Ikemefuna, der einen Krug mit Palmwein auf dem Kopf trug, Gedanken darüber, wie er seine Familie nach 3 Jahren fern von zu Hause antreffen werde.  Als sie durch einen dichten Wald gingen, wurde ihm etwas unheimlich, aber er beruhigte sich, weil ja Okonkwo hinter ihm ging, der ihn schützen konnte. Da stieß ihm einer der beiden Männer, die hinter ihm gingen sein Messer in den Rücken. Ikemefuna stürzte, der Palmweinkrug zerbrach und Okonkwo  gab ihm den Todesstoß, weil er nicht schwach erscheinen wollte.   (S.38-45)

8. Kapitel: Drei Tage lang aß und Okonkwo nichts, sondern trank nur Palmwein. Bald fühlte er sich so schwach, als wäre er ein Riese mit Moskitobeinen. Wenn er sich mit Arbeit hätte ablenken können, wäre ihm seine Tat wohl nicht so nachgegangen. Aber zwischen der Ernte und der nächsten Pflanzzeit war routinemäßig eine Ruhezeit,  und die einzige Arbeit, die man zu tun pflegte, war es, sein Hau auszubessern, und das hatte er schon getan. Doch seine Tochter Ezinma brachte ihn schließlich dazu, etwas zu essen. Dann ging er zu Obierka, einem nachbarlichen Bekannten, und unterhielt sich mit ihm über seinen ältesten Sohn Nwoye, den er zu unmännlich fand. Darauf ging es um die unterschiedlichen Regeln für das Ernten von Palmfrüchten und für den Brautkauf. Reden half Okonkwo zwar nicht so gut, wie es mit Arbeit gegangen wäre, seine Schuld zu vergessen, aber es war besser als nichts.

9. Kapitel: In diesem Kapitel beschreibt Achebe ein Element der Mythologie der Ibo (Odinani).            Es geht dabei darum, dass  bestimmte Kinder (ida ogbenje die an andauernder Armut leiden) durch einen Zauber dazu bestimmt sind, immer wieder auf die Erde zu kommen und deshalb schnell sterben müssen, damit sie bald wiederkommen können [eine Erklärung für Kinder, die schon in den ersten drei Lebensjahren sterben]. Dieses frühe Sterben kann man nur dadurch beenden, dass man ihr iyi-uwa findet, das sie zwingt, immer wieder auf die Welt zu kommen. [An Iyi-uwa is an object from Igbo mythology that binds the spirit of a dead child (known as ogbanje) to the world, causing it to return and be born again to the same mother.[1] Many objects can serve the purpose of iyi-uwa, including stones, dolls, hair or pieces of the dead child's clothes, omens, or offerings. The iyi-uwa must be found and destroyed in order for the ogbanje to rest and stop haunting the mother. To find the object, shamans known as 'dibia' question the spirit and perform rituals to force it to reveal where the iyi-uwa is located.[2]   ]

In vorliegenden Fall hatte Ekwefi, Okonkwos zweite Frau, schon neun Kinder in ihren ersten Lebensjahren verloren, erst das 10. Kind, Edzinma, erreichte schon das 6. Lebensjahr, war deshalb das ein und alles ihrer Mutter, die Edzinma als gleichrangig behandelte. Sie nannte ihre Mutter nicht Nne [Mutter], wie alle Kinder das tun, sondern mit ihrem Namen. 

Das Kapitel handelt davon, dass es dem Schamanen gelingt, sich von Edzinma die Stelle zeigen zu lassen, wo er tief in der Erde ihr iyi-uwa fand (einen Kieselstein, der in einen Lumpen eingewickelt war). So tief hätte natürlich kein 6-jähriges Kind graben können. Dass Edzinma jetzt krank wurde, obwohl ihr iyi-uwa gefunden worden war, wirkte sehr bedrohlich, aber es gelang Okonkwo mit traditioneller Medizin, seine Tochter zu retten.

10. Kapitel: Achebe berichtet über eine Entscheidung der Geister der Vorfahren (egwuwu). Alle werden zum Dorfplatz zusammengerufen. Aus der zentralen Hütte, die die Frauen schmücken, in die sie aber nie hineingehen dürfen, kommen neun Geister der Vorfahren mit schreckerregenden Masken. Der Sprecher der Geister ist Evil Forrest (Wald des Unheils). Er hört die Klagen beider Vertreter an, befragt sie jeweils, ob sie ihn kennen, sie versichern, dass sie ihn nicht kennen, weil man ihn nicht kennen könne. Allerdings können aufmerksame Beobachter schon feststellen, wer von den wichtigsten Männern des Dorfes nicht in der Versammlung ist, sie hüten sich aber darüber zu sprechen. Nach der Befragung ziehen sich die neuen Geister in die Hütte zurück, und Evil Forest verkündet darauf die Entscheidung. Zunächst betont er, dass die Geister nicht einen Mann verurteilen und den anderen loben, sondern nur den Streit schlichten werden. (Einer der Zuschauer meint, ihre Entscheidung sei das äußerste, was der Mann aus dem Dorf akzeptiert hätte.) 

11. Kapitel: In einer undurchdringlich dunklen Nacht erzählt Ekwefi ihrer Tochter das Märchen vom Fest der Vögel und Schildkröte. Die Vögel waren in der Himmel zu einem Fest eingeladen, und die Schildkröte wollte mitkommen. Die Schildkröte kannte sich unheimlich gut aus; aber die Vögel wussten, dass sie listig war und immer wieder Leute betrog. Trotzdem gelang es ihr, die Vögle dazu zu überreden, dass jeder ihr eine Feder gab, damit sie sich daraus Flügel basteln konnte. So flog sie mit ihnen zum Fest. Vor dem Zusammentreffen mit den Gastgebern erzählte die Schildkröte den Vögeln, es sei ein alter Brauch, dass man sich bei solchen Festen einen neuen Namen gebe. Die Vögel wussten zwar nichts davon, ließen sich aber darauf ein. Dann sagte die Schildkröte, sie heiße jetzt All of you. Beim Fest fragte sie die Gastgeber, für wen das vorbereitete Essen und Trinken gedacht sei. Sie sagten: für euch alle. Darauf begann die Schildkröte sich vollzufressen und mit dem Palmwein zu betrinken, bis fast nichts mehr für die Vögel übrig blieb. Die konnten dann die letzten Krümel aufpicken. Manche aber waren so wütend, dass sie gar nicht mehr essen konnten. Am Schluss des Festes nahmen aber alle Vögel ihre Federn wieder an sich, so dass sie keine Flügel mehr hatte. Da bat sie, sie möchten doch ihrer Frau einen Gruß bestellen, alle weigerten sich, nur der Papagei ließ sich darauf ein. Da bat sie ihn, er solle ihrer Frau bestellen, sie möge alles Weiche, was sie habe auf einen großen Haufen vor ihrer Hütte zusammentragen. Der Papagei sagte der Frau, sie solle alles Harte zusammentragen. Als die Schildkröte dann herunterprang, zerbrach ihr Schild.  

