Freiherr von Risach, der "Gastfreund" des Ich-Erzählers Heinrich im Nachsommer war in Regierungs- und Verwaltungsgeschäften tätig, bevor er wieder auf seine Jugendliebe traf, von der er durch das Schicksal (oder durch unzureichende Entschlossenheit, eine Verbindung mit ihr einzugehen?) getrennt worden war.
Von da an lebt er in ständiger Verbindung und inniger Verbundenheit, aber getrennt und immer noch besuchsweise mit ihr zusammen.
Der grüne Heinrich der 1. Fassung stirbt früh. Der der 2. Fassung lebt in einer ähnlich innigen Verbundenheit, aber getrennt mit seiner Jugendliebe Judith.
Stifters Nachsommer erschien 1857, zwei Jahre nach der Erstfassung von Kellers grünem Heinrich. Die Zweitfassung dieses Werks aber erschien 22 bis 23 Jahre nach Stifters Nachsommer. Es ist nicht recht vorstellbar, dass Keller das Werk des 14 Jahre älteren Stifter nicht gekannt haben sollte. Gut denkbar, dass der Schluss der 2. Fassung also vom Nachsommer beeinflusst war.
1855 war Kellers großer Bildungsroman erschienen. Der Held des Nachsommers heißt Heinrich wie der von Kellers Roman; aber im Unterschied zu dem macht er alles richtig: Er hält die Verbindung zu seiner Familie, er betreibt sinnvolle Studien und findet die ideale Braut. (Sie heißt Nathalie wie die große Liebe von Wilhelm Meister.)
So wird er - aber diese Zukunft liegt außerhalb des Romans - vermutlich eine glückliche Ehe führen und nicht wie sein Gastfreund Freiherr von Risach eins in melancholischer Entsagung.
Nach Stifters Tod (ein Suizid) lässt Keller seinen Heinrich (in der 2. Fassung) überleben. "Korrigiert" er damit Stifters Leben, so wie dieser seinen Roman "korrigiert" hatte?
Interpretationen zu Stifters Nachsommer bei norberto42.
Kellers: Der grüne Heinrich 1. Fassung bei norberto42.
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