Zur Einordnung der folgenden Exzerpte und Referate von Textabschnitten kann der Wikipediaartikel Ulrich de Maizière dienen.
De Maizières Ausbilder im Fahnenjunkerlehrgang war der Hauptmann Ferdinand Schörner mit dem Orden, der fachlich sehr gut, aber zu arrogant und scharf war. (Er stellte sich 1933 als eifriger Nazi heraus und stieg dann zum Generalfeldmarschall auf.) Was de Maizière von ihm gelernt hat war die Befehlssprache. Die konnte er während seiner gesamten Berufszeit gut gebrauchen. Schörner blieb sein Ausbilder in Taktik auch im Fähnrichlehrgang. Hinzu kam als Infanterielehrer der Major Erwin Rommel, der wie Schörner auch Träger des Ordens Pour le Mérite (Seite 28 und 30) war.
Am 30.6.1934 wurde de Maizière mit einem Zug von Soldaten zur Verteidigung der Kaserne in Ruppin gegen die SA losgeschickt. Mit 22 Jahren war er dafür eigentlich zu jung.
"Die
Vorgänge um den 30. Juni 1934 blieben noch längere Zeit
Gesprächsgegenstand. Mit Erleichterung wurde es begrüßt, daß dem
ungesetzlichen, oft revolutionären Treiben der SA ein Ende gesetzt
war. Die SA war entmachtet und führerlos, der Nachfolger Röhms
unbedeutend. Aber dass Mord ein Mittel der Politik geworden war, ließ
doch viele erschrecken." (Seite 38/39)
1935
wurde de
Maizière nach
Landsberg an der Warthe versetzt. "Landsberg,
eine Stadt mit etwa 45.000 Einwohnern, hatte seit 1918 keine Garnison
mehr beherbergt. Die Bevölkerung begrüßte daher das Bataillon mit
großer Freude und Zustimmung." (Seite 40)
"Die Entlassungen Blombergs und Fritschs gaben Hitler willkommenen Anlaß zu einer grundlegenden Änderung der militärischen Spitzengliederung. Er übernahm selbst den Oberbefehl über die Wehrmacht unmittelbar; aus dem Reichskriegsministerium wurde das Oberkommando der Wehrmacht, dessen Chef Generaloberst Keitel. [...] Welche Konsequenzen es haben mußte, daß aus einem formell selbstständigen Reichsminister nun ein abhängiger 'Chef OKW' [Oberkommando der Wehrmacht] geworden war, ist mir damals nicht bewußt geworden." (S.46)
Seite 48
Generalmajor
von Hase wurde versetzt.
"Wenn
auch nicht ganz frei von Eitelkeit, besaß Hase eine natürliche
Autorität. Sein Auftreten erheischte Respekt. Aus seiner Abneigung
gegen Adolf Hitler und dessen Regime machte er kein Hehl. Daß dem
Regiment in den militärischen Vorbereitungen für einen durch das
Münchener Abkommen zunichte gewordenen Umsturz eine besondere Rolle
zugedacht war, hatte er sich für sich behalten, sicherlich nicht aus
fehlendem Vertrauen, mehr wohl aus dem Bestreben, seine Untergebenen
nicht mit einem Wissen zu belasten, das sie gefährden konnte."
(S.48)
[...] Die
Bevölkerung hatte den deutschen Einmarsch im Sudetenland als Erfolg
begrüßt. Dann "wurde
die Öffentlichkeit am 9./10. November durch die Ereignisse der
sogenannten 'Reichs-Kristallnacht' aufgeschreckt" [...] der
Vorgang und sein zeitlicher Zusammenhang machten anschaulich, welchem
Wechselbad von Erfolgen und Rechtsverletzungen, von Zustimmung und
Ablehnung die Menschen jener Jahre ausgesetzt waren." (Seite
48)
Im
Vorgang des Angriffs auf Polen:
"In
der Nacht vom 25. zum 26. August rückte die Truppe in die
Bereitstellungsräume ein.
Der
Angriff auf Polen sollte um 04:00 Uhr morgens beginnen. Nur wenige
Stunden vorher überraschte uns der Befehl, alle
Angriffsvorbereitungen einzustellen und die Truppe sofort hinter eine
von der Grenze deutlich abgesetzte Linie zurückzuziehen.[...]