Da hört man plötzlich die Stimme Chielos, der Priesterin der Göttin Agbala, die kommt und fordert, man möge ihr "ihre Tochter" Edzinma mitgeben. Okonkwo und Ekwefi weigern sich zwar, aber dann wagen sie doch nicht, dem Befehl der Göttin Agbala zu widerstehen. Doch als die Priesterin Edzinma mitnimmt, entschließt sich Ekwefi, ihnen wenigstens zu folgen. Sie erlebt eine grauenvolle Zeit in der stockdunklen Nacht, in der die Priesterin bis zu einem anderen Dorf läuft. 

12. Kapitel

Die Priesterin kam aus der Höhle, vor der Okonkwo und Ekwefi standen und brachte deren schlafende Tochter zurück in es Hütte.
Die beiden anderen Frauen aus mit allen Kindern gingen zu der Hochzeitsfeier von Obierkas  Tochter, zu der die Familie das gesamte Dorf eingeladen hatte. Natürlich brachten alle etwas zu essen und zu trinken mit.
Achhbe schildert die Vorbereitung der Hochzeit sowie die volkstümlicher Begründung, weshalb das Nachbardorf erfolgreich zum Markt für alle 9 Dörfer geworden ist und welche Diebstähle dort wegen der Menschenmengen vorkommen, die sich dort versammeln und die solch ein Gedränge schaffen, dass - wie ein Marktbesucher sagt - zwischen ihnen kein Sandkorn zu Boden fallen kann. Dann stellt er dar, wie das gesamte Dorf darauf achtet, dass kein Vieh frei herumläuft und dass das Dorf darauf achtet, dass aus dem Dorf des Bräutigams auch genug Trinken zur Feier beigetragen wird. 

13. Kapitel: 
Die ekwe verbreitet in Umuofia die Kunde, dass Ezeudu gestorben ist, der Dorfälteste Ezeudu, der Okonkwo davor gewarnt  hatte, Ikemefuna zu töten. - Bei dieser Gelegenheit erläutert Achaebe, wie die Begräbniszeremonien abliefen und dass Ezeudu ungewöhnlich wichtig war, weil er von den vier Titeln, die man erwerben konnte drei besaß. Zur Begräbniszeremonie gehörte auch dass Gewehre abgeschossen wurde. Dabei explodierte Okonkwos Gewehr und ein Metallteil traf den 16-jährigen Sohn Ezeudus tödlich. Deshalb wird Okonkwo verbannt. 

Zweiter Teil

14. Kapitel:
Uchendu gewährt Okonkwo während seines Exils Zuflucht  in seiner Trauer und Verzweiflung unterstützt, indem er ihm Land, Saatgut und Hilfe zum Aufbau von Hütten anbietet. Uchendu steht im Gegensatz zu Okonkwo und verkörpert die traditionellen Werte von Gemeinschaft und familiärer Unterstützung. 

