Heute habe ich aus einem offenen Bücherregal drei Bücher mitgenommen, die ich ir gekauft, aber nicht einmal ausgeliehen hätte. Denn das Thema, von dem sie handeln, interessiert mich eigentlich nicht; aber es interessiert mich mehr als das der anderen Bücher, die dort standen, und stellt eine Abwechslung von denen dar, die ich augenblicklich lese, über die ich aber inzwischen schon recht gut Bescheid weiß.
Das erste der Bücher heißt "Der Markt von Pagan" [Bagan] Prosa aus Burma. Burma gibt es (sozusagen) nicht mehr, denn es heißt jetzt Myanmar. Doch der Name der Landessprache hat sich nicht geändert. Er orientiert sich nach dem früheren Landesnamen und ist Burmesisch oder Birmanisch (denn die Schreibweise des Namens hat sich geändert).*
* "Burma und Myanmar sind eigentlich zwei Varianten derselben Bezeichnung. Die Schreibweisen Burma (englisch ausgesprochen: [birmanischen Namen Bama [ ] mit verhältnismäßig dumpfem „a“ als erstem Vokal. Bama und Myanma sind seit jeher die einheimischen Bezeichnungen der größten Bevölkerungsgruppe, der Bamar, für sich selbst und für ihr Land. Der Übergang von „B“ zu „M“ ist fließend. Dazu kommen weitere Varianten je nach Dialekt. Die Form Myanma(r) entstammt der Schriftsprache und findet sich daher eher in historischen Dokumenten, während Bama umgangssprachlich verwendet wird. Vermutlich entstand Bama durch vereinfachte Aussprache aus Myanma. ]) und davon abgeleitet Birma (in Deutschland) entsprechen dem
Das -r in Myanmar wird im Birmanischen nicht gesprochen und auch nicht geschrieben: Myanma. Das -r wurde für die Schreibung im Englischen hinzugefügt, um die Länge der letzten Silbe gemäß der nicht-rhotischen Standardaussprache im Britischen Englisch anzuzeigen. Auch in Burma (englisch ausgesprochen) repräsentiert das r keinen zusätzlichen Konsonanten, vielmehr ähnelt ur dem Schwa. Die Aussprache von Burma (englisch) ist tatsächlich sehr ähnlich wie die von Bama (birmanisch)"
Bemerkenswerterweise ist ein Teil der Erzählungen dieses Bandes nicht aus dem Birmanischen, sondern aus dem Russischen übersetzt, denn der Band ist 1968 in der DDR erschienen, als dort Russisch erste Fremdsprache war, so dass es für die vielen Kenner des Russischen, soweit eine Erzählung bereits ins Russische übersetzt war, viel leichter sie aus dem Russischen zu übersetzen als aus dem Birmanischen. Und da Russland zu einem großen Teil in Asien liegt, gab es dort einen (ein wenig) höheren Anteil von Personen, die asiatische Sprachen kannten, als in Deutschland, und entsprechend gab es Texte, die bereits auf Russisch vorlagen, als die Textauswahl zusammengestellt wurde.
"Infolge der Ausbreitung der birmanischen Herrschaftsräume von Bagan, Ava [sieh auch Mandala-Modell], Amarapura und Mandalay nach Westen, Süden und Osten wurde das Birmanische zur Sprache der Herrschenden und der Diplomaten. Im 16. Jahrhundert wandelte sich die Sprachform zum Mittelbirmanischen.
Als ältestes Schriftzeugnis des Altbirmanischen galt die viersprachige Myazedi-Inschrift in Bagan aus dem Jahre 1112. 2013 wurde jedoch eine ältere birmanische Inschrift entdeckt, die Sawlumin-Inschrift aus dem Jahr 1079 oder 1054.[2]
Der Druck mit Lettern der birmanischen Schrift begann 1816/17 auf einer Druckerpresse der Missionsgesellschaft der American Baptist Churches, nachdem der Missionar Adoniram Judson und dessen Frau Ann Hasseltine Judson die Sprache ab 1812 erlernt und ein Wörterbuch erstellt hatten. Die Bibel übersetzte er bis 1834. Erste Zeitungen von nichtchristlichen Organisationen erschienen 1868 in Rangun.
Die birmanische Sprache ist heute Amtssprache von Birma und dient für Regierung, Verwaltung und Armee als Lingua franca. Der Grundschulunterricht findet hingegen noch häufig in einer der Minderheitensprachen statt.[3]"
Myanmar, Burma, Birma ist uns also ziemlich fremd und Bagan noch mehr. Interesse an einem Text über Bagan (im Titel der Erzählung Pagan geschrieben), kann für einen deutschen Leser also erst nach einer erheblichen Vermittlungsleistung entstehen.
Der Text der Erzählung von Si Dji hat aber im Kern eine große Ähnlichkeit mit dem Rätsel der Sphinx. Hier geht es nämlich um ein Rätsel in folgender Form:
Es ist nicht - aber es ist.
Es ist - aber es ist nicht.
Chinesische Händler und Händler aus Pagan (Bagan) verspotten einander, weil sie einander fremd sind (so fremd wie woke Mitglieder der Linken und rechtsradikale Mitglieder der AfD); aber es bleibt nicht dabei, sondern sie versuchen in einem Wettstreit herauszufinden, wer klüger ist: die Chinesen oder die Bewohner von Bagan (der Stadt im historischen Myanmar). Die Chinesen bringen dafür aus China das Rätsel mit, und alle Gelehrten können das Rätsel nicht lösen, bis (wie in einem typischen deutschen Märchen) ein junger Mann dem Herrscher verspricht, dass er die Lösung des Rätsels hat, freilich nicht in Worten, sondern in Bildern: Als die Chinesen kommen und die Bilder sehen, geben sie zu, dass das Rätsel gelöst ist. Die Bilder hatten nämlich einen armen und einen reichen Mann dargestellt. Damit der Leser dieses Artikels, der die Lösung noch nicht weiß, Zeit hat, nachzudenken, schreibe ich noch etwas über die beiden anderen Bücher, die ich mitgenommen habe, und dann zitiere ich ein paar Sätze aus dem Text der Erzählung; denn die ausdrückliche Lösung kommt auch im Text nicht vor. Ich vermute aber, dass die meisten Leser schon aufgrund des Zitates, das ich liefern werde, von der von mir angebotenen Lösung überzeugt sein werden.
Doch nun zunächst zu den anderen Büchern: Das erste ist Reclams Musicalführer. Ich denke, ich habe nur ein einziges Musical auf der Bühne erlebt: Hair (S.328) und zwar in London zu einer Zeit, wo es noch ungewöhnlich war, dass Schauspieler sich auf der Bühne nackt zeigten. Zwei habe ich als Filme schätzen gelernt: My Fair Lady (S.185) und Irma La Douce (S.196) in der Fassung des Hollywoodfilms Das Mädchen Irma la Douce. Vielleicht kenne ich aus Filmen auch andere. Aber von denen, die in großen deutschen Städten monatelang gezeigt wurden, habe ich nur gehört, keins gesehen. Ich habe also viel nachzuholen. Vielleicht finde ich in dem Lexikon noch manche, die ich in irgendeiner Form gesehen habe, die ich aber nicht als Musical in Erinnerung habe.
Das andere Buch ist die Erzählung "Auf einem Weg im Frühling". Die hat mancher vielleicht schneller bestellt, als ich die 12 Seiten der Titelgeschichte und die längere zweite gelesen habe.
Doch jetzt zu dem Zitat, das die Lösung des obengenannten Rätsels ermöglicht:
"Man öffnete zuerst den Vorhang mit der Aufschrift. "Es ist nicht – aber es ist." Dahinter erschienen drei Bilder. Auf jedem war ein armer Mann zu sehen. Das Gesicht des Mannes auf dem rechten Bild zeigte, dass ihn tiefe Gedanken bewegten. In den Händen hielt er einen Griffel und beschriebene Palmblätter. Im Hintergrund vergnügten sich Leute damit, Früchte von dem Baum, der ewig Frucht trägt, zu pflücken und zu essen.
"[...] Das demokratische Birma wurde hauptsächlich durch U Nu geprägt. Er wurde gleich dreimal Premierminister. Das erste Mal war er in der Zeit von 1948 bis 1958 (unterbrochen durch die Amtszeit von U Ba Swe zwischen Juni 1956 und Februar 1957) Regierungschef. In diesen Jahren entwarf er Pläne für einen Wohlfahrtsstaat nach buddhistischem und sozialistischem Vorbild. 1958 wurde er schließlich von General Ne Win dazu gedrängt, die Macht an das Militär zu übergeben. Dank dessen „fürsorglicher Regierung“ kam Birma wieder zu einem geregelten Alltag. Bei den Wahlen des Jahres 1960 wurde U Nu erneut Premierminister, musste allerdings 1962 nach einem Militärputsch Ne Wins diesem die Regierungsgewalt wieder überlassen, außerdem wurde er zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. U Thant wurde 1961 als erster Asiate Generalsekretär der Vereinten Nationen.
In U Nus Regierungszeit fand das sechste buddhistische Konzil der Theravada-Tradition in Rangun statt. Das Parlament erhob am 26. August 1961 durch eine Verfassungsänderung den Buddhismus zur Staatsreligion.[15] Daraus resultierten innenpolitische Spannungen vor allem mit der christlichen Minderheit des Landes.
Nachdem anhaltende separatistische Bestrebungen der Shan die staatliche Einheit gefährdeten, unternahm General Ne Win am 2. März 1962 einen Staatsstreich und ein Revolutionsrat unter seiner Führung übernahm die Regierung. Ne Win umriss in einer Deklaration den birmanischen Weg zum Sozialismus, welcher die Ziele soziale Gerechtigkeit, Gleichheit aller Volksgruppen, Kampf gegen Verwestlichung und die Schaffung von Genossenschaften beinhaltete. [...]
Am 15. Februar 1963 beschloss der Revolutionsrat die Verstaatlichung des Groß- und Einzelhandels, der Banken und der Industrie. Der Versuch der chinesischen Botschaft in Rangun, die maoistische Kulturrevolution auch auf Birma auszudehnen, führte im Juni 1967 zu einem ernsthaften Konflikt mit der Volksrepublik China und zu Ausschreitungen gegen die in Birma ansässigen Chinesen." [...]" (Wikipedia)
Die darauf folgende Entwicklung rechtfertigte die optimistische Sicht der Herausgeberin Annemarie Esche von 1968 leider nicht. Ihre Arbeit setzte sie aber erfolgreich fort:
"Ihr Ehemann hatte inzwischen eine Tätigkeit im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten aufgenommen und war von 1969 bis 1979 mit einjähriger Unterbrechung an der diplomatischen Vertretung der DDR in Myanmar tätig. Das gab Annemarie Esche als begleitender Ehefrau die Möglichkeit, intensive Forschung vor Ort zu betreiben.
Nach ihrer Rückkehr übernahm Annemarie Esche die Leitung des Fachgebietes Burmanistik in der Sektion Asienwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. 1978 erwarb s ie mit ihrer Dissertation B Entwicklungstendenzen der neueren burmesischen Literatur den „Dr.sc.“ (entspricht der Habilitation) und wurde 1979 zur Hochschuldozentin berufen.
Auch nach ihrer Pensionierung 1986 blieb sie dem Fach verbunden, unterstützte ihre Absolventen, die es weiterführten, und bereicherte die Lehre mit Seminaren über Buddhismus und Kultur, bis sich 1994 mit der Einführung der neuen Struktur die Situation im Institut grundlegend änderte.