Am
31. August aber schien es nun doch ernst zu werden. Ein um 18:00 Uhr
eingehender Befehl wies das Regiment an, nach Einbruch der Dunkelheit
erneut die Ausgangsstellungen zu beziehen und am 1. September, 04.45
Uhr, die Grenze zu überschreiten. [...] (S.51)
"Unvergeßlich
ist das Erlebnis der 'Feuertaufe'. Man muß es erst lernen, im Feuer
feindlicher Infanteriewaffen oder der Artillerie zu liegen. Ich kenne
niemanden, der dabei nicht Angst empfunden hätte. Aber man kann die
Angst überwinden. Der Vorgesetzte hat es dabei leichter; auf ihn
richten sich die Augen der Untergebenen, von ihm erwarten sie
beispielhaftes Verhalten. Der Zwang zum Handeln überdeckt die Angst,
die Erwartungen der Untergebenen wirken als Ansporn."
(S.52)
"Aber
zum ersten Male zu erleben, wie Kameraden in unmittelbarer Nähe
sterben, greift tief in das Bewusstsein ein. Nur die Pflicht, der
eigenen Verantwortung gerecht werden zu müssen, hilft über solche
Belastungen hinweg. [...] der Stolz über die eigenen Erfolge konnte
das Mitgefühl für den geschlagenen Gegner nicht ganz verdrängen.
"(S. 53)
Nach
dem Ende des Polenfeldzug wurde die Truppe in 32-stündiger
Eisenbahnfahrt an die französische Grenze verlegt
"Vor
allem die Kameraden, die schon am Polenfeldzug nicht hatten
teilnehmen können, fürchteten, es würde Ihnen zum zweiten Male die
Möglichkeit verwehrt werden, sich im Gefecht zu bewähren und eigene
Kriegserfahrungen zu sammeln." (S. 58)
"Obwohl
der Feldzug in Frankreich praktisch schon entschieden war, erklärte
Oberst von Witzleben: 'Sie brauchen keine Sorge zu haben. Sie haben
noch nichts versäumt.' Damals hatten wir keinerlei Verständnis für
seine Aussage, aber dieses Mal bewies er den größeren Weitblick."
(Seite 59)
Zum 20. Juli 1944:
"Das
Attentat bedeutete einen tiefen Einschnitt in das innere Gefüge der
Truppe. Bisher hatte man im Heer offen sprechen, Kritik üben oder
sogar Zweifel an dem vielbeschworenen Endsieg äußern können, ohne
fürchten zu müssen, denunziert zu werden. Wenige Ausnahmen
bestätigten nur die Regel. [...] Dies änderte sich nach dem 20.
Juli. (Seite 90)
Mein
angestauter Ärger über das 'Herumgereichtwerden' veranlasste mich,
den Personalbearbeiter des OB West vorzuschlagen, mich, wenn er jetzt
keine angemessene Verwendung für mich habe, nach Göttingen zu
meiner Frau zur beurlauben, wo ich mich ja jederzeit abrufbereit
halten könnte. Er stimmte zu und so verlebten wir zweite
Flitterwochen in einer kleinen Wohnung, die uns eine Freundin meiner
Frau in Göttingen zur Verfügung stellte. Wir genossen diese Zeit;
aber je länger sie dauerte, umso mehr belastete sie mein Gewissen.
(Seite 98)
"[...]
Die Alliierten drangen über die deutschen Reichsgrenzen auf den
Rhein vor. Ich aber saß als Zuschauer in der Heimat. Unter Umgehung
des OB West meldete ich mich Ende Januar von Hannover aus telefonisch
beim Heeres-Personalamt mit der Frage, ob man mich eigentlich
vergessen habe. Und anscheinend hatte man mich wirklich aus den Augen
verloren; jedenfalls freute sich der zuständige Referent zu hören,
daß ich wieder einsatzbereit und verfügbar sei. Er stellte eine
Benachrichtigung innerhalb weniger Tage in Aussicht."