"„Am zweiten Tag rief Uchendu seine Söhne und Töchter und seinen Neffen Okonkwo
zusammen. Die Männer saßen auf ihren Ziegenfellmatten, die Frauen auf einer
Sisalmatte, die über eine Bank aus gehäufter Erde gebreitet war. Uchendu zupfte
nachdenklich an seinem grauen Bart und knirschte mit den Zähnen. Dann begann er ruhig
zu sprechen und wählt seine Worte mit großer Sorgfalt:
Ich möchte vor allem mit Okonkwo reden, begann er. Aber alle sollen hören, was ich
sagen werde. Ich bin ein alter Mann, und ihr alle seid Kinder. Ich weiß mehr von der Welt
als irgendeiner von euch. Ist einer unter euch, der mehr zu wissen glaubt, so soll er es
ruhig sagen. Er schwieg, aber niemand sagte etwas.
Warum ist Okonkwo heute unter uns? Dies ist nicht sein Volk. Wir sind nur die Verwandten
seiner Mutter. Er gehört nicht hierher. Er ist ein Flüchtling und muss sieben Jahre in einem
fremden Land leben. Die Last dieses Kummer, drückt ihn, aber da gibt es etwas, was ich
ihn gern fragen möchte. Okonkwo, weshalb geben wir unseren Kindern so häufig den
Namen Nneka, der besagen will: „die Mutter ist das Haupt“? Wir alle wissen, dass der
Mann das Familienoberhaupt ist und die Frauen sich seinem Willen beugen. Jedes Kind
gehört zur Familie des Vaters und nicht zur Familie der Mutter. Ein Mann gehört in das
Land seines Vaters und nicht in das seiner Mutter. Dennoch sagen wir häufig Nneka – „die
Mutter ist das Haupt“. Warum tun wir das?2
Alle schwiegen.
„Antworte mir, Okonkwo“, sagte Uchendu.
„Ich weiß die Antwort nicht“, antwortete Okonkwo.
„Du weißt die Antwort nicht? Also bist du ein Kind. Du hast viele Frauen und viele Kinder –
mehr Kinder als ich. Du bist in deinem Clan ein großer Mann; aber du bist noch ein Kind,
mein Kind. Höre, was ich dir sagen werde. Aber zuvor, lass mich noch eine Frage an dich
stellen: Weshalb wohl bringen wir eine tote Frau zurück in ihr Dorf, dass sie bei ihren
Verwandten begraben wird und nicht bei den Verwandten ihres Mannes? Warum? Deine
Mutter wurde zu mir gebracht und bei meinen Verwandten begraben. Warum?“
Okonkwo schüttelte den Kopf.
„Auch das weiß er nicht“, sagte Uchendu, und doch ist er voll Kummer und Sorgen, weil er
ein paar Jahre in dem Dorf seiner Mutter leben muss.“ Er lachte traurig und wandte sich
an seine Söhne und Töchter. „Wie ist es mit euch? Könnt ihr meine Frage beantworten?“
Alle schüttelten die Köpfe.
„Dann hört mir zu“, sagte er und räusperte sich. „Es ist wahr, dass ein Kind seinem Vater
gehört. Wenn aber der Vater das Kind schlägt, läuft es zu seiner Mutter. Ein Mann gehört 
in das Land des Vaters, wenn alles gut geht und es süß ist, zu leben. Wenn aber Sorge
und Bitternis kommen, ist das Land der Mutter seine Zuflucht. Die Mutter ist dort begraben
und wird ihn beschützen. Und deshalb sagen wir, dass wir Mutter das Haupt ist. Ist es
recht von dir, Okonkwo, dass du mit finsteren Gesicht zu deiner Mutter kommst und jeden
Trost verschmähst? Hüte dich, dass du die Tote nicht verstimmts! Es ist deine Pflicht,
deinen Frauen und Kindern beizustehen und sie nach sieben Jahren in dein Dorf
zurückzubringen. Lässt du aber zu, dass die Sorgen dich niederdrücken und langsam
töten, so werden sie alle in der Fremde sterben.“ Er schwieg eine lange Zeit. „Dies sind
jetzt deine nächsten Verwandten.“ Er zeigte auf seine Söhne und Töchter. Du glaubst, du
bist der Unglücklichste aller Menschen. Weißt du auch, dass mancher Mann für sein
ganzes Leben verbannt wird? Weißt du auch, dass mancher Mann all seine Yamswurzeln
verliert und sogar seine Kinder? Sechs Frauen hatte ich einmal. Keine ist mir geblieben,
außer jenem jungen Mädchen, das rechts und links nicht unterscheiden kann. Weißt du
auch, wie viele Kinder ich begraben habe? – Kinder, die ich in meiner Jugend und in der
Fülle meiner Kraft gezeugt habe? 22. Ich habe mich nicht erhängt und lebe immer noch.
Wenn du glaubst, niemand müsse so leiden wie du, so frag meine Tochter Akueni, wie
viele Zwillinge sie geboren und fortgeworfen hat. Hast du nie das Lied gehört, das
gesungen wird, wenn eine Frau stirbt?“
„Wem tut es gut, wem tut es gut? Niemandem, niemandem tut es gut. Mehr habe ich dir
nicht zu sagen.“ "

15. Kapitel:
Okonkowos Freund Obierka kommt mit seinen Söhnen und bringt ihm Säcke mit Kaurimuscheln als finanzielle Unterstützung beim Aufbau seiner Existenz.

Obierka berichtet, dass das Dorf Abeme zerstört worden ist, weil ein weißer Mann im Dorf auftauchte, mit dem keine Verständigung möglich war und den die Dorfbewohner getötet haben, weil sie befürchteten, dass er ein Spion sei.
Darauf bekommt er den Hinweis, dass man jemandem, der nichts sage, nichts antun dürfe (S:103)
Dass Obierka später kam, als er vorgesehen hatte, erklärte er damit, dass sein Sohn zu lange geschlafen habe: " 'Mach nie einen frühen Termin mit jemandem ab, der gerade eine neue Frau geheiratet hat.' 'Alle lachten.' (S.104)

16. Kapitel:

(wird fortgesetzt)


  



Vgl. Chinua Achebe

27 Oktober 2025

David Graeber: Schulden: Die ersten 5000 Jahre

 David Graeber: Schulden

Vereinfachte Darstellung der Grundgedanken Graebers

Graeber hält die gegenwärtige Situation, wo Schuldverhätnisse bestehen, für ungerecht und versucht die Entstehung dieser Verhältnisse anders zu erklären als mit den herkömmlichen Theorien von Ökonomen. Dabei beruft er sich auf Beobachtungen, die er weltweit in ähnlicher Form gemacht hat.

Vorüberlegung: Jeder Mensch verdankt sehr viel seiner menschlichen Umwelt: die Eltern sorgen für ihn, bis er so weit heran gewachsen ist, dass er für sich selber sorgen kann. Darüber hinaus verdanken die Menschen aber sehr viel auch ihrer gesellschaftlichen Umgebung: die Sprache und die Regeln des wohlorganisierten Zusammenlebens ohne ständigen Streit und Streitregelung durch rohe Gewalt. Für diese Leistung der gesellschaftlichen Umwelt erwartet diese, dass man etwas an sie zurückgibt.

Durch das Geldwesen ist eine Maßeinheit geschaffen, die die Leistungen, die man der Gesellschaft leisten sollte, genau bestimmbar machte.

 Wenn es ein Maß für diese Schulden gibt, kann man fordern, dass exakt die Menge zurückgezahlt wird, die die Schuld von vorher ausmacht. (Er nimmt also an, dass es nie einen Tauschhandel gegeben hat, sondern nur Verhältnisse zwischen Menschen, wo einer etwas geleistet hat und der andere dafür eine Gegenleistung erbringen will oder soll.

Wenn ein bestimmter Betrag einsetzbar ist, dann kann man ihn nicht nur präzise bestimmen und zurückfordern, sondern man kann auch Zinsen auf den auch ausgegebenen Betrag fordern.

Damit kommt dann die Schuldknechtschaft und passend dazu die Sklaverei in die Welt.

Dazu passt, dass die Kolonisatoren von der Bevölkerung des Landes, das sie beanspruchten, ursprünglich keine Rechtfertigung hatten, von ihren Arbeit zu verlangen. Dafür mussten sie Steuern erheben, die ihrerseits in einer von den Kolonisatoren festgelegten Währung erbracht werden mussten. Dafür mussten die Kolonisierten Arbeit leisten, um das Geld, das sie zu bezahlen hatten, zu erhalten.

Soweit die Theorie: Graeber stützt sie dadurch, dass er darauf hinweist, dass Kriege es ermöglichen, den Reichtum eines anderen Volkes in Anspruch zu nehmen. Entweder, indem man ihnen ihre Werte wegnahm, oder in dem man von ihnen Personen wegnahm und sie verkaufte. Man konnte aber auch Reparationen verlangen, d.h. die Rückzahlung des Aufwandes, den der Angreifer hatte, um die anderen zu besiegen, um dann Geld von Ihnen verlangen zu können. 

Insofern wäre Wallensteins Formel: der Krieg ernährt den Krieg von Anfang an eine Devise aller Eroberer gewesen.

Graeber hat also das Ziel Befreiung von der Schuldknechtschaft und unternimmt es als Ethnologe, den Nachweis zu führen, dass überall, wo Geldwirtschaft entstand, ein aufgezwungenes Verhältnis zwischen zwei Partnern vorlag, üblicherweise das zwischen Eroberern und Unterworfenen

Allgemein wird die Notwendigkeit von staatlichen Steuern dadurch erklärt, dass der Staat Leistungen erbringt, die die Gemeinschaft braucht. Wenn aber ein Eroberer ins Land kommt, der seinerseits nicht bestehende Verhältnisse aufrecht zu erhalten versucht, sondern die Verhältnisse ändern will und dafür bezahlt werden will, dann bedarf es der abstrakten Maßeinheit für zu leistende Verpflichtungen in Waren oder Arbeit, die wir Geld nennen.

Zur Bestätigung seiner Theorie betrachtet Graeber sehr viele Beispiele an sehr vielen unterschiedlichen Ländern und Volkswirtschaften.


Weil über die Anfänge der Entstehung des Geldes wild spekuliert werden kann, ohne dass man etwas beweisen kann, führt Graeber eine andere Entwicklung ins Feld: als Öl so wichtig wurde, kamen die OEPEC-Staaten plötzlich zu sehr viel Geld, dass sie es gar nicht ausgeben konnten und deswegen es in westlichen Banken anlegten. Die Banken wussten zunächst gar nicht, was sie mit dem Geld anfangen sollten, weil nicht genügend Investitionsmöglichkeiten im Raum standen. Deshalb haben sie den damals so genannten Entwicklungsländern viel Kredit zur Entwicklung ihrer Wirtschaft angeboten, zunächst in recht niedrigen Zinsen, die sie dann aber immer weiter erhöht haben. Dadurch entstand die Schuldenfalle für die Länder des globalen Südens.
Um diese Länder aus der Schuldenfalle wieder zu erlösen, wird ein Erlassjahr gefordert oder zumindest die Aufschiebung der Rückzahlungen und der Kreditzinsen, bis die Wirtschaft zureichend, entwickelt sei.

Die Forderung, dass die Wirtschaften des Globalen Südens sich genau an die Regeln halten sollten, die von den Gläubigerländern ihnen auferlegt werden, hält Graeber für unangebracht und unzulässig. 

Ergebnisse eines Internetphilosophiekurses von Jean-Pol Martin 2010

David Graeber nennt als zentrale Fragestellung seines Buches »Schulden. Die ersten 5000 Jahre»[1] : «Was heißt das genau, zu sagen, unser Gefühl für Moral und Gerechtigkeit werde auf die Sprache eines Geschäfts reduziert? Was bedeutet es, wenn wir moralische Verpflichtungen auf Schulden reduzieren? Was ändert sich, wenn das eine zum anderen wird? Und wie sprechen wir darüber, wenn unsere Sprache so sehr vom Markt bestimmt wurde? Auf einer Ebene ist der Unterschied zwischen Verpflichtung und Schuld einfach und offensichtlich. Eine Schuld ist eine Verpflichtung, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen. Folglich lässt sich eine Schuld anders als jede andere Form der Verpflichtung genau quantifizieren. Dadurch werden Schulden einfach, kalt und unpersönlich - und das macht sie wiederum übertragbar. Wenn man jemandem einen Gefallen schuldet oder sein Leben verdankt, ist man dieser bestimmten Person verpflichtet.» [2]

Graeber führt für seine Untersuchung basale Unterscheidungen ein: die Unterscheidung zwischen Verantwortung und Verschuldung, und die Unterscheidung zwischen Angehörigen und Fremden.

Zwischen Angehörigen besteht ursprünglich eine Beziehung der Verantwortung und Verpflichtung:

»Es herrscht die Annahme, von jedem, der nicht ausdrücklich Feind ist, könne man etwas erwarten nach dem Grundsatz »jeder nach seinen Fähigkeiten«, wenigstens bis zu einem gewissen Grad: ...» [3] Dagegen sind Fremde erst einmal Feinde, mit denen man friedfertigen Umgang erst aushandeln muss. Fremde werden verjagt, getötet oder versklavt.

Zwischen den Angehörigen einer solchen ursprünglichen Gesellschaft entfaltet sich eine Ökonomie des Gebens und Nehmens, die Graeber als »humane Ökonomie« bezeichnet. Ich hätte hier den Begriff Verpflichtungsökonomie als weniger missverständlich empfunden.

Zwischen den Angehörigen einer 'humanen Ökonomie' gibt es Kredit (man kann anschreiben lassen) und Geld (virtuelles Geld, eine Methode zu bestimmen: X entspricht sechsmal Y). In den 'humanen Ökonomien', « … [dient] Geld in erster Linie als soziales Zahlungsmittel [...], um Beziehungen zwischen Menschen zu schaffen, zu erhalten und zu trennen, und nicht dazu, Dinge zu kaufen.» [4]

Tauschen findet gelegentlich statt, normalerweise mit Fremden; Tauschen ist ein Austauschen von Geschenken – mit viel Trickserei (Tauschen = Täuschen). Dieser Vorgang zwischen (wilden) Angehörigen ist gefährlich (jeder ist "nur einen Millimeter von der Kehle aller anderen entfernt")[5]. Schon von daher verbietet sich die Annahme einer Tauschwirtschaft.