Annemarie Esche hat an der Zusammenstellung eines birmanisch-deutschen und eines deutsch-birmanischen Wörterbuches mitgewirkt, das 2011 beim Buske Verlag Hamburg erschien. Anlässlich der Fertigstellung des Werks wurde Annemarie Esche 2013 von der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. für ihre wissenschaftliche Gesamtleistung mit der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Medaille geehrt." (Wikipedia)
Und jetzt die Auflösung des Rätsels in dürren Worten:
Es ist nicht (wie es sein soll) - aber es ist. (Alle Menschen sind gleich.)
Es ist (Er hat alles, was er braucht.)- aber es ist nicht. (Er giert immer nach mehr.)
Birmanische (burmesische) Texte sind in Deutschland offenbar noch so rar, dass die Staatsbibliothek Berlin 2013 in einem relativ umfänglichen Artikel darüber berichtete, dass Annemarie Esche ihr 500 burmesische Bücher geschenkt hat. (Fünf Jahre vor ihrem Tod 2018). So gesehen erscheint es erstaunlich, dass wir überhaupt so viel über Myanmar und das Schicksal der Rohingya erfahren. Als ich heute - in Unkenntnis der burmesischen Schrift - versucht habe, mehr über den Schriftsteller Sor Dji zu erfahren, wurde ich in der Wikipedia auf einer neu eingerichteten Diskussionsseite begrüßt, als ob ich ein neuer Mitarbeiter wäre:
Nach längeren Texten in burmesischer Schrift folgt dieser Text:
Welcome to Myanmar Wikipedia! I hope you enjoy improving and editing this Wikipedia project. These pages are especially useful for those who are literate in Burmese. However, even experienced Wikipedians who don't know any Burmese have helped out with other things, such as updating images from Commons, so don't be afraid to improve the wiki any way you can! Remember, someone else can always come later and fix any changes you make that are not perfect. Thank you.
Zur neueren Entwicklung in Myanmar
Bei der Parlamentswahl im November 2020 erreichte Suu Kyis Partei NLD offiziellen Angaben zufolge die absolute Mehrheit, wobei die Wahlbeteiligung bei über 70 Prozent gelegen haben soll. Die Europäische Union sah die Wahl als frei und fair an, trotz der strukturellen demokratischen Defizite.[55] Die Armee, für die automatisch ein Viertel der Sitze in den Parlamentskammern reserviert ist, sprach dagegen von Wahlbetrug. Am Morgen des 1. Februar 2021 begann das Militär unter Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing nach anhaltender Kritik an dem Wahlergebnis einen Putsch. Suu Kyi, Präsident Win Myint und weitere hochrangige NLD-Mitglieder wurden festgenommen. Auch rief das Militär den Notstand aus.[56] Das Militärfernsehen gab bekannt, für ein Jahr die Kontrolle übernehmen zu wollen. Das Vorgehen wurde mit Wahlbetrug begründet.[57]
Es kam daraufhin zu Massenprotesten und politischer Repression. Im Juli 2022 wurden erstmals seit den 1980er Jahren wieder Personen hingerichtet. Bei den Hingerichteten handelte es sich um Zayar Thaw, Kyaw Min Yu und Hla Myo Aung und Aung Thura Zaw.[58][59]
Die Machtübernahme des Militärs führte umgehend zum Widerstand der bewaffneten Einheiten der Exilregierung „People’s Defence Force“ und verschiedener ethnischer Milizen, welche die Streitkräfte Myanmars angriffen und die Kontrolle über große Teile des Landes gewinnen konnte. Der Bürgerkrieg führte zu einer humanitären und wirtschaftlichen Krise im Land.[60] Bei der Aufstandsbekämpfung verübte die Militärjunta Kriegsverbrechen wie bei dem Massaker von Pazigyi im April 2023. Am 27. November 2024 beantragte Chefankläger Karim Ahmad Khan im Rahmen des Völkermord-Falls Rohingya vor dem Internationalen Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen den Machthaber und militärischen Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit der Deportation und Verfolgung der Rohingya im Jahr 2017.[61]
Am 28. März: 2025 kam es zu einem schwere Erdbeben (Stärke7,7 Mw) in Myanmar und Thailand.
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