88. Zykel Hier ist Roquairols Brief an Albano:
»Einmal muß es geschehen, wir müssen uns sehen, wie wir sind, und dann hassen, wenn es sein muß. Ich mache deine Schwester unglücklich, du meine und mich dazu; das hebt sich auf gegenseitig. Du verzerrest dich aus meinem Engel immer heftiger zu meinem Würgeengel. Würge mich denn, aber ich packe dich auch. Jetzt sieh mich an, ich ziehe meine Maske ab, ich habe konvulsivische Bewegungen auf dem Gesicht, wie Leute, die genossenen Gift überstanden! Ich habe mich in Gift betrunken, ich habe die Giftkugel, die Erdkugel, verschluckt. [...]
O, warum kann denn keine Frau nur soweit und nicht weiter lieben, als man haben will? [...]
Rabette meint' es gut mit mir, aus demselben Grunde des Wunsches, warum ichs mit ihr und mir so meinte. Aber weiß es denn jemand, welche Fegefeuer-Stunden man mit einem fremden Herzen durchwatet, das voll ist, ohne zu füllen, und dessen Liebe man am Ende hasset – vor welchem, aber nicht mit welchem man weint und nie über Gleiches und dem man sich jede Rührung zu enthüllen scheuete aus Furcht, sie in Nahrung der Liebe verwandelt zu sehen – [...]
In meinen Sinnen glühte der Wein, in ihren das Herz – O, warum hat sie, wenn man spricht und strömt, keine andere Worte als Küsse und macht einen sinnlich aus Langeweile [...]
Schlage dich heut oder morgen mit mir. Es soll mich freuen, wenn du mich in den längsten Schlaf auf den Rücken bringst. O, das Opium des Lebens macht nur anfangs lebhaft, dann schläfrig, o so schläfrig! Gern will ich nicht mehr lieben, wenn ich sterben kann. Und so ohne ein Wort weiter hasse oder liebe mich, leb aber wohl! Dein Freund oder dein Feind.«
89. Zykel
»Mein Feind!« rief Albano. Der zweite heiße Schmerz schlug vom Himmel in sein Leben ein, und der Wetterstrahl brannte grimmig wieder hinauf. Als ein herzloser Rumpf der vorigen Freundschaft war ihm Roquairol vor die Füße geworfen; und er fühlte den ersten Haß.89. Zykel »Mein Feind!« rief Albano. Der zweite heiße Schmerz schlug vom Himmel in sein Leben ein, und der Wetterstrahl brannte grimmig wieder hinauf. Als ein herzloser Rumpf der vorigen Freundschaft war ihm Roquairol vor die Füße geworfen; und er fühlte den ersten Haß.[...]
O, es ist ein finsterer Trauertag, der Begräbnistag der Freundschaft, wo das ausgesetzte, verwaisete Herz allein heimgeht, und es sieht die Todeseule vom Totenbette derselben schreiend über die ganze Schöpfung fliegen.
Jean Paul: Titan, 89. Zykel
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen