Dieser Post stand zunächst normal bei allen anderen, dann ergänzte ich ihn um einige unzufriedene Bemerkungen. Nach einmal Überschlafen sehe ich es jetzt deutlich anders.
Zwar stören mich aufgrund meines Geschmacks die Krimi-Elemente, aber die literarische Leistung ist gut. Die Aussage ähnlich wie bei Frischs "Biedermann und Brandstifter", aber diesmal nicht von der Schweiz auf das, was in einem anderen Land geschieht (CSSR nach der Besetzung durch Russland), sondern aus einem Land, wo es den meisten Bürgern schlecht geht und sie deshalb keine Energie haben, über das, was im gesamten Lande vor sich geht nachzudenken und die deshalb mithelfen, ihre Situation zu perpetuieren oder eben zu verschlechtern. Pessimistisch wie Kafka und große Kunst von politischer Bedeutung.
Und dies Land und diese Kunst ist durch den Angriff Russlands auf die Ukraine in Gefahr. Damit auch die künstlerische Aussage über die Situation in Russland, die ein Russisch sprechender Autor auf Ukrainisch über die Folgen des Elends in allen Ländern schreibt.
Andrej Kurkow: Picknick auf dem Eis
"Er sagte immer: 'Laß uns trinken, auf daß es uns nicht schlechter gehe. Besser ging's uns schon mal.' " (S.102)
"Sein Ausland - das war ein stiller Ort, eine Schweiz der Seele, bedeckt vom Schnee der Ruhe. Hier dagegen war alles mit Angst durchtränkt. Hier sangen nicht einmal die Vögel, als ob sie keinerlei Lust dazu verspürten." (S.103)
"Es ist ein besonderes Buch. Eines von jenen, die nicht jedermanns Lesegeschmack treffen. Manche werden mit falschen Erwartungen an die Geschichte herangehen, manche werden mit Viktors Art nicht klar kommen. Ich finde das alles verständlich. Weswegen ich froh bin, dass ich keine Ahnung hatte, worauf ich mich einliess, als ich mit dem Lesen begann. Stellte sich heraus, dass das Buch genau zu meinem Lesegeschmack passt. Es ist speziell, anders, aussergewöhnlich. Leicht melancholisch, gemixt mit einem guten Schuss Wodka."
Rezension: https://literaturschock.de/literatur/belletristik/gegenwartsliteratur/picknick-auf-dem-eis (Daraus: "Fazit: Eine interessante Geschichte, die ich nicht vorhersehen konnte. Wie ein Bach fliesst die Geschichte dahin, bis sie einen packt und umherwirbelt. Kurkow kann wunderbar Stimmung erschaffen. Sie ergreift einen und lässt einen teilhaben am Kiew von 1995. Plus: Ein Pinguin spielt mit!")
Bis zur Mitte des Romans gefiel mir das Absurde der Geschichte, als sie in den Krimi abglitt "Stellte sich heraus, dass das Buch [...] meinem Lesegeschmack" völlig widerspricht. Zur Sicherheit habe ich erst den Schluss und dann den Übergang gelesen.
Die Hauptgestalt und ihre Art der Beziehung zur Welt spricht mich an. Aber das, was an dem Buch Krimi ist, stößt mich ab. Ich kann es nicht empfehlen, weil die Verrätselung mich dazu verführt hat, so viel davon zu lesen, dass mir die anfängliche Lust verdorben ist. Zum Glück viel ein Großteil der Lektüre in ein Wartezimmer, wo ich nichts anderes zur Hand hatte.
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