26 Oktober 2014

Christiane

(Claudius auf den Tod seiner Tochter)
Es stand ein Sternlein am Himmel,
   Ein Sternlein guter Art;
Das tät so lieblich scheinen,
   So lieblich und so zart!
Ich wusste seine Stelle
   Am Himmel, wo es stand;
Trat abends vor die Schwelle,
   Und suchte, bis ich's fand;
Und blieb denn lange stehen,
   Hatt große Freud in mir:
Das Sternlein anzusehen;
   Und dankte Gott dafür.
Das Sternlein ist verschwunden;
   Ich suche hin und her
Wo ich es sonst gefunden,
   Und find es nun nicht mehr.


Wenn man das - völlig gerechtfertigte - Pathos seiner Ode auf den Tod, der einen Freund betraf,  mit dem schlichten, fast kindlichen Ton vergleicht, den Claudius beim Tod der eigenen Tochter findet, merkt man, wie viel Kunstwille im Pathos wie im schlichten Ton steckt. Die Schlichtheit war eine bewusste Entscheidung. Vermutlich - aber das ist nicht bewiesen -, um einen möglichst großen Personenkreis anzusprechen.
Wie sagte doch Lessing: 
"Wer wird nicht einen Klopstock loben
Doch wird ihn jeder lesen? - Nein.
Wir wollen weniger erhoben
und fleißiger gelesen sein."

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