"Der weiße, zottige Spitz räsonnierte von Zeit zu Zeit und schoß um die lässigen Wolltiere. Unterdessen Schäfer und Lüfte und Düfte, die Wolken im blauen Himmel und die Augen der Lämmer und der Schafe, und auch Johannas Blicke arglos und wohlig und eintönig verwehend über die Weide tändelten. Das waren Johannas Feierstunden jetzt am Morgen. [...]
Einharts Leben war jetzt ganz innerlich und froh erfüllt, wie das Leben des Vogels im Schattenwipfel[76] oder das Leben der Woge im Meer. [...]
Aber Einhart sah es klingen in Johannas Augen. Johannas Augen sahen groß aus Dunkel her. Ihre sanfte, schlanke Lieblichkeit, so eilfertig heranstrebend, schien nicht anders, als zuzugehören zu dieser blendenden Dünenwelt zwischen Meerflutschäumen und Waldeswehen. Auch Einharts Blutwelle pulsierte dann singend, als wäre er die Seele dieser einsamen Welt von Dünen, von Wald, Felsen und Wogen.
Dann waren die Flatterwinde still. Die leichten Kleider warfen sie in den weißen Meersand. Johannas lieblicher, rosiger Leib enthob sich den letzten [78] Hüllen. Sie sprang mit anmutigem Gezeter alsogleich in die heranstürzenden Wogenschäume. Sie kreischte lieblich. Sie fiel von der Kraft der Wasserstürze gestoßen und tauchte nieder unter die Flut. Da konnte auch Einhart aufjauchzen derart, als hätte er plötzlich die Stimme eines alten Tritonen, so voll. Da konnte er in die hohlen Hände trompeten, als ob er in eine Muschel dumpf tutend hineinblies. Da konnte er hinter der ängstlich kreischenden Johanna drein in den flachen Wellen schaumsprühend springen, mit vollen Händen Diamanten in Sonne und Lüfte und über Johanna unbarmherzig schöpfend und sprühend."
Carl Hauptmann: Einhart, der Lächler, Viertes Buch, 10, S.74-78
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