Ein 15-jähriger Schüler aus den Londoner Vororten fährt aus dem von Lebensmittelrationierung geprägten England der Nachkriegszeit ins amerikanische Hauptquartier nach Heidelberg. Die Bahnfahrt will nicht enden, und als Leser will man auch endlich aus dem Zug heraus.
Und dann kommt er an bei der jungen Verwandten, die ihn eingeladen hat und aus Verlegenheit in einem Frauenhotel mit Heimcharakter unterbringt, wo er sich möglichst unsichtbar machen muss.
Tagsüber und bis spät in die Nacht kann er aber die Vergnügungen der amerikanischen Militärs und ihrer Entourage mitmachen.
Wie meist bei David Lodge gibt es also einen Zusammenstoß von Kulturen, an dem es viel zu lernen gibt, es gibt eine Menge Humor, wenn auch nicht ganz mit der späteren Leichtigkeit, dem Alter des Helden entsprechend gibt es viel Nachdenken über Sex und die entsprechenden Erfahrungen, und schließlich werden die Nazizeit und der Holocaust thematisiert.
Bei den vorhergehenden Schilderungen des Bombenkrieges ("Blitz") aus London und der Phasen der Evakuierung ist bei einem Autor, der 1935 geboren ist, nicht verwunderlich, dass er aus eigener Erfahrung schreibt. Aber auch die fast verrückte Geschichte vom Jungen im amerikanischen Hauptquartier ist autobiographisch. Nur die romanhaften Verwicklungen, die die Story im Hauptteil vorantreiben, sind es nicht.
So viele Schwierigkeiten der Roman Out of the Shelter auch gemacht hat (nach der für ihn höchst unbefriedigenden Ausgabe von 1970 gelang es ihm erst 1985 eine Fassung drucken zu lassen, die ihn befriedigte), der Roman ist bei aller wirklichkeitsnaher Schilderung der Problematik leicht zu lesen. Ich hatte Schwierigkeiten, ihn zwischendurch aus der Hand zu legen.
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vor 11 Stunden
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