Thaer hatte in Celle zunächst eine Experimentalwirtschaft, dann – nachdem seine Versuche fast durchgängig von Erfolg gekrönt worden waren – eine Modellwirtschaft geführt; in Möglin wurde die Modellwirtschaft zu einer Musterwirtschaft. Hierin liegt der alleinige Unterschied zwischen der Celler und der Mögliner Wirtschaftsführung ausgesprochen. Die Modellwirtschaft in Celle legte denen, die sie kennengelernt hatten, die Mühewaltung, oft auch geradezu die Schwierigkeit des Transponierens aus kleinen in große Verhältnisse auf, die Mögliner Wirtschaft hingegen war für die Mehrzahl der Fälle ohne weiteres ein Muster. Natürlich innerhalb der Grenzen, wie sie sich auf einem Gebiet, das einem lebendigen Organismus gleicht, von selbst verstehn.
Möglin war Muster, Celle war Modell, aber den räumlichen Unterschied beiseite gelassen, liefen im übrigen, um es zu wiederholen, beide Wirtschaften in ihren Prinzipien und Qualitäten auf dasselbe hinaus. Deshalb werden wir hier, in Erwägung, daß wir die Celler Wirtschaft ausführlich besprochen haben, bei der Mögliner nur kurz verweilen und nur dasjenige betonen, wodurch sich dieselbe sachlich und qualitativ von der Celler Wirtschaft unterschied.
Es war dies vorzüglich die Einführung einer veredelten Schafzucht, die Herstellung einer ausgezeichneten Wolle, der besten, die bis dahin in Deutschland produziert worden war. Die Kunst, die Thaer zwanzig oder dreißig Jahre früher, halb spielend geübt hatte, als es sich in seinem Celler Garten um Gewinnung immer neuer und immer schönerer Nelken- und Aurikelarten gehandelt hatte, – diese Kunst der Kreuzung kam ihm jetzt trefflich zustatten. Was ihm innerhalb der vegetabilischen Welt überraschend geglückt war, glückte ihm innerhalb der animalischen doppelt und dreifach. Er erschien wie auserwählt für diesen wichtigen Zweig landwirtschaftlicher Tätigkeit: physiologisches Wissen, angeborene feine Instinkte und eine glückliche Hand, – alles vereinigte sich bei ihm, um zu den überraschendsten Resultaten zu führen. [...]
Es ging auch nicht von Anfang an alles vortrefflich, aber schon 1815 und 1816 wurde seine Wolle auf dem Berliner Wollmarkt für die beste erklärt. 1817 schrieb er an seine Frau: »Für mich ist der diesmalige Wollmarkt zwar nicht der pekuniär beste, aber der gloriöseste, den ich erlebt habe. Meine Wolle ist 20 Prozent geringer verkauft, als im vorigen Jahre, aber um 20 Prozent höher, als irgendeine Wolle hier und in ganz Deutschland verkauft ist und werden wird. Unter allen Wollhändlern und allen Wollproduzenten ist es ganz entschieden angenommen, daß meiner Wolle keine in ganz Europa nahe komme, viel weniger ihr an die Seite zu setzen sei. Dies ist so das Tagesgespräch geworden und so über das Gemeine hinweggehoben, daß ich auch keine Spur des Neides bemerke. Jeder erkennt es an, daß ich das Außerordentliche errungen, worauf kein anderer Anspruch machen kann. ›Solche Wolle, sagt man, kann man erzeugen, denn Möglin hat sie erzeugt.‹ Wenn ich auf den Markt komme, so steht alles mit dem Hut in der Hand. Ich heiße bereits der Wollmarktskönig!«
Thaer erzielte dies alles durch sein Kreuzungsprinzip und die geschickte, scharfsinnige Handhabung desselben.
Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Das Oderland. Das Oderbruch und seine Umgebungen. Möglin. Albrecht Daniel Thaer, S.113 - 114
Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Das Oderland. Das Oderbruch und seine Umgebungen. Möglin. Albrecht Daniel Thaer, S.113 - 114
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