(S.98/99)
Das
Kriegsende
"Der
Dienst in der Operationsabteilung führte mich mehrfach in die
Reichskanzlei zum unmittelbaren Vortrag bei Adolf Hitler." (S.
103)
Die
kleine Lage fand jede Nacht gegen 1:00 Uhr im Bunker der
Reichskanzlei statt. Dort trugen nur rangjüngere Offiziere
vor, [...]" (S. 104)
"Aber so hinfällig Hitler auch zunächst erschien, Das Bild änderte sich mit dem Beginn des Vortrages. Er hörte aufmerksam zu, griff oft und lebhaft in die Vorträge ein, stellte ergänzende Fragen. Wenn er zu sprechen begann, belebten sich Augen und Sprache. Sie bekamen Farbe, Energie, oft auch Schärfe." (S. 105)
"Am
15. März hatte sich der eine Woche zuvor zum Oberbefehlshaber West
ernannte Feldmarschall Kesselring zum Vortrag angemeldet. Wir
glaubten zu wissen, daß Kesselring entschlossen
war, Hitler zu erklären, die Westfront sei ohne wesentliche
Verstärkungen nicht mehr zu halten. Die politischen Konsequenzen
waren offensichtlich. Kesselring traf zwischen 01:00 Uhr und 02:00
Uhr nachts nach langer Autofahrt ein. Hitler ging ihm mit
ausgestreckten Armen entgegen und bedankte sich mit
überschwänglichen, warmen Worten für sein Erscheinen. Dann trug
Kesselring etwa 1 Stunde lang vor, sachlich, nüchtern und
wahrheitsgemäß. Anschließend nahm Hitler das Wort, sprach fast die
gleiche Zeit mit großen Worten und Gebärden, ohne eine kurzfristig
wirksame, konkrete Hilfe zu zu sagen. Und Kesselring verabschiedete
sich mit den Worten: 'Mein Führer! Ich will es noch einmal
versuchen.'
Dieser
Vorgang machte ein Phänomen deutlich, über das schon oft
geschrieben ist, das dennoch nur schwer zu verstehen ist. Von Adolf
Hitler ging selbst in seinem kranken Zustand eine Wirkung aus, die –
rückschauend betrachtet – ein Schlüssel für so vieles sein kann,
was sich damals zugetragen hat und heute unverständlich erscheint.
Hitler besaß eine unerklärliche, ich scheue mich nicht zu sagen,
dämonische persönliche Ausstrahlungskraft, die man kaum
beschreiben, erst recht nicht begreifen kann, und der sich nur ganz
wenige Menschen haben entziehen können. Selbst ältere,
lebenserfahrene und ranghohe Persönlichkeiten unterlagen dieser
Wirkung." (S.105/06) [...]
Seine
Geisteskrankheit bestand in einer hypertrophen Selbstidentifikation
mit dem deutschen Volk. Er schien mir subjektiv davon überzeugt zu
sein – und er sprach das auch so aus –, daß mit dem Ende seines
Lebens und seiner Ideologie eine weitere Existenzmöglichkeit für
das deutsche Volk nicht mehr bestünde. [...]
Schließlich
besaß Hitler ein ebenfalls als abnorm zu bezeichnendes,
detailliertes Gedächtnis für Zahlen und technische Daten. Es gelang
ihm immer wieder, Vortragende bloßzustellen und zu verunsichern,
indem er ihnen Ungenauigkeiten in technischen Details nachwies. Diese
scheinbare fachliche Überlegenheit verstärkte die schon
beschriebene erdrückende Ausstrahlungskraft.
Um
nicht mißverstanden zu werden: ich habe hier nur über die von
Hitler als Person ausgehende Wirkung auf seine Umgebung berichtet:
die Amoralität seines Denkens und Handelns ist ein anderes Thema."
(S.106)
"Dönitz
und Jodl erwiesen sich jetzt als starke Persönlichkeiten mit
Initiative und Tatkraft. Ihr politisches und militärisches Ziel war
eine rasche Beendigung des Krieges. Die noch verbleibende Zeit sollte
genutzt werden, so viele Menschen wie möglich, Soldaten und
vor allem
Zivilisten, aus dem Osten des Reiches dem Zugriff der Sowjets zu
entziehen." (S. 107)
Über
Jodl:
"Mit
starkem Willen und nach einem klaren mit Dönitz abgestimmten Konzept
war er die treibende Kraft für die Abwicklung des Krieges bis zur
Kapitulation. Ihm ist es zuzuschreiben, daß du mit den Engländern
eine vorgezogene Teilkapitulation abgeschlossen werden konnte. Ihm
verdanken Hunderttausende von Menschen, daß sie noch in die von den
britischen und amerikanischen Truppen eroberten Gebiete Deutschlands
ausweichen konnten. Bei aller Schuld, die Jodl in jahrelanger engster
Zusammenarbeit mit dem Diktator auf sich geladen hat, [...] gebietet
es die Gerechtigkeit, die Leistung dieses Mannes in den letzten Tagen
des Krieges nicht unerwähnt zu lassen." (S. 116)
Zur Abwägung der Rollen bei der Durchsetzung der Inneren Führung schreibt de Maizière:
"Kielmannsegg und ich unterstützten diese Prinzipien aus Überzeugung. Allerdings war unser gesamter Ansatz vorwiegend pragmatisch bestimmt. Wir gingen vom militärischen Auftrag aus. Unser Ziel war eine einsatzbereite Armee in einem demokratischen Staat, militärisch effiziente Streitkräfte, getragen von demokratisch denkenden Soldaten. Für Baudissin hatte Priorität die liberal-demokratische Reform, in die er die Streitkräfte einbeziehen wollte und aus der heraus er ihre Einsatzbereitschaft entwickeln wollte. In den praktischen Ergebnissen stimmten wir weitgehend überein, und auf dieser Übereinstimmung beruhte unsere enge Zusammenarbeit. Ich stehe nicht an zu erklären, daß das entscheidende Verdienst in jener Zeit* Baudissin zufällt. Er war es, der die Vorstellungen vieler Mitwirkender innerhalb und außerhalb von Regierung und Parlament inspirierte und sie schließlich zu einem überzeugenden Gedankengebäude zusammenführte. Hierbei bewies er konsequente Durchsetzungskraft, auch wenn diese nicht immer frei von Intoleranz war, und eine bemerkenswerte Zivilcourage, die ihn auch schon in früheren Zeiten ausgezeichnet hatte." (S. 175)
*1951
"Es war eine glückliche Entscheidung Adenauers gewesen, Heusinger und Speidel schon früh zur Mitarbeit zu berufen und Ihnen die militärische Verantwortung für die Vorbereitung und Durchführung des Aufbaus der Bundeswehr anzuvertrauen. In Alter und Rang fast gleich, geprägt durch vergleichbare Ausbildung als Generalstabsoffiziere und kameradschaftlichen verbunden, wurden sie von uns Jüngeren mit respektvollem Unterton gerne die 'Zwillinge' genannt, auch wenn es sich offensichtlich um zweieiige Zwillinge handelte." (Seite 197/198)
Weil
ein Mangel an Offizieren bestand "entschlossen sich
Bundesregierung und Parlament, den Angehörigen des
Bundesgrenzschutzes (BGS) den freiwilligen Übertritt in die
Bundeswehr zu ermöglichen, ein Angebot, von dem am 1. Juli 1956 etwa
10.000 Beamte aller Ränge Gebrauch machten." (Seite 208)
"Der
BGS hatte bisher abseits der öffentlichen Beobachtung und
Aufmerksamkeit gestanden und dabei mit großer Prägekraft einen Stil
entwickelt, von dem wir fürchteten, er könne die Durchsetzung der
Grundsätze der Inneren Führung erschweren. Rückschauend muss ich
zugeben, daß unsere Besorgnis übertrieben war und sich nicht
bestätigt hat." (Seite 209)
"Die fast sieben Bonner Jahre von Januar 1951 bis Ende 1957 bedeuteten die längste in sich geschlossene Zeit meiner bisherigen beruflichen Arbeit, die ich in der Rückschau auch als die interessanteste und fruchtbarsten Periode meines Lebens ansehe. Sie stellte meine Kameraden und mich vor eine Aufgabe, wie sie Soldaten nur selten geboten wird, die faszinierende Chance, verhältnismäßig jung an Rang und Jahren, gleichwohl geprägt durch bittere Erfahrungen, unter veränderten politischen Bedingungen praktisch aus dem Nichts heraus an der Gestaltung und dem Aufbau einer neuen Militärorganisationen mitzuwirken und dabei Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen, die das Gesicht der Streitkräfte einer jungen Demokratie für die nächsten Jahrzehnte bestimmen sollten.
Wir haben in diesen Jahren, In denen die Bundesministerien, noch im Aufbau und personell klein, frei von Routine und einengenden Regelungen flexibel und reaktionsschnell arbeiten durften, mehr 'in Gang setzen' können, als mir das nur ein Jahrzehnt später als Inspektor und Generalinspektor noch möglich war." (S.210)
Truppenführer
in Hannover
"In Bonn hatte
ich mich aus sicherheitspolitischen Gründen für ein rasches
Aufstellungstempo eingesetzt. Jetzt sah ich mich mit den nachteiligen
Konsequenzen dieser Entscheidung in der Praxis gegenüber. [...] Das
Dilemma zwischen dem raschen Aufstellungstempo und dem Zeitbedarf für
eine solche Ausbildung ließ sich nur überbrücken, wenn die
Kommandeure Schwerpunkte setzten und vorerst Lücken bewußt in Kauf.
[...] Von einem homogenen Offizierskorps konnte nicht die Rede sein.
Kriegserfahrene Offiziere, jedoch meist ohne solide
Friedensausbildung, standen neben den Offizieren aus dem
Bundesgrenzschutz und den noch wenigen aus der jungen Bundeswehr
stammenden Leutnanten mit sehr kurzer Ausbildungszeit." (S. 214)
Schule
der Bundeswehr für Innere Führung
Mit
der Schule der Bundeswehr für Innere Führung, deren Leitung mir
General Heusinger [...] über trug, hatte die Bundeswehr eine
Einrichtung geschaffen, die weder im deutschen Militär noch in
ausländischen Streitkräften ein Vorbild besaß. Idee und erste
Planung hierzu gingen von Baudissin und seinen Mitarbeitern aus. (S.
225)
Als Definition für Innere
Führung war folgende Formulierung gefunden worden:
"Die
Innere Führung ist die Aufgabe aller militärischen Vorgesetzten,
Staatsbürger zu Soldaten zu erziehen, die bereit und willens sind,
Freiheit und Recht des deutschen Volkes und seiner Verbündeten im
Kampf mit der Waffe oder in der geistigen Auseinandersetzung zu
verteidigen.
Hierbei
geht sie von den politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten
aus, bekennt sich zu den Grundwerten unserer demokratischen Ordnung,
übernimmt bewährte soldatische Tugenden und Erfahrungen in unsere
heutige Lebensform und berücksichtigt die Folgen der Anwendung und
Wirkung moderner technischer Mittel." (Seite 228)
Schon
General Weber hatte es durchgesetzt, daß die Schule davon entbunden
wurde, Beurteilungsnotizen über die Lehrgangsteilnehmer zu fertigen.
[Daher konnten sich die Soldaten frei
äußern, ohne Nachteile befürchten zu müssen....]
So erhielt die Schule einen ungeschminkten Einblick in das Leben der
Truppe und konnte – wie ein 'Frühwarnsystem'
– Fehlentwicklungen und unterschiedliche Handhabung in den
Verbänden rechtzeitig erkennen." (Seite 231)
Führungsakademie
der Bundeswehr
"Bei der
Kommandoübernahme am 1. April 1962 fand ich eine Institution vor,
die in kurzer Zeit eine feste, wenn auch nicht endgültige Gestalt
erhalten und in der Truppe wie in der Stadt Hamburg eine anerkannte
Stellung als die höchste Ausbildungsstätte der jungen Bundeswehr
erworben hatte. "(Seite 241)
Wichtige
Vorgänge in dieser Zeit : die Diskussion über die
Notstandsgesetze "Die
später in den Artikeln 115a bis 115l GG gefundenen Lösungen sind
das Ergebnis mühsam ausgehandelten Kompromisse. Ich habe allerdings
Zweifel, ob sie denn im Voraus kaum Einzuschätzenden schweren
Belastungen eines Verteidigungsfalles wirklich gerecht zu werden
vermögen." (S. 245)
Spiegel
Affäre
"Verteidigungsminister
Strauß rechtfertigte in einer geschickt angelegten Rede sein
Verhalten in der die Öffentlichkeit erregenden 'Spiegel -Affäre'.