Nachdem die Verpflichtungsökonomie allmählich zerstört und durch die kommerzielle Ökonomie verdrängt worden war, werden Verantwortung, Tausch Geld und Schenken neu definiert. «Der Tauschhandel hingegen war offenbar in erster Linie eine Art zufälliges Nebenprodukt der Verwendung von Münzen und Papiergeld: Historisch betrachtet fand Tauschhandel anscheinend immer dann statt, wenn Menschen, die Transaktionen mit Geld gewohnt waren, aus dem einen oder anderen Grund keinen Zugang zu geldlichen Zahlungsmitteln hatten.» [6]

Die kommerzielle Ökonomie bestimmt nun, was «...Staat und Markt, unseren grundlegenden Vorstellungen, was Freiheit, Moral und Zusammenleben in einer Gesellschaft bedeuten. All das wurde durch eine Geschichte voller Krieg, Eroberungen und Sklaverei geprägt in einer Weise, die wir nicht einmal mehr wahrnehmen, weil wir uns die Dinge gar nicht mehr anders vorstellen können.» [7]

Der größere Teil des Buches befasst sich mit den falschen Mythen der kommerziellen Ökonomik, zentral mit dem Mythos vom Tauschhandel. Wenn man beim Lesen von David Graebers Buch nicht sorgfältig den Sprachgebrauch der kommerziellen Ökonomik, also den Sprachgebrauch, der seit spätestens Adam Smith bei der Beschreibung und Rechtfertigung von Gesellschaft, Wirtschaft, Markt und Arbeit vorherrschend ist, unterscheidet von Graebers Sprachgebrauch, bekommt man schnell Verständnisprobleme.

David Graeber stellt die Frage, warum der Tauschwirtschaftsmythos nicht verschwindet, obwohl er historisch nicht begründbar ist: «Anscheinend kann der Mythos vom Tausch nicht verschwinden, weil er für den gesamten Diskurs der Wirtschaftswissenschaften so entscheidend ist.» [8]


Kritik einzelner Thesen Graebers

Freiheit

Graeber behauptet, jedes Recht bestehe in den Verpflichtungen des anderen. "Mein Recht auf freie Meinungsäußerung ist die Verpflichtung eines anderen, mich nicht dafür zu bestrafen" [9] Wenn wir das Recht der Selbstbestimmung haben, bedeutet das, dass wir unsere Sklaven sind [10].

Jede entfremdete Arbeit bedeutet nach Graeber Sklaverei. Dass wir ihren Gewaltcharakter nicht erkennen, ist danach darauf zurückzuführen, "dass wir uns nicht mehr vorstellen können, wie eine Welt aussähe, die auf sozialen Vereinbarungen beruht, welche nicht die ständige Bedrohung durch Elektroschockwaffen und Überwachungskameras erfordern." [11]


Kritik

Seit langem ist bei uns Freiheit als durch die Freiheit des anderen begrenzt angesehen. Das heißt, die Meinungsäußerung ist nur so weit frei, wie sie nicht beleidigend ist oder zu ungesetzlichen Handlungen aufruft (weil dieses beides Freiheiten anderer einschränken würde). Der Staat kann zum Schutz dieser Freiheit aufgerufen werden.
Dagegen haben andere das Recht, uns wegen unserer Meinungsäußerungen durch soziale Ausgrenzung zu sanktionieren, so lange diese Ausgrenzung nicht unsere unmittelbaren Persönlichkeitsrechte berührt.
Auch in unserer Welt gibt es Arbeit, die wir nicht für sinnvoll halten, die wir aber aufgrund von sozialen ausführen, ohne dass ein durch physische Gewalt abgesichertes Machtverhältnis besteht.
Kurz gesagt: Graeber vertritt ein philosophisches Konzept, das durchaus nicht schlüssig hergeleitet ist und andere bestehende Konzepte stillschweigend negiert. (Walter)

Erwiderung

Um Graeber angemessen zu lesen muss man bereit sein, die 'gängige' Metaphysik (z.B. den mataphysischen Begriff 'Freiheit' wie Schiller ihn gebraucht in seinem Gedicht 'Drei Worte des Glaubens') zu dekonstruieren. Graeber: »Dass die Vorstellung von Ehre ohne die Möglichkeit der Entwürdigung keinen Sinn ergibt, zeigt eine Rekonstruktion dieser Geschichte, und das kann uns noch mehr Grund zur Beunruhigung bieten, wie stark unsere grundlegenden Konzepte von Freiheit und Moral durch Institutionen geformt wurden — vor allem, aber nicht ausschließlich durch die Sklaverei —, an die wir lieber nicht mehr erinnert werden möchten.« [12]
Schuld, Kredit, Zins

Nach Graeber gilt: "Eine Schuld ist definitionsgemäß eine schriftliche Aufzeichnung wie auch eine Vertrauensbeziehung." [13]

Kritik

Aber: "Die Ursprünge des Zinses [...] liegen vor der Schrift."[14] Er wurde für "Darlehen" erhoben.

Walter: Darlehen begründen doch offenkundig ein zahlenmäßig bestimmbare Schuld. Sonst könnte ja kein Zins berechnet werden. Was gilt also: Schriftform oder keine?

Die Einführung von Darlehen bringt (nach G.) "einen grundlegenden Mangel an Vertrauen zum Ausdruck".[15]

Walter: Setzt eine Schuld also eine Vertrauensbeziehung voraus oder einen Mangel an Vertrauen?.

