"Denn jedes Gedicht wird im Kopf der Leserin, des Lesers zu Ende geschrieben." "Wer nicht glaubt, im Gedicht etwas zu finden, das ihm unter die Haut gehen könnte, ..."
(Ulla Hahn: Gesammelte Gedichte 2013, Vorwort, S.14)
In den Gedichten Ulla Hahns ging mir zunächst nichts unter die Haut. Die junge Frau sprach zu mir erst über die Prosa der älteren.
Erst in den Gedichten, in die sie mehr Welt aufnahm, fand ich etwas. In Epikurs Garten fand ich im Schachtelhalm "grüne Ewigkeit"; und "Zerschlissen mein Amselkleid" und "Lied der Amsel" stellten sich zueinander. Ich fand Immortellen und Lene Nimbsch (mehr zu Lene Nimptsch hier).
Hahns Liebe zum Wort fand ich in ihrem Verborgenen Wort. Erst zusammen mit Welt erlebte ich sie so im Gedicht, dass auch die frühen Gedichte - zum Teil - meine Gedichte wurden. "Es gibt so viel Gedichte, wie es Lesende gibt." (S.14)
Natürlich gibt es viel mehr. Denn welcher Leser hätte nur ein Gedicht!
Jetzt also auch Ulla Hahns:
Kiesel am Rhein.
Ins Verhör nimmt dich
der schweigende Stein
...
Kleine Schwester
Seltsam zu glauben
dass du Ich bist
dass du in mir steckst wie
die kleinste und einzige kompakte
russische Puppe. Keine Angst.
[...]
Vorbei Dahin Vorüber. So
lange bis der große Puppenspieler
mir die nächste Strophe aufzwingt
Irgendwann eine letzte.
Was wird dann aus dir
kleine Schwesterseele tief drinnen
in mir? Kommst du mit?
Aber wohin? Und: Gibt es
ein Wi€derwort?
Dort.
(Das € steht für ein spiegelverkehrtes kleines e.)
Ein großes Gedicht. Mehr als ein Lebenslauf. Teils mit hymnischem Schwung. Und ein Gedicht über Dichtung. Das Bennsche "die Dinge mystisch bannen durch das Wort" klingt für mich an.
Hinter der Gewalt
vor 1 Tag
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