Trotz seiner bemerkenswerten Leistung als dynamischer
Verteidigungsminister während der Aufstellungszeit mußte er wenige
Wochen später sein Amt verlassen." (S. 249)
Kubakrise
im Oktober 1962
Inspekteur
des Heeres
Die derzeit wichtigste
Aufgabe für Führung und Truppe bestand in der Verbesserung der
Personallage. Die Bundeswehr litt unter Mangel an Offizieren und
unter Offizieren. (S. 260)
"[...] Dennoch
konnte er die Sorgen um einen ausreichenden Offiziernachwuchs kaum
mildern. Im Zuge der allgemeinen Bildungsreform der siebziger Jahre
wurde diese Konzeption durch die Gründung der Bundeswehrhochschulen
gänzlich verändert. (S. 261)
Generalinspekteur
der Bundeswehr
"Mit der Ernennung General de Maizières zum Generalinspekteur 1966 setzte die politische Führung ein klares Signal für die Innere Führung." (Wikipedia: Innere Führung)
Die
letzten Wochen der Regierung Erhard
"[...] Die
Vorgänge um den Rücktritt dreier hohe Generale – nach meinem
Vorgänger, General Trettner und dem Inspekteur der Luftwaffe,
Generalleutenant Panitzki, hat er auch der Befehlshaber im
Wertbereich III, Generalmajor Günter Pape, um seine Entlassung
gebeten – wurden im Parlament und Öffentlichkeit aufmerksam
beobachtet und als Prüfstein für die Anerkennung des Primats der
Politik durch die hohen Offiziere der Bundeswehr angesehen. Es dürfe
nicht der Eindruck entstehen, ein General könne seinem Minister in
einer schwierigen Situation seinen politischen Willen aufzwingen, gar
einen Minister stürzen, sagte mir unter vier Augen ein befreundeter
besorgter Bundestagsabgeordneten.
Daran
hatte ich auch beileibe nicht gedacht. Gewiß besaß der neue
Generalinspekteur zunächst eine starke Position – der Minister
konnte ihn ja nicht sofort wieder fallen lassen. Ich konnte daher
einiges durchsetzen, was bisher kaum erreichbar erschien.
Andererseits hielt ich mich mit meinen Forderungen bewußt im Rahmen
von Wortlaut und Geist des Grundgesetzes. Eine Verfassungsänderung
zugunsten der militärischen Führung stand außerhalb meiner
Überlegungen; das ließ ich auch die hohen Offiziere der Bundeswehr
wissen. Diese Haltung erleichterte die Entscheidungen des Ministers,
auch wenn er sie gegen den Rat seines Staatssekretärs traf. (S.
282)
"Es
war der Öffentlichkeit kaum bewusst, wie eng sich das
Beziehungsgeflecht zwischen den Generalstabschefs der
NATO-Mitgliedstaaten inzwischen entwickelt hatte. Sie trafen sich
regelmäßig während der Sitzungen des Militärausschusses, zu den
Beratungen der Verteidigungsminister im DPC (Defence Planning
Committee) und der NPG."