Erwiderung

Der Kredit setzt immer eine Vertrauensbeziehung voraus; auf der Seite des Gläubigers mindestens das Vertrauen in die Verfügbarkeit von Mitteln, den Schuldner bei Fälligkeit zur Zahlung der Schuld zwingen zu können; auf der Seite des Schuldner das Vertrauen, bis zur Fälligkeit unbehelligt zu bleiben. Der Unterschied zwischen den den einzelnen Kreditverhältnissen besteht hauptsächlich darin, ob Gläubiger und Schuldner Nächste sind, oder Fremde. In dem Maße, in dem die Regeln der Kreditverbindungen sich an dem Usus der Fremdenkredite ausrichten reduzieren sich Menschen und Dinge zu Wertgegenständen, die einen Preis haben. Schuldner und Gläubiger sind nur noch wechselseitig am Besitz/Eigentum des Gegenübers interessiert. Graeber sieht Schulden als Indikator von gestörten Sozalbeziehungen: »Was sind Schulden denn überhaupt? Sie sind nichts weiter als die Perversion eines Versprechens, das von der Mathematik und der Gewalt verfälscht wurde. Wenn wirkliche Freiheit darin besteht, Freundschaften zu schließen, so umfasst sie zwangsläufig auch die Fähigkeit, wirkliche Versprechen abzugeben. Welche Art von Versprechen könnten wirklich freie Menschen einander geben? Heute sind wir nicht einmal in der Lage, diese Frage zu beantworten. Wir müssen erst einmal die Fähigkeit entwickeln, herauszufinden, wie solche Versprechen aussehen könnten.«[16]

Medien

David Graeber bei Maybrit Illner

Mehr zu Geldtheorie

Currency-Theorie - Joseph Huber - Richard Werner

Hier die Darstellung der Wikipedia:

"Schulden: Die ersten 5000 Jahre ist ein 2011 in englischer Sprache als Debt: The first 5,000 Years veröffentlichtes Buch des US-Amerikaners David Graeber (1961–2020), Ethnologe, Anarchist und Wirtschaftsprofessor an der London School of Economics and Political Science. Es wurde 2012 mit dem britischen Literaturpreis Bread and Roses Award for Radical Publishing ausgezeichnet und erschien im selben Jahr auf Deutsch. Graeber analysiert darin die Rolle von Schulden in der Geschichte, vor allem vor dem Hintergrund von Revolutionen und sozialen Umbrüchen, und kritisiert verschiedene grundlegende ökonomische Konzepte.

Graeber gibt als Motiv für das Verfassen des Buches an, dass Verschuldung nahezu jeden Aspekt unseres Lebens durchdringe. Er nennt hierbei Defizitfinanzierung sowie Schulden von Verbrauchern und Staat und betont, dass die meisten Menschen mindestens einen Teil des Lebens als Schuldner verbringen. Er behauptet, dass dauerhafte politische Systeme eine Lösung für die „Schuldenfalle“ finden mussten, um die Bevölkerung davor zu schützen, Sklaven oder Tagelöhner ihrer Gläubiger zu werden. Er postuliert,   Platon oder Aristoteles würden, wenn sie heute leben würden, den Großteil der US-amerikanischen   Bevölkerung heute für Schuldsklaven halten, und sagt, dass man einen Staat benötige, um eine solche Situation überhaupt zu schaffen.[1]

Zu Beginn bezieht sich Graeber etwa auf die Schriften Alfred Mitchell-Innes’ von 1913 und 1914, in welchen jener darlegt, dass die in den Wirtschaftswissenschaften vorherrschenden, axiomatischen Annahmen über die Entstehung des Geldes (z. B. die Erzählung Adam Smiths) nicht den Tatsachen entsprechen würden. Graeber meint hierzu: „Kein Historiker hat Mitchell-Innes je widerlegt. Sie ignorierten ihn kurzerhand. Die Lehrbücher blieben bei ihrer Geschichte - obwohl alles dafür sprach, dass sie schlichtweg falsch war.“[e 1]

In Schulden: Die ersten 5000 Jahre erläutert Graeber den   Mythos   des   Tauschhandels[e 2] und die ersten Vorkommen von Schulden.[e 3][2] Er beschreibt anhand von anthropologischen Studien, dass Handel mit einer einfachen Form des Kredits beginnt, nämlich dem Versprechen, die Entgegennahme von Waren später zu begleichen. Münzgeld sei erst mindestens 2000 Jahre später erfunden worden und Tauschhandel sei nur entstanden, wenn Geldsysteme zwischenzeitlich zusammenbrachen.[1] Er behauptet, die Gründung des modernen Bankensystems habe zur Finanzierung europäischer Kriege gedient und die von den Zentralbanken verwalteten Schulden seien im Grunde Kriegsschulden der Regierung.[1] Er stellt daher die Notwendigkeit der Rückzahlung von Schulden in Frage und kritisiert, dass den Entwicklungsländern der Washington Consensus aufgezwungen wurde und sie in eine schuldbasierte Abhängigkeit getrieben hat.[e 4] Hierbei hinterfragt er, warum die Moral der Schulden stärker als jede andere Art der Moral ist und sonst untolerierbares Leid akzeptabel erscheinen lässt. Zudem behandelt Graeber die moralischen Fundamente für ökonomische Beziehungen[e 5] und kritisiert den vermeintlich freien Markt. Er beschreibt hierbei Ehre und Entehrung als Grundlage der zeitgenössischen Zivilisation und Wirtschaftsordnung.[e 6] Geld sei nicht als Sache immanenten Werts zu verstehen,[2] sondern nur als Verhältnis zwischen Dingen von Wert. Indem es nicht mehr als Beziehung, sondern als eigenständiger Gegenstand betrachtet worden sei, habe Geld soziale Beziehungen korrumpiert. Vermeintliche Geldschöpfer und Geldnutzer würden mit zweierlei Maß bewertet und dies habe soziale Umstürze zur Folge:[3]

„‚Offenbar haben sich diese Leute gesagt: Wenn heute schon jeder ein Miniatur-Kapitalist werden soll, warum sollen wir dann nicht auch Geld aus nichts schaffen dürfen?‘ Jetzt erkennen sie, dass der American International Group erlaubt ist, was ihnen verwehrt ist – ein Blick auf Mesopotamien, das antike Griechenland und Rom zeigt, dass das die Inkubation sozialer Umsturzbewegungen ist. Das Schuldensystem, das auf einer ‚Schöpfung aus Nichts‘ aufgebaut ist, hat deshalb in den Augen des Anthropologen nichts mehr mit Märkten und auch nichts mit Wissenschaft zu tun (die Formeln bei AIG mussten von Astrophysikern geschrieben werden, weil sie so schwierig waren), sondern mit Theologie. Wir leben in einer Welt der doppelten Theologie, ‚eine für die Geldgeber und eine für die Schuldner‘.“

– Frank SchirrmacherEurokrise: Und vergib uns unsere Schulden. (2011)[3]

In der geschichtlichen Perspektive unterteilt Graeber die Entwicklung von Geld und Schulden in fünf Zeitalter:

  1. Die Phase der frühen städtischen Zivilisationen (ÄgyptenMesopotamienIndustalChina) etwa von 3.000 v. Chr. bis 800 v. Chr.[e 7] Aufgrund der Quellenlage behandelt Graeber hauptsächlich Mesopotamien, postuliert aber ähnliche Verhältnisse für die anderen drei Regionen. Der Handel habe auf Kreditvereinbarungen beruht, Geld sei in erster Linie eine Verrechnungseinheit gewesen. Staatliche oder religiöse Autoritäten horteten große Edelmetallschätze und Warenvorräte, die Tempel oder Depots fungierten gleichzeitig als zentrale Warenumschlagplätze. Die Verschuldung von Privatleuten führte immer wieder zu sozialen Krisen, denen durch regelmäßige allgemeine Schuldenerlasse begegnet wurde.
  2. Die „Achsenzeit[e 8] von 800 v. Chr. bis 600 n. Chr. Den Begriff „Achsenzeit“ übernimmt Graeber von Karl Jaspers, erweitert aber den Zeitraum gegenüber Jaspers erheblich. Während Jaspers die philosophischen und religiösen Entwicklungen betrachtet, stellt Graeber die wirtschaftlichen Wandlungen der Zeit in den Vordergrund und betrachtet den geistigen Wandel als deren Folge. Unabhängig voneinander, aber fast zeitgleich sei in China, in Nordindien und im Mittelmeerraum Münzgeld aus Edelmetall eingeführt worden. Dies sei jeweils in einer Phase geschehen, in der in der Region zahlreiche Kleinstaaten permanent Krieg gegeneinander führten, das Münzgeld sei von den Staaten zur Bezahlung ihrer Söldnerheere eingeführt worden, da sich das bisherige Kreditsystem dazu wenig eignete: „a heavily armed itinerant soldier is the very definition of a poor credit risk“[e 9]. Das Edelmetall habe man beschafft, indem die Heere auf ihren Feldzügen Staats- und Tempelschätze plünderten, außerdem durch den massenhaften Einsatz von Sklaven (Kriegsgefangenen) in Gold- und Silberminen. Schließlich sei eine völlig auf Sklavenarbeit beruhende Ökonomie entstanden. Schuldenerlasse wurden abgeschafft, die Verelendung verarmter freier Bürger (und daraus folgende soziale Unruhen) sei durch Aussiedlung in eroberte Gebiete oder durch direkte staatliche Alimentierung (Brot und Spiele) vermieden worden. Geistige Folge des durch Münzgeld unpersönlich gewordenen Warentausches seien materialistische Anschauungen gewesen, die Profitstreben als einzige Leitschnur menschlichen Handelns postulierten. Dagegen wandten sich idealistische philosophische und religiöse Schulen, aus denen die heutigen Weltreligionen, die klassische griechische Philosophie und der Konfuzianismus hervorgegangen seien. Diese setzten sich schließlich durch, nachdem durch die Bildung von Großreichen die Basis der Eroberungsökonomien wegfiel.
  3. Das „Mittelalter[e 10] von 600 bis 1450. Die Zeit der freien Dorfmarken des frühen europäischen Mittelalters, sowie der freien Städte, Kommunen und Stadtbünde des Hochmittelalters.
  4. Das „Zeitalter der großen kapitalistischen Imperien[e 11] von 1450 bis 1971.
  5. Graeber beendet sein Buch mit der heutigen Phase ab der Aufhebung des Goldstandards des US-Dollars am 15. August 1971, genannt „Der Anfang von etwas, das noch nicht bestimmt werden kann“ („The Beginning of Something Yet to Be Determined“).[e 12]
Rezensionen sehen das Werk im Zusammenhang mit verschiedenen sozialen Protesten seit 2011. (Proteste in Spanien 2011/2012, Arabischer Frühling, Proteste in Griechenland 2010–2012, Occupy Wall Street).[3][4][2] Die Financial Times vergleicht das Werk mit denen von Marcel Mauss, Karl Polanyi und Keith Hart.[5]

Für Frank Schirrmacher, den damaligen Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, zeigt das Buch, dass „praktisch alle Aufstände, Umstürze und sozialen Revolutionen der europäischen Geschichte […] aus einer Situation der Überschuldung entstanden“ seien. Dabei seien Schulden eine Kategorie, die nicht allein der Deutungshoheit des Systems der „scheinbar ökonomischen Realität“ überlassen werden dürfe. Denn Schulden seien im Kern „ein moralisches Prinzip und eine moralische Waffe'“, und zwar seit der Zeit Mesopotamiens ein machtgebundenes. „Käme Plato mit einer Zeitmaschine zu uns […], er würde sich nicht wundern, Menschen zu sehen, die arbeiten müssen, nicht um ihr Leben zu leben, sondern um eine Schuld zu bezahlen, für die ihr Leben gar nicht ausreicht. Zu seiner Zeit nannte man sie Sklaven.“ In der Antike etwa wurden immer wieder Schulden erlassen und das Land neu verteilt.[3]

Für Thomas Meaney in der New York Times behandelt „Graeber, in der besten Tradition der Ethnologie, Schuldenobergrenzen, Subprime-Hypotheken und Credit Default Swaps als wären sie exotische Praktiken eines selbstzerstörerischen Stammes. Das Buch, geschrieben in frechem, einnehmenden Stil, ist zudem eine philosophische Untersuchung über die Natur von Schuld – woher sie kam und wie sie entstand.“[6]