(S. 301)
Unter dem ersten sozialdemokratischen Verteidigungsminister
"Ich
erinnerte mich an ein Gespräch, das Fritz Erler – damals Führer
der Opposition – etwa ein Jahr vor seinem Tode (22. Februar 1967)
mit mir geführt hatte. Ihre eigentliche Bewährungsprobe auf
Verfassungstreue und demokratische Zuverlässigkeit, so meinte er
damals, werde die Bundeswehr erst dann abzulegen haben, wenn einmal
einem Sozialdemokraten als Verteidigungsminister die Befehls- und
Kommandogewalt übertragen würde. Dies sollte nun Wirklichkeit
werden, fast 50 Jahre, nachdem der Sozialdemokrat Gustav Noske als
Reichswehrminister für kurze Zeit ein vergleichbares Amt innegehabt
hatte." (S.312)
Helmut
Schmidt fragte wie denke der
Generalinspekteur, wie die Mehrheit der Offiziere darüber, und was
erwarte man von ihm? In meiner Antwort wies ich zunächst darauf hin,
dass der Verteidigungsminister – möglichst von der gleichen Partei
wie der Kanzler – eine politisch erfahrene und profilierte
Persönlichkeit sein müsse, mit Gewicht im Kabinett und Parlament,
mit internationaler Erfahrung und nicht zuletzt mit Autorität
gegenüber den Streitkräften. In der SPD sähe ich keinen Politiker,
der bessere Voraussetzungen für dieses Amt mitbringe als ihn. Die
Zuschriften aus der Bundeswehr kämen wohl überwiegend von jüngeren
Offizieren – Schmidt nickte –, während ich die Stimmung der
älteren Offiziere am besten mit dem Worten beschreiben könne: 'Wenn
schon SPD, dann Helmut Schmidt.' (S. 312)
"Schmidt
erwarb sich durch seine mit politischer Erfahrung geplante
Sachkenntnis bald Respekt und Ansehen bei seinen Kollegen. Die von
ihm bevorzugte ungeschminkte Sprache – ähnlich der des
langjährigen britischen Verteidigungsministers Denis Healey –
entsprach nicht immer diplomatischen Brauch, ließ aber dafür seine
Auffassungen klar erkennen. Die Amerikaner, insbesondere ihr
Verteidigungsminister Melvin Laird, schätzten diesen Umgangston."
(S.323)
"Nach
den Ansprachen des stellvertretenden Generalinspektors und des
Ministers erhielt ich das Wort zu einer letzten Rede als aktiver
Soldat. Es spiegelt mein Empfinden für den Sinn meines Dienstes seit
1951 wieder, wenn ich dabei sagte:
Wir
Soldaten träumen nicht von Frieden. Wir planen ihn – oder lassen
Sie mich lieber sagen – wir helfen, ihn zu planen. Wir planen, den
Frieden zu erhalten, zu sichern und – falls eher verloren gehen
sollte – so rasch wie möglich wieder herzustellen. Wir meinen
dabei einen Frieden in Freiheit. Das ist zugleich die Aufgabe der
Bundeswehr. Der Soldat bezieht seinen Selbstverständnis aus dieser
Aufgabe, er ist daher mit der Politik aufs engste verbunden."
(S.333)
Willy Brandt sagte dazu: "Das, was Sie da vorhin in Ihrer Rede gesagt haben, Herr General, ist im besten Sinne des Wortes preußisch." (S. 333)
(Ulrich de Maizière: In der Pflicht (Autobiographie) 1989)
Die Welt 2011 über Ulrich de Maizière:
"Kurz nach seiner Ernennung hält er am 20. Juli, dem Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Hitler, eine viel beachtete Rede in der Bonner Beethovenhalle: "Der Widerstand formt das Traditionsbild der Bundeswehr". Bald darauf droht der Kalte Krieg heiß zu werden, im August 1968 rücken Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei ein und beenden den Prager Frühling brutal. Nun trägt jener Mann, der einst in Hitlers Bunker saß, Kurt Georg Kiesinger die Lage im Bundeskanzleramt vor.
Insgesamt fünfeinhalb Jahre bekleidet Ulrich de Maizière das Amt des ranghöchsten Soldaten - unter drei höchst unterschiedlichen Regierungskoalitionen. Nach dem Abschied aus dem Amt 1972 bleibt er noch beratend für das Verteidigungsministerium tätig und wird Ehrenpräsident der Clausewitz-Gesellschaft. In seiner Zeit in der Bundeswehr erwirbt er sich den Ruf eines untadeligen Reformers.
Darauf kann sein Sohn als neuer Verteidigungsminister aufbauen, wenn er jetzt die größte Strukturveränderung in der Geschichte der Bundeswehr vollenden muss: Der Name de Maizière hat in der Truppe einen guten Ruf." (Die Welt, 6.3.2011)
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