Der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank Thomas Mayer stützt sich in seiner Analyse der Zentralbankwirtschaft im Kontext der Entstehung der Kreditwirtschaft auf Graebers Buch.[7]

Zitate aus dem Buch:

"In beiden Städten [Athen und Rom] beginnt die Geschichte mit einer Abfolge von Schuldenkrisen. In Athen ereignete sich die erste Krise, die 594 vor Chr. zu den Reformen Solons führte, schon so früh, dass die Münzprägung dabei kaum eine Rolle gespielt haben kann. Auch in Rom lag die erste Krise anscheinend vor der Entstehung der Währung. In beiden Fällen erwies sich die Münzprägung als eine Lösung. [...] Die Münzprägung spielte eine wichtige Rolle für das Überleben dieser freien Bauernschaft – diese Bauern besaßen ihr eigenes Stück Land und waren nicht durch Schuldverhältnisse an einen hohen Herrn gebunden. Die Finanzpolitik vieler griechischer Städte war im Grunde nichts anderes als ein ausgeklügeltes System der / Beuteverteilung. Kaum eine griechische Stadt verbot, exzessive  Kreditvergabe oder Schuldknechtschaft vollständig; stattdessen versuchten die Städte, das Problem mit Geld zu bekämpfen. Gold und vor allem Silber wurden im Krieg erworben oder von Sklaven, die im Krieg gefangen genommen worden waren, in Minen abgebaut. Die Münzstätten lagen in den Tempelbezirken (dem traditionellen Ort für die Aufbewahrung von Beutegut), und die Stadtstaaten fanden vielfältige Mittel und Wege, um Münzen zu verteilen, nicht nur unter den Soldaten, Seeleuten und den Herstellern der Waffen für die Schiffe, sondern auch unter der allgemeinen Bevölkerung. [...] 
Die Demagogen brauchten Geld, um die Menschen für die Teilnahme an der Versammlung und den Geschworenendienst zu bezahlen; denn wenn die Menschen daran nicht teilnahmen, drohten die Demagogen, ihren Einfluss zu verlieren. Sie konnten zumindest einen Teil dieses Geldes aufbringen, indem sie die Auszahlung jener Gelder verhinderten, die den Befehlshaber der Triremen [Kriegsschiffe] zustanden. [...] Da die Kommandeure, der Triremen nicht bezahlt wurden, konnten diese auch ihre Lieferanten und Arbeiter nicht entlohnen, die daraufhin die Kommandeure der Triremen verklagten. Um diesen Gerichtsverfahren zu entgehen, taten sich die Triremen- Kommandeure zusammen und stürzten die Demokratie.
Es war die Sklaverei, die all dies ermöglichte. [Sklaven in den Silberminen]" (Graeber: Schulden,   S.240/41)

"Viele Kirchenväter waren der Ansicht, man könne nicht gleichzeitig ein Händler und ein Christ sein. Im frühen Mittelalter war dies keine dringende Frage – vor allem, weil ein Großteil des Handels in den Händen von Ausländern lag. Die begrifflichen Schwierigkeiten hingegen wurden nie gelöst: Was bedeutete es, dass man nur 'Ausländern' Geld leihen konnte? War das einfach Zinswucher? Oder war auch der Handel gleichbedeutend mit Krieg?
Ihren wohl berüchtigsten und in vielen Fällen katastrophalen Ausdruck fand diese Frage im Hochmittelalter in den Beziehungen zwischen Christen und Juden. In den Jahrhunderten seit Nehemia hatte sich die jüdische Einstellung zum Geldverleih geändert. Unter der Herrschaft des Augustus hatte Rabbi Hillel das Sabbatjahr in totes Recht verwandelt, indem er zwei Parteien erlaubte, in einen Darlehensvertrag eine Zusatzbestimmung aufzunehmen, in der sie vereinbarten, das Sabbatjahr außer Kraft zu setzen. Obwohl verzinste Kredite weder in der Tora noch im Talmud erlaubt waren, wurden Ausnahmen im Umgang mit Nichtjuden zugelassen – vor allem, weil die europäischen Juden im Laufe des 11.und 12. Jahrhunderts von fast allen anderen Tätigkeiten ausgeschlossen wurden. Dadurch wiederum wurde es schwieriger, die Praxis verzinster Darlehen einzudämmen, was in einem beliebten Scherz aus dem 12. Jahrhundert zum Ausdruck kommt, der zur Rechtfertigung des Zinswuchers unter Juden herangezogen wurde. Der Scherz bestand offenbar darin, den Vers im 5. Buch Mose 32,21 in fragendem Ton zu zitieren, um den offenkundigen Sinn des Gebots ins Gegenteil zu verkehren: 'Von einem Ausländer darfst du Zinsen nehmen, von deinem Bruder darfst du keine Zinsen nehmen?'
Auf christlicher Seite fand die 'Ausnahme des Ambrosius' im Jahr 1140 ihren Weg in das Dekretum Gratiani, die einflussreichste Sammlung des kanonischen Rechts. Damals regelte im Wesentlichen die Kirche des Wirtschaftsleben. Man sollte meinen, damit wären die Juden außerhalb des Systems in Sicherheit gewesen, aber in der Realität lagen die Dinge nicht so einfach. Zum einen herrschte die Meinung vor, dass die 'Ausnahme' eigentlich nur für die Sarazenen oder andere galt, mit denen sich die Christenheit tatsächlich im Krieg befand, obwohl sich sowohl Juden als auch Nichtjuden, gelegentlich darauf beriefen. Schließlich lebten Juden und Christen in denselben Städten und Dörfern. Wenn man annahm, dass die 'Ausnahme' den Juden und den Christen das Recht gab, einander Geld zu Zinsen zu leihen, so bedeutete dies auch, dass sie das Recht hatten, einander zu ermorden. Zugegeben wollte das eigentlich niemand. Auf der anderen Seite kam die realen Beziehungen zwischen Christen und Juden, diesen unglücklichen Ideal, oft gefährlich nahe – wobei die tatsächlichen Morde (abgesehen von der rein wirtschaftlichen Aggression) offenkundig nur von der christlichen Seite verübt wurden." (Graeber: Schulden, S. 302/